Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.04.2021 - 15 K
15171/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) unterhielt bis zur
Auszahlung einer Kleinbetragsrente am 01.03.2018 einen
Altersvorsorgevertrag bei der AG (Anbieterin). Sie hatte bei
Vertragsabschluss die Anbieterin bevollmächtigt, einen
Dauerzulageantrag zu stellen. Die Anbieterin stellte deshalb auch
für die Streitjahre 2017 und 2018 einen Antrag auf Auszahlung
der Altersvorsorgezulage. Dabei ging die Anbieterin mangels anderer
Kenntnis wie in den Vorjahren davon aus, dass die Klägerin in
den Streitjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung
pflichtversichert gewesen sei. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin,
die Deutsche Rentenversicherung Bund (Zentrale Zulagenstelle
für Altersvermögen - ZfA - ), zahlte die
Altersvorsorgezulage für 2017 in Höhe von 524 EUR am
15.05.2018 und für 2018 in Höhe von 242,16 EUR am
15.05.2019 an die Anbieterin aus. Diese leitete die Beträge an
die Klägerin weiter, da der Altersvorsorgevertrag zu diesen
Zeitpunkten aufgrund der Auszahlung der Kleinbetragsrente nicht
mehr bestand.
|
|
|
2
|
Die spätere Überprüfung der
ZfA nach § 91 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergab, dass
die Klägerin in den Streitjahren nicht zulageberechtigt
gewesen ist. Deshalb forderte die ZfA die Zulagen in Höhe von
766,16 EUR von der Klägerin zurück. Dabei berief sie sich
auf die Vorschrift des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO).
|
|
|
3
|
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) ging in seinem in EFG 2021, 2040
veröffentlichen Urteil davon aus, dass der ZfA ein Anspruch
auf Erstattung der für die Streitjahre ausgezahlten Zulagen
nach § 37 Abs. 2 AO zustehe, der nicht durch speziellere
Regelungen ausgeschlossen sei. Auch der ab 2018 geltende § 90
Abs. 3a EStG stehe der Rückforderung nicht entgegen, da er
lediglich die dort genannten Sonderfälle betreffe, zumal in
allen von § 90 Abs. 3a EStG erfassten Fällen ein
Altersvorsorgevertrag beim Anbieter noch bestehe. Auch durch §
90 Abs. 3a EStG solle die allgemeine Vorschrift des § 37 Abs.
2 AO nicht verdrängt werden. Den Gesetzesmaterialien
könne nicht entnommen werden, dass § 90 Abs. 3a EStG eine
abschließende und alle Fälle der Rückforderung
umfassende Regelung treffen wolle.
|
|
|
4
|
Die Klägerin macht die Verletzung
materiellen Rechts geltend. Der Senat habe in seinem Urteil vom
09.07.2019 - X R 35/17 (BFHE 264, 421, BStBl II 2019, 668 = SIS 19 11 86) ausgeführt, dass § 37 Abs. 2 AO für eine
Rückforderung von Altersvorsorgezulagen keine Anwendung finde,
wenn eine abschließende Sonderregelung bestehe. Er habe dabei
bewusst offengelassen, ob § 90 Abs. 3a EStG seit 2018 eine
solche Sonderregelung enthalte. Der Gesetzgeber habe diesen Abs. 3a
in § 90 EStG eingefügt, um eine abschließende
Regelung zu schaffen. Damit könne § 37 Abs. 2 AO nicht
mehr zur Anwendung kommen.
|
|
|
5
|
Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
|
|
das angefochtene Urteil, die
Einspruchsentscheidung vom 18.08.2020 und den Bescheid vom
14.05.2020 aufzuheben.
|
|
|
6
|
Die ZfA beantragt,
|
|
die Revision zurückzuweisen.
|
|
|
7
|
Aus dem klaren Wortlaut des § 90 Abs.
3a EStG und dem Verhältnis zu § 90 Abs. 3 EStG ergebe
sich, dass diese Norm nur spezielle Rückforderungsfälle
betreffe. Diese seien im Streitfall nicht gegeben. Eine
darüber hinauswirkende abschließende Regelung enthalte
§ 90 Abs. 3a EStG nicht und schließe demzufolge auf
§ 37 Abs. 2 AO gestützte
Rückforderungsansprüche gegenüber dem
Zulageberechtigten nicht aus. Vielmehr ergänze § 90 Abs.
