Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 02.02.2023 - 5
K 168/19 = SIS 23 08 37 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin des
während des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorbenen M, der
im Jahr 2011 (Streitjahr) alleiniger Gesellschafter und
Geschäftsführer der Beigeladenen, einer GmbH, war, an die
er ein Grundstück nebst Fuhr- und Gerätepark verpachtet
hatte.
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Die Beigeladene verfügte über
mehrere betriebsbereit auf dem Hafengelände des Seehafens S
abgestellte Trimmraupen, die sie im Streitjahr der X-KG, einem
Hafenumschlagsunternehmen, nach vorheriger telefonischer
Anforderung mietweise überließ. Die X-KG verwendete die
von Leiharbeitnehmern gelenkten Trimmraupen weit überwiegend
zum Löschen von Seeschiffen, die mit landwirtschaftlichen
Stückgütern beladen den Seehafen S anliefen, sowie
vereinzelt für Arbeiten in Lagerhallen und beim Entladen von
Lastkraftwagen. Nach dem jeweiligen Löschvorgang
übermittelte die X-KG der Beigeladenen den Namen des
gelöschten Seeschiffs und die für das Löschen in
Anspruch genommenen Betriebsstunden der Trimmraupen. Auf dieser
Grundlage erteilte die Beigeladene der X-KG für die mietweise
Überlassung der Trimmraupen Rechnungen, die unter Bezug auf
die Steuerfreiheit von Umsätzen für die Seeschifffahrt
keine Umsatzsteuer auswiesen.
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In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung
für das Streitjahr erklärte M unter Annahme des Bestehens
einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft diese Umsätze der
Beigeladenen als steuerfrei. Demgegenüber gelangte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) im Rahmen einer
bei M im Februar 2016 begonnenen, die Jahre 2012 bis 2014
betreffenden Außenprüfung zu der Einschätzung, dass
die Vermietungen der Trimmraupen nicht als Umsätze für
die Seeschifffahrt steuerfrei seien, da sie nicht unmittelbar an
den Betreiber eines Seeschiffs bewirkt worden seien. Daraufhin
erweiterte das FA mit Bescheid vom 20.07.2016
(Erweiterungsanordnung) die Prüfung auf das Streitjahr. Gegen
die Erweiterungsanordnung legte M Einspruch ein und beantragte
zugleich deren Aussetzung der Vollziehung. Das FA wies diesen
Einspruch im Oktober 2016 zurück, ohne zuvor über den
Aussetzungsantrag entschieden zu haben. Die gegen die
Erweiterungsanordnung erhobene Klage nahm M im April 2018
zurück, woraufhin er sich zwei Tage später mit der
Prüferin über die für das Streitjahr vorzulegenden
Unterlagen verständigte. Dem entsprechend informierte er die
Prüferin im Mai 2018 über den Umfang der für das
Streitjahr bisher als steuerfrei angesehenen Vermietungen, welche
die Prüferin im Betriebsprüfungsbericht vom Juni 2018 als
steuerpflichtig ansah.
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In Umsetzung der
Prüfungsfeststellungen erließ das FA am 27.06.2018 einen
geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, wobei
es als Bemessungsgrundlage der als steuerpflichtig angesehenen
Vermietungsumsätze die gesamten Rechnungsbeträge zugrunde
legte. Während des sich an den erfolglosen Einspruch
anschließenden finanzgerichtlichen Verfahrens setzte das FA
mit Änderungsbescheid vom 15.03.2022 die Umsatzsteuer für
das Streitjahr herab, da es nunmehr die Entgelte für die in
Rede stehenden Vermietungen als Bruttobeträge
betrachtete.
