Ausgleichsleistungsgesetz, Flächenerwerb, GrESt: Der Flächenerwerb im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG durch einen Käufer, dem land- oder forstwirtschaftliches Vermögen durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist, ist nicht grunderwerbsteuerfrei. - Urt.; BFH 26.10.2006, II R 49/05; SIS 07 06 04
I. Aufgrund notariell beurkundeten
Kaufvertrages vom 30.8.2001 erwarb die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) von der X zum
Gesamtkaufpreis von 451.624,07 EUR Grundbesitz im Umfang von rd.
538 ha. Der Grundbesitz bestand zu rd. 498 ha aus Waldflächen
mit einem Anteil hiebsreifer Bestände von weniger als 10 v.H.
Für diese war ein „durchschnittlicher ha-Preis“
von 831,48 EUR angesetzt. In dem Vertrag heißt es, die
Flächen seien nach dem Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG)
vom 27.9.1994 (BGBl I, 2624, 2628) begünstigt; der
Vertragsabschluss erfolge in der Annahme, dass die Klägerin
einen „Erwerbsanspruch nach den Bestimmungen des
AusglLeistG“ habe.
Ein Teil der erworbenen Flächen lag in
drei verschiedenen Gemarkungen außerhalb des Amtsbezirks der
ursprünglich zuständigen Steuerbehörde. Auf diese
Flächen von zusammen rd. 112 ha entfiel nach dem
durchschnittlichen ha-Preis ein anteiliger Kaufpreis von 93.611,18
EUR.
Mit Bescheid vom 10.12.2001 setzte die
ursprünglich zuständige Steuerbehörde bei einer
Bemessungsgrundlage von (451.624,07 EUR ./. 93.611,18 EUR =)
358.012 EUR Grunderwerbsteuer in Höhe von 12.530,23 EUR gegen
die Klägerin fest. Einspruch und Klage, mit denen die
Klägerin geltend gemacht hatte, der Erwerbsvorgang sei
gemäß § 11 des Gesetzes über die
Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener
landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften,
Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger
(EigentÜbertrG) vom 22.7.1990 (GBl DDR I, 899)
grunderwerbsteuerfrei, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG)
war der Ansicht, der Erwerbsvorgang unterfalle nicht dem
EigentÜbertrG, sondern dem AusglLeistG. Im Übrigen
wäre er auch unabhängig von dem AusglLeistG nicht vom
EigentÜbertrG erfasst worden (vgl. SIS 06 05 17).
Mit der Revision rügt die
Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 11
EigentÜbertrG sowie das Übersehen der Vorschriften des
§ 34 Abs. 3 des Vermögensgesetzes (VermG) in der im
August 2001 geltenden Fassung und des § 16 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
§ 11 EigentÜbertrG enthalte einen
allgemeinen Rechtsgedanken und sei auf den Streitfall unmittelbar
anwendbar, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei dem
Erwerbsvorgang um einen nach § 3 AusglLeistG begünstigten
Flächenerwerb gehandelt habe. Sie, die Klägerin,
gehöre zu den durch § 11 EigentÜbertrG
begünstigten Personen, da die erworbenen Flächen vor
„der Enteignung auf besatzungsrechtlicher bzw.
besatzungshoheitlicher Grundlage originäres Eigentum ihrer
Familie“ gewesen seien. Das EigentÜbertrG sei erst 2002
aufgehoben worden.
Auch aus § 34 Abs. 3 VermG ergebe sich
ein Anspruch auf Grunderwerbsteuerbefreiung. Dass § 6 Abs. 2
AusglLeistG, wonach für die Durchführung des AusglLeistG
die Bestimmungen des VermG entsprechend gelten, in seiner
Neufassung durch das Vermögensrechtsergänzungsgesetz
(VermRErgG) vom 15.9.2000 (BGBl I, 1382) die Durchführung des
den Flächenerwerb regelnden § 3 AusglLeistG
ausdrücklich ausnimmt, ändere an der Anwendbarkeit des
§ 34 Abs. 3 VermG im Streitfall nichts. Denn auch der Anspruch
auf einen Flächenerwerb nach § 3 AusglLeistG sei ein
Ausgleichsanpruch i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG.
