Keine Ableitung der Bodenrichtwerte für Rohbauland aus denjenigen für erschließungsbeitragsfreies Bauland: Die FÄ sind nicht berechtigt, die für die Bedarfsbewertung von Rohbauland maßgebenden Bodenrichtwerte aus den von den Gutachterausschüssen für erschließungsbeitragsfreies Bauland mitgeteilten Bodenrichtwerten abzuleiten (Abweichung von R 160 Abs. 2 Sätze 1 und 7 ErbStR 2003). - Urt.; BFH 26.4.2006, II R 58/04; SIS 06 31 48
I. Die beiden älteren Töchter (T
1 und T 2) der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger)
übertrugen durch Vertrag vom 7.4.1997 auf diese als
Miteigentümer zu je 39/100 Anteilen sowie auf die Beigeladene
zu 22/100 Anteilen unentgeltlich ein in ihrem hälftigen
Miteigentum stehendes, in einem Neubaugebiet im Stadtteil W der
Stadt ... belegenes, 3.410 qm großes Grundstück.
Unmittelbar danach verkauften die Bedachten das Grundstück
für 1 DM je qm an die D-GmbH, die von der Stadt vertraglich
beauftragt worden war, für das Neubaugebiet die
städtebauliche Planung, Bodenordnung und Erschließung
durchzuführen. Den Verkäufern wurde ein
übertragbarer Anspruch auf Rückübertragung eines
oder mehrerer Baugrundstücke im Umfang von 70 v.H. der
Einlagefläche zum Kostenpreis eingeräumt. Von diesem
Anspruch machten sie später Gebrauch. Andernfalls hätte
die D-GmbH an sie 89 DM je qm Bruttobaulandfläche
nachentrichten müssen. Dieser Betrag war der D-GmbH von der
Stadt für die Grundstücksankäufe in dem Neubaugebiet
vorgegeben worden.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte als Wert des übertragenen
Grundstücks auf den 7.4.1997 die Hälfte des vom
zuständigen Gutachterausschuss für baureifes
erschließungsbeitragsfreies Land in W (Wohnbauflächen,
allgemeines Wohngebiet) mitgeteilten Bodenrichtwerts von 480 DM je
qm abzüglich eines Abschlags von 20 v.H. an und rundete den
daraus errechneten Grundstückswert von 654.720 DM auf 654.000
DM ab. Diesen Grundstückswert teilte das FA mit dem
Feststellungsbescheid vom 6.8.1998, den es den Klägern in
getrennten Ausfertigungen bekannt gab, entsprechend den an dem
Grundstück erworbenen Anteilen auf die Kläger in
Höhe von je 255.000 DM und die Beigeladene in Höhe von
144.000 DM auf. Es gab dabei T 1 und T 2 als
Voreigentümerinnen des Grundstücks mit einem
„Bruchteil“ von je 327.000 DM an. Eine weitere
betragsmäßige Aufgliederung der den Klägern und der
Beigeladenen zugeordneten Grundstückswerte auf die von den
Schenkerinnen übertragenen insgesamt sechs Miteigentumsanteile
nahm das FA nicht vor.
Der Kläger erhob am 27.8.1998
Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Die Klägerin wurde
erstmals in der Einspruchsbegründung vom 25.9.1998 als weitere
Einspruchsführerin genannt. Das FA folgte dem Begehren der
Kläger, als Grundstückswert 90 DM je qm anzusetzen, nicht
und wies ihren Einspruch als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) stellte durch das in
EFG 2004, 1793 = SIS 05 00 69 veröffentlichte Urteil den
Grundstückswert auf 306.000 DM fest und verteilte ihn
„anteilig auf die Kläger und die Beigeladene“. Zur
Begründung führte es aus, der im Kaufvertrag mit der
D-GmbH vom 7.4.1997 für den Fall, dass ein Vertrag über
den Rückkauf nicht zustande komme, vereinbarte Kaufpreis von
insgesamt 90 DM je qm entspreche dem Verkehrswert. Diesen mit der
Stadt abgesprochenen Preis habe die D-GmbH in einer Vielzahl von
Kaufverträgen für Grundstücke in dem Neubaugebiet
vereinbart. Dass es sich dabei um den Verkehrswert gehandelt habe,
ergebe sich auch aus den Regelungen des Baugesetzbuches (BauGB)
über das Umlegungsverfahren. Der vereinbarte Anspruch auf
Rückerwerb müsse bei der Bewertung unberücksichtigt
bleiben.