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Das Finanzgericht (FG) wies mit dem in EFG
2023, 1028 = SIS 23 08 37 veröffentlichten Urteil die Klage
ab. Die Vermietung der Trimmraupen, für die M als
Organträger der Beigeladenen die Steuer schulde, sei nicht
nach § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Die für die
Steuerfreiheit geltenden Voraussetzungen seien bei diesen nur
mittelbar an einen Unternehmer der Seeschifffahrt erbrachten
Leistungen nicht erfüllt; insoweit fehle es an der
Nämlichkeit zwischen den Vermietungsleistungen der
Beigeladenen und den unmittelbar gegenüber einem Unternehmer
der Seeschifffahrt erbrachten Löschleistungen der X-KG. Der
Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe die mittelbare
Erbringung einer Löschleistung nur für die Fälle als
steuerfrei anerkannt, in denen sicher gewesen sei, dass diese
Leistung letztlich einem Unternehmer der Seeschifffahrt
zugutegekommen sei. Davon sei im Streitfall jedoch nicht
auszugehen. Die Änderung der Steuerfestsetzung sei
zulässig, da die Festsetzungsfrist durch die im Februar 2016
begonnene Außenprüfung, die auch das Streitjahr erfasst
habe, gehemmt worden sei.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten
Revision. Das FG habe - entgegen der EuGH-Rechtsprechung und der
Finanzverwaltung - zu Unrecht die Steuerfreiheit der
Vermietungsleistung von der Nämlichkeit mit dem nachfolgenden,
unstreitig steuerfreien Löschumsatz abhängig gemacht,
obwohl es ausreiche, dass die Vermietung eine notwendige
Voraussetzung für den nachfolgenden Umsatz der X-KG gewesen
sei oder sie wirtschaftlich, das heißt ihrem Wesen nach, in
der Entladeleistung aufgehe. Fordere man die Nämlichkeit,
könne der Zweck der Steuerbefreiung - die Förderung der
Wettbewerbsfähigkeit inländischer Unternehmer, die
Leistungen für die Seeschifffahrt erbringen - nicht erreicht
werden, da diese Unternehmer keine steuerfreien Vorleistungen
einkaufen könnten. Auch wenn die - mit steuerbegünstigtem
Dieselkraftstoff („Hafendiesel“) und
damit zulässigerweise nur auf dem Seehafengelände
einsetzbaren - Trimmraupen vereinzelt anderweitig verwendet worden
seien, habe im jeweiligen Zeitpunkt der Vereinbarung der konkreten
Vermietung, das heißt der jeweiligen Teilleistung,
festgestanden, dass sie zum Löschen eines Seeschiffs
eingesetzt werden würden, weshalb Überwachungs- und
Kontrollmechanismen überflüssig gewesen seien.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und den
Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2011 vom 15.03.2022 dahingehend zu
ändern, dass die Umsatzsteuer um … EUR herabgesetzt
wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FG habe die Steuerbefreiung der
Vermietungsleistungen nicht wegen der fehlenden Nämlichkeit
mit dem nachfolgenden Umsatz, sondern aufgrund der anderweitigen
Einsatzmöglichkeit der Trimmraupen versagt.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Sie trägt erläuternd vor, die Trimmraupen seien im Rahmen
von seltenen Einzelaufträgen dazu genutzt worden, bereits von
Seeschiffen gelöschte Waren in im Seehafen befindlichen
Lagerhallen zusammenzuschieben, um Lagerkapazitäten zu
erhöhen. Im Übrigen seien sie aber fast
ausschließlich beim Be- und Entladen von Seeschiffen
eingesetzt worden, was sie, die Beigeladene, in den der
Klägerin erteilten Rechnungen unterschieden habe.
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II. Die Revision der Klägerin ist nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet
und daher zurückzuweisen. Das FG hat die Steuerfreiheit der
Vermietung der Trimmraupen im Ergebnis zu Recht verneint.
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1. Steuerfrei sind gemäß § 4
Nr. 2 UStG insbesondere „Umsätze für die
Seeschifffahrt“ im Sinne von § 8 Abs. 1
UStG. Hierzu gehören Lieferungen, Umbauten, Instandsetzungen,
Wartungen, Vercharterungen und Vermietungen von - nach
zolltariflichen Kriterien zu bestimmenden - Wasserfahrzeugen
für die gewerbliche Seeschifffahrt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1
UStG) sowie Lieferungen, Instandsetzungen, Wartungen und
Vermietungen von Gegenständen, die zur Ausrüstung dieser
Wasserfahrzeuge bestimmt sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG), und
andere sonstige Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf
dieser Wasserfahrzeuge, einschließlich ihrer
Ausrüstungsgegenstände und ihrer Ladungen, bestimmt sind
(§ 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG).