Für letztere Vorschrift gelte aber nach wie vor die Verweisung
in § 6 Abs. 2 AusglLeistG auf das VermG. Außerdem seien
Erwerbsansprüche nach dem AusglLeistG denen nach dem VermG
qualitativ gleichwertig, was die Anwendung der
materiell-rechtlichen Befreiungsvorschrift des § 34 Abs. 3
VermG erfordere. Beide Ansprüche dienten einem
Wiedergutmachungszweck. Unabhängig davon sei zu fragen, ob der
Flächenerwerb nach § 3 AusglLeistG überhaupt einen
Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG darstelle, da
es sich dabei um einen „zwecks Wiedergutmachung erzwungenen
Kauf“ handele. Dadurch, dass § 6 Abs. 2 AusglLeistG den
Flächenerwerb nach § 3 AusglLeistG nicht mehr
einschließe, sei zumindest eine Gesetzeslücke
entstanden, die analog § 16 Abs. 2 GrEStG durch Nichterhebung
der Grunderwerbsteuer auszufüllen sei. Dies sei auch von
Verfassungs wegen geboten. So habe einmal das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bezüglich des großen
Unrechts, das die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder
besatzungshoheitlicher Grundlage dargestellt hätten, verlangt,
dieses im Rahmen des AusglLeistG wieder gut zu machen. Zum anderen
sei eine Steuerbefreiung auch nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
(GG) geboten, da der Erwerb volkseigenen land- und
forstwirtschaftlichen Vermögens ansonsten steuerbefreit sei,
wie die Vorschriften der §§ 11 EigentÜbertrG, 34
Abs. 3 VermG, 67 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes sowie 2 Abs.
3 des Gesetzes über den Verkauf von Mauer- und
Grenzgrundstücken (MauerG) vom 15.7.1996 (BGBl I, 980)
zeigten.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den
Grunderwerbsteuerbescheid vom 10.12.2001 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 2.10.2002 aufzuheben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
nunmehr zuständige Finanzamt - FA - ) beantragt, die Revision
zurückzuweisen. Er trägt vor, das EigentÜbertrG habe
sich bereits vor seiner förmlichen Außerkraftsetzung
mangels verbliebenen Anwendungsbereichs erledigt gehabt. § 16
Abs. 2 GrEStG sei nicht einschlägig, weil es an einem
Rückerwerb fehle.
II. Die Revision ist unbegründet; sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Erwerbsvorgang vom 30.8.2001
ist steuerbar und nicht von der Grunderwerbsteuer befreit.
1. Die von der Klägerin erworbenen
Grundstücke lagen bei Erlass des angefochtenen Steuerbescheids
in den Bezirken verschiedener Steuerbehörden. Gleichwohl hat
das damals zuständige FA A als die Behörde, in deren
Bezirk das wertvollste Grundstück lag, bewusst von der
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 2
Alternative 2 GrEStG abgesehen, ohne dass eine der Ausnahmen des
Abs. 4 der Vorschrift gegeben war. Stattdessen hat es
bezüglich der in seinem Bezirk gelegenen Grundstücke
sofort die Grunderwerbsteuer festgesetzt. Bereits während des
Klageverfahrens ist jedoch das als Revisionsbeklagter auftretende
FA durch § 1 Nr. 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung
der Verordnung über zentrale Zuständigkeiten der
Finanzbehörden in Sachsen-Anhalt vom 21.5.2003 (GVBl LSA, 121)
für das gesamte Gebiet, in dem die erworbenen Grundstücke
liegen, zuständig geworden. Damit ist die Rechtsgrundlage
für eine gesonderte Feststellung nach § 17 GrEStG
entfallen. Eine Aufhebung der Vorentscheidung und
Zurückverweisung der Sache an das FG ergäbe daher keinen
Sinn.
