Barlohn, keine Rabattbewertung: Gibt der Arbeitgeber Provisionen, die er von Verbundunternehmen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen erhalten hat, in bestimmten Fällen an eigene Arbeitnehmer weiter, gewährt er Bar- und nicht Sachlohn, wenn eine Vermittlungsleistung nur den Verbundunternehmen erbracht wird und auch nur diesen gegenüber Ansprüche bestehen, mit der Folge, dass weitergeleitete Provisionen nicht nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind. - Urt.; BFH 23.8.2007, VI R 44/05; SIS 07 38 10
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine Bank, vermittelt neben dem Bankgeschäft
gegenüber sog. Verbundpartnern Versicherungsverträge,
für die sie von den Verbundpartnern Provisionszahlungen
erhält. Soweit Mitarbeiter der Klägerin in die
Vermittlung von Versicherungsverträgen gegenüber Dritten
(Bankkunden) eingeschaltet waren, wurden sie an der
Abschlussprovision teilweise beteiligt. Waren Mitarbeiter oder
bestimmte Familienangehörige Versicherungsnehmer, wurde die
Abschlussgebühr an den betreffenden Mitarbeiter in voller
Höhe weitergeleitet, weil man an den eigenen Mitarbeitern
nicht verdienen wollte. Die diesbezügliche Handhabung beruhte
auf einer betrieblichen Übung und ab April 1998 auf einer
Betriebsvereinbarung.
Im Anschluss an eine
Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum März
1997 bis Oktober 2000 stellte die Prüferin fest, dass die an
die Mitarbeiter in den Fällen weitergegebenen Provisionen, in
denen diese selbst bzw. deren Angehörige Versicherungsnehmer
waren, nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen worden waren, weil die
Klägerin davon ausgegangen war, dass die weiter geleiteten
Provisionen gemäß § 8 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) um den Rabattfreibetrag zu
kürzen seien. Letztere Auffassung teilte die Prüferin
nicht. Ihr folgend erließ der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) u.a. deswegen den
angefochtenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom
27.6.2001.
Die nach erfolglosem Einspruch wegen der
Erfassung der weiter geleiteten Provisionen erhobene Klage hatte
Erfolg (vgl. SIS 05 29 61).
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts. Das Finanzgericht (FG) habe sich zu
Unrecht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.5.2001 VI
R 123/00 (BFHE 195, 376, BStBl II 2002, 230 = SIS 01 12 14)
berufen. Dort sei es darum gegangen, ob ein Arbeitgeber seinen
Arbeitnehmern dadurch verbilligten Versicherungsschutz verschafft
habe, dass er durch Vorausverzicht auf seine
Provisionsansprüche bewirkt habe, dass die
Versicherungsgesellschaft niedrigere Verbundtarife kalkuliert habe.
Dagegen seien den Arbeitnehmern im Streitfall weder günstigere
Versicherungskonditionen eingeräumt worden noch habe der
Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern vergünstigte
Vermittlungsleistungen erbracht. Auf die Konditionen der
abgeschlossenen Versicherungen habe der Arbeitgeber weder Einfluss
genommen noch nehmen können. Auch habe den Mitarbeitern
gegenüber kein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision
bestanden, auf die hätte verzichtet werden können. Die
Arbeitnehmer hätten lediglich eine zusätzliche
Lohnzahlung als Finanzierungsbeitrag erhalten.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
In dem vom FA noch angeführten Urteil
des FG Nürnberg vom 6.8.2002 I 73/98 (EFG 2002, 1584 = SIS 03 04 96) sei eine Bank tätig geworden, obwohl das
Vermittlungsgeschäft eigentlich von einer Tochtergesellschaft
wahrgenommen worden sei. Im Streitfall vermittle die Klägerin
- auch nach außen - selbst, weshalb Vermittlungsleistungen zu
ihrer Produktpalette gehörten. Im Urteil in BFHE 195, 376,
BStBl II 2002, 230 = SIS 01 12 14 sei lediglich entschieden worden,
dass kein geldwerter Vorteil vorliege, wenn keine günstigeren
Tarife gewährt wurden. Denn dort sei die Vermittlungsprovision
nicht zugunsten der Arbeitnehmer ausgezahlt worden.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht Sachlohn
statt Barlohn angenommen.
1. Die besondere Rabattbesteuerung des §
8 Abs. 3 EStG setzt u.a. voraus, dass der Arbeitnehmer von seinem
Arbeitgeber Waren oder Dienstleistungen aus dessen Produktpalette
verbilligt erhält (ständige Höchstrichterliche
Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 16.2.2005 VI R 46/03, BFHE
209, 214, BStBl II 2005, 529 = SIS 05 24 39, m.w.N.). Wie sich
insbesondere aus dem Wortlaut „so gelten als deren Werte
abweichend von Abs. 2“ ... ergibt, handelt es sich um
eine Sonderbewertung von Sachbezügen, die auf Barlohn nicht
zur Anwendung kommt. Denn dieser ist nach dem Nominalwertprinzip
mit dem Nennwert zu erfassen und bedarf keiner gesonderten
Bewertung.
2. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz hat die
Klägerin ihren Arbeitnehmern weder verbilligten
Versicherungsschutz verschafft noch ihnen gegenüber eine
verbilligte Vermittlungsleistung erbracht.
a) Was die abgeschlossenen
Versicherungsverträge selbst betrifft, ist nicht erkennbar,
dass den Arbeitnehmern andere als marktübliche Konditionen
eingeräumt wurden. Sie hatten weder geringere Beiträge zu
entrichten noch wurden ihnen günstigere Leistungsbedingungen
gewährt. Mangels verbilligten Versicherungsschutzes kam
Arbeitslohn insoweit weder als Lohnzahlung eines Dritten noch der
Klägerin in Betracht.
Insbesondere wurden den Arbeitnehmern nicht -
wie möglicherweise im Fall des BFH-Urteils in BFHE 195, 376,
BStBl II 2002, 230 = SIS 01 12 14 - deswegen günstigere
Versicherungskonditionen eingeräumt, weil das
Versicherungsunternehmen mit Rücksicht auf einen
Provisionsverzicht ihres Arbeitgebers bei dessen Arbeitnehmern die
zu erbringenden Beiträge niedriger kalkuliert hätte. Dem
genannten Urteil sind - neben Grundsätzen zum Lohnsteuerabzug
- Ausführungen nicht nur zum Lohncharakter von Einnahmen,
sondern (unter II. 6.) auch zu deren Bewertung nach § 8 Abs. 3
EStG zu entnehmen. Diese Vorschrift setzt bei Einschaltung eines
Dritten voraus, dass dieser für Rechnung des Arbeitgebers
tätig wird, der Arbeitgeber den verschafften Vorteil also
wirtschaftlich trägt (BFH-Urteil vom 4.6.1993 VI R 95/92, BFHE
171, 74, BStBl II 1993, 687 = SIS 93 16 59). Eine solche
Konstellation liegt nicht vor, wenn Arbeitnehmer
Versicherungsschutz lediglich zu marktüblichen Bedingungen
erhalten.
b) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern verbilligte
Vermittlungsleistungen erbracht hätte.
Zwar wäre für Vermittlungsleistungen
dieser Art die Rabattbesteuerung insofern in Betracht gekommen, als
das Vermitteln von Versicherungen zur Produktpalette der
Klägerin gehörte. Jedoch hat die Klägerin, wie sich
aus den Feststellungen des FG ergibt, nur dem
Versicherungsunternehmen gegenüber eine Vermittlungsleistung
erbracht. Allerdings können Vermittlungsleistungen auch
gegenüber beiden Abschlussparteien zu erbringen sein, die sich
die diesbezüglichen Kosten ggf. teilen, wie das beispielsweise
bei Grundstücksvermittlungen vorkommt. Das ist im Streitfall
jedoch erkennbar nicht geschehen. Zwischen der Klägerin und
ihren Arbeitnehmern bestanden keine Rechtsbeziehungen, nach denen
die Klägerin von ihren Arbeitnehmern eine - ggf. anteilige -
Provision hätte verlangen und auf die sie mit Rücksicht
auf das Dienstverhältnis hätte verzichten können.
Dies wird in solchen Zuschussfällen des Streitfalles besonders
deutlich, in denen Angehörige von Arbeitnehmern
Versicherungsnehmer waren, die in keinerlei Rechtsbeziehungen zur
Klägerin standen. Vielmehr standen der Klägerin
Ansprüche nur gegen das Versicherungsunternehmen zu, die auch
in vollem Umfang erfüllt wurden.
Da die Klägerin ihren Arbeitnehmern keine
verbilligten Dienstleistungen erbracht hat, war kein Sachlohn zu
bewerten. Auf den Barzuschuss durch Weitergabe anderweit verdienter
Entgelte ist die Rabattbesteuerung nicht anwendbar (im Ergebnis
ebenso BFH-Urteil vom 7.11.2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426 = SIS 07 06 80, mit dem das Urteil in EFG 2002, 1584 = SIS 03 04 96
bestätigt wurde; vgl. auch BFH-Urteile vom 4.5.2006 VI R
67/03, BFHE 214, 95, BStBl II 2006, 914 = SIS 06 38 95, und vom
6.11.2001 VI R 54/00, BFHE 197, 148, BStBl II 2002, 164 = SIS 02 04 45).