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Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 148 der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach befreien die
Mitgliedstaaten - unter den allgemeinen Voraussetzungen von Art.
131 MwStSystRL - folgende Umsätze von der Steuer:
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„a) die Lieferungen von
Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die auf hoher See
(…) für gewerbliche Zwecke (…) eingesetzt sind
(…);
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(…)
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c) Lieferung, Umbau, Reparatur, Wartung,
Vercharterung und Vermietung der unter Buchstabe a genannten
Schiffe, sowie Lieferung, Vermietung, Reparatur und Wartung von
Gegenständen, die in diese Schiffe eingebaut sind (…),
oder die ihrem Betrieb dienen;
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d) Dienstleistungen, die nicht unter Buchstabe
c fallen und die unmittelbar für den Bedarf der unter
Buchstabe a genannten Schiffe und ihrer Ladung erbracht werden;
(…)“
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Die von dieser Bestimmung verwendeten Begriffe
sind autonom unionsrechtlich und dabei als einer Ausnahmebestimmung
zugehörig eng auszulegen, wobei die Regel einer engen
Auslegung der Steuerfreiheit aber nicht deren praktische Wirkung
nehmen darf (EuGH-Urteil A vom 19.07.2012 - C-33/11, EU:C:2012:482
= SIS 12 25 01, Rz 47 und 49). Zudem ist bei der Auslegung dieser
Bestimmung die EuGH-Rechtsprechung zur inhaltsgleichen
Vorgängerregelung in Art. 15 Nr. 4 Buchst. a, Nr. 5 und Nr. 8
der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) zu
berücksichtigen (vgl. EuGH-Urteil Fast Bunkering Klaipëda
vom 03.09.2015 - C-526/13, EU:C:2015:536 = SIS 15 21 28, Rz 24 und
25 zu Art. 15 Nr. 4 der Richtlinie 77/388/EWG und zu Art. 148
Buchst. a MwStSystRL).
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2. Sonstige Leistungen, die für den unmittelbaren
Bedarf der in § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG bezeichneten
Wasserfahrzeuge bestimmt sind, sind bei richtlinienkonformer
Auslegung entsprechend Art. 148 Buchst. d MwStSystRL
grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn der Unternehmer seine
Leistung an den Schiffsbetreiber erbringt, während eine
sonstige Leistung, die der Unternehmer auf einer dieser Leistung
vorausgehenden Handelsstufe erbringt, nur dann steuerfrei ist, wenn
die Bestimmung der - auf der Vorstufe erbrachten - sonstigen
Leistung für den vorstehenden Bedarf als sicher gelten kann,
ohne dass die Einführung von Kontroll- und
Überwachungsmechanismen erforderlich ist.
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a) Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt die
unter den weiteren Voraussetzungen von Art. 148 Buchst. a
MwStSystRL (zuvor Art. 15 Nr. 4 der Richtlinie 77/388/EWG)
steuerfreie Lieferung zur Versorgung von Schiffen „nur
für Lieferungen von Gegenständen an einen Betreiber von
Schiffen (…), der diese Gegenstände zur Versorgung der
Schiffe verwendet, und kann sich deshalb nicht auf Lieferungen
dieser Gegenstände erstrecken, die auf einer vorhergehenden
Handelsstufe erfolgen“, da die
„Erstreckung der Steuerbefreiung auf die der endgültigen
Lieferung der Gegenstände an den Betreiber der Schiffe
vorausgehenden Handelsstufen (…) von den Mitgliedstaaten
verlangen [würde], daß sie Kontroll- und
Überwachungsmechanismen einführten, um sich der
endgültigen Bestimmung der unter Steuerbefreiung gelieferten
Gegenstände zu vergewissern“
(EuGH-Urteile Velker International Oil Company vom 26.06.1990 -
C-185/89, EU:C:1990:262, Rz 22 und 24; Elmeka vom 14.09.2006 -
C-181/04 bis C-183/04, EU:C:2006:563 = SIS 06 39 00, Rz 22 und 23;
Fast Bunkering Klaipëda vom 03.09.2015 - C-526/13,
EU:C:2015:536 = SIS 15 21 28, Rz 27 bis 29). Lieferungen an
Wirtschaftsteilnehmer, die nicht zu den Schiffsbetreibern
gehören, sind daher selbst dann nicht steuerfrei, wenn als
Zielsetzung der Lieferung die ausschließliche Verwendung
durch den Schiffsbetreiber bekannt und ordnungsgemäß
belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen
Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden (vgl.
