Steuererklärungsfrist, Verlängerung, Ermessensspielraum: Das FA ist nicht verpflichtet, eine aufgrund der gleich lautenden Ländererlasse über Steuererklärungsfristen (hier vom 2.1.1998, BStBl 1998 I S. 97 = SIS 98 05 47) im vereinfachten Verfahren beantragte Fristverlängerung bis zum 28. Februar des übernächsten, auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres (ohne eigenes Ermessen) in jedem Falle auszusprechen. - Urt.; BFH 21.2.2006, IX R 78/99; SIS 06 19 90
I. Der Prozessbevollmächtigte der
Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein
Angehöriger der steuerberatenden Berufe, beantragte mit
Schreiben vom 30.9.1998 beim Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) wegen der in seiner Praxis bestehenden
Arbeitsüberlastung die Frist für die Abgabe der
Steuererklärungen 1997 (Streitjahr) bis zum 28.2.1999 zu
verlängern. Für die Steuerpflichtigen, auf die sich der
Antrag beziehen sollte, waren als Anlage Einzelanträge
beigefügt, die - so auch der die Einkommen- und
Umsatzsteuererklärung 1997 der Kläger betreffende -
jeweils ohne Angabe von Gründen die Bitte um stillschweigende
Fristverlängerung bis zum genannten Termin enthielten. Das FA
lehnte den die Kläger betreffenden Antrag durch ein
Formularschreiben vom 2.10.1998 ab. Zur Begründung verwies es
darauf, dass für diese die Steuererklärungen für das
Jahr 1996 noch nicht eingereicht seien.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 1999, 1058 = SIS 02 89 27 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts (insbesondere des
§ 5 der Abgabenordnung - AO 1977 - ).
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung
des Urteils der Vorinstanz, des Ablehnungsbescheides vom 2.10.1998
und der Einspruchsentscheidung vom 31.3.1999 die beantragte
Fristverlängerung zu gewähren, hilfsweise, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die zulässige Revision ist
unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat
zutreffend die Ablehnung der beantragten Fristverlängerung
durch das FA als rechtmäßig angesehen.
1. Die Revision ist zulässig.
a) Die Kläger können zwar mit ihrem
Verpflichtungsantrag keinen Erfolg haben, weil dieser (nunmehr)
unzulässig ist. Nach den die Zulässigkeit der Revision
betreffenden und damit vom Revisionsgericht (im sog. Freibeweis) zu
treffenden Feststellungen (s. dazu Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rz. 44) haben sich die
streitbefangenen Verwaltungsakte zwischenzeitlich dadurch erledigt,
dass die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen 1997 im Jahre
2000 beim (für die Veranlagung der Kläger
zuständigen) FA eingereicht worden sind; hierdurch
erübrigt sich die von den Klägern angestrebte positive
Sachentscheidung (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
28.6.2000 X R 24/95, BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514 = SIS 00 11 55, unter II. 1. a; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz.
57). Für die Kläger besteht jedoch - auch im
Revisionsverfahren - die Möglichkeit, von ihrer
ursprünglichen Verpflichtungsklage zu einer sog.
Fortsetzungsfeststellungsklage i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO überzugehen (z.B. BFH-Urteil vom 5.12.2000 VII R 18/00,
BFHE 193, 234, BStBl II 2001, 263 = SIS 01 05 63; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 100 FGO Rz. 162 f.),
um so die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Fristverlängerung
feststellen zu lassen (z.B. BFH-Urteil vom 29.1.2003 XI R 82/00,
BFHE 201, 399, BStBl II 2003, 550 = SIS 03 26 62).
b) Da der Senat an die Fassung des Antrags der
Kläger nicht gebunden ist (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO)
und das Fortsetzungsfeststellungsbegehren sachlich eine -
angesichts der Prozesslage gebotene - Einschränkung des
ursprünglichen Begehrens bedeutet (s. dazu Lange in HHSp,
§ 100, Rz. 156 f., m.w.N.), legt er den als Verpflichtung
formulierten Antrag der Kläger dahin aus, dass dieser als
Fortsetzungsfeststellungsantrag nunmehr auf die Feststellung der
Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Fristverlängerung gerichtet
ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.1.1987 IX R 90/83, BFH/NV 1987,
445; vom 6.3.1986 I R 299/82, BFH/NV 1987, 626; vom 29.6.1988 X R
27/87, BFH/NV 1989, 233 = SIS 88 24 35; vom 27.1.2004 VII R 54/02,
BFH/NV 2004, 797 = SIS 04 29 56, jeweils zur Auslegung eines
Anfechtungsantrages; a.A. Gräber/von Groll, a.a.O., § 100
Rz. 60). Die Kläger haben auch das nach § 100 Abs. 1 Satz
4 FGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung. Aus
dem Urteil des FG ergibt sich, dass es ein gegen die Festsetzung
und Androhung von Zwangsgeldern gerichtetes Klageverfahren bis zum
rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens
ausgesetzt hat.
