Schlichte Änderung, Antrag, notwendiger Inhalt: Ein wirksamer Antrag auf "schlichte" Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 zugunsten des Steuerpflichtigen muss das verfolgte Änderungsbegehren innerhalb der Einspruchsfrist seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen zu erkennen geben. Angaben zur rein betragsmäßigen Auswirkung der Änderung auf die Steuerfestsetzung (z.B.: "die Steuer auf ... EUR festzusetzen") sind für einen wirksamen Antrag weder erforderlich noch - für sich genommen - ausreichend. - Urt.; BFH 20.12.2006, X R 30/05; SIS 07 11 13
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) waren - nachdem ihnen zuvor ein Zwangsgeld angedroht
und dieses anschließend gegen sie festgesetzt worden war -
als Ehegatten durch einen auf geschätzten
Besteuerungsgrundlagen beruhenden und unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung ergangenen Bescheid vom 17.9.2002 zur
Einkommensteuer des Streitjahres 2000 zusammenveranlagt
worden.
Mit Bescheid vom 20.8.2003 hob der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) den Vorbehalt der
Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO
1977) auf. Daraufhin stellten die Kläger durch ihren
steuerlichen Berater mit Schreiben vom 21.9.2003 einen
„Antrag auf schlichte Änderung gemäß §
172 Abs. 1 Nr. 2a AO“, zu dem sie Folgendes ausführten:
„Der Antrag bezieht sich auf den Bescheid für 2000
über Einkommensteuer vom 20.08.2003. Die
Besteuerungsgrundlagen wurden durch Schätzung ermittelt. Die
Steuererklärung wird bis zum 24.10.2003 beim Finanzamt
eingereicht. Es wird eine Herabsetzung auf ‘Null’
beantragt.“
Das FA lehnte den Änderungsantrag mit
Bescheid vom 31.10.2003 mit der Begründung ab, eine
Steuererklärung sei bis zu dem angekündigten Zeitpunkt
nicht eingereicht worden. Gegen die Ablehnung legten die
Kläger, wiederum vertreten durch ihren steuerlichen Berater,
am 2.12.2003 Einspruch ein. Gleichzeitig stellten sie eine Abgabe
der Steuererklärung bis zum 20.12.2003 in Aussicht. Am
7.1.2004 ging die Steuererklärung beim FA ein.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15.1.2004
wies das FA den Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid zurück.
Im Wege der sog. „schlichten“ Änderung dürfe
ein Steuerbescheid zugunsten der Steuerpflichtigen nur
geändert werden, soweit sie den Antrag auf Änderung vor
Ablauf der Einspruchsfrist gestellt hätten. Diese
Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt, denn die
Kläger hätten einen entsprechend konkretisierten
Änderungsantrag erst mit dem Einreichen der
Steuererklärung am 7.1.2004 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei
die Einspruchsfrist (gegen den Bescheid vom 20.8.2003) bereits
abgelaufen gewesen.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit
den in EFG 2006, 312 = SIS 06 01 59 abgedruckten Gründen im
Wesentlichen stattgegeben und das FA verpflichtet, über den
Änderungsantrag unter Berücksichtigung der nachgereichten
Einkommensteuererklärung zu entscheiden.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt sinngemäß, das
angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben
hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt - im Umfang des Revisionsantrags - zur Aufhebung des
vorinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat das FA zu Unrecht verpflichtet, den
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr unter
Berücksichtigung der Angaben in der
Einkommensteuererklärung vom 7.1.2004 zugunsten der
Kläger abzuändern. Der innerhalb der Einspruchsfrist
gegen den Bescheid vom 20.8.2003 gestellte Antrag auf
„schlichte“ Änderung gemäß
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 war inhaltlich
nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam.
1. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst.
a AO 1977 darf ein Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig
oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur
aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige
zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies
gilt indessen zugunsten des Steuerpflichtigen - abgesehen von der
im Streitfall nicht einschlägigen Fallgestaltung, dass die
Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft - nur,
soweit der Steuerpflichtige vor Ablauf der Einspruchsfrist
zugestimmt oder den Antrag gestellt hat.