2. Mit dem Kaufvertrag vom 30.8.2001 ist ein
Anspruch auf Übereignung der streitbefangenen Grundstücke
begründet worden. Damit ist der Erwerbstatbestand des § 1
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Ein Rechtsträgerwechsel
bezüglich dieser Grundstücke auf die Klägerin war
möglich und nicht etwa deshalb von vornherein ausgeschlossen,
weil der Klägerin oder einem von ihr beerbten
Rechtsvorgänger in der Vergangenheit das Eigentum an den
nämlichen Grundstücken durch entschädigungslose
Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher
Grundlage entzogen worden war. Abgesehen davon, dass das FG nicht
festgestellt hat, ob und in welchem Umfang die Klägerin einst
ihr oder einem Rechtsvorgänger gehörende Grundstücke
zurückerworben hat - nach § 3 Abs. 5 Satz 4 und 5
AusglLeistG konnte der Flächenerwerb i.S. des § 3 dieses
Gesetzes auch Grundstücke betreffen, die noch nie im Eigentum
des Erwerbers oder einer von ihm beerbten Person standen (vgl. dazu
Hauer in Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG,
Kommentar, Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Anm. 138,
139) -, sind die genannten Enteignungen durch keinen Rechtsakt
rückgängig gemacht, sondern im Gegenteil durch Art. 143
Abs. 3 GG i.d.F. des Art. 4 Nr. 5 des Einigungsvertrages
bestätigt worden (Urteil des BVerfG vom 23.4.1991 1 BvR 1170,
1174, 1175/90, BVerfGE 84, 90, 117, 126).
3. Der Erwerbsvorgang ist auch
steuerpflichtig. Er erfüllt keinen gesetzlichen
Befreiungstatbestand.
a) Die Befreiungsvorschrift des § 11
EigentÜbertrG greift nicht ein, da der Kaufvertrag vom
30.8.2001 nicht der Durchführung dieses Gesetzes diente. Er
diente vielmehr der Durchführung des AusglLeistG, und zwar
dessen § 3. Dieses Gesetz regelt den Sonderbereich der
staatlichen Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf
besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die
nicht mehr rückgängig gemacht werden können, und
stellt mit der Art und Weise des vorgesehenen Ausgleichs eine
Spezialkodifikation dar (vgl. Leiner in Fieberg/Reichenbach/
Messerschmidt/Neuhaus, a.a.O., § 6 AusglLeistG Anm. 31). Als
solche ginge sie dem EigentÜbertrG, das die Verwertung
volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen
gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EigentÜbertrG i.V.m.
§ 1 Abs. 6 des Treuhandgesetzes der DDR vom 17.6.1990 (GBl DDR
I, 300) unter der breiten Zielsetzung regelt, ökonomischen,
ökologischen, strukturellen und eigentumsrechtlichen
Besonderheiten Rechnung zu tragen, selbst dann vor, wenn es als
allgemeine „Basiskodifikation“ anzusehen
wäre.
Dieser Spezialnormcharakter des AusglLeistG
ergibt sich nicht nur aus der geregelten Sondermaterie, sondern
auch daraus, wie nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG die Gegenleistung
für den Flächenerwerb zu berechnen ist, und zwar sowohl
für den Erwerb landwirtschaftlich genutzter Flächen als
auch für den Erwerb von Waldflächen. In dieser im
Vergleich zu den §§ 6 und 7 EigentÜbertrG bewusst
niedrig gehaltenen Gegenleistung i.S. des § 3 Abs. 7
AusglLeistG liegt der eigentliche Ausgleich für das erlittene
Enteignungsunrecht. Daran hat sich durch die Neufassung des §
3 Abs. 7 AusglLeistG aufgrund des VermRErgG nichts
geändert.
Hinzu kommt, dass § 6 Abs. 2 AusglLeistG
für die Durchführung des Gesetzes auf die Bestimmungen
des VermG verweist. Damit bildet das VermG die
„Basiskodifikation“ zum AusglLeistG (so Leiner
in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, a.a.O., § 6
AusglLeistG Anm. 31) und nicht das EigentÜbertrG. Soweit
§ 6 Abs. 2 AusglLeistG durch das VermRErgG dahin geändert
worden ist, dass die Durchführung des Flächenerwerbs nach
§ 3 AusglLeistG von der Verweisung auf das VermG ausgenommen
worden ist, ist dies nicht im Hinblick darauf geschehen, dass
stattdessen auf das EigentÜbertrG zurückgegriffen werden
soll oder kann. Die Herausnahme aus der Verweisung erfolgte
vielmehr im Hinblick darauf, dass für die Durchführung
des Flächenerwerbs nach § 3 AusglLeistG auf der Grundlage
einer eigens dafür in § 4 Abs. 3 des Gesetzes enthaltenen
Ermächtigung besondere Regelungen geschaffen worden sind, und
zwar in Gestalt der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) vom
20.12.1995. Das VermG, das AusglLeistG und die FlErwV bilden somit
für Sachverhalte wie im Streitfall ein abgeschlossenes
Regelwerk, das keinen Raum für einen Rückgriff auf das
EigentÜbertrG lässt. Auf den Zeitpunkt des
förmlichen Außerkrafttretens des EigentÜbertrG
kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Frage, ob dieses Gesetz
bei seinem förmlichen Außerkrafttreten noch an anderer
Stelle einen Anwendungsbereich hatte oder nicht.
b) Die Befreiungsvorschrift des § 34 Abs.