2. Die Revision ist jedoch
unbegründet.
a) Die Entscheidung über einen
Fristverlängerungsantrag ist eine Ermessensentscheidung, die
vom Gericht nur daraufhin überprüft werden darf, ob die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem
Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht
entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 102 FGO
i.V.m. § 109 AO 1977). Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO 1977
kann die in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 festgelegte Frist,
nach der Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr
beziehen, spätestens fünf Monate nach dessen Ablauf
abzugeben sind, verlängert werden. Die danach für den
Veranlagungszeitraum 1997 geltende Abgabefrist bis zum 31.5.1998
haben die obersten Finanzbehörden der Länder in gleich
lautenden Erlassen vom 2.1.1998 (BStBl I 1998, 97 = SIS 98 05 47)
für Steuerpflichtige, deren Steuererklärungen durch
Angehörige der steuerberatenden Berufe angefertigt werden,
allgemein bis zum 30.9.1998 verlängert (II. Abs. 1 Satz 1 der
Erlasse). Diese Abgabefrist können die Finanzämter in
einem vereinfachten Verfahren bis spätestens zum 28.2.1999
verlängern (II. Abs. 1 Satz 2 der Ländererlasse).
b) Zu Unrecht machen die Kläger geltend,
nach den in diesen Verwaltungsvorschriften auf der Grundlage des
§ 109 AO 1977 festgelegten Grundsätzen (zur
Zulässigkeit und dem Umfang einer Ermessensbindung vgl.
BFH-Urteil in BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514 = SIS 00 11 55)
ergebe sich für sie in jedem Fall ein Anspruch auf
Fristverlängerung bis zum 28.2.1999. Nach dem Wortlaut der
Ländererlasse („können ...
verlängern“) ist die Verlängerung auch im
vereinfachten Verfahren in das Ermessen des FA gestellt. Dieses mag
zwar regelmäßig sachgerecht dahin auszuüben sein,
dass die Frist gewährt wird. Andererseits enthalten die
Ländererlasse (unter II. Abs. 2 Satz 2) auch den Hinweis, im
Übrigen werde sowohl für den Zeitraum der allgemeinen
Fristverlängerung als auch für den Zeitraum einer
weiteren Verlängerung der Abgabefrist in einem vereinfachten
Verfahren davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend
fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Vor
diesem Hintergrund ist die Beurteilung des FG revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden, das FA habe ohne Ermessensfehler den Antrag
der Kläger auf Fristverlängerung mit dem Hinweis auf die
noch ausstehende Erklärung des Vorjahres und die
verspätete Abgabe von Steuererklärungen in früheren
Jahren mangels ausreichender Begründung abgelehnt (vgl. auch
FG des Saarlandes, Urteil vom 17.3.2004 1 K 46/03, EFG 2004, 1018 =
SIS 04 20 41).
c) Im Rahmen der revisionsrechtlichen
Überprüfung ergeben sich auch keine Bedenken gegen die
Auffassung des FG, das FA habe in der insoweit maßgeblichen
schriftlichen Entscheidungsbegründung (§ 121 Abs. 1 AO
1977) ohne Ermessensverstoß unberücksichtigt gelassen,
dass die Kläger die Fristverlängerung für die Abgabe
der Umsatz- und Einkommensteuererklärung 1997 (in dem auch
ihren Antrag betreffenden (Sammel-)Schreiben vom 30.9.1998) mit
einer zur Zeit in der Praxis ihres Prozessbevollmächtigten
bestehenden Arbeitsüberlastung begründet hatten. Zum
einen sind solche allgemeinen Arbeitsüberlastungen mit der
(nach den Ländererlassen) generellen Fristverlängerung
bis zum 30. September des dem Veranlagungszeitraum folgenden Jahres
„abgegolten“ und nicht geeignet, weitere
Fristverlängerungen, auch nicht im „vereinfachten
Verfahren“, zu rechtfertigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE
192, 32, BStBl II 2000, 514 = SIS 00 11 55, unter II. 2. b bb). Zum
anderen ergibt sich aus dem pauschalen Hinweis auf eine zum
Zeitpunkt des Fristverlängerungsantrages (30.9.1998) die
Abgabe der Steuererklärungen für 1997 hindernde
zeitweilige Arbeitsüberlastung nicht, aus welchen Gründen
auch die Steuererklärungen für das Vorjahr 1996 noch
nicht und in früheren Jahren die Steuererklärungen
jeweils verspätet abgegeben worden sind.