EuGH-Urteil Fast Bunkering Klaipëda vom 03.09.2015 - C-526/13,
EU:C:2015:536 = SIS 15 21 28, Rz 44). Damit lehnt der EuGH eine
Erstreckung der Steuerbefreiung auf vorhergehende Handelsstufen ab,
wenn dies die Einführung von Kontroll- und
Überwachungsmechanismen erfordert, um sich der
endgültigen Bestimmung eines Gegenstandes - der Lieferung an
den Schiffsbetreiber - zu vergewissern, da derartige Mechanismen
Zwänge schaffen würden, die mit einer korrekten und
einfachen Anwendung der Befreiungen unvereinbar wären
(EuGH-Urteil A vom 04.05.2017 - C-33/16, EU:C:2017:339 = SIS 17 08 33, Rz 32). Dasselbe gilt für Dienstleistungen (EuGH-Urteile
Elmeka vom 14.09.2006 - C-181/04 bis C-183/04, EU:C:2006:563 = SIS 06 39 00, Rz 24 und A vom 04.05.2017 - C-33/16, EU:C:2017:339 = SIS 17 08 33, Rz 27 ff.).
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b) Die Steuerfreiheit einer auf einer
vorhergehenden Handelsstufe erbrachten Leistung sieht der EuGH aber
dann als möglich an, wenn „die Bestimmung einer
Dienstleistung [für den unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe
und ihrer Ladungen] deren Wesen nach von ihrer Vereinbarung an als
sicher gelten kann“, da in „solchen
Situationen (…) die korrekte und einfache Anwendung der in
Art. 148 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen
Steuerbefreiung gewährleistet [ist], ohne dass die
Einführung von Kontroll- und Überwachungsmechanismen
erforderlich wäre“. Erforderlich ist,
dass „die Bestimmung, zu der diese Dienstleistungen verwendet
werden, als gewiss gelten [kann], sobald die Modalitäten ihrer
Erbringung vereinbart sind“ (EuGH-Urteil A vom
04.05.2017 - C-33/16, EU:C:2017:339 = SIS 17 08 33, Rz 33 und 34).
Insoweit nimmt der EuGH keine Beschränkung der Steuerfreiheit
„auf die letzte Stufe der Handelskette der Be- und
Entladedienstleistungen“ an (vgl. EuGH-Urteil
A vom 04.05.2017 - C-33/16, EU:C:2017:339 = SIS 17 08 33, Rz 37).
Somit kann bei mehreren Leistungen, die - wie in den den
EuGH-Entscheidungen zugrunde liegenden Fallkonstellationen -
unverändert und damit identisch in einer Leistungskette
erbracht werden, davon ausgegangen werden, dass bereits bei der auf
einer Vorstufe erbrachten Leistung deren Bestimmung für den
unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe und ihrer Ladungen sicher
ist.