Mit der Revision macht das FA geltend, der
Feststellungsbescheid sei entgegen der Ansicht der Kläger
nicht deshalb nichtig, weil darin nur die Grundstückswerte der
von den Klägern und der Beigeladenen letztlich erworbenen
Miteigentumsanteile festgestellt worden seien, nicht aber die
Beträge der der Besteuerung zugrunde zu legenden Werte der von
T 1 und T 2 übertragenen insgesamt sechs Miteigentumsanteile.
Insofern genüge die Angabe, dass T 1 und T 2 je zur
Hälfte Voreigentümerinnen des Grundstücks gewesen
seien. Das FG habe zudem zu Unrecht angenommen, dass die
Kläger einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks
nachgewiesen hätten. Der der D-GmbH von der Stadt vorgegebene
Kaufpreis von 90 DM je qm sei nicht im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr zustande gekommen und könne daher nicht
als gemeiner Wert herangezogen werden. Zutreffend sei hingegen die
im Feststellungsbescheid vorgenommene Ableitung des für das
Grundstück maßgebenden Bodenrichtwerts aus dem vom
Gutachterausschuss mitgeteilten Bodenrichtwert für baureifes
erschließungsbeitragsfreies Land von 480 DM je qm.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger und die Beigeladene
beantragen, die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
II. Das Verfahren der Klägerin wird nach
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gesonderter Verhandlung und
Entscheidung abgetrennt, da die Klägerin nicht innerhalb der
in § 355 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) bestimmten
Frist von einem Monat nach Bekanntgabe gegen den
Feststellungsbescheid Einspruch eingelegt hat und daher für
die Entscheidung über ihre Klage eine eigenständige
Würdigung der Sach- und Rechtslage erforderlich ist.
III. Die Revision ist hinsichtlich der Klage
des Klägers begründet. Sie führt insoweit zur
Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der
Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass der
Kläger einen gemeinen Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt
der Schenkung von 90 DM je qm gemäß § 145 Abs. 3
Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) nachgewiesen habe. Der
Kaufpreis von insgesamt 90 DM je qm Bruttobaulandfläche, der
für den Fall vereinbart war, dass es nicht zum Abschluss von
Rückkaufverträgen kommt, kann nicht als Nachweis des
gemeinen Werts des Grundstücks i.S. des § 12 Abs. 3 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. §
138 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und 4 und § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG
herangezogen werden.
a) Der Wert unbebauter Grundstücke
bestimmt sich nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG nach ihrer
Fläche und den um 20 v.H. ermäßigten
Bodenrichtwerten. Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich nach
§ 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB um durchschnittliche Lagewerte
für den Boden, die die Gutachterausschüsse (§ 192
BauGB) aufgrund der Kaufpreissammlung (§ 193 Abs. 3, §
195 BauGB) für jedes Gemeindegebiet unter
Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu
ermitteln haben. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine
Wert des unbebauten Grundstücks niedriger ist als der nach
§ 145 Abs. 3 Satz 1 BewG anzusetzende Wert, ist der gemeine
Wert festzustellen (§ 145 Abs. 3 Satz 3 BewG).
Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine
Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der einzelnen
Wirtschaftsgüter bei einer Veräußerung zu erzielen
wäre. Das ist bei Grundstücken regelmäßig der
Verkehrswert (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2.2.1990 III
R 173/86, BFHE 159, 505, BStBl II 1990, 497 = SIS 90 10 17; vom
12.12.1991 IV R 53/90, BFHE 166, 495, BStBl II 1992, 462 = SIS 92 09 22, und vom 10.11.2004 II R 69/01, BFHE 207, 352, BStBl II 2005,
259 = SIS 05 08 28). Dieser Wert kann u.a. durch einen im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum
maßgeblichen Besteuerungszeitpunkt (Zeitpunkt der Entstehung
der Steuer: § 9 ErbStG) erzielten Kaufpreis für das zu
bewertende Grundstück nachgewiesen werden (BFH-Urteile vom
2.7.2004 II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703 = SIS 04 28 65, und in BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259 = SIS 05 08 28).
Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr
ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von
Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei dem die Vertragspartner
ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen
Interessen handeln (BFH-Urteile vom 14.2.1969 III 88/65, BFHE 95,
334, BStBl II 1969, 395 = SIS 69 02 52; vom 7.12.1979 III R 45/77,
BFHE 129, 394, BStBl II 1980, 234 = SIS 80 01 32; vom 28.11.1980
III R 86/78, BFHE 132, 482, BStBl II 1981, 353 = SIS 81 08 60, und
vom 5.3.1986 II R 232/82, BFHE 146, 460, BStBl II 1986, 591 = SIS 86 13 23).
b) Diese Voraussetzungen eines
gewöhnlichen Geschäftsverkehrs sind hinsichtlich des
vereinbarten Kaufpreises von 90 DM je qm nicht erfüllt. Dieser
Preis war der D-GmbH von der Stadt vorgegeben worden und nicht das
Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Ein (endgültiger)
Grundstücksverkauf zu diesem Preis war nur für den Fall
vereinbart, dass es nicht zum Abschluss von
Rückkaufverträgen kommt. Sinn und Zweck des zwischen der
Stadt und der D-GmbH geschlossenen Vertrages waren die
städtebauliche Planung, Bodenordnung und Erschließung
des Baugebiets durch die D-GmbH, nicht aber ein endgültiger
Grundstückserwerb durch diese. Dass in dem Neubaugebiet
gelegene Grundstücke zeitnah zum Bewertungsstichtag für
90 DM je qm unter Verzicht auf die Rückerwerbsansprüche
endgültig an die D-GmbH oder zu diesem Preis an fremde Dritte
veräußert worden seien, hat das FG nicht festgestellt
und bringt auch der Kläger selbst nicht vor.
Entgegen der Auffassung des FG kann aus den
Vorschriften des BauGB über die Umlegung (§§ 45 bis
79) nicht abgeleitet werden, dass es sich bei dem Preis von 90 DM
je qm um den Verkehrswert handele. Diese Vorschriften sind nicht
einschlägig, weil die Stadt keine Umlegung, die einen
Umlegungsbeschluss (§ 47 BauGB) und einen Umlegungsplan
(§ 66 BauGB) voraussetzt, durchgeführt, sondern mit der
D-GmbH einen städtebaulichen Vertrag i.S. des § 11 Abs. 1
Sätze 1 und 2 Nr. 1 BauGB abgeschlossen hat. Gegenstand eines
solchen Vertrages kann insbesondere die Vorbereitung oder
Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den
Vertragspartner auf eigene Kosten sein; dazu gehören auch die
Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die
Bodensanierung und sonstige vorbereitende Maßnahmen sowie die
Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen.
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.
2. Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Der Klage ist entgegen der Ansicht des
Klägers nicht wegen Nichtigkeit des Feststellungsbescheids
stattzugeben.