3a EStG lediglich die Regelung des § 90 Abs. 3 EStG. Dies
unterstreiche der zweifache Verweis auf § 90 Abs. 3 EStG und
die Beibehaltung der Regelungsstruktur.
|
|
|
8
|
Ein bewusster Ausschluss der
Rückforderung nach § 37 Abs. 2 AO lasse sich auch nicht
aus dem Gesetzgebungsverfahren herleiten. Vielmehr habe der
Gesetzgeber in den in § 90 Abs. 3a EStG geregelten
Sonderfällen (Versorgungsausgleich,
Altersvorsorge-Eigenheimbetrag und Darlehenstilgung) entsprechend
der bisherigen Verwaltungspraxis ausnahmsweise trotz der
fortbestehenden Vertragsverhältnisse eine Rückforderung
beim Zulageberechtigten ermöglichen wollen. Hintergrund sei
die in solchen Fällen bestehende unzureichende Deckung der
Altersvorsorgeverträge.
|
|
|
9
|
Einer weitergehenden Regelung für
Rückforderungen bei bereits beendeten
Altersvorsorgeverträgen habe es im Übrigen nicht bedurft,
da insoweit stets allein das Verhältnis der ZfA zum
Zulageberechtigten betroffen gewesen sei.
|
|
|
10
|
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
|
|
|
11
|
1. Das FG hat zutreffend erkannt, dass die ZfA
berechtigt war, von der Klägerin die für die
Beitragsjahre 2017 und 2018 gewährten Zulagen entsprechend
§ 37 Abs. 2 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG)
zurückzufordern. Dieser Rückforderungsanspruch ist nicht
durch eine die Altersvorsorgezulage betreffende Sondervorschrift
(§§ 93 bis 95 EStG) ausgeschlossen worden (unten a). Auch
§ 90 Abs. 3, 3a EStG hindern die Anwendung des § 37 Abs.
2 AO nicht (unten b). Folglich konnte die ZfA die streitigen
Zulagen von der Klägerin zurückfordern (unten c).
|
|
|
12
|
a) Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1
EStG sind auf die Zulagen und die Rückzahlungsbeträge die
für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der
Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Dies betrifft, da die
Abgabenordnung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AO auch
für Steuervergütungen gilt, sämtliche Vorschriften
der Abgabenordnung, soweit keine Sonderregelungen vorgehen.
Folglich ist im Fall der Rückforderung von Zulagen auch §
37 Abs. 2 AO anwendbar, soweit die §§ 93 bis 95 EStG
keine spezielleren Regelungen enthalten (vgl. nur Senatsurteil vom
09.07.2019 - X R 35/17, BFHE 264, 421, BStBl II 2019, 668 = SIS 19 11 86, Rz 14, m.w.N.).
|
|
|
13
|
Zu Recht geht das FG vorliegend davon aus,
dass eine Anwendung der §§ 93 bis 95 EStG nicht in
Betracht kommt, da der Altersvorsorgevertrag im Wege einer
Einmalzahlung an die Klägerin zur Abfindung einer
Kleinbetragsrente nach § 93 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgelöst
worden ist. Eine solche Einmalzahlung ist ausdrücklich nicht
als schädliche Verwendung im Sinne der genannten Regelungen
anzusehen.
|
|
|
14
|
b) Weder § 90 Abs. 3 EStG (unten aa) noch
die seit dem Kalenderjahr 2018 geltende Regelung des § 90 Abs.
3a EStG (unten bb) greifen ein. Sie stellen auch keine
abschließenden Sonderregelungen zur Rückforderung von zu
Unrecht nach Beendigung des Altersvorsorgevertrags gezahlten
Zulagen dar.
|
|
|
15
|
aa) Zutreffend geht das FG davon aus, dass
§ 90 Abs. 3 EStG im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar
ist, weil der Altersvorsorgevertrag zum Zeitpunkt der
Rückforderung der an die Klägerin für die
Streitjahre 2017 und 2018 gezahlten Zulagen beendet war.
Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 EStG hat die ZfA für
den Fall, dass sie bis zum Ende des zweiten auf die Ermittlung der
Zulage folgenden Jahres erkennt, dass der Zulageanspruch ganz oder
teilweise nicht besteht oder weggefallen ist, die zu Unrecht
gutgeschriebene oder ausgezahlte Zulage bis zum Ablauf eines Jahres
nach der Erkenntnis zurückzufordern und dies dem Anbieter
durch Datensatz mitzuteilen. Bei bestehendem
Vertragsverhältnis hat der Anbieter gemäß § 90
Abs. 3 Satz 2 EStG das Konto zu belasten. Voraussetzung für
eine Anwendung des § 90 Abs. 3 EStG und damit für die
Rückforderung über den Anbieter ist ein bestehendes
Vertragsverhältnis.