2. Ist - wie hier - eine Änderung
zugunsten des Steuerpflichtigen beabsichtigt, so muss der
Steuerpflichtige bis zum Ablauf der Einspruchsfrist einen
bestimmten Antrag auf Änderung stellen. Dieses Erfordernis
folgt, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 27.10.1993 XI R
17/93 (BFHE 172, 493, BStBl II 1994, 439 = SIS 94 04 52) eingehend
dargelegt hat, aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift und aus
dem Gesetzeszweck. Dagegen genügt es nicht, einen allgemein
auf Änderung des Steuerbescheides gerichteten Antrag erst nach
Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zu konkretisieren und zu
begründen. Ein solcher - zunächst nicht entsprechend
konkretisierter - Antrag ist unwirksam und eine auf ihn
gestützte Änderung des Steuerbescheides daher
unzulässig (BFH-Urteil vom 21.10.1999 I R 25/99, BFHE 190,
285, BStBl II 2000, 283 = SIS 00 06 01).
3. Nach diesen Maßstäben muss sich
das vom Steuerpflichtigen verfolgte Änderungsbegehren seinem
sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen bereits aus
dem fristgerecht gestellten Antrag auf
„schlichte“ Änderung selbst ergeben.
Entgegen der Rechtsauffassung des FG sind Angaben zur rein
betragsmäßigen Auswirkung der Änderung auf die
Steuerfestsetzung für die Bestimmtheit des Antrags weder
erforderlich noch - für sich genommen - ausreichend.
a) Der Gesetzeswortlaut des § 172 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 und seine systematische Stellung
innerhalb des Gesetzes machen deutlich, dass die Norm nur eine
punktuelle Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung
ermöglichen soll (BFH-Urteil in BFHE 172, 493, BStBl II 1994,
439 = SIS 94 04 52). Das setzt den Bezug des Änderungsantrags
zu einem konkreten Sachverhalt voraus.
aa) Denn die Änderung ist nach Halbsatz 1
der Vorschrift nur zulässig, soweit dem Antrag des
Steuerpflichtigen „der Sache nach entsprochen
wird“.
Darunter ist der Lebenssachverhalt zu
verstehen, der nach Ansicht des Steuerpflichtigen in dem
ursprünglichen Steuerbescheid nicht zutreffend gewürdigt
worden ist und daher nunmehr bei der beantragten Änderung
abweichend berücksichtigt werden soll. Die
betragsmäßige steuerliche Auswirkung der Abweichung (der
„Änderungsrahmen“) hingegen bildet diesen
Lebenssachverhalt lediglich reflexartig ab, ohne dabei selbst zum
Gegenstand des Änderungsantrags zu werden. Die Zustimmung des
Steuerpflichtigen zu einer vom FA vorgeschlagenen Änderung
(§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 1 1. Alternative
AO 1977) wird im Regelfall ebenfalls auf die abweichende
steuerliche Einordnung eines konkreten Sachverhalts gerichtet sein,
da der Steuerpflichtige typischerweise nicht bereit sein wird,
seine Zustimmung quasi „blanko“ zu jedem
beliebigen Änderungsvorhaben zu geben, solange es nur
innerhalb eines vom FA zuvor vorgeschlagenen Änderungsrahmens
liegt.
bb) Auch der Zusammenhang der Regelung mit den
das Steuerfestsetzungsverfahren betreffenden Vorschriften über
die „Bestandskraft“ (so die
Zwischenüberschrift vor den §§ 172 bis 177 AO 1977)
legt es nahe, die antragsgebundene Möglichkeit einer
„schlichten“ Änderung auf einzelne, durch
konkrete Lebenssachverhalte bestimmte Korrekturpunkte, nicht
hingegen auf einen abstrakten
„Änderungsrahmen“ zu beziehen.