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c) Möglich ist eine Steuerfreiheit der
auf einer vorausgehenden Handelsstufe erbrachten Leistung zudem
auch dann, wenn - wie bei der Lieferung eines Luftfahrzeugs an
einen Wirtschaftsteilnehmer, das dieser ausschließlich zur
Verwendung durch eine hauptsächlich im entgeltlichen
internationalen Verkehr tätige Gesellschaft bestimmt hatte -
bereits aufgrund der für derartige Luftfahrzeuge geltenden
Registrierungs- und Zulassungsverfahren die endgültige
Verwendung sichergestellt ist (EuGH-Urteil A vom 19.07.2012 -
C-33/11, EU:C:2012:482 = SIS 12 25 01, Rz 55 und 56 zu Art. 15 Nr.
6 der Richtlinie 77/388/EWG).
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3. Danach hat das FG im Ergebnis zutreffend
die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8
Abs. 1 Nr. 5 UStG im Hinblick auf die Vermietung der Trimmraupen
durch die Beigeladene an die X-KG, die nicht Betreiberin von
Seeschiffen war, sondern die die angemieteten Trimmraupen zum
Löschen der Ladung von Seeschiffen verwendete und damit
sonstige Leistungen an Schiffsbetreiber erbrachte, verneint.
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a) Die Bestimmung der Verwendung der
Trimmraupen für den unmittelbaren Bedarf von Wasserfahrzeugen
einschließlich ihrer Ladungen ist entsprechend den
vorstehenden Bedingungen (s. oben II.2.b) nicht als sicher
anzusehen. Dies ergibt sich bereits aus der fehlenden
Identität der von der Beigeladenen und der von der X-KG
erbrachten Leistung. Unabhängig hiervon hätte die
Prüfung der Bestimmung für den unmittelbaren Bedarf von
Wasserfahrzeugen einschließlich ihrer Ladungen zudem die
Einführung von Kontroll- und Überwachungsmechanismen
erfordert, da vermietete Gegenstände für beliebige Zwecke
verwendet werden können und selbst bei einer Vermietung nur
für einen bestimmten Zweck die Zweckeinhaltung zu
kontrollieren und zu überwachen ist. Demgemäß
spricht gegen die Steuerfreiheit zum einen, dass nach den - nicht
mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat damit nach
§ 118 Abs. 2 FGO bindenden - Feststellungen des FG die X-KG
die Trimmraupen im Streitjahr tatsächlich auch für nicht
steuerbegünstigte Arbeiten in Lagerhallen und beim Entladen
von Lastkraftwagen einsetzte (und entsprechend als steuerpflichtige
Leistung behandelte). Zum anderen besteht objektiv die
Möglichkeit, dass auch in weiteren Fällen eine nicht
steuerbegünstigte Verwendung stattgefunden haben könnte.
Dies kann nur mit Hilfe gesonderter Kontroll- und
Überwachungsmechanismen ausgeschlossen werden. Dass die
Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass es im
konkreten Fall aufgrund der tatsächlich gewährleisteten
Kontrolle zu keiner unberechtigten Inanspruchnahme gekommen ist,
ist im Hinblick darauf, dass bereits das - abstrakte - Erfordernis
von Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen der Anwendung
der Steuerfreiheit entgegensteht, unbeachtlich. Somit kann es bei
Abschluss eines Vertrags über die Vermietung einer Maschine an
einen Hafenumschlagsunternehmer, die objektiv sowohl für
steuerfreie als auch für steuerpflichtige Leistungen verwendet
werden kann, trotz einer von den Vertragsparteien getroffenen
Zweckbestimmung, dass die Maschine beim Löschen eines
Seeschiffs eingesetzt werden soll, aufgrund des Wesens der
Vermietungsdienstleistung als bloße Nutzungsüberlassung
nicht als sicher gelten, dass die Maschine nur für
Umsätze verwendet wird, die nach § 8 Abs. 1 UStG
steuerfrei sind. Es reicht daher - entgegen der Ansicht der
Klägerin - für die Steuerfreiheit eines Umsatzes auf
vorausgehenden Handelsstufen weder aus, dass dieser eine notwendige
Voraussetzung für die Ausführung des nachfolgenden -
steuerfreien - Umsatzes ist, noch genügt es, dass die Kosten
des Vorstufenumsatzes auf den Verfügungsberechtigten der
Ladung abgewälzt werden können.