aa) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er
an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei
verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden
Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO 1977). Dies ist
nur ausnahmsweise der Fall; in der Regel ist ein rechtswidriger
Verwaltungsakt lediglich anfechtbar. Ein besonders schwerwiegender
Fehler liegt nur vor, wenn die an eine ordnungsgemäße
Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße
verletzt sind, dass von niemandem erwartet werden kann, den
ergangenen Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Ob es sich
so verhält, muss anhand der jeweils maßgebenden
Rechtsvorschriften beurteilt werden (BFH-Urteile vom 20.12.2000 I R
50/00, BFHE 194, 1, BStBl II 2001, 381 = SIS 01 08 14, und vom
7.2.2002 VI R 80/00, BFHE 197, 554, BStBl II 2002, 438 = SIS 02 06 54, je m.w.N.).
bb) Diese Voraussetzungen der Nichtigkeit
eines Verwaltungsakts sind im Streitfall nicht erfüllt.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Feststellungsbescheid
nicht deshalb wegen Unbestimmtheit nichtig, weil das FA nicht, wie
an sich erforderlich (BFH-Urteile vom 18.8.2004 II R 22/04, BFHE
207, 48, BStBl II 2005, 19 = SIS 04 39 14, und vom 24.5.2005 II R
57/03, BFH/NV 2005, 1982 = SIS 05 44 81), Grundstückswerte
für die einzelnen auf die Kläger und die Beigeladene
übertragenen Miteigentumsanteile jeweils unter Abrundung nach
§ 139 BewG festgestellt hat.
Der Bescheid ist nämlich dahin gehend
auszulegen, dass der Grundstückswert dieser Anteile jeweils
die Hälfte der festgestellten Grundstückswerte der von
den Klägern und der Beigeladenen jeweils im Ergebnis
erworbenen Miteigentumsanteile an dem Grundstück betragen
soll. Eine solche Auslegung des Bescheids ist zulässig und
geboten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.11.1995 II R 26/92, BFHE 179,
177, BStBl II 1996, 162 = SIS 96 06 18). Ein Verwaltungsakt ist nur
dann nicht inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO
1977), wenn auch nicht durch Auslegung geklärt werden kann,
wie er zu verstehen ist. Entscheidend ist dabei, wie der Adressat
selbst nach den ihm bekannten Umständen - seinem
„objektiven Verständnishorizont“ - den
materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung
von Treu und Glauben (vgl. § 133 des Bürgerlichen
Gesetzbuches) verstehen konnte. Zur Auslegung ist auch das
Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen
des FG ausreichen (BFH-Urteil vom 27.11.1996 X R 20/95, BFHE 183,
348, BStBl II 1997, 791 = SIS 97 14 63, m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen war der Inhalt
des Feststellungsbescheids für die Adressaten aufgrund des
ihnen bekannten Umstands, dass sie von den beiden Schenkerinnen
jeweils die Hälfte der Miteigentumsanteile, deren
Grundstückswerte in dem Bescheid festgestellt worden waren,
erhalten hatten und dass dafür Grundstückswerte
festzustellen waren, eindeutig erkennbar. Die Kläger haben den
Inhalt des Bescheids ersichtlich auch richtig erkannt und daher
fehlende Bestimmtheit und daraus folgende Nichtigkeit des Bescheids
erst geltend gemacht, nachdem der Berichterstatter im
Revisionsverfahren auf die Erforderlichkeit einer gesonderten
Wertfeststellung für jeden der übertragenen
Miteigentumsanteile hingewiesen hatte.
Die unzutreffende Anwendung der
Rundungsregelung ist kein besonders schwerwiegender, zur
Nichtigkeit führender Fehler.
b) Ob der angefochtene Feststellungsbescheid
abgesehen von der fehlerhaften Rundung Bestand haben kann, kann
derzeit nicht entschieden werden. Die Finanzämter (FÄ)
sind entgegen R 160 Abs. 2 Sätze 1 und 7 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2003 nicht berechtigt, den
für die Bewertung nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG
maßgebenden Bodenrichtwert für Rohbauland aus dem vom
Gutachterausschuss für erschließungsbeitragsfreie
vergleichbare Baulandflächen ermittelten und mitgeteilten
Bodenrichtwert abzuleiten.