Mit Ablauf der Einspruchsfrist tritt
regelmäßig die Bestandskraft des ursprünglichen
Steuerbescheides ein, soweit die Steuerfestsetzung nicht im
Hinblick auf die Anwendbarkeit einer Korrekturvorschrift
offengeblieben ist. Zutreffend ist zwar, dass in diesem
Zusammenhang nicht die einzelnen Besteuerungsgrundlagen in
Bestandskraft erwachsen, sondern die Festsetzung der Steuer als
solche. Indessen ermöglichen - von den
Ausnahmetatbeständen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
1977 (Änderung von Verbrauchsteuerbescheiden) und des §
177 AO 1977 (kompensatorische Berichtigung materieller Fehler)
abgesehen - auch die übrigen Korrekturvorschriften der
§§ 172 bis 177 AO 1977 eine erneute, abweichende
Steuerfestsetzung ausschließlich der Sache, nicht aber der
Höhe nach. Das Gesetz geht mithin im Grundsatz davon aus, dass
generell die Bestandskraft nur insoweit durchbrochen bzw. die
Steuerfestsetzung nur insoweit offengehalten werden kann, als in
der Sache eine Änderungsmöglichkeit besteht. Der konkrete
Änderungsrahmen - also die Frage, wie weit die Änderung
dem festzusetzenden Steuerbetrag nach reicht - lässt sich
zudem - jedenfalls bei einem nicht streng linear verlaufenden
Steuertarif - auch bei Anwendung der genannten übrigen
Korrekturtatbestände reflexartig erst dann feststellen, wenn
von der Änderungsvorschrift tatsächlich Gebrauch gemacht
wird.
cc) Dafür, dass zur Offenhaltung des
Steuerbescheides im Wege des Antrags auf „schlichte
Änderung“ nicht die Nennung eines
betragsmäßigen Änderungsrahmens, sondern das
Kenntlichmachen einzelner sachverhaltsbezogener Korrekturpunkte
erforderlich ist, spricht vor allem auch der gesetzessystematische
und teleologische Vergleich des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a AO 1977 mit den Vorschriften über den Einspruch.
So ist in § 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977
ausdrücklich geregelt, dass die Finanzbehörde, die
über den Einspruch entscheidet, „die Sache in vollem
Umfang erneut zu prüfen“ hat. Da für das
Verfahren über den Einspruch im Übrigen die Vorschriften
sinngemäß gelten, die auch auf den Erlass des
angefochtenen Steuerbescheides Anwendung finden (§ 365 Abs. 1
AO 1977), hat die Finanzbehörde, ohne dabei an das Vorbringen
des Einspruchsführers gebunden zu sein, den Sachverhalt
insgesamt erneut von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 AO
1977).
Vergleichbare Regeln für das Verfahren
bei einem Antrag auf „schlichte“ Änderung
fehlen. Anders als der Einspruch soll der Antrag auf
„schlichte“ Änderung die Finanzbehörde
nicht berechtigen, den gesamten Steuerfall neu aufzurollen
(BFH-Urteil in BFHE 172, 493, BStBl II 1994, 439 = SIS 94 04 52).
Hier hat die Finanzbehörde vielmehr ausschließlich zu
prüfen, ob sie dem Begehren des Antragstellers „der
Sache nach“ entsprechen kann. Um diese Aufgabe
erfüllen zu können, muss für die Behörde
erkennbar sein, auf welche sachverhaltsbezogenen Korrekturpunkte
der Antrag zielt. Nur mit dieser Einschränkung gelangt bei der
Bearbeitung auch § 88 AO 1977 zur Anwendung.