|
|
|
16
|
Im Streitfall war der Altersvorsorgevertrag
bereits am 01.03.2018 beendet worden. Eine Belastung des zuvor vom
Anbieter für die Klägerin geführten Kontos
gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 EStG war nicht mehr
möglich. Somit scheidet eine Anwendung des § 90 Abs. 3
EStG bereits aus diesem Grunde aus.
|
|
|
17
|
bb) § 90 Abs. 3 EStG stellt keine
abschließende Sonderregelung für die Rückforderung
von zu Unrecht gezahlten Zulagen dar, die einen Rückgriff auf
§ 37 Abs. 2 AO ausschlösse (weiterführend dazu vgl.
Senatsurteil vom 09.07.2019 - X R 35/17, BFHE 264, 421, BStBl II
2019, 668 = SIS 19 11 86, Rz 18 ff.).
|
|
|
18
|
c) Ebenfalls nicht erfüllt sind die
Voraussetzungen des § 90 Abs. 3a EStG. Auch § 90 Abs. 3a
EStG ist keine den § 37 Abs. 2 AO verdrängende
Sonderregelung für zu Unrecht gezahlte Zulagen.
|
|
|
19
|
aa) § 90 Abs. 3a EStG, der durch das
Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17.08.2017 (BGBl I 2017,
3214) mit Wirkung ab dem 01.01.2018 eingefügt worden ist,
regelt die Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Zulagen nach
der Durchführung einer versorgungsrechtlichen Teilung des
Altersvorsorgevertrags (Satz 1), nach einer Inanspruchnahme eines
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags im Sinne des § 92a Abs. 1 EStG
(Satz 2 Alternative 1) oder während einer Darlehenstilgung bei
Altersvorsorgeverträgen nach § 1 Abs. 1a des
Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (Satz 2
Alternative 2). In allen drei Fällen setzt die ZfA den
Rückforderungsbetrag nach Abs. 3 unter Anrechnung bereits vom
Anbieter einbehaltener und abgeführter Beträge
gegenüber dem Zulageberechtigten fest, soweit das Guthaben auf
dem (Altersvorsorge-)Vertrag des Zulageberechtigten zur Zahlung des
Rückforderungsbetrags nach § 90 Abs. 3 Satz 1 nicht
ausreicht. Im Fall der durchgeführten versorgungsrechtlichen
Teilung des Altersvorsorgevertrags betrifft dies nur den
Zulagebetrag als Teil des Rückforderungsbetrags, der in der
Ehe- und Lebenspartnerschaftszeit ausgezahlt worden ist (Satz 1 Nr.
2).
|
|
|
20
|
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen
aller drei Alternativen erkennbar nicht erfüllt.
|
|
|
21
|
bb) § 90 Abs. 3a EStG enthält
ebenfalls keine abschließende Sonderregelung für die
Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Zulagen. Dies ergibt
sich schon aus dem Wortlaut der Norm und ihrer systematischen
Stellung. Auch die Gesetzeshistorie und der Sinn und Zweck der Norm
sprechen gegen eine solche abschließende Regelungswirkung des
§ 90 Abs. 3a EStG. Folglich bleibt der
Rückforderungsanspruch gegenüber der Klägerin nach
§ 37 Abs. 2 AO in Bezug auf die für die Streitjahre 2017
und 2018 ausgezahlten Zulagen bestehen.
|
|
|
22
|
(1) § 90 Abs. 3a Satz 1 und 2 EStG
setzten ihrem Wortlaut nach voraus, dass ein Vertrag des
Zulageberechtigten im Zeitpunkt des Rückforderungsbegehrens
noch besteht, dessen Guthaben aber in allen drei Alternativen
„nicht ausreicht“, und sehen für
diesen Fall vor, dass ein Rückforderungsbetrag unter
Anrechnung bereits vom Anbieter einbehaltener und abgeführter
Beträge gegenüber dem Zulageberechtigten festgesetzt
wird. Die Rückforderung im Falle eines nicht mehr bestehenden
Altersvorsorgevertrags regelt § 90 Abs. 3a EStG nicht.
|
|
|
23
|
(2) Systematisch knüpft § 90 Abs. 3a
EStG an die Festsetzung eines Rückforderungsbetrags nach
§ 90 Abs. 3 EStG an und unterscheidet sich von dieser
Regelung, was sein Verhältnis zu § 37 Abs. 2 AO betrifft,
nicht.