3 VermG ist ebenfalls nicht einschlägig. § 6 Abs. 2
AusglLeistG ordnete ursprünglich an, dass für die
Durchführung des AusglLeistG die Bestimmungen des VermG
entsprechend gelten. Das VermG sieht in § 34 Abs. 3 eine
Grunderwerbsteuerbefreiung für Grundstückserwerbe nach
dem VermG vor. Ob die Verweisung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG in
seiner ursprünglichen Fassung auf das VermG für die
Fälle eines Flächenerwerbs i.S. des § 3 AusglLeistG
eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 34 Abs. 3 VermG bewirkt
hat, ist allerdings zweifelhaft. Die Steuerbefreiung wird nach
dieser Vorschrift nämlich nur solchen Personen gewährt,
die von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen sind. Nach
§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG gilt aber das VermG vorbehaltlich
seiner Bestimmungen über Zuständigkeit und Verfahren
nicht für Enteignungen von Vermögenswerten auf
besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage. Daraus
könnte zu folgern sein, dass die Erwerber von Flächen aus
dem Flächenerwerbsprogramm nach § 3 AusglLeistG, die
Opfer derartiger Enteignungen waren, auch nicht über den Umweg
des § 6 Abs. 2 AusglLeistG in den Genuss des § 34 Abs. 3
VermG gelangen sollten.
Dies kann aber letztlich dahinstehen, weil die
Verweisungsnorm des § 6 Abs. 2 AusglLeistG durch Art. 3 Nr. 4
Buchst. a VermRErgG dergestalt geändert worden ist, dass die
Durchführung des Flächenerwerbs nach § 3 AusglLeistG
von der Verweisung ausgenommen worden ist. Nach der Neufassung des
§ 6 Abs. 2 AusglLeistG, die für den Streitfall
maßgeblich ist, scheidet jedenfalls die Anwendung des §
34 Abs. 3 VermG zugunsten der Erwerber i.S. des § 3
AusglLeistG aus. Der Verordnungsgeber hat auch schon vor dieser
Gesetzesänderung angenommen, der Erwerb im
Flächenerwerbsprogramm nach § 3 AusglLeistG sei
grunderwerbsteuerpflichtig. Denn § 11 Satz 4 FlErwV schrieb
schon immer vor, der Erwerber solle zur Übernahme der
Erwerbskosten, insbesondere auch der Grunderwerbsteuer,
verpflichtet werden. Von dieser Annahme geht auch die
Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des VermRErgG
aus, wonach die Änderung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG der
Klarstellung diene, dass das VermG für die Durchführung
des § 3 und der aufgrund von § 4 Abs. 3 AusglLeistG
ergangenen Rechtsverordnung - also der FlErwV - nicht gelten solle
(BTDrucks 14/1932, S. 17).
Die Herausnahme des Flächenerwerbs aus
der Verweisungsvorschrift des § 6 Abs. 2 AusglLeistG wird
entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht dadurch
bedeutungslos, dass der Klägerin ein Anspruch auf
Flächenerwerb zugestanden hätte, dieser ein
Ausgleichsanspruch i.S. des § 1 AusglLeistG sei und diese Norm
nach wie vor von der Verweisung in § 6 Abs. 2 AusglLeistG
erfasst werde. Dies trifft schon deshalb nicht zu, weil das
Flächenerwerbsprogramm des § 3 AusglLeistG nur eine
Erwerbsmöglichkeit vorsieht, aber keinen den Rechten aus
§ 1 und § 2 des Gesetzes vergleichbaren Rechtsanspruch
auf Ausgleich in Land gewährt (vgl. Hauer in
Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt, Neuhaus, a.a.O., § 3
AusglLeistG Anm. 138). Der Schaffung eines solchen Anspruchs stand
von vornherein die beschränkte Verfügbarkeit der
dafür erforderlichen Flächen entgegen.
