Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 31.03.2021 - 14 K
47/20 = SIS 21 10 06
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die
Kläger zu tragen.
4
|
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) gewährte der Klägerin auf ihre Anträge hin mit
Rahmendarlehensverträgen vom 23.07.2014 und vom 26.06.2015
daraufhin jeweils Maßnahmedarlehen in Höhe von 3.641,80
EUR und 2.495,05 EUR.
|
|
|
5
|
Unter Ziffer 3.6 der Verträge
heißt es: „Hat der Darlehensnehmer die
Fortbildungsprüfung bestanden, wird ihm gegen Vorlage des
Prüfungszeugnisses (amtliche Beglaubigung) 25 Prozent des zu
diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewordenen Darlehens
für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren nach §
12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG i. V. mit § 30 Abs. 1 AFBG
erlassen.“
|
|
|
6
|
In der Einkommensteuererklärung der
Kläger für 2014 machte die Klägerin bei ihren
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Fortbildungskosten in Höhe von 4.742 EUR geltend. Hierin war
neben weiteren Aufwendungen (unter anderem Reisekosten,
Fachbücher und Prüfungsgebühren) auch eine Zahlung
an die Y in Höhe von 5.240 EUR abzüglich des von der
N-Bank gezahlten Zuschusses in Höhe von 1.598,20 EUR
enthalten. Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA -
) berücksichtigte die Fortbildungskosten im
Einkommensteuerbescheid 2014 antragsgemäß.
|
|
|
7
|
In der Einkommensteuererklärung der
Kläger für 2015 machte die Klägerin bei ihren
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Fortbildungskosten in Höhe von 8.239 EUR geltend. Hierin war
neben weiteren Aufwendungen wiederum auch eine Zahlung an die Y in
Höhe von 3.590 EUR enthalten. Das FA erkannte die
Fortbildungskosten letztendlich wie erklärt als Werbungskosten
an.
|
|
|
8
|
Mit zwei Schreiben vom 06.07.2018 teilte
die KfW der Klägerin mit, dass ihr nach bestandenen
Abschlussprüfungen gemäß § 13b Abs. 1 AFBG 40
% der valutierenden Darlehen für die Lehrgangs- und
Prüfungsgebühren erlassen würden. Der Erlass betrug
für die Fortbildung zur geprüften Industriemeisterin
Metall 557,68 EUR und für die Fortbildung zur geprüften
Technischen Betriebswirtin IHK 646,64 EUR.
|
|
|
9
|
In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machten die Kläger ergänzend
geltend, der teilweise Erlass der KfW-Darlehen sei der privaten
Lebensführung zuzuordnen und nicht den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit.
|
|
|
10
|
Im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr erhöhte das FA abweichend von der eingereichten
Steuererklärung zunächst den Bruttoarbeitslohn des
Klägers um den Betrag der Darlehenserlasse der KfW von
insgesamt 1.204 EUR. Mit der Einspruchsentscheidung erhöhte
das FA sodann den Bruttoarbeitslohn der Klägerin unter
gleichzeitiger Minderung der Einkünfte des Klägers um die
Darlehenserlasse und wies den Einspruch im Übrigen als
unbegründet zurück.
|
|
|
11
|
Die hiergegen gerichtete Klage hatte mit
den in EFG 2021, 1366 veröffentlichten Gründen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, ein aufgrund bestandener
Fortbildungsprüfung gewährter Darlehenserlass nach §
13b Abs. 1 AFBG stelle keine Einnahme bei der Einkunftsart dar, bei
der die durch das Darlehen finanzierten Lehrgangs- und
Prüfungsgebühren steuermindernd berücksichtigt
worden seien. Ein solcher Darlehenserlass sei auch nicht als
sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) zu besteuern.
|
|
|
12
|
Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
13
|
Es beantragt,
|
|
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
|
|
|
14
|
Die Kläger beantragen,
|
|
die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
|
|
|
15
|
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat den teilweisen Erlass
der von der KfW für die Fortbildungen der Klägerin
gewährten Darlehen zu Unrecht nicht als Arbeitslohn
angesehen.