|
|
|
24
|
§ 90 Abs. 3a EStG enthält zudem
keine ausdrückliche Regelung für den Fall, dass das
Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und Anleger nicht mehr
besteht. Aus Sicht des Senats ergibt sich aus dieser fehlenden
Regelung in Abs. 3a jedoch nicht, dass den Anbieter eine
uneingeschränkte Verantwortlichkeit für die
Rückforderung von Zulagen träfe und er deshalb
vorbehaltlich einer den Zulageempfänger treffenden
Erstattungsregelung verpflichtet wäre, auf eigene Kosten den
Rückforderungsbetrag bei der ZfA anzumelden und
abzuführen. Dies käme einer generellen Haftung des
Anbieters für die Rückforderungsbeträge gleich, die
unbeachtet ließe, dass der Anbieter lediglich als
Gesamtschuldner neben dem Zulageberechtigten gemäß
§ 96 Abs. 2 EStG haftet, und zwar nur für diejenigen
Zulagen, die wegen einer vorsätzlichen oder grob
fahrlässigen Pflichtverletzung zu Unrecht gezahlt oder nicht
zurückgezahlt worden sind (Senatsurteil vom 09.07.2019 - X R
35/17, BFHE 264, 421, BStBl II 2019, 668 = SIS 19 11 86, Rz
19).
|
|
|
25
|
Wie im Fall der Rückforderung nach §
90 Abs. 3 EStG kann daher auch § 90 Abs. 3a EStG nicht als
abschließende Regelung verstanden werden. Vielmehr
ergänzt § 90 Abs. 3a EStG durch seine Bezugnahme auf
§ 90 Abs. 3 EStG die Fälle der Rückforderungen bei
bestehenden Altersvorsorgeverträgen. Dies entspricht der bis
zur Gesetzesänderung geltenden und auf verschiedene Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) gestützten
Rechtspraxis der ZfA. Denn obwohl § 90 Abs. 3 EStG für
die nun in Abs. 3a geregelten drei Fälle eine
vollständige Belastung des Zulageberechtigten mit den
Rückforderungsbeträgen mangels ausreichender Guthaben der
Altersvorsorgeverträge nicht vorsah, forderte die ZfA die
Zulage direkt vom Zulageberechtigten zurück (vgl.
BMF-Schreiben vom 24.07.2013, BStBl I 2013, 1022 = SIS 13 24 91, Rz
271 und Rz 272 i.d.F. des BMF-Schreibens vom 13.01.2014, BStBl I
2014, 97 = SIS 14 00 56).
|
|
|
26
|
(3) Die Entstehungsgeschichte der Regelung
bestätigt dies. Mit der Einfügung des § 90 Abs. 3a
EStG sollten diese bislang durch Verwaltungsvorschrift geregelten
Rückforderungsfälle ins Gesetz übernommen werden,
worauf auch im Rahmen der Gesetzesbegründung ausdrücklich
hingewiesen wurde (BT-Drucks. 18/11286, 66). Dass der Gesetzgeber
damit eine abschließende und den allgemeinen
Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO
ausschließende Regelung hätte treffen wollen, lässt
sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen.
|
|
|
27
|
(4) Ein solches Auslegungsergebnis
widerspräche zudem nicht nur dem Sinn und Zweck des § 90
Abs. 3a EStG, sondern auch der im Zulageverfahren zwingenden
Notwendigkeit, eine umfassende Rückforderung von zu Unrecht
gezahlten Zulagen zu verankern.
|
|
|
28
|
(a) Das Rückforderungserfordernis von zu
Unrecht gezahlten Zulagen ist im dreistufigen Ablauf des
Zulageverfahrens angelegt. Im weitestgehend automatisierten
Zulageverfahren ermittelt die ZfA auf der ersten Stufe aufgrund der
von ihr erhobenen oder der ihr übermittelten Daten ohne
Prüfung von deren Richtigkeit, ob und in welcher Höhe ein
Zulageanspruch besteht (§ 90 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die ZfA
veranlasst bei Bestehen eines solchen Anspruchs die Auszahlung an
den Anbieter zugunsten des Zulageberechtigten. Dabei steht die
Mitteilung des Ermittlungsergebnisses (§ 90 Abs. 1 Satz 1
EStG) an den Anbieter kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung (seit 2005: § 12 Abs. 1 Satz 2 der
Altersvorsorge-Durchführungsverordnung). Erst auf der zweiten
Stufe sieht § 91 EStG ausdrücklich ein Verfahren der
„Überprüfung der Zulage“ vor.