c) Eine unmittelbare oder entsprechende
Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG kommt im Streitfall nicht in
Betracht. Beides würde zunächst voraussetzen, dass die
streitbefangenen Grundstücke flächenmäßig zu
dem Grundbesitz gehörten, der der Klägerin auf
besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage
entzogen worden ist. Auf diese Nämlichkeit der Flächen
könnte auch bei einer analogen Anwendung des § 16 Abs. 2
GrEStG nicht verzichtet werden, da sie ein Kernelement der
Vorschrift bildet, das nicht hinweggedacht werden kann. Ob dieses
Nämlichkeitserfordernis im Streitfall bezüglich der
erworbenen Grundstücke voll umfänglich oder zumindest
teilweise erfüllt wäre, ist vom FG nicht festgestellt
worden. Unterstellt, es wäre erfüllt, fehlte es
vorliegend bezüglich der Nr. 1 der Vorschrift an der Wahrung
der Zweijahresfrist. Auch bei diesem zeitlichen Erfordernis handelt
es sich um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der Norm, das auch
bei einer analogen Anwendung erfüllt sein müsste.
Bezüglich der Nr. 2 der Vorschrift stünde von vornherein
die Rechtswirksamkeit der - wenn auch unrechtmäßigen -
Enteignung einer sei es auch analogen Anwendung des § 16 Abs.
2 GrEStG entgegen. Bezüglich der Nr. 3 fehlte es für eine
(analoge) Anwendung an einem anspruchsbegründenden
Rechtsgeschäft, dessen Vertragsbestimmungen nicht erfüllt
sein könnten.
4. Ob die verschiedenen Regelungen über
eine Grunderwerbsteuerbefreiung für den Eigentumserwerb im
Zuge der Neuordnung und Privatisierung des Grund und Bodens in den
neuen Bundesländern - z.B. die von der Klägerin
angeführten Vorschriften des § 11 EigentÜbertrG, des
§ 34 Abs. 3 VermG, des § 2 Abs. 3 MauerG oder des §
67 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes - einen gemeinsamen
Grundgedanken enthalten, kann auf sich beruhen. Sollte dem so sein,
ließe dies jedenfalls nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber
habe mit der Herausnahme des Flächenerwerbs gemäß
§ 3 AusglLeistG aus der Verweisung des § 6 Abs. 2
AusglLeistG auf § 34 Abs. 3 VermG unbemerkt eine Lücke
aufgerissen, die unter Heranziehung eines derartigen Grundgedankens
zu schließen sei.
a) Ein derartiger Grundgedanke wäre wegen
der Besonderheiten des Flächenerwerbs gemäß §
3 AusglLeistG nicht auf die dabei verwirklichten
Erwerbsvorgänge übertragbar. Bei Erlass des VermRErgG,
mit dem die Verweisungsregelung in § 6 Abs. 2 AusglLeistG
geändert wurde, ging der Gesetzgeber davon aus, dass das
Flächenerwerbsprogramm des § 3 AusglLeistG unter
Beihilfegesichtspunkten von europarechtlicher Relevanz ist. Die
EU-Kommission hatte mit Entscheidung vom 20.1.1999 (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - vom 24.4.1999 L 107/21)
Teile des Flächenerwerbsprogramms wegen der verbilligten
Grundstücksveräußerung aus beihilferechtlichen
Gründen beanstandet (dazu Ludden in Zeitschrift für
Immobilienrecht 2001, 248). Die Bundesregierung nahm dies hin, um
längere zeitliche Verzögerungen bei der Privatisierung
der Land- und Forstwirtschaft zu vermeiden.
b) Die Beanstandungen der Kommission betrafen
zwar weder die eigentlichen Wiedergutmachungsfälle noch die
Erwerber forstwirtschaftlicher Flächen, sondern vornehmlich
die sog. Neueinrichter i.S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG
und auch diese nur insoweit, als ihnen der verbilligte Erwerb
landwirtschaftlicher Flächen ermöglicht wurde. Der
verbilligte Erwerb forstwirtschaftlicher Flächen blieb
ausdrücklich unbeanstandet. Der Gesetzgeber hatte aber
nachvollziehbare Gründe, innerhalb des
Flächenerwerbsprogramms des § 3 AusglLeistG hinsichtlich
der Grunderwerbsteuer keine Differenzierung vorzusehen.