aa) Wie sich aus dem in § 145 Abs. 3 Satz
1 BewG verwendeten Ausdruck „bestimmt sich“
ergibt, sind die für die Bewertung unbebauter Grundstücke
nach dieser Vorschrift maßgebenden, um 20 v.H. zu
ermäßigenden Bodenrichtwerte, die die
Gutachterausschüsse nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG auf den
1.1.1996 ermittelt und den FÄ mitgeteilt haben, für die
Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer
gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht
zugänglich. Die Übertragung der Ermittlung der
Bodenrichtwerte auf eine außerhalb der Steuerverwaltung
eingerichtete, mit dieser allerdings durch die in § 192 Abs. 3
Satz 2 BauGB vorgeschriebene Mitwirkung eines Bediensteten der
zuständigen Finanzbehörde mit Erfahrung in der
steuerlichen Bewertung von Grundstücken als Gutachter bei der
Ermittlung der Bodenrichtwerte personell verbundene Stelle beruht
darauf, dass den Gutachterausschüssen aufgrund ihrer
besonderen Sachkunde und Erfahrung (§ 192 Abs. 3 Satz 1 BauGB)
und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem
Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen
abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der
Feststellung von Bodenrichtwerten für die Bedarfsbewertung
zukommt. Der Gesetzgeber beabsichtigt mit dieser Regelung eine
Typisierung (§ 138 Abs. 3 Satz 1 BewG) und Vereinfachung der
Bedarfsbewertung (BFH-Urteil vom 11.5.2005 II R 21/02, BFHE 210,
48, BStBl II 2005, 686 = SIS 05 39 61).
Soweit R 161 ErbStR 2003
„Ableitungen“ des Bodenrichtwerts für die
Fälle zulassen, in denen die vom Gutachterausschuss erstellte
Richtwertkarte typische Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks
bezeichnet oder entsprechend dem beitrags- und abgabenrechtlichen
Zustand (erschließungsbeitragspflichtig und
erschließungsbeitragsfrei) unterschiedliche Bodenrichtwerte
nennt, entspricht dies insoweit der Intention des Gesetzgebers, als
das FA in diesen Fällen nicht selbst einen
„eigenen“ Bodenrichtwert ermittelt, sondern
lediglich eine vom Gutachterausschuss vorgegebene Differenzierung
beachtet (BFH-Urteil vom 18.8.2005 II R 62/03, BFHE 210, 368, BStBl
II 2006, 5 = SIS 05 41 67). So ist es etwa zulässig und
geboten, den Bodenwert des zu bewertenden Grundstücks
entsprechend der zulässigen Geschossflächenzahl
anzupassen, wenn diese nicht der vom Gutachterausschuss für
das Bodenrichtwertgrundstück angegebenen entspricht.
bb) Über die bloße Beachtung der
vom Gutachterausschuss vorgegebenen Differenzierungen hinaus
dürfen die Finanzämter keine „eigenen“
Bodenrichtwerte aus den von den Gutachterausschüssen
mitgeteilten Bodenrichtwerten ableiten. Bei einer solchen Ableitung
würde es sich um eine Schätzung handeln, die mit der
gesetzlichen Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den
Gutachterausschüssen und den FÄ sowie mit der vom
Gesetzgeber beabsichtigten Typisierung und Vereinfachung der
Bedarfsbewertung nicht vereinbar wäre. Ein solcher
abgeleiteter Bodenrichtwert wäre nicht der vom
Gutachterausschuss nach dem BauGB ermittelte Bodenrichtwert i.S.
des § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG, nach dem sich der Wert
unbebauter Grundstücke „bestimmt“ (§
145 Abs. 3 Satz 1 BewG). Mit dem Urteil in BFHE 210, 368, BStBl II
2006, 5 = SIS 05 41 67 hat der BFH bereits entschieden, dass eine
Richtwertkarte, die für Grundstücke in einer
Richtwertzone nur eine Preisspanne nennt, für Zwecke der
steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes ungeeignet ist und nicht
den Anforderungen des § 145 Abs. 3 BewG entspricht.
cc) Der in R 160 Abs. 2 Sätze 1 und 7
ErbStR 2003 vorgesehene Ansatz von Rohbauland (§ 4 Abs. 3 der
Wertermittlungsverordnung - WertV - ) mit regelmäßig 75
v.H. des Bodenrichtwerts erschließungsbeitragsfreier
vergleichbarer Baulandflächen - bzw. 50 v.H., wenn es die
für öffentliche Zwecke benötigten Flächen des
Planungsgebiets umfasst - ist mit dem Wortlaut und dem
Typisierungs- und Vereinfachungszweck der gesetzlichen Regelungen
nicht vereinbar (vgl. Wolf, DStR 1997, 349, 351 f.; a.A.