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b) Im Streitfall sind auch keine sich aus
anderen Regelungszusammenhängen ergebenden Nachweise für
die tatsächliche Verwendung der Trimmraupen - vergleichbar
einem Registrierungs- und Zulassungsverfahren für
Luftfahrzeuge (s. oben II.2.c) - erkennbar, welche eine Kontrolle
der Einhaltung der vereinbarten Bestimmung hätten entbehrlich
machen können.
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c) Nicht zu entscheiden ist daher, ob die
Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG auch daran scheitert, dass
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG nur die Vermietung von
Gegenständen, die zur Ausrüstung von Wasserfahrzeugen
bestimmt sind, erfasst, und dies einer Anwendung von § 8 Abs.
1 Nr. 5 UStG auf die Vermietung anderer Gegenstände - wie die
hier vorliegenden Trimmraupen - entgegenstehen könnte.
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4. Das Urteil des FG erweist sich auch nicht
in anderer Hinsicht als rechtsfehlerhaft.
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a) Auf der Grundlage der für den Senat
bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG ist es
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG das Bestehen
einer Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwischen
der Beigeladenen und M bejaht hat. Insbesondere ist angesichts der
Vermietung eines Grundstücks und eines Fuhr- und
Geräteparks an die Beigeladene von der wirtschaftlichen
Verflechtung durch mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen
den Unternehmensbereichen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 11.05.2023 - V R 28/20, BFHE 281, 178, BStBl II 2023, 992 = SIS 23 14 40, Rz 18) der Beigeladenen und M auszugehen.
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b) Der Änderung der einer
Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung
gleichstehenden Steueranmeldung (§ 168 Satz 1, § 164 Abs.
2 der Abgabenordnung - AO - ) durch den Änderungsbescheid vom
27.06.2018 stand der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht
entgegen, da der Ablauf der Festsetzungsfrist für das
Streitjahr nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt war.
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aa) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit
einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf
Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft nach
§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO die Festsetzungsfrist für die
Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im
Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken
sollte, unter anderem nicht ab, bevor die aufgrund der
Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar
geworden sind. Dies gilt gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2
AO nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem
Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus
Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu
vertreten hat.
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bb) Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein
Antrag auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung
auch darin zu sehen, dass der Steuerpflichtige - wie im Streitfall
- eine ihm gegenüber ergangene - rechtmäßige -
Prüfungsanordnung anficht und zugleich beantragt, deren
Vollziehung auszusetzen. Wird ein Antrag auf Aufschub des
Prüfungsbeginns ohne zeitliche Vorgaben gestellt, endet die
Festsetzungsfrist danach zwei Jahre nach Wegfall des geltend
gemachten Hinderungsgrundes für die Durchführung der
Prüfung. Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - ein
Rechtsbehelfsverfahren betrieben wird, das die
Prüfungsanordnung oder Prüfungsmaßnahmen betrifft,
die mit der gegen den Steuerpflichtigen gerichteten
Außenprüfung in hinreichendem sachlichen Zusammenhang
stehen (BFH-Urteil vom 12.12.2017 - VIII R 6/14, BFH/NV 2018, 606 =
SIS 18 05 29, Rz 34 und 35). Danach ist im Streitfall keine
Festsetzungsverjährung eingetreten, da nach Erlass der
Prüfungsanordnung im Juli 2016 tatsächliche
Prüfungshandlungen für das Streitjahr erfolgten, die
innerhalb der Zweijahresfrist zum Betriebsprüfungsbericht vom
Juni 2018 führten.
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5. Ein Vorabentscheidungsersuchen
gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union ist nicht veranlasst (vgl. zu den
Voraussetzungen EuGH-Urteile CILFIT vom 06.10.1982 - 283/81,
EU:C:1982:335, Rz 21 und Consorzio Italian Management und Catania
Multiservizi vom 06.10.2021 - C-561/19, EU:C:2021:799, Rz 66).
Für den Senat bestehen keine Zweifel in Bezug auf die
Auslegung von Art. 148 MwStSystRL.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 und 3 FGO.
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