Die bloß betragsmäßige
Benennung eines Änderungsrahmens ohne Angabe eines
gegenüber den bisherigen Besteuerungsgrundlagen abweichenden
Lebenssachverhalts ermöglicht der Behörde eine nur
punktuelle Korrektur indessen gerade nicht. Eine solche Form der
Antragstellung zwingt die Finanzbehörde vielmehr dazu, den
Steuerfall entgegen dem Sinn des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a AO 1977 doch in vollem Umfang erneut aufzugreifen. Anders
als das FG offenbar annimmt gilt dies im Übrigen nicht nur
dann, wenn eine Neufestsetzung der Steuer auf
„Null“ beantragt wird, sondern in allen
Fällen, in denen die Steuer abweichend auf einen niedrigeren
Betrag als denjenigen des zu ändernden Bescheides festgesetzt
werden soll. Denn selbst eine noch so geringfügig verminderte
Steuerfestsetzung (im Extremfall: um 1 EUR) kann letztlich auf jede
beliebige geänderte Besteuerungsgrundlage und damit auf jeden
nur denkbaren abweichenden Lebenssachverhalt
zurückzuführen sein. Eine derart umfassende
Überprüfung des Steuerfalles aber ist nach der Systematik
der Änderungsvorschriften dem Einspruchsverfahren vorbehalten.
Die bloße Vorgabe eines betragsmäßigen
Änderungsrahmens wäre für die sachgerechte
Bearbeitung eines Antrags auf „schlichte“
Änderung daher sinnlos.
b) Der Steuerpflichtige muss der
Finanzbehörde den konkreten Lebenssachverhalt, auf den er das
Änderungsbegehren zu seinen Gunsten stützt, zudem bis zum
Ablauf der in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977
bestimmten Frist zumindest in seinen groben Zügen zu erkennen
geben. Auch das folgt - entgegen der Ansicht des FG - aus Wortlaut
und Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck der gesetzlichen
Regelung.
aa) Seinem ausdrücklichen Wortlaut nach
bestimmt Halbsatz 2 der Änderungsvorschrift, dass die
Änderung nur zulässig ist, wenn der Steuerpflichtige den
Antrag vor Ablauf der Einspruchsfrist gestellt hat. Mit dem hier
genannten Antrag ist ersichtlich der Antrag im Sinne des
vorangestellten Halbsatzes 1 der Vorschrift gemeint; das aber ist
der Antrag, dem „der Sache nach entsprochen“
werden soll und dem deswegen - wie bereits dargelegt - ein für
die Finanzbehörde erkennbarer Bezug zu einem konkreten,
abweichend zu würdigenden Lebenssachverhalt zugrunde liegen
muss. Dafür, dass unter dem Antrag im Sinne des Halbsatzes 2
ein anderer, bloß auf betragsmäßige Neufestsetzung
gerichteter Antrag ohne sachlichen Gehalt verstanden werden
könnte, welcher erst zu einem späteren Zeitpunkt um die
Benennung des für die Durchführung der Änderung
erforderlichen Lebenssachverhalts ergänzt werden müsste,
lässt sich dem Gesetzeswortlaut nichts entnehmen.
bb) In seiner ursprünglichen Fassung vom
16.3.1976 (BGBl I 1976, 613, BStBl I 1976, 157) hatte § 172
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 die Aufhebung oder
Änderung eines Steuerbescheides ermöglicht,
„falls der Steuerpflichtige zustimmt
oder soweit einem Antrag des Steuerpflichtigen der Sache nach
entsprochen wird; ist jedoch der Steuerbescheid bereits
unanfechtbar geworden, so gilt dies nur zuungunsten des
Steuerpflichtigen“.
Diese Regelung war für
„schlichte“ Änderungen zugunsten des
Steuerpflichtigen aufgrund der knapp bemessenen Bearbeitungs- und
Bekanntgabefrist kaum praktikabel gewesen (vgl. Rößler,
Neue Wirtschafts-Briefe - NWB -, Fach 2, 4793; Lüdicke, BB
1986, 1266; Krumsiek, DStZ 1988, 85, 86). Aus diesem Grunde hat der
Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Norm im Zuge des
Steuerbereinigungsgesetzes (StBereinG) 1986 vom 19.12.1985 (BGBl I
1985, 2436, BStBl I 1985, 735) insoweit ausgeweitet, als die
Änderung eines Steuerbescheides zugunsten des
Steuerpflichtigen seither auch dann noch zulässig ist, wenn -
im Zeitpunkt der weiteren Antragsbearbeitung und der Bekanntgabe
des Änderungsbescheides - die Rechtsbehelfsfrist bereits
abgelaufen ist. Seit der Neuregelung bedarf es in solchen
Fällen keines von Seiten des Steuerpflichtigen zugleich noch
eingelegten förmlichen Einspruchs mehr.
