LuF, Betriebsaufspaltung nach Betriebsaufgabe: Die Begründung einer Betriebsaufspaltung durch Vermietung wesentlicher Betriebsgrundlagen an eine GmbH schließt die vorangehende steuerbegünstigte Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, zu dessen Betriebsvermögen die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter gehörten, nicht aus, wenn der Steuerpflichtige zuvor seine landwirtschaftliche Betätigung beendet hat. - Urt.; BFH 30.3.2006, IV R 31/03; SIS 06 30 02
I. Der inzwischen verstorbene Kläger
(F) sowie die während des Revisionsverfahrens ebenfalls
verstorbene Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin) wurden im Streitjahr (1991) als Eheleute zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt. F unterhielt damals zwei
Einzelunternehmen: einen Gartenbaubetrieb, aus dem er
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte, sowie einen
gewerblichen Blumenhandel. Beide Unternehmen wurden auf
Grundstücken und in Gebäuden betrieben, die
einschließlich der Anpflanzungen als notwendiges
Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs bilanziert
waren. F entschloss sich, seinen landwirtschaftlichen
Gartenbaubetrieb zum 30.6.1991 aufzugeben und den Blumenhandel in
anderer Form fortzuführen. Dazu gründete er die F-GmbH,
veräußerte sämtliche Wirtschaftsgüter des
Blumenhandels an diese Gesellschaft und stellte seine
Tätigkeiten als Einzelunternehmer ein.
Der ursprünglich, nach den Angaben der
Kläger und Revisionskläger (Kläger) auf rd. 34.000
qm betriebene landwirtschaftliche Gartenbaubetrieb wurde wie folgt
abgewickelt: Im April 1991 veräußerte F eine
Teilfläche von rd. 6.288 qm an einen Bauträger sowie am
3.7.1991 die Dauerkulturen (Flieder- und Forsythienbestände)
ohne die dazugehörenden Teilflächen, sämtliche
Vorräte, Maschinen und Geräte an die GmbH. In einem vom
4.7.1991 datierenden Mietvertrag vermietete er der GmbH
außerdem auf unbestimmte Zeit die Teilfläche von 15.481
qm Ackerlandes der Flurstücke Nr. 1 sowie 2, auf der sich die
Dauerkulturen befanden, und einzelne Aufbauten bestehend aus
Kühlhaus, Packhalle und Wirtschaftsgebäuden. Nach den
Angaben der Kläger war das 4.336 qm große Flurstück
Nr. 3, auf dem diese Aufbauten standen, nicht mitvermietet.
In der Einkommensteuererklärung
für 1991 erklärte F die Betriebsaufgabe für den
landwirtschaftlichen Betrieb und ermittelte einen Aufgabegewinn von
2.909.723 DM, für den er die Steuerbegünstigungen nach
§§ 14, 16 Abs. 3, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
beantragte. Dem entsprach der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) zunächst und setzte die Einkommensteuer auf
748.170 DM unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nach einer
u.a. auch für das Streitjahr durchgeführten
Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass nicht alle
wesentlichen Betriebsgrundlagen des Gartenbaubetriebs
veräußert oder in das Privatvermögen
überführt worden seien; vielmehr habe die Vermietung der
Grundstücksflächen an die GmbH zu einer
Betriebsaufspaltung geführt, sodass diese Grundstücke im
notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmers F
(Besitzunternehmen) verblieben seien. Daher seien die Gewinne aus
der Veräußerung der Grundstücke als laufende
Gewinne zu versteuern und die Einkünfte aus den an die GmbH
vermieteten Flächen und Wirtschaftsgütern als gewerbliche
Einkünfte zu erfassen. Auf dieser Grundlage setzte das FA die
Einkommensteuer 1991 auf 1.508.954 DM fest.
Mit der nach erfolglosem Einspruch
erhobenen Klage machten die damaligen Kläger u.a. geltend, die
nicht veräußerten Grundstücksflächen von
27.671 qm seien zuvor ins Privatvermögen überführt
worden, sodass eine Betriebsaufgabe im Ganzen vorliege. Die an die
GmbH vermieteten Grundstücksflächen von insgesamt 15.481
qm seien für den Blumenhandel bedeutungslos gewesen. Sie seien
nur deswegen vermietet worden, weil ohne ihre Überlassung die
Dauerkulturen (Flieder und Forsythien) nicht hätten abgeerntet
werden können. Eine Betriebsaufspaltung scheide daher
aus.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) führte in seinem in EFG 2003, 1793 = SIS 01 13 04 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen aus, im
Streitfall habe keine begünstigte Betriebsaufgabe vorgelegen;
vielmehr sei der Gartenbaubetrieb eingestellt worden, um dann die
zurückbehaltenen Grundstücke und Gebäude im Rahmen
einer Betriebsaufspaltung an die
GmbH zu vermieten. Die persönlichen und sachlichen
Voraussetzungen einer solchen Betriebsaufspaltung hätten vorgelegen.
Auch wenn der Mietvertrag nur die Nutzungsüberlassung der Aufbauten zum
Gegenstand gehabt haben sollte, seien die Flurstücke, auf
denen sich die Gebäude befanden, mitverpachtet worden.
