Bestätigung der BFH-Rechtsprechung nach Nichtanwendungserlass, NZB, Begründung: Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache bedarf es jedenfalls dann, wenn der BFH seine Auffassung zu einer Rechtsfrage (betreffend Wegfall des Fehlbetrags nach § 10 a GewStG) nach Ergehen eines sog. Nichtanwendungserlasses der Finanzverwaltung (noch einmal) bekräftigt hat, konkreter Ausführungen dazu, aufgrund welcher bisher nicht berücksichtigter Gesichtspunkte eine erneute Befassung des Revisionsgerichts mit der Rechtsfrage für erforderlich gehalten wird. - Urt.; BFH 8.11.2007, IV B 171/06; SIS 08 10 86
I. Herr Y. (Y.) war zu Beginn des Jahres
1998 (Streitjahr) als Kommanditist mit 15,5 v.H. an der X-KG (KG)
beteiligt, die im Jahre 2003 formwechselnd in die X-GmbH
(Klägerin und Beschwerdegegnerin - Klägerin - )
umgewandelt wurde.
Im Verlauf des Jahres 1998
veräußerte Y. seinen Gesellschaftsanteil. Im Anschluss
an eine Betriebsprüfung kürzte der Beklagte und
Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA - ) den
vortragsfähigen Fehlbetrag gemäß § 10a des
Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen
Fassung (GewStG) entsprechend dem Y. gesellschaftsvertraglich
zustehenden Anteil am Gewinn und Verlust der KG (vgl. Abschn. 68
Abs. 3 Satz 7 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998 - GewStR
1998 -, und gleichlautende Nichtanwendungserlasse der obersten
Finanzbehörden der Länder vom 16.12.1996, BStBl I 1996,
1392 = SIS 97 03 35); auf der Grundlage dieser rechtlichen
Beurteilung stellte das FA den Fehlbetrag auf den 31.12.1998 mit
Änderungsbescheid vom 8.5.2003 nach § 10a GewStG in
Höhe von rd. 272,34 Mio. DM fest.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene
Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erhöhte den
vortragsfähigen Fehlbetrag auf rd. 284,33 Mio. DM (= rd.
145,37 Mio. EUR), weil bei der Berechnung des weggefallenen
Fehlbetrags nicht nur der (allgemeine)
Gewinnverteilungsschlüssel, sondern auch die
Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben der
Mitunternehmer zu berücksichtigen seien. Die Revision wurde
vom FG nicht zugelassen.
II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung
der Revision, mit der die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache geltend gemacht wird (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ), ist unzulässig. Sie ist
deshalb zu verwerfen.
1. Die Vorentscheidung entspricht der
ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der bis
zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom
13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) geltenden Fassung des § 10a
GewStG. Hiernach ist im Falle des Ausscheidens eines
Mitunternehmers aus einer gewerblichen Mitunternehmerschaft die
Höhe des weggefallenen gewerbesteuerrechtlichen
Verlustvortrags unter Einschluss der Sonderbetriebseinnahmen und
Sonderbetriebsausgaben der Mitunternehmer zu bestimmen (BFH-Urteil
vom 16.2.1994 XI R 50/88, BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 = SIS 94 13 22). Der Senat hat deshalb bereits mit Beschluss vom
12.6.1996 IV B 133/95 (BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82 = SIS 96 20 97) die Rechtsfrage als geklärt angesehen. Die hiergegen
seitens der Finanzverwaltung erhobenen Einwände (vgl.
Nichtanwendungserlasse in BStBl I 1996, 1392 = SIS 97 03 35) sind
im Urteil des BFH vom 17.1.2006 VIII R 96/04 (BFHE 213, 12 = SIS 06 14 72) erörtert und als nicht durchgreifend erachtet
worden.
2. Demgemäß wäre es für
eine schlüssige Rüge der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 116 Abs. 3
Satz 3 FGO) erforderlich gewesen, dass das FA innerhalb der bis zum
23.10.2006 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist
(§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO) im Einzelnen darlegt, aufgrund
welcher, von der Rechtsprechung bisher nicht berücksichtigter
Gesichtspunkte eine erneute Befassung des BFH mit der von ihm
bereits entschiedenen und damit geklärten Rechtsfrage für
erforderlich gehalten wird (Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 33, m.w.N.). Dem
genügt jedenfalls dann, wenn - wie im Streitfall - der BFH
seine Auffassung nach Ergehen eines Nichtanwendungserlasses oder
-schreibens (noch einmal) ausdrücklich bekräftigt, weder
der Hinweis auf die von der Rechtsprechung des BFH abweichende
Ansicht der Finanzverwaltung noch der Verweis darauf, eine der
einschlägigen Entscheidungen sei bisher noch nicht im
Bundessteuerblatt veröffentlicht worden. Ebenso wenig wird
diesem Darlegungserfordernis durch den nicht substantiierten
Vortrag, dass erhebliche Zweifel an der
„Systemgerechtigkeit“ der Ansicht des BFH
beständen, oder durch die Behauptung entsprochen, es
könne nicht von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen
werden, weil beim BFH noch weitere Verfahren zur Kürzung des
Fehlbetrags nach § 10a GewStG anhängig seien.
3. Eine Zulassung der Revision kommt
schließlich nicht deshalb in Betracht, weil nach Ablauf der
Beschwerdebegründungsfrist § 10a GewStG durch das JStG
2007 im Sinne der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung
geändert wurde (vgl. § 10a Sätze 4 und 5 GewStG
n.F.) und diese Gesetzesänderung nach § 36 Abs. 9 GewStG
n.F. auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden
ist.
Zwar ist das Vorliegen eines
Revisionszulassungsgrundes (grundsätzlich) auf den Zeitpunkt
der abschließenden Entscheidung des BFH über die
Beschwerde zu prüfen (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler -
HHSp -, § 115 FGO Rz 21, m.w.N.) mit der Folge, dass unter
bestimmten Voraussetzungen auch nicht geltend gemachte Gründe
zur Zulassung der Revision führen können (vgl. zu
Einzelfällen Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 55).
Auch kann nach Ergehen der Vorlagebeschlüsse des erkennenden
Senats vom 19.4.2007 IV R 4/06 (BFHE 217, 117 = SIS 07 24 61) und
IV R 59/05 (BFH/NV 2007, 2334 = SIS 08 01 61) nicht zweifelhaft
sein, dass der Frage, ob die rückwirkende Anwendungsregelung
des § 36 Abs. 9 GewStG n.F. einer verfassungsrechtlichen
Prüfung standhält, grundsätzliche Bedeutung i.S. des
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt. Gleichwohl vermag dies der
Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da - auch in Fällen
der Gesetzesänderung - nicht geltend gemachte
Zulassungsgründe nur dann die Revision eröffnen, wenn
eine Beschwerde in zulässiger Weise erhoben wurde und damit -
woran es, wie dargelegt, im anhängigen Verfahren fehlt - der
Beschwerdeführer insbesondere den formellen Anforderungen des
§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die schlüssige Darlegung
zumindest eines Revisionszulassungsgrundes vor Ablauf der
Beschwerdebegründungsfrist genügt hat (Gräber/Ruban,
a.a.O., § 116 Rz 55; Lange in HHSp, § 116 FGO Rz 256;
vgl. auch BFH-Beschluss vom 27.1.1995 VIII B 105/94, BFH/NV 1995,
808).
4. Im Übrigen sieht der Senat von einer
Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2
FGO).