Durch die Neufassung der Sache nach
unberührt geblieben ist indessen das Erfordernis, jedenfalls
den Antrag bis zu dem Zeitpunkt stellen zu müssen, in dem der
zu ändernde Steuerbescheid unanfechtbar wird. Die
Normentwicklung legt es nahe, dieses Erfordernis so zu verstehen,
dass der Finanzbehörde die für die Bearbeitung des
Antrags erforderlichen Korrekturpunkte innerhalb der
Einspruchsfrist so hinlänglich bezeichnet werden müssen,
dass ihr die anschließende Bearbeitung des
Änderungsantrags auch tatsächlich möglich ist. Denn
einem Antrag, der diese Mindestvoraussetzung nicht erfüllte,
wäre auch nach der vor Inkrafttreten des StBereinG 1986
geltenden Rechtslage der Erfolg schon deswegen versagt geblieben,
weil die Behörde in Ermangelung eines Einspruchs gerade nicht
verpflichtet war, die Sache von sich aus in vollem Umfang erneut zu
prüfen. Auf das Problem der zu knappen Bearbeitungs- und
Bekanntgabefrist wäre es für den Misserfolg eines solchen
Antrags demnach gar nicht mehr angekommen. Dafür, dass mit der
Neuregelung zugleich auch diese Fälle erfasst werden sollten -
bei denen nicht bloß das Ende, sondern bereits der Beginn der
eigentlichen Antragsbearbeitung beim FA bis zu einem Zeitpunkt nach
dem Eintritt der Bestandskraft des zu ändernden Bescheides
hinauszuschieben gewesen wäre -, finden sich in der
Gesetzesbegründung (Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks
10/4513, S. 16 f.) keinerlei Anhaltspunkte.
cc) Ein Normverständnis des § 172
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977, das der Finanzbehörde
die Verpflichtung auferlegen würde, den Steuerfall entweder
insgesamt wieder aufzurollen oder den Steuerpflichtigen zumindest
von Amts wegen zur Mitwirkung und zur nachträglichen
sachverhaltsbezogenen Konkretisierung seines zunächst
bloß betragsmäßig fixierten
Änderungsbegehrens aufzufordern, entspräche
schließlich auch nicht dem Sinn des
„schlichten“ Änderungsverfahrens. Denn
dieses Verfahren ist - anders als das Einspruchsverfahren - darauf
gerichtet, zügig, einfach und ohne strengen Formzwang zu einer
punktuellen Korrektur des Ausgangsbescheides zu gelangen.
Wäre die Rechtsauffassung des FG
zutreffend, so würde dem Steuerpflichtigen dadurch zudem -
ohne dass dafür ein sachlicher Grund gegeben wäre - die
Möglichkeit eröffnet, in rechtsmissbräuchlicher
Weise (Bilsdorfer, INF 1997, 648, 649) die nachteiligen
Rechtsfolgen einer Präklusion nach § 364b Abs. 2 Satz 1
AO 1977 durch Ausweichen auf das Verfahren nach § 172 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 zu umgehen (dahin zielen die
Ausführungen von Pietsch, NWB, Fach 2, 6785: „Antrag
auf schlichte Änderung als Umgehungsmöglichkeit der
Präklusionsfrist“, mit der ausdrücklichen
Empfehlung, „bei einem Schätzungsbescheid ... immer
den Antrag auf Änderung auf ‘Null’ zu
stellen“). Dies würde dem Regelungszweck des §
364b AO 1977 zuwiderlaufen, ein Handlungsinstrument gegen
Verfahrensverzögerungen insbesondere in solchen Fällen
bereitzustellen, in denen - gegebenenfalls erst nach Jahren -
Steuererklärungen oder sonstige steuerlich relevante
Erklärungen erstmals abgegeben werden (Beschlussempfehlung und
Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 12/7427, S. 37).
c) Entgegen der - nicht näher
begründeten - Ansicht des FG setzt sich die dargelegte
Auslegung nicht in Widerspruch zu dem rechtsstaatlich
verbürgten Gebot eines fairen Verfahrens.
