Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 17.05.2022 - 5 K 5133/21
= SIS 23 12 77 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist, ob die Vereinnahmung eines
Entgelts erst am Tag der Gutschrift des Überweisungsbetrags
oder bereits zuvor am Tag der rückwirkenden Wertstellung
(Valutierung) vorliegt.
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Beim Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger), dem die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten
Entgelten (§ 20 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - ) zumindest
konkludent bewilligt worden war, fand im Juli 2020 eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das zweite Halbjahr 2019
statt. In Auswertung des Prüfungsberichts berücksichtigte
der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) im
Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Jahr 2019 (Streitjahr)
Entgelte für steuerbare Umsätze in Höhe von …
EUR. Obwohl dieser Betrag erst am 02.01.2020 auf dem Girokonto des
Klägers gebucht worden sei, sei er bereits aufgrund einer
rückwirkenden Wertstellung zum 31.12.2019 - und damit im
Streitjahr - im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG
vereinnahmt worden.
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Der Einspruch gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid
2019, den das FA zuletzt aus hier nicht streitigen Gründen am
18.05.2021 änderte, hatte keinen Erfolg. Der hiergegen
erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2023,
590 = SIS 23 12 77
veröffentlichten Urteil statt. Bei Überweisungen sei ein
Entgelt nicht im Zeitpunkt der „Gutschrift (Datum der
Wertstellung)“ auf dem Konto des
Empfängers vereinnahmt, sondern im „Zeitpunkt der
Buchung“, da das Geld davor faktisch noch
nicht verfügbar sei.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG. Das FG habe
zu Unrecht angenommen, der Kläger habe das Entgelt im
Streitjahr noch nicht vereinnahmt. Nach § 675t des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und Art. 87 Abs. 1 und 2 der
Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25.11.2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur
Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und
2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur
Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (Amtsblatt der
Europäischen Union Nr. L 337 vom 23.12.2015, S. 35) -
Richtlinie (EU) 2015/2366 - müssten die Mitgliedstaaten
sicherstellen, dass das Datum der Wertstellung einer Gutschrift
spätestens der Geschäftstag sei, an dem der Betrag dem
Konto des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers
gutgeschrieben worden sei. Dementsprechend sei das Entgelt bereits
am Wertstellungstag verfügbar gewesen. Nicht erforderlich sei,
dass der Empfänger über den gutgeschriebenen Betrag frei
verfügen könne. Während die Buchung nur ein
Verwaltungsvorgang sei, müsse das Geld zur Wertstellung bei
der Bank auch vorhanden sein. Somit sei das Entgelt am 31.12.2019
und damit noch im Streitjahr vereinnahmt worden.
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Das FA beantragt,
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das FG-Urteil aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Bis zur Verbuchung und Gutschrift des
Entgelts am 02.01.2020 habe der Kläger nicht über den
Betrag verfügen können. Da es auf die tatsächliche
Verfügungsmacht ankomme, könne die Vereinnahmung nicht
durch die rückwirkende Wertstellung zum 31.12.2019 fingiert
werden. Art. 87 der Richtlinie (EU) 2015/2366 und § 675t Abs.
1 Satz 2 BGB stünden dem nicht entgegen, weil darin ebenfalls
zwischen Wertstellung und Verfügbarkeit unterschieden
werde.
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II. Die Revision des FA ist nach § 126
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet und daher
zurückzuweisen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden,
dass der Kläger das Entgelt nicht im Streitjahr vereinnahmt
hat.
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1. Bei Überweisungen liegt eine Vereinnahmung des
Entgelts im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG auch
dann erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des
Zahlungsempfängers vor, wenn die Wertstellung (Valutierung)
bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.
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a) Die Steuer für Lieferungen und
sonstige Leistungen entsteht bei der im Streitfall vorliegenden
Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten gemäß
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG mit Ablauf des
Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden
sind. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf der
Ermächtigung in Art. 66 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem, nach der die Mitgliedstaaten vorsehen
können, dass der Steueranspruch für bestimmte
Umsätze spätestens bei der Vereinnahmung des Preises
entsteht.
