Zinsausgleichszahlungen des Arbeitgebers, Arbeitslohn: Verpflichtet sich der Arbeitgeber gegenüber dem Darlehensgeber zur Zahlung von Zinsausgleichszahlungen, ist steuerpflichtiger Arbeitslohn anzunehmen. Für die Anwendung der Verwaltungsanweisung (Abschn. 31 Abs. 8 LStR 1993 bis 1996) ist kein Raum. - Urt.; BFH 4.5.2006, VI R 67/03; SIS 06 38 95
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war als ... beim B-e.V. (Arbeitgeber) angestellt und
erzielte aus dieser Tätigkeit in den Streitjahren 1994 bis
1998 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Januar
1994 gewährte die X-Bank dem Kläger zum Kauf einer
Eigentumswohnung ein Darlehen über 120.000 DM. Der
jährliche Zinssatz belief sich auf 6,85 v.H. Im Oktober 1994
schloss der Arbeitgeber mit der X-Bank eine
Zinsübernahmevereinbarung. Darin verpflichtete er sich
gegenüber der X-Bank zur Zahlung von 0,85 v.H. Zinsen auf das
genannte Darlehen rückwirkend ab Juli 1994. Die sog.
Ausgleichszahlungen in Höhe von 358 DM sollten jeweils
halbjährlich im Voraus entrichtet werden.
Im November 1994 schlossen der Kläger
und die X-Bank einen geänderten Darlehensvertrag. Danach
betrug der jährliche Zinssatz nur noch 6 v.H. Diese, ab Juli
1994 rückwirkend geltenden Kreditkonditionen wurden dem
Kläger nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses
mit dem Arbeitgeber eingeräumt. Von einer etwaigen Beendigung
des Arbeitsverhältnisses an sollte der ursprüngliche
Darlehensvertrag fortbestehen.
Der Arbeitgeber behielt für die
Ausgleichszahlungen keine Lohnsteuer ein. Nach einer bei ihm
durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung änderte
der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die
Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Streitjahre
gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO
1977) und erhöhte die Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit um 358 DM (1994) bzw. 716 DM (1995
bis 1998).
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen
Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2004, 1673 = SIS 05 09 03 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision macht das FA im
Wesentlichen geltend: Entgegen der Auffassung des FG handele es
sich bei den Ausgleichszahlungen um Barlohn i.S. des § 8 Abs.
1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Abschn. 31 Abs. 8 der
Lohnsteuer-Richtlinien a.F. - LStR a.F. - (1993 bis 1996) komme
deshalb nicht zur Anwendung. Darüber hinaus sei die Regelung
auch ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet;
sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die angegriffenen
Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen
den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Ausgleichszahlungen sind steuerpflichtiger
Arbeitslohn. Entgegen der Auffassung des FG liegen die
Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung nicht vor.
1. Zu den Einnahmen aus
nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die
in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem
Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner
individuellen Arbeitskraft zufließen.
Die Ausgleichsleistungen des Arbeitgebers
stellen einen geldwerten Vorteil dar. Der geldwerte Vorteil wurde
dem Kläger auch für eine Beschäftigung im privaten
Dienst gewährt. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) werden Vorteile
„für“ eine Beschäftigung gewährt,
wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des
Arbeitnehmers veranlasst sind. Die berufliche Veranlassung liegt
vor, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das
Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im
weitesten Sinn als Gegenleistung für das
Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des
Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 23.6.2005 VI R 124/99, BFHE
209, 549, BStBl II 2005, 766 = SIS 05 33 29, m.w.N.). Davon ist
hier, wie zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig
ist, auszugehen.
2. Der Senat lässt dahinstehen, ob es
sich bei den Zahlungen des Arbeitgebers um Barlohn oder um die
Zuwendung eines geldwerten Vorteils i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1
EStG handelt. Denn der geldwerte Vorteil beträgt in jedem Fall
358 DM (1994) bzw. 716 DM (1995 bis 1998). Die Voraussetzungen des
§ 8 Abs. 3 EStG sind unstreitig nicht gegeben. Entgegen der
Auffassung des FG kommt eine Steuerfreistellung der
Ausgleichszahlungen als Sachlohn nicht in Betracht.
Zwar sind nach Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR
a.F. Zinsvorteile (erst) anzunehmen, soweit der Effektivzins
für ein Darlehen 6 v.H. unterschreitet. Es ist jedoch schon
fraglich, ob nach dem Verständnis der Verwaltung diese
Anweisung auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist. Denn die
Regelung soll u.a. nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein Dritter
dem Arbeitnehmer ein zinsverbilligtes Darlehen gewährt
(Abschn. 31 Abs. 8 Satz 1 LStR a.F.). Von einem zinsverbilligten
Darlehen kann im Streitfall zumindest bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise nicht ausgegangen werden. Denn im Ergebnis
erzielt die X-Bank unter Einbeziehung der Ausgleichszahlungen einen
marktüblichen Zins von 6,85 v.H.
Es kommt hinzu, dass im Streitfall
„Vereinfachungsgründe“ (vgl. Abschn. 31
Abs. 8 Satz 1 LStR a.F.) die Anwendung der genannten
Verwaltungsanweisung nicht rechtfertigen. Denn die Ermittlung des
Zinsvorteils und damit die Bewertung i.S. des § 8 Abs. 2 Satz
1 EStG bereitet hier keine Schwierigkeiten.