|
|
|
16
|
1. Der Rückfluss beziehungsweise die
Erstattung (der Ersatz) von als Werbungskosten abziehbaren
Aufwendungen aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen
ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
als Einnahme bei der Einkunftsart zu erfassen, bei der die
Werbungskosten früher abgezogen worden sind (zuletzt
Senatsurteil vom 29.09.2022 - VI R 34/20, BFHE 278, 319, BStBl II
2023, 142 = SIS 22 18 89, Rz 18, m.w.N.). So führen
beispielsweise Leistungen aus einem Stipendium dann zu Arbeitslohn
im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn das
Stipendium dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften
aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre
liegenden Gründen dient (Senatsurteil vom 29.09.2022 - VI R
34/20, BFHE 278, 319, BStBl II 2023, 142 = SIS 22 18 89, Rz 20).
Ein Zusammenhang mit einem gegenwärtig bestehenden
Arbeitsverhältnis ist nicht erforderlich.
|
|
|
17
|
2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die
teilweisen Erlasse der KfW-Darlehen zu Unrecht nicht als Einnahmen
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
eingeordnet.
|
|
|
18
|
a) Die N-Bank bewilligte der Klägerin in
den Jahren 2014 und 2015 Aufstiegsfortbildungsförderung
für die Kosten der Lehrveranstaltungen ihrer Fortbildungen zur
geprüften Industriemeisterin Metall sowie zur geprüften
Technischen Betriebswirtin IHK (sog. Maßnahmebeitrag
gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AFBG). Dass es sich bei
diesen Kosten um Werbungskosten der Klägerin im Sinne des
§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei ihren Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit handelte, steht zwischen den
Beteiligten zu Recht nicht in Streit.
|
|
|
19
|
aa) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG in
der in den Jahren 2014 und 2015 geltenden Fassung bestand der
Maßnahmebeitrag aus einem Anspruch auf Förderung der
Lehrgangs- und Prüfungsgebühren bis zu einem Gesamtbetrag
von 10.226 EUR und wurde in Höhe von 30,5 % als Zuschuss
geleistet (§ 12 Abs. 1 Satz 2 AFBG in der in den Jahren 2014
und 2015 geltenden Fassung). Gemäß § 12 Abs. 1 Satz
3 AFBG besteht der Maßnahmebeitrag darüber hinaus aus
einem Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags mit der KfW
nach Maßgabe des § 13 AFBG. Die infolgedessen von der
KfW angebotenen Darlehen für die nach den von der N-Bank
geleisteten Zuschüssen verbleibenden Kosten der
Lehrveranstaltungen nahm die Klägerin in Anspruch.
|
|
|
20
|
bb) Als Folge der bestandenen
Abschlussprüfungen erließ die KfW der Klägerin
gemäß § 13b Abs. 1 AFBG in der im Streitjahr
geltenden Fassung 40 % der valutierenden Darlehen für die
Lehrgangs- und Prüfungsgebühren nach § 12 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 AFBG.
|
|
|
21
|
b) Nicht nur die in den Jahren 2014 und 2015
von der N-Bank geleisteten Zuschüsse zu den Kosten der
Lehrveranstaltungen, sondern auch die im Streitjahr gewährten
teilweisen Erlasse der valutierenden Darlehen seitens der KfW
beruhen auf in der Erwerbssphäre liegenden Gründen.
|
|
|
22
|
aa) So ist Ziel der individuellen
Förderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
Teilnehmende an Maßnahmen der beruflichen
Aufstiegsfortbildung unter anderem durch Beiträge zu den
Kosten einer Maßnahme finanziell zu unterstützen. Die
Kosten der Lehrveranstaltung werden durch den Förderungsbetrag
„Maßnahmebeitrag“ in Form eines
Zuschusses und eines ergänzenden Anspruchs auf ein
während der Dauer der Maßnahme sowie einer
anschließenden Karenzzeit von zwei Jahren zins- und
tilgungsfreies Darlehen gefördert. Bei Bestehen der
Fortbildungsprüfung sieht § 13b Abs. 1 AFBG einen
teilweisen Erlass (im Streitjahr von 40 %) des zu diesem Zeitpunkt
noch nicht fällig gewordenen Darlehens für die Lehrgangs-
und Prüfungsgebühren vor.