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b) Die Vereinnahmung im Sinne von § 13
UStG erfordert, dass der Unternehmer über die Gegenleistung
für seine Leistung wirtschaftlich verfügen kann (Urteile
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.01.1987 - V R 53/76, BFHE 149,
295, BStBl II 1987, 516 = SIS 87 18 27, unter II.1.d; vom
22.06.2021 - V R 16/20, BFHE 272, 563 = SIS 21 16 49, Rz 22;
Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, §
152 Rz 21; Herbert in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz,
§ 13 Rz 152; Leipold in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer,
§ 13 Rz 103; Michel in Offerhaus/Söhn/Lange, § 20
UStG Rz 167; Nieskens in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 13 Rz 627). Bei Überweisungen kommt
es daher zur Vereinnahmung im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem
Girokonto des Zahlungsempfängers (vgl. BFH-Urteil vom
29.11.2022 - XI R 2/22, BFHE 279, 306, BStBl II 2023, 731 = SIS 23 05 82, Rz 23; BeckOK UStG/Hannisch, 35. Ed. [21.12.2022], UStG
§ 13 Rz 39.2; Herbert in Hartmann/Metzenmacher,
Umsatzsteuergesetz, § 13 Rz 153; Hundt-Eßwein in
Offerhaus/Söhn/Lange, § 13 UStG Rz 54; Leipold in
Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13 Rz 105; Reiß in
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 13 Rz 35; Wäger in
Wäger, UStG, 2. Aufl., § 13 Rz 69).
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c) Für das Vorliegen der Gutschrift ist
es unerheblich, ob die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem
früheren Zeitpunkt wirksam wird.
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aa) Bei Überweisungen auf ein Girokonto
wie im Streitfall ist zwischen dem Anspruch auf Gutschrift, dem
Anspruch auf Wertstellung (Valutierung) und dem Anspruch aus der
Gutschrift zu unterscheiden (MüKoBGB/Jungmann, 9. Aufl.,
§ 675t Rz 1; Grüneberg/Grüneberg, Bürgerliches
Gesetzbuch, 82. Aufl., § 675t Rz 4). Die Wertstellung
(Valutierung) gibt dabei den Zeitpunkt an, zu dem der gebuchte
Betrag zinswirksam wird (Grüneberg/Grüneberg,
Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl., § 675t Rz 8). Sie ist
eine von der Gutschrift unabhängige Buchung (Oberlandesgericht
Hamm, Urteil vom 24.02.2021 - 31 U 140/19, juris, Rz 138).
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bb) Erfolgt - wie im Streitfall - die
Wertstellung vor dem Tag der Buchung der Gutschrift, steht der
Betrag dem Kontoinhaber gleichwohl erst mit der Buchung der
Gutschrift zur Verfügung, da er erst ab diesem Zeitpunkt
über den Betrag verfügen kann. Die zeitlich mit
Rückwirkung vorgenommene Valutierung ist für die
Vereinnahmung im Sinne von § 13 UStG unbeachtlich. Denn
maßgeblich ist, dass über die Gegenleistung (als den zu
vereinnahmenden Betrag) wirtschaftlich verfügt werden kann
(BFH-Urteil vom 22.06.2021 - V R 16/20, BFHE 272, 563 = SIS 21 16 49, Rz 22). Dies erfordert die Verfügungsmöglichkeit
über den gutgeschriebenen Betrag und nicht nur eine auf die
Zinswirksamkeit bezogene Wertstellung.
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2. Danach hat das FG die Vereinnahmung des
erst am 02.01.2020 gutgeschriebenen, aber bereits zum 31.12.2019
valutierten Entgelts im Streitjahr zutreffend verneint. Es hat
zutreffend auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem der
überwiesene Betrag für den Leistungsempfänger auf
seinem Konto faktisch verfügbar ist. Dass es dabei den
maßgeblichen Anspruch aus der Gutschrift „als Zeitpunkt
der Buchung“ umschrieben hat, ist im Hinblick
hierauf unbeachtlich, zumal das FG das „Datum der
Wertstellung“ zutreffend als nicht
maßgeblich angesehen hat.
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3. Die Einwendungen des FA hiergegen greifen
nicht durch. Dem Verständnis des FA von Art. 87 Abs. 1 und 2
der Richtlinie (EU) 2015/2366 und § 675t Abs. 1 BGB liegt die
Annahme zugrunde, dass diese Vorschriften keine Wertstellung
erlaubten, die vor dem Zeitpunkt der Gutschrift liege.
Tatsächlich steht im Streitfall die Abwicklung der
Überweisung im Einklang mit § 675t Abs. 1 BGB. Danach
muss zwar die Wertstellung zu dem Geschäftstag erfolgen, an
welchem der Betrag dem Zahlungsdienstleister des
Zahlungsempfängers gutgeschrieben wurde. Die Gutschrift darf
jedoch am folgenden Geschäftstag auf dem Konto des
Überweisungsempfängers gebucht werden, so dass auch dann
erst der Anspruch aus der Gutschrift zu seinen Gunsten entsteht
(§ 675t Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. auch BT-Drucks. 16/11643, S.
112 „valutarische Gutschrift“).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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