aa) Was den Erwerb landwirtschaftlicher
Flächen durch Neueinrichter anbelangt, hatte die Kommission
das Überschreiten der sog. Intensitätshöchstgrenze
bemängelt. Gemäß Art. 92 Abs. 3 Buchst. c des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -
EGV - (jetzt Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG) können staatliche
Beihilfen zur Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder
Wirtschaftsgebiete genehmigt werden, die die Handelsbedingungen
nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse
zuwider läuft. Dabei ist insbesondere an Beihilfen zur
Beseitigung struktureller Schwächen gedacht. Bei Inkrafttreten
des AusglLeistG war es der Kommission gemäß Art. 35 Abs.
1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates
vom 15.7.1991 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur
(ABlEG vom 6.8.1991 L 218/1) grundsätzlich möglich,
Beihilfen zum Kauf von landwirtschaftlichen Flächen als
Investitionsbeihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar
anzusehen und zu genehmigen, wenn die Beihilfeintensität 35
v.H. (bzw. 75 v.H. in benachteiligten Gebieten) nicht
überschritt (vgl. Entscheidung der Kommission vom 24.4.1999,
a.a.O., L 107/43).
bb) Dies veranlasste den Gesetzgeber, den
§ 3 Abs. 7 AusglLeistG, der im Rahmen des
Flächenerwerbsprogramms die Ermittlung des Kaufpreises regelt,
durch Art. 3 Nr. 1 Buchst. e aa VermRErgG dergestalt zu
ändern, dass der Kaufpreis für den Erwerb
landwirtschaftlicher Flächen nicht mehr - wie bisher - nach
dem Dreifachen des Einheitswerts der jeweiligen Flächen nach
den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 zu berechnen ist, sondern
nach dem Verkehrswert abzüglich eines Ausgleichs von 35 v.H.
Diese neue Kaufpreisberechnung sollte nach der Begründung zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem VermRErgG vom 29.10.1999
(BTDrucks 14/1932, S. 15) gewährleisten, „dass beim
Verkauf landwirtschaftlicher Flächen die Grenzen
zulässiger Beihilfeintensität in allen Fällen
eingehalten werden“.
cc) Dieses Bestreben des Gesetzgebers, das
beihilferechtlich Mögliche auszuschöpfen, aber die
Intensitätshöchstgrenze nicht zu überschreiten,
stand der zusätzlichen Gewährung einer
Grunderwerbsteuerbefreiung entgegen, da eine solche
Steuervergünstigung eine zusätzliche Beihilfe dargestellt
hätte. Der Begriff der Beihilfe i.S. des Art. 92 Abs. 1 EGV
(jetzt Art. 87 Abs. 1 EG) umfasst nämlich nicht nur positive
Leistungen wie Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in
verschiedener Form die Belastung vermindern, die ein Unternehmer
normalerweise zu tragen hat, und die einer Subvention nach Art und
Weise gleichstehen. Dazu gehören auch Abgabenbefreiungen, die
den Begünstigten besserstellen als die übrigen
Abgabenpflichtigen (so Entscheidung des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 19.5.1999 C-6/97,
Slg. I-1999, 2981).
dd) Demnach kann zunächst für den
Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch Neueinrichter nicht
angenommen werden, das AusglLeistG enthalte mit seinem Ausschluss
des Flächenerwerbs von der Verweisung auf das VermG
hinsichtlich der Grunderwerbsteuer eine Lücke, die durch
analoge Anwendung eines anderen Befreiungsvorschriften zugrunde
liegenden Rechtsgedankens zu schließen wäre.
Darüber hinaus verbietet sich aber die Annahme einer
derartigen Lücke auch für den Erwerb derartiger
Flächen durch Wiedereinrichter und solche Personen, denen
land- und forstwirtschaftliches Vermögen durch Enteignung auf
besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage
entzogen worden ist und die nicht zu den Neu- oder
Wiedereinrichtern gehören. Der Gesetzgeber sah sich
nämlich genötigt, diese verschiedenen Erwerbsgruppen auch
für Grunderwerbsteuerzwecke gleich zu behandeln.