Mit der Revision wird die Verletzung
materiellen Rechts gerügt (§§ 4 Abs. 1 Satz 2, 14,
15, 16 Abs. 3 und § 34 EStG).
Die Kläger beantragen, den
angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1991 vom 15.5.1996 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 3.7.1997 dahin zu ändern, dass
ein nach §§ 14, 16, 34 EStG begünstigter
Aufgabegewinn in Höhe von 2.909.723 DM berücksichtigt
wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist
begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die
Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass
F, der verstorbene Ehemann der Klägerin, seinen
landwirtschaftlichen Gartenbaubetrieb nicht i.S. von § 14
i.V.m. § 16 EStG aufgeben konnte. Entgegen der Auffassung des
FA und des FG schließt die Begründung einer Betriebsaufspaltung die vorherige Aufgabe
eines von zwei selbständigen Unternehmen nicht aus.
1. Nach § 14 Satz 1 EStG in der für
das Streitjahr geltenden Fassung gehört zu den Einkünften
aus Land- und Forstwirtschaft auch der Gewinn, der bei der
Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen
Betriebs erzielt wird. Dies gilt gemäß der Verweisung
auf § 16 Abs. 3 EStG in § 14 Satz 2 EStG auch für
die Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.
a) Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16
Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss
gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und
seinen Betrieb als selbständigen Organismus des
Wirtschaftslebens aufzulösen, und in Ausführung dieses
Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem
einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene
Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen
überführt (z.B. Urteile des Senats vom 29.10.1981 IV R
138/78, BFHE 134, 339, 343, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60, und
vom 5.7.1984 IV R 36/81, BFHE 141, 325, BStBl II 1984, 711 = SIS 84 18 16).
b) Nach den mit Revisionsrügen nicht
angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG
hat F seine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im
Gartenbaubetrieb zum 30.6.1991 endgültig eingestellt und in
der Zeit vom 23. April bis zum 3.7.1991, also binnen kürzester
Zeit, die bisher in seinem landwirtschaftlichen
Gärtnereibetrieb eingesetzten wesentlichen Betriebsgrundlagen
einer anderen Verwendung zugeführt. Der nach den Angaben des F
insgesamt 3,3959 ha große landwirtschaftliche Grundbesitz
stand für die landwirtschaftliche Betätigung des
Gartenbaus nicht mehr zur Verfügung. Zwar hatte F nur rd.
0,6288 ha der betrieblichen Fläche mit Vertrag vom 23.4.1991
an einen Bauträger und alle für die gärtnerische
Bewirtschaftung notwendigen Maschinen und Geräte mit Vertrag
vom 3.7.1991 an die GmbH veräußert. Mit der
Veräußerung dieser wesentlichen Betriebsgrundlagen war jedoch der
bisherige betriebliche Organismus vollständig aufgelöst.
Hiervon geht auch das FG in seiner angefochtenen Entscheidung aus.
Dabei kann dahinstehen, ob die Dauerkulturen als
Anlagevermögen des Gartenbaubetriebs tatsächlich noch zu
den wesentlichen Betriebsgrundlagen
gehörten oder ob sie wegen der geplanten Aberntung und Rodung
durch die GmbH bereits als Umlaufvermögen anzusehen waren und
ihre Zuordnung zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen daher
zweifelhaft sein könnte. Jedenfalls wurden auch die
Dauerkulturen innerhalb des für die Betriebsaufgabe
erforderlichen kurzen Zeitraums an die GmbH
veräußert.
c) Zwar mag F mit
der Vermietung der mit den Dauerkulturen bestandenen
Teilfläche und der Gebäude sowie mit der unentgeltlichen
Überlassung der Grundstücke, auf denen sich die
Gebäude befanden, an die GmbH eine Betriebsaufspaltung
begründet haben und damit gewerblich tätig geworden sein
(s. dazu unten Nr. 2). Nach Auffassung des erkennenden Senats
schließt dies jedoch die vorangehende Aufgabe des land- und
forstwirtschaftlichen Betriebs nicht aus.
aa) Zu Unrecht hat
das FG der Beendigung der bisherigen landwirtschaftlichen
Tätigkeit des F keine Bedeutung beigemessen. Sie ist bei
Betriebsveräußerung wie Betriebsaufgabe als
selbständiges Merkmal der Tatbestandsverwirklichung und
losgelöst von dem Merkmal der Übertragung der
wesentlichen Betriebsgrundlagen zu sehen (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.12.1992 X R 52/90, BFHE 170, 363,
BStBl II 1994, 838 = SIS 93 12 23, m.w.N. zu 4 der Gründe).