Das Ergebnis dieses Datenabgleichs kann eine Rückforderung der
bereits ausgezahlten Zulage vom Anbieter ebenfalls durch Datensatz
zur Folge haben (§ 90 Abs. 3 EStG). Auf der dritten Stufe hat
der Zulageberechtigte dann die Möglichkeit, durch besonderen
Antrag eine förmliche Festsetzung der Zulage zu erreichen
(§ 90 Abs. 4 EStG).
|
|
|
29
|
(b) Diese Regelungen zeigen auf, dass die
Vorläufigkeit der Ermittlung der Zulage auf der ersten Stufe
und die spätere Überprüfung mittels des in § 91
EStG vorgesehenen Datenabgleichs im Gesetz angelegt ist. Zulagen
können im Einzelfall zu Unrecht ausgezahlt werden und sind
deshalb später zurückzufordern. Soweit die
Rückforderung bei bestehenden Altersvorsorgeverträgen
durch Belastung des Kontos des Zulageberechtigten möglich ist,
sieht § 90 Abs. 3 Satz 2 EStG dies als einfache und schnelle
Abwicklungsmethode vor. Reicht das Guthaben trotz (noch)
bestehenden Vertrags jedoch nicht aus, ist der Restbetrag nicht vom
Anbieter, sondern vom Zulageberechtigten zurückzufordern.
Entsprechendes gilt für die in § 90 Abs. 3a EStG
genannten besonderen Fälle, bei denen sowohl das Konto
belastet wie auch vom Zulageberechtigten der Restbetrag gefordert
werden kann. Daneben sind noch weitere Möglichkeiten denkbar,
bei denen die vorläufig gezahlten und letztlich zu Unrecht
geleisteten Zulagen zurückzufordern sind. Es ist schon deshalb
notwendig, diese Zulagen nach Vertragsende vom Zulageberechtigten
zurückfordern zu können.
|
|
|
30
|
(c) Diese Möglichkeit der
Rückforderung schafft § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG, indem er
ausdrücklich die für Steuervergütungen geltenden
Vorschriften der Abgabenordnung auf die Zulagen und die
Rückzahlungsbeträge für entsprechend anwendbar
erklärt. Folglich muss, soweit nicht ausdrücklich etwas
anderes geregelt worden ist, auch der allgemeine
Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO zum Tragen
kommen. Ein ausdrücklicher Ausschluss dieser Vorschrift, wie
in § 96 Abs. 1 Satz 2 EStG für den Fall des § 163 AO
geregelt, fehlt und ist auch im Wege einer (restriktiven) Auslegung
der § 90 Abs. 3, Abs. 3a EStG nicht herleitbar.
|
|
|
31
|
d) Die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2
Satz 1 AO sind hinsichtlich der Rückforderung der Zulagen
für die Streitjahre 2017 und 2018 erfüllt.
|
|
|
32
|
Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO hat derjenige,
auf dessen Rechnung unter anderem eine Steuervergütung ohne
rechtlichen Grund gezahlt worden ist, gegen den
Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten
Betrags (vgl. hierzu und zum Nachfolgenden das Senatsurteil vom
09.07.2019 - X R 35/17, BFHE 264, 421, BStBl II 2019, 668 = SIS 19 11 86, Rz 24 ff.). Leistungsempfänger im Sinne des § 37
Abs. 2 AO ist dabei derjenige, demgegenüber die ZfA als
Finanzbehörde eine abgabenrechtliche Verpflichtung
erfüllen will - also die Klägerin, obwohl die Zulagen an
die Anbieterin überwiesen worden sind. Denn die Anbieterin ist
lediglich eine Dritte und die Zahlung an sie erfolgte in
Erfüllung der vermeintlichen Ansprüche der Klägerin.
Aus diesem Grunde leitete die Anbieterin die Zahlungen nach
Beendigung des Altersvorsorgevertrags auch an die Klägerin
weiter. Die Klägerin hat die Zulagen für beide
Streitjahre ohne rechtlichen Grund erhalten, da sie in diesen
Jahren nicht mehr in der gesetzlichen Rentenversicherung
pflichtversichert und auch - unstreitig - aus keinem anderen Grunde
(mittelbar) zulageberechtigt war.
|
|
|
33
|
e) Unerheblich ist, ob ein schuldhaftes
Verhalten der Klägerin oder der Anbieterin vorliegt, da §
37 Abs. 2 AO ein Verschulden nicht voraussetzt (weiterführend
insoweit auch Senatsurteil vom 09.07.2019 - X R 35/17, BFHE 264,
421, BStBl II 2019, 668 = SIS 19 11 86, Rz 28 f.).
|
|
|
34
|
2. Der Senat entscheidet im
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).
|
|
|
35
|
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus
§ 135 Abs. 2 FGO.
|