Ist der Steuerpflichtige imstande, der
Finanzbehörde innerhalb der durch § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 Buchst. a Halbsatz 2 AO 1977 bestimmten (Einspruchs-)Frist einen
dem Steuerbetrag nach konkretisierten Änderungsrahmen
vorzugeben, so ist es ihm auch ohne weiteres zuzumuten, im gleichen
Zeitraum die steuerlichen Tatsachen zumindest in groben Umrissen zu
benennen, aus denen sich die errechnete Steuer bei der beantragten
geänderten Festsetzung ergibt. Dies gilt umso mehr, als der
Steuerpflichtige das FA erst durch diese Angaben in die Lage
versetzt, mit der eigentlichen Bearbeitung des
Änderungsbegehrens beginnen zu können. Verfügt der
Antragsteller andererseits zum maßgeblichen Zeitpunkt
über derartige Sachverhaltserkenntnisse noch nicht - etwa,
weil er (wie offenbar im Streitfall) die zur Erstellung der
Steuererklärung erforderlichen Angaben noch nicht
vollständig zusammengetragen hat -, so ist jede konkrete
Bezifferung eines Änderungsrahmens notwendigerweise
willkürlich und zielt damit „ins Blaue“
(Ruppel, DStR 1995, 205, 207). Unter solchen Umständen ist
allein das Einspruchsverfahren (mit den damit verbundenen
Präklusionsmöglichkeiten gemäß § 364b AO
1977) die zur Offenhaltung der Veranlagung geeignete
Verfahrensart.
4. Daraus folgt, dass ein Antrag auf
„schlichte“ Änderung nicht hinreichend
bestimmt ist, wenn er - wie im Streitfall - lediglich auf die
Herabsetzung der Steuer auf „Null“ oder auf
einen beliebigen anderen, näher bezeichneten Betrag gerichtet
ist. Das gilt auch dann, wenn der Antrag hinsichtlich der
Korrekturpunkte im Einzelnen auf eine zu einem späteren
Zeitpunkt (außerhalb der Einspruchsfrist) nachzureichende
Steuererklärung verweist (gleicher Ansicht: Bilsdorfer, Inf
1997, 648, 649; s. auch FG des Landes Brandenburg, Urteil vom
23.11.1999 3 K 1011/98 E, juris Nr: STRE200070315 = SIS 02 75 13 -
insoweit nicht abgedruckt in EFG 2000, 424 - ; Lüdicke, BB
1986, 1266, Krumsiek, DStZ 1988, 85, 87; Mihatsch, Die steuerliche
Betriebsprüfung 1988, 149, 154; Ruppel, DStR 1995, 205, 207;
v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 172 AO Rz 137; v.
Wedelstädt in Woerner/Grube, Aufhebung und Änderung von
Steuerverwaltungsakten, 9. Aufl., Rz 740 f., und Klein/Rüsken,
AO, 9. Aufl., § 172 Rz 35; anderer Auffassung: Pietsch, NWB,
Fach 2, 6785, 6786, sowie - neben der Vorinstanz - FG Köln,
Urteil vom 14.6.2000 11 K 3573/99, EFG 2000, 1044 = SIS 01 53 37;
Frotscher in Schwarz, AO, § 172 Rz 22; Loose in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 172 AO Rz 35;
Rößler, NWB, Fach 2, 4793, 4796 f.; noch weitergehend:
Hufeld/Abeln, Juristische Schulung 1999, 684, 685).
Die Vorentscheidung ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sie war daher aufzuheben. Das
FA hat den - zum einen durch einen Angehörigen der
steuerberatenden Berufe und zum anderen ausdrücklich als
solchen gestellten - Antrag der Kläger auf
„schlichte“ Änderung zu Recht abgelehnt. Da
die Sache spruchreif ist, war die Klage abzuweisen.