Dies folgt zum einen daraus, dass auch der land- und
forstwirtschaftliche Betrieb in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und
§ 15 Abs. 2 EStG tätigkeitsbezogen definiert wird und aus
dem Gesetzeszusammenhang (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) heraus tätigkeitsbezogen zu
verstehen ist (vgl. Gmach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 13 EStG
Anm. 217); zum anderen daraus, dass der Zweck der
Vergünstigungsregelung der §§ 14, 16 Abs. 3
und § 34 EStG auch darin besteht,
die steuerliche Erfassung der in einem bestimmten (Teil-)Betrieb im
Laufe der Zeit angesammelten stillen Reserven im Falle der
Veräußerung oder Aufgabe dieses (Teil-)Betriebs
sicherzustellen (BFH-Urteil vom 9.8.1989 X R 62/87, BFHE 158, 48,
BStBl II 1989, 973 = SIS 89 23 23).
bb) Im Streitfall
kommt hinzu, dass die Versagung einer steuerbegünstigten
Betriebsaufgabe eine gewerbesteuerliche Verstrickung der stillen
Reserven bewirken würde, die über lange Jahre im
landwirtschaftlichen Betrieb des Gartenbaubetriebs gelegt worden
sind. Der Senat hat deshalb erwogen, ob in dem besonderen Fall des
Übergangs eines Unternehmens zum Besitzunternehmen im Rahmen
einer Betriebsaufspaltung jedenfalls dann von einer
wahlrechtsabhängigen Gewinnrealisierung ausgegangen werden
könnte, wenn der Steuerpflichtige oder die Gesellschaft zuvor
nichtgewerbliche Einkünfte erzielt haben. Im Streitfall, in
dem die Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe nach den
Feststellungen des FG erfüllt sind, bedurfte dies jedoch
keiner Entscheidung.
2. Die
Ausführungen des FG zur Begründung einer
Betriebsaufspaltung sind nicht frei von Widersprüchen. Zwar
bestehen an der persönlichen Verflechtung keine Zweifel, denn
F war Eigentümer der der GmbH zur Nutzung überlassenen
Wirtschaftsgüter und beherrschte als alleiniger Anteilseigner
auch die GmbH, die den gewerblichen Blumenhandel übernommen
hatte. Der Senat folgt dem FG auch darin, dass die Vermietung der
Bauten (Kühlhaus, Packhalle und Wirtschaftsgebäude) auch
die Nutzungsüberlassung des nicht ausdrücklich
mitvermieteten dazugehörenden Flurstücks Nr. 3 mit
umfasste, denn nach der Rechtsprechung des BFH kann auch die
unentgeltliche Nutzungsüberlassung wesentlicher
Betriebsgrundlagen eine Betriebsaufspaltung begründen
(BFH-Urteil vom 24.4.1991 X R 84/88, BFHE 164, 385, BStBl II 1991,
713 = SIS 91 15 18 zu 3 der Gründe).
Die
tatsächlichen Feststellungen des FG reichen indessen nicht
aus, um abschließend beurteilen zu können, ob es sich
bei der Überlassung dieser Wirtschaftsgüter
tatsächlich um wesentliche Betriebsgrundlagen der GmbH
gehandelt hat. Denn einmal hat es das FG dahingestellt sein lassen,
ob auch die von F der GmbH vermieteten, immerhin 1,5481 ha
großen und mit den Dauerkulturen bestandenen
Grundstücksflächen der Flurstücke Nr. 1 und 2
für die Betriebsführung der GmbH wesentlich waren; zum
anderen hat es festgestellt, dass beide Unternehmen zuvor auf
Grundstücken betrieben wurden, die einschließlich der
aufstehenden Gebäude und Anpflanzungen als notwendiges
Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Gartenbaubetriebs
bilanziert waren. Daraus könnte sich schließen lassen,
dass das Flurstück Nr. 3 und die darauf stehenden Gebäude
für den Betrieb des Blumenhandels eher von untergeordneter
Bedeutung waren. Dem widerspräche aber wiederum die
Würdigung des FG, das Grundstück und die
dazugehörenden Gebäude seien nach der
Nutzungsüberlassung als wesentliche Betriebsgrundlage des von
der GmbH unverändert weiter betriebenen Blumenhandels zu
behandeln. Handelte es sich bei den Grundstücken und
Gebäuden jedoch teilweise um Wirtschaftsgüter, die auch
schon vor der Nutzungsüberlassung allein den Zwecken des
Blumenhandels gedient hatten, so würde ihre Vermietung an die
GmbH zwar eine sachliche Verflechtung begründen können;
sie wären aber andererseits als notwendiges
Betriebsvermögen des Blumenhandels nicht in den Aufgabegewinn
des Gartenbaubetriebs einzubeziehen.
3. Die Vorentscheidung beruht auf einer
anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann
jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Das
FG hat - nach seiner Auffassung folgerichtig - nicht festgestellt,
ob die Dauerkulturen noch wesentliche Betriebsgrundlagen des
landwirtschaftlichen Betriebs waren und der dazugehörende
Grund und Boden wesentliche
Betriebsgrundlage des von der GmbH fortgeführten Blumenhandels
werden konnte. Auch steht nicht fest, ob die von F bei dem
landwirtschaftlichen Gartenbaubetrieb erfassten, aber zumindest
auch für den gewerblichen Blumenhandel eingesetzten
Grundstücke nicht von vornherein notwendiges
Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes waren. In diesem Fall
wären die darin enthaltenen stillen Reserven jedoch nicht Teil
des Aufgabegewinns des landwirtschaftlichen
Gärtnereibetriebs.