|
|
|
23
|
Die Förderung endet, wenn die
Maßnahme vor dem Ablauf der vertraglichen Dauer vom
Teilnehmer abgebrochen oder vom Träger gekündigt wurde
(§ 7 Abs. 1 AFBG). Die regelmäßige Teilnahme an der
geförderten Maßnahme hat der Teilnehmer nachzuweisen
(§ 9a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AFBG).
|
|
|
24
|
bb) Der Darlehensteilerlass wurde vom
Gesetzgeber dabei erstmals mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung
des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes vom 18.06.2009
(BGBl I 2009, 1314) eingeführt und bezweckte nicht nur, die
Attraktivität beruflicher Aufstiegsfortbildungen weiter zu
steigern und noch mehr Menschen für Fortbildungen zu gewinnen,
sondern auch die Förderung stärker am Erfolg der
Fortbildungsmaßnahme zu orientieren (BT-Drucks. 16/10996, S.
1 f.). Hierdurch sollten zusätzliche Anreize gegeben werden,
eine berufliche Fortbildung durchzuführen und erfolgreich
abzuschließen, und damit das Ziel des
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, nämlich die
tatsächliche Höherqualifizierung (der berufliche
Aufstieg) der Geförderten, noch besser erreicht werden
(BT-Drucks. 16/10996, S. 29).
|
|
|
25
|
Der Anreiz, nicht nur an der geförderten
Vorbereitungsmaßnahme teilzunehmen, sondern die
Aufstiegsprüfung auch erfolgreich zu meistern, sollte in der
Folge durch stetige Anhebungen des Bestehenserlasses
(„Erfolgsbonus“) immer weiter gesteigert
werden (BT-Drucks. 18/7055, S. 3 und S. 43; BT-Drucks. 19/15273, S.
2 und S. 30). Zugleich sollten damit die Kosten für den
Lehrgang und die mögliche Darlehenslast nach erfolgreichem
Abschluss einer Aufstiegsqualifizierung für erfolgreiche
Teilnehmer weiter gesenkt werden (BT-Drucks. 18/7676, S. 19;
BT-Drucks. 19/15273, S. 30).
|
|
|
26
|
cc) Der Erlass hängt dementsprechend
gemäß § 13b Abs. 1 AFBG dem Grunde nach allein vom
Bestehen der Abschlussprüfung und nicht von der finanziellen
Bedürftigkeit oder den persönlichen Lebensumständen
des Darlehensnehmers ab. Er ist zudem der Höhe nach an dem
konkreten Darlehen ausgerichtet.
|
|
|
27
|
Mit den durch die Maßnahmebeiträge
einschließlich des Bestehenserlasses geförderten
Fortbildungen strebte die Klägerin eine
Höherqualifizierung und damit eine Verbesserung ihrer
beruflichen Möglichkeiten an. Nach alledem wiesen auch die
Leistungen der KfW damit einen hinreichenden Erwerbsbezug auf
(ebenso Maciejewski, Steuer und Wirtschaft 2023, 145, 157).
|
|
|
28
|
dd) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
dem BFH-Urteil vom 10.11.2020 - IX R 32/19 (BFHE 271, 218, BStBl II
2023, 169 = SIS 21 02 86), mit dem der BFH über die
einkommensteuerlichen Folgen eines Vergleichs im Rechtsstreit
über die Finanzierung von sogenannten Schrottimmobilien
entschieden hat. Die Entscheidung ist bestimmt durch die
tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der BFH nach
§ 118 Abs. 2 FGO gebunden war. Der dort entschiedene
Sachverhalt ist zudem nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt
vergleichbar.
|
|
|
29
|
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
|