Erbe, Prozesskosten, ErbSt: Die vom Erben aufgewendeten Kosten für einen Rechtsstreit, der die von ihm zu tragende eigene Erbschaftsteuer betrifft, sind nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig. Dies gilt auch für die von dem Erben aufgewendeten Kosten für seine Vertretung im Einspruchs- oder Klageverfahren eines Vermächtnisnehmers, zu denen der Erbe hinzugezogen bzw. beigeladen wurde. - Urt.; BFH 20.6.2007, II R 29/06; SIS 07 29 02
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Miterben nach der im Jahr 1993 verstorbenen
Erblasserin (E), die Testamentsvollstreckung angeordnet hatte. Zum
Nachlass gehörte ein Grundstück, für das E der
Vermächtnisnehmerin (V) ein Kaufrechtsvermächtnis
eingeräumt hatte. Nach Ausübung dieses Rechts legte V im
Hinblick auf die für diesen Erwerb gegen sie festgesetzte
Erbschaftsteuer erfolglos Einspruch ein und erhob
anschließend Klage zum Finanzgericht (FG). Die Kläger
waren zu diesem Einspruchs- und Klageverfahren hinzugezogen bzw.
beigeladen worden und ließen sich hierbei durch den
Testamentsvollstrecker, Rechtsanwalt (R), vertreten. Das
finanzgerichtliche Verfahren endete mit einer tatsächlichen
Verständigung über den gemeinen Wert des
Vermächtniserwerbs. Das FG erklärte die
außergerichtlichen Kosten der Kläger nicht für
gemäß § 139 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
erstattungsfähig. Für seine Tätigkeit in dem
Einspruchs- und Klageverfahren stellte R den Klägern nach der
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte berechnete
Gebühren in Höhe von 25.704,89 EUR in Rechnung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) legte den Erbschaftsteuerfestsetzungen gegen die
Kläger durch gemäß § 165 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide vom 11.11.2003 die in
dem finanzgerichtlichen Verfahren der V erzielte tatsächliche
Verständigung über den Wert des Vermächtniserwerbs
zugrunde. Dem Begehren der Kläger, auch die ihnen von R
berechneten Rechtsanwaltsgebühren bei der Besteuerung ihres
Erwerbs als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs.
5 Nr. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)
zu berücksichtigen, folgte das FA nicht.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg
(vgl. SIS 06 39 80). Das FG verneinte die Voraussetzungen des
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG, weil die den Klägern
berechneten Gebühren des R nicht unmittelbar im Zusammenhang
mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses
entstanden seien.
Mit der Revision rügen die Kläger
Verletzung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG.
Die Kläger beantragen, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Erbschaftsteuerbescheide vom
11.11.2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom
8.12.2003 dahingehend zu ändern, dass weitere
Nachlassverbindlichkeiten von 25.704,89 EUR berücksichtigt
werden.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Im Ergebnis zutreffend ist das FG davon
ausgegangen, dass die den Klägern entstandenen Kosten für
ihre Vertretung durch R in den von V geführten Einspruchs- und
Klageverfahren nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig
sind.
Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1
ErbStG sind als Nachlassverbindlichkeiten u.a. die Kosten
abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit
der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses entstehen.
In Anwendung des Rechtsgedankens des § 10 Abs. 8 ErbStG liegt
eine solche Nachlassverbindlichkeit nicht vor bezüglich
solcher Kosten, die dem Erben aufgrund der Hinzuziehung bzw.
Beiladung zu einem Einspruchs- bzw. Klageverfahren entstanden sind,
das die Erbschaftsteuerfestsetzung gegen den Vermächtnisnehmer
betraf.
a) Nach § 10 Abs. 8 ErbStG ist die vom
Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer nicht als
Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 10 Abs. 5 ErbStG
abzugsfähig. Damit wird die eigene Erbschaftsteuer im Ergebnis
wie eine nicht beachtliche Verwendung des Erwerbs nach dem Erbfall
behandelt (Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, §
10 Rz 103). Nach dieser dem § 10 Abs. 8 ErbStG zugrunde
liegenden Wertung erstreckt sich das Abzugsverbot auch auf die
einem Erwerber entstehenden Rechtsverfolgungskosten, die er zur
Abwehr der von ihm zu entrichtenden eigenen Erbschaftsteuer
aufwendet (zutreffend insoweit H 29 der Erbschaftsteuer-Richtlinien
- ErbStR - 1999/2003).
b) Der in § 10 Abs. 8 ErbStG zum Ausdruck
kommende Rechtsgedanke schließt darüber hinaus den Abzug
auch solcher Rechtsverfolgungskosten aus, die - wie im Streitfall -
dem Erben im Zusammenhang mit seiner Hinzuziehung bzw. Beiladung zu
einem von einem Vermächtnisnehmer geführten Rechtsstreit
betreffend die für dessen Vermächtniserwerb festgesetzte
Erbschaftsteuer entstehen. Denn derartige Aufwendungen haben nach
dem Rechtsgrund der Hinzuziehung bzw. Beiladung einen Bezug zu der
vom Erben zu entrichtenden Erbschaftsteuer. Die Beteiligung der
Kläger am Einspruchs- und Klageverfahren der V hätte es
dem FA nämlich ermöglicht, gemäß § 174
Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 AO bei Ergehen einer entsprechenden
Entscheidung die gegen die Kläger ergangenen Steuerbescheide
zu ändern und auch dort die richtigen steuerlichen Folgerungen
zu ziehen. Damit betrifft der von V geführte
Erbschaftsteuerrechtsstreit, zu dem die Kläger hinzugezogen
bzw. beigeladen wurden, im Ergebnis auch die i.S. des § 10
Abs. 8 ErbStG eigene Erbschaftsteuer der Kläger. Die ihnen im
Zusammenhang mit ihrer Hinzuziehung bzw. Beiladung entstandenen
Kosten ihrer Rechtsvertretung können demgemäß nicht
als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden.
An dieser Beurteilung ändert sich auch
dann nichts, wenn - wie im Streitfall - in dem vom
Vermächtnisnehmer geführten finanzgerichtlichen
Verfahren, zu dem der Erbe beigeladen ist, eine tatsächliche
Verständigung über den Wert des Vermächtniserwerbs
erzielt wird und das FA sodann diesen Wert in dem
Steuerfestsetzungsverfahren des Erwerbers im Wege eines
Änderungsbescheids gemäß § 165 Abs. 2 AO
berücksichtigt. Denn auch in einem solchen Fall hat die
Beteiligung des Erben am Verfahren des Vermächtnisnehmers der
Abwehr einer möglichen Erhöhung der gegen den Erben
festgesetzten Erbschaftsteuer gedient.
c) Ob die Kosten der Erstellung der
Erbschaftsteuererklärung zu den abzugsfähigen Kosten i.S.
des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zählen (so etwa H 29 ErbStR
1999/2003), kann offen bleiben. Vorliegend machen die Kläger
den Abzug derartiger Kosten nicht geltend.
d) Die hier fraglichen Aufwendungen sind
schließlich auch nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr.
3 ErbStG als Kosten einer Testamentsvollstreckung abzugsfähig.
Zwar war R als Testamentsvollstrecker die Nachlassregelung
übertragen worden. Mit der Rechtsvertretung der Kläger in
den von V angestrengten Verfahren hat R jedoch keine
Testamentsvollstreckertätigkeit ausgeübt.