Ungeachtet der grundsätzlich auf
Wiedergutmachung gerichteten Zielrichtung des AusglLeistG werden in
dessen § 3 (Flächenerwerb) zwei unterschiedliche
Regelungsbereiche zusammengefasst, nämlich neben einem
Wiedergutmachungsprogramm für Alteigentümer ein
eigenständiges Förderprogramm zum Aufbau der Land- und
Forstwirtschaft in den neuen Bundesländern (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 21.5.1996 1 BvR 1408/95, BVerfGE 94, 334,
349). Letzteres war ein besonderes Anliegen der neuen
Bundesländer, die dabei vornehmlich den Flächenerwerb
durch selbstwirtschaftende Pächter im Auge hatten und eine
Bevorzugung der Bodenreformopfer ablehnten (vgl. dazu Hauer in
Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, a.a.O., § 3
AusglLeistG Anm. 24, sowie das Petitum des Landes Brandenburg,
über das das BVerfG mit Beschluss vom 29.4.1996 2 BvG 1/93,
BVerfGE 94, 297 zu entscheiden hatte). Bei dieser Ausgangslage war
es vertretbar, sämtliche Erwerbsfälle gleichermaßen
der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, obwohl nur bei einem Teil
eine europarechtliche Notwendigkeit dazu bestand. Dies
verstößt nicht gegen das Willkürverbot, zumal dem
Gesetzgeber auf dem Gebiet der Wiedergutmachung auch im Rahmen des
Art. 3 Abs. 1 GG ein besonders weites Beurteilungsermessen zukommt
(so Urteil des BVerfG vom 22.11.2000 1 BvR 2307/94, 1120, 1408,
2460, 2471/95, BVerfGE 102, 254, 299).
ee) Auch von einer weiteren Differenzierung
der Grunderwerbsteuerpflicht danach, ob der Erwerb
landwirtschaftliche Flächen in benachteiligten Gebieten betraf
oder nicht und ob der Erwerb landwirtschaftliche oder
forstwirtschaftliche Flächen betraf, durfte im Interesse einer
einheitlichen Regelung für alle Erwerbsfälle abgesehen
werden (dazu Hauer in Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus,
a.a.O., § 3 AusglLeistG Anm. 149), zumal die Kommission darauf
hingewiesen hatte, dass die großzügigere Behandlung
forstwirtschaftlicher Maßnahmen „möglicherweise
bald geändert“ werde (vgl. dazu Entscheidung der
Kommission vom 20.1.1999, a.a.O., L 107/43).
ff) Schließlich ist auch ohne Bedeutung,
dass die beihilferechtliche Intensitätshöchstgrenze
für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen in nicht
benachteiligten Gebieten ab 1.1.2000 auf 40 v.H. angehoben und
für einen derartigen Erwerb in benachteiligten Gebieten auf 50
v.H. abgesenkt worden ist (Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999
des Rates vom 17.5.1999 über die Förderung der
Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen
Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft und zur
Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen, ABlEG vom
26.6.1999 L 160/80). Diese Veränderung der
Intensitätshöchstgrenze war zwar noch vor dem
Flächenerwerb der Klägerin eingetreten, hat aber keinen
Eingang in das laufende Gesetzgebungsverfahren für das
VermRErgG gefunden und ist für die Frage einer
Gesetzeslücke bezüglich der Grunderwerbsteuer ohne
Bedeutung. Sie hätte allenfalls dazu führen können,
beim Erwerb landwirtschaftlicher Flächen einen Abschlag vom
Verkehrswert in Höhe von 40 v.H. vorzusehen. Eine derartige
Anpassung an den Höchstsatz von 40 v.H. hätte aber
unterschiedliche Abschläge beim Erwerb landwirtschaftlicher
Flächen während der Laufzeit des
Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG bedeutet,
nämlich einen Abschlag von 35 v.H. bis Ende 2000 - bzw. in der
Zeit vor dem 28.1.1999, dem Tag des aufgrund der
Kommissions-Entscheidung veranlassten Verkaufsstopps - und einen
Abschlag von 40 v.H. ab Anfang 2001. Ein derartiger Unterschied in
der Preisbildung wäre aber den Alterwerbern, die ihre
Flächen vor 2001 erworben haben und die infolge der
Kommissions-Entscheidung vom 20.1.1999 (a.a.O.) gemäß
§ 3a Abs. 1 und 2 AusglLeistG i.d.F. des VermRErgG
Nachzahlungen leisten mussten, wenn sie an ihren Kaufverträgen
festhalten wollten, nicht zu vermitteln gewesen.