Halaczinsky in Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar,
§ 145 Anm. 18; Knobel in Viskorf/
Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 2. Aufl., § 145
ErbStG Rdnr. 24 f.; Christoffel in Gürsching/Stenger,
Bewertungsrecht, § 145 BewG Anm. 82). Es gibt keinen
allgemeinen Erfahrungssatz, dass der Bodenwert von Bruttorohbauland
50 v.H. und von Nettorohbauland 75 v.H. des Bodenrichtwerts
erschließungsbeitragsfreier vergleichbarer
Baulandflächen beträgt. Das sieht auch die
Finanzverwaltung so, wie sich aus der Verwendung des Wortes
„regelmäßig“ ergibt. Das FA und im
Rechtsstreit das FG müssten nach der Verwaltungsvorschrift
jeweils aufgrund der im Einzelfall für die Wertfindung
maßgebenden Umstände prüfen, ob der in R 160 Abs. 2
Sätze 1 und 7 ErbStR 2003 für die Bestimmung des
Grundbesitzwerts von Rohbauland für den Regelfall vorgesehene
pauschale Ansatz sachgerecht oder eine Abweichung davon geboten
ist. Eine solche Einzelfallprüfung ist mit Wortlaut und Sinn
und Zweck des § 145 Abs. 3 BewG nicht vereinbar. Der
Grundstückswert würde sich in einem solchen Fall nicht
nach den vom Gutachterausschuss ermittelten und mitgeteilten
Bodenrichtwerten bestimmen, sondern nach der eigenen, vom FG nach
allgemeinen Grundsätzen zu überprüfenden
Einschätzung des FA. Die Berücksichtigung der konkreten
Umstände des Einzelfalls stünde zudem in Widerspruch zu
dem in § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG vorgesehenen pauschalen Abzug
von 20 v.H. vom Bodenrichtwert.
3. Wegen der bislang ungeklärten
Rechtslage ist dem FA in einem zweiten Rechtszug Gelegenheit zu
geben, beim Gutachterausschuss auf die Ermittlung und Mitteilung
eines für die Bedarfsbewertung des Grundstücks geeigneten
Bodenrichtwerts auf den 1.1.1996 nach den zu diesem Zeitpunkt
bestehenden Wertverhältnissen und den tatsächlichen
Verhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt (§ 138 Abs. 1
Satz 2 und Abs. 4 BewG) hinzuwirken (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210,
368, BStBl II 2006, 5 = SIS 05 41 67). Sollte das FA trotz des
Bestehens einer entsprechenden Verpflichtung des
Gutachterausschusses (§ 145 Abs. 3 Satz 2 BewG, § 193
Abs. 3, § 196 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB) innerhalb
angemessener Frist damit keinen Erfolg haben, fehlt die Grundlage
für die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts der auf
den Kläger übertragenen Miteigentumsanteile. Da das FG
jedoch nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht über das
Klagebegehren hinausgehen darf, ist in diesem Fall entsprechend dem
im Klageverfahren gestellten Antrag als Grundbesitzwert der dem
Kläger von T 1 und T 2 übertragenen Miteigentumsanteile
jeweils 39/200 von 360.900 DM = 70.375 DM festzustellen. Die an
sich gebotene Abrundung der Grundbesitzwerte gemäß
§ 139 BewG nach unten scheidet nach § 96 Abs. 1 Satz 2
FGO aus.
Der Kläger hat im zweiten Rechtsgang
nochmals Gelegenheit zu einem ordnungsgemäßen Nachweis
eines niedrigeren gemeinen Werts der ihm übertragenen
Miteigentumsanteile (vgl. BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259 = SIS 05 08 28).