FG-Prozess, Unzulässigkeit einer außerordentlichen Beschwerde: Eine außerordentliche Beschwerde ist im Finanzprozess nicht mehr statthaft (Aufgabe der im Senatsbeschluss vom 8.9.2005 IV B 42/05, BFHE 210 S. 225, BStBl 2005 II S. 838 = SIS 05 44 32 vertretenen Rechtsansicht und Anschluss an BFH-Beschluss vom 30.11.2005 VIII B 181/05, BFHE 211 S. 37, BStBl 2006 II S. 188 = SIS 06 04 07). - Urt.; BFH 14.3.2007, IV S 13/06 (PKH); SIS 07 61 26
I. Über das Vermögen des
Antragstellers, P, wurde das Insolvenzverfahren eröffnet,
welches noch andauert.
Der Antragsteller hatte beim Finanzgericht
(FG) erfolglos Anträge wegen Aussetzung der Vollziehung und
einstweiliger Anordnung betreffend die gesonderte Feststellung von
Einkünften erhoben. Gegen den Beschluss des FG über die
Ablehnung der Anträge hat er sich mit einer
Anhörungsrüge gemäß § 133a der
Finanzgerichtsordnung (FGO) gewendet. Außerdem hat er die
Richter des FG-Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Beide Anträge wurden vom FG mit Beschluss vom 10.5.2006 6 B
6188/05 als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller beantragt nun
Prozesskostenhilfe (PKH) für die Erhebung einer
außerordentlichen Beschwerde gegen den Beschluss des FG vom
10.5.2006. Von dem ursprünglich gestellten Antrag, PKH
alternativ für eine Gegenvorstellung zu gewähren, ist der
Antragsteller mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des
Insolvenzverwalters vom 12.1.2007 wieder abgerückt.
Der Insolvenzverwalter hat das Verfahren,
das vom Antragsteller noch vor der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens anhängig gemacht worden war, aufgenommen.
Der Antragsteller hatte zuvor vorgetragen, eine Gegenvorstellung
bzw. eine Beschwerde beim judex a quo sei sinnlos. Das Gericht habe
trotz beigebrachter Beweise, dass vom Antragsgegner (Finanzamt - FA
- ) gefälschte Akten vorgelegt worden seien, nicht gehandelt,
sondern rechtsbeugend und rechtsverweigernd entschieden. Das
Gericht könne kein rechtliches Gehör gewähren, wenn
es auf der Grundlage gefälschter Akten entscheide. Nach dem
Senatsbeschluss vom 13.10.2005 IV S 10/05 (BFHE 211, 13, BStBl II
2006, 76 = SIS 06 00 22) müsse Rechtsschutz auch gegen den
Richter gewährt werden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens
wird auf den Schriftsatz vom 15.5.2006 Bezug genommen.
Eine Erklärung über die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der
Antragsteller nicht vorgelegt. Stattdessen verweist er auf den
Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7.9.2005 X S 2/05 (PKH)
(BFH/NV 2005, 2246 = SIS 05 48 81), mit dem ihm in einem anderen
Verfahren PKH gewährt worden sei, und erklärt, dass sich
die Verhältnisse seither nicht wesentlich verändert
hätten.
II. Das Verfahren kann fortgesetzt werden.
Das vom Antragsteller anhängig gemachte Verfahren war durch
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein
Vermögen zunächst unterbrochen. Denn im Steuerprozess
wird auch das Verfahren auf Bewilligung von PKH nach § 155 FGO
i.V.m. § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO)
unterbrochen, wenn über das Vermögen des Antragstellers
nach Eintritt der Rechtshängigkeit das Insolvenzverfahren
eröffnet wird (Senatsbeschluss vom 27.9.2006 IV S 11/05 (PKH),
BStBl II 2007, 130 = SIS 06 45 95). Die Unterbrechung ist jedoch
beendet, weil der Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen
hat.
III. Der Antrag auf Gewährung von PKH war
abzulehnen.
1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 Satz
1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter bei Vorliegen bestimmter
persönlicher Voraussetzungen PKH, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen dann
vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse
Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Erfolges spricht (vgl.
Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., §
142 Rz 39 ff., m.w.N.).
2. Für eine außerordentliche
Beschwerde besteht keine Erfolgsaussicht.
Der Antragsteller strebt nach Klarstellung
seines Antrags eine außerordentliche Beschwerde gegen den
Beschluss des FG vom 10.5.2006 an. Eine ordentliche Beschwerde
wäre weder gegen den Beschluss über das Ablehnungsgesuch
statthaft (§ 128 Abs. 2 FGO) noch gegen die Entscheidung
über die Anhörungsrüge gegeben (§ 133a Abs. 4
Satz 3 FGO).
Aber auch eine außerordentliche
Beschwerde wäre nicht statthaft. Zwar hat der Senat mit
Beschluss vom 8.9.2005 IV B 42/05 (BFHE 210, 225, BStBl II 2005,
838 = SIS 05 44 32) entschieden, es gebe auch nach Schaffung der
Anhörungsrüge durch das Gesetz über die
Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör (AnhRüG) vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3220)
weiterhin einen Anwendungsbereich für die
außerordentliche Beschwerde. An dieser Auffassung hält
der Senat jedoch nicht mehr fest, nachdem das
Bundesverfassungsgericht in Fortführung seines
Plenumsbeschlusses vom 30.4.2003 1 PBvU 1/02 (BVerfGE 107, 395 =
SIS 03 28 91) auch unter der geänderten Rechtslage seit
Inkrafttreten des AnhRüG zum 1.1.2005 entschieden hat, dass
eine außerordentliche Beschwerde unvereinbar mit dem
verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsmittelklarheit sei
(Kammerbeschluss vom 16.1.2007 1 BvR 2803/06, bisher nicht
veröffentlicht). Der Senat schließt sich deshalb jetzt
der von anderen Senaten des BFH bereits vertretenen Auffassung an,
dass die außerordentliche Beschwerde nicht mehr statthaft ist
(vgl. BFH-Beschlüsse vom 30.11.2005 VIII B 181/05, BFHE 211,
37, BStBl II 2006, 188 = SIS 06 04 07; vom 26.1.2006 II B 93/05,
BFH/NV 2006, 1157 = SIS 06 21 79, und vom 21.2.2006 V S 25/05,
BFH/NV 2006, 1128 = SIS 06 21 54).
Schon unter diesem Gesichtspunkt hat die
beabsichtigte außerordentliche Beschwerde keine Aussicht auf
Erfolg. Darüber hinaus handelt es sich bei den vom
Antragsteller erhobenen Beanstandungen der Sache nach um die
Rüge von Verletzungen des rechtlichen Gehörs.
Hierfür ist die Anhörungsrüge nach § 133a FGO
der spezielle Rechtsbehelf (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 210, 225,
BStBl II 2005, 838 = SIS 05 44 32). Nach deren Ablehnung durch das
FG ist der Finanzrechtsweg erschöpft. Es stehen keine weiteren
fachgerichtlichen Rechtsbehelfe mehr zur Verfügung.