Auf die Beschwerde des Klägers wegen
Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts
Münster vom 06.01.2022 - 13 K 1195/18 K,G aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.
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I. In der Hauptsache ist zwischen den
Beteiligten streitig, ob Einkünfte, die der als
gemeinnützig anerkannte Kläger und Beschwerdeführer
(Kläger) aus der entgeltlichen Überlassung von
Räumlichkeiten an andere gemeinnützige Vereine erzielt,
der Vermögensverwaltung, einem Zweckbetrieb oder einem
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind. Im
hierüber geführten Klageverfahren gestattete das
Finanzgericht (FG) den Beteiligten mit Beschluss vom 03.01.2022
gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung
(FGO), sich während der mündlichen Verhandlung in eigenen
Räumlichkeiten aufzuhalten und dort im Rahmen der sogenannten
„Videokonferenz“ Verfahrenshandlungen
vorzunehmen. Ausweislich des Protokolls der mündlichen
Verhandlung waren die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung
per sogenannter „Videokonferenz“
zugeschaltet. Das FG gab der Klage teilweise statt und wies sie im
Übrigen ab.
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In seiner Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision trägt der Kläger unter
anderem vor, das FG habe bei der sogenannten
„Videokonferenz“ nur eine Kamera
eingesetzt. Für die nicht im Gerichtssaal anwesenden
Beteiligten sei - je nach manueller Steuerung durch den
„regieführenden“ Richter - entweder
die Gesamtbesetzung des Senats oder nur ein Teil seiner Besetzung
oder aber nur derjenige Richter, der aktuell das Wort geführt
habe, zu sehen gewesen. Nach dem Vortrag des Sachverhalts durch die
Berichterstatterin sei allein der Vorsitzende Richter des Senats
für etwa zwei Drittel der Dauer der mündlichen
Verhandlung im Bild gewesen, das heißt während der
insgesamt 90-minütigen Verhandlung für etwa 60 Minuten.
Die Richterbank mit den übrigen Richtern und der aktuell
sprechende Richter seien nie gleichzeitig zu sehen gewesen. Da das
Verhalten der übrigen Richter wegen der fehlenden
Beobachtungsmöglichkeit keiner finalen rechtlichen Analyse
unterzogen werden könne, sei das Recht auf den gesetzlichen
Richter (§ 119 Nr. 1 FGO i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des
Grundgesetzes - GG - ) verletzt.
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Wegen der Rüge, dass die Richterbank
für die nicht im Gerichtssaal anwesenden Beteiligten nicht
durchgängig zu sehen gewesen sei, hat der Senat dienstliche
Äußerungen des Vorsitzenden Richters und des
kameraführenden Richters des FG eingeholt. Die Beteiligten
hatten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
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II. Die Beschwerde ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Das
angefochtene Urteil beruht auf einem Verfahrensmangel im Sinne des
§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Der Anspruch des Klägers auf die
vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts
(§ 119 Nr. 1 FGO i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist
verletzt. Bei einer sogenannten
„Videokonferenz“ muss für
die Beteiligten während der zeitgleichen Bild- und
Tonübertragung nach § 91a Abs. 1 FGO - wie bei einer
körperlichen Anwesenheit im Verhandlungssaal - feststellbar
sein, ob die beteiligten Richter in der Lage sind, der Verhandlung
in ihren wesentlichen Abschnitten zu folgen. Dies erfordert, dass
alle zur Entscheidung berufenen Richter während der
„Videokonferenz“ für die
lediglich „zugeschalteten“
Beteiligten sichtbar sind. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn
für den überwiegenden Zeitraum der mündlichen
Verhandlung nur der Vorsitzende Richter des Senats im Bild zu sehen
ist.
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1. Ein Urteil ist gemäß § 119
Nr. 1 FGO stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend
anzusehen, wenn das erkennende Gericht nicht
vorschriftsmäßig besetzt war.
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a) Der absolute Revisionsgrund des § 119
Nr. 1 FGO (vgl. auch § 547 Nr. 1 der Zivilprozessordnung - ZPO
- und § 138 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung) dient
insbesondere dazu, das Vertrauen der Rechtsuchenden und der
Öffentlichkeit in die Sachlichkeit der Gerichte zu sichern
(Senatsbeschluss vom 14.03.2019 - V B 34/17, BFHE 263, 317, BStBl
II 2019, 489 = SIS 19 02 14, Rz 13, m.w.N.).
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Vorschriftsmäßig besetzt ist das
erkennende Gericht, wenn jeder an der Verhandlung und Entscheidung
beteiligte Richter die zur Ausübung des Richteramts
erforderliche Fähigkeit besitzt, die wesentlichen
Vorgänge der Verhandlung wahrzunehmen und in sich aufzunehmen.
Die beteiligten Richter müssen körperlich und geistig in
der Lage sein, der Verhandlung in ihren wesentlichen Abschnitten zu
folgen. Nur wenn jeder Richter die wesentlichen Vorgänge
aufnimmt, ist er in der Lage, seine Überzeugung aus dem
Gesamtergebnis der Verhandlung zu gewinnen (§ 96 Abs. 1 Satz 1
FGO), selbständig zu urteilen und so an einer sachgerechten
Entscheidung mitzuwirken. Ein Richter, der in der mündlichen
Verhandlung für eine nicht nur unerhebliche Zeit
einschläft, ist abwesend, wenn er dadurch wesentlichen
Vorgängen nicht mehr folgen kann, so dass das erkennende
Gericht dann nicht mehr im Sinne von § 119 Nr. 1 FGO
vorschriftsmäßig besetzt ist (Senatsbeschluss vom
28.08.1986 - V R 18/86, BFHE 147, 402, BStBl II 1986, 908 = SIS 86 22 55, unter II.a). Ebenso ist es, wenn einer der zur Entscheidung
berufenen Richter nach der Eröffnung der mündlichen
Verhandlung eingetroffen ist und seinen Platz auf der Richterbank
erst eingenommen hat, nachdem der Berichterstatter bereits mit dem
Vortrag des Sachverhalts begonnen hatte, so dass der erst
später eintreffende Richter wesentliche Vorgänge der
Verhandlung nicht wahrgenommen hat (Beschluss des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 17.06.2011 - XI B 21-22/10, BFH/NV 2012, 46 = SIS 11 38 98, Rz 8 und 10).
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b) Das Erfordernis der
vorschriftsmäßigen Besetzung im Sinne von § 119 Nr.
1 FGO ist auch bei sogenannten
„Videokonferenzen“ auf der
Grundlage des § 91a FGO zu beachten.
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aa) Nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO kann das
Gericht den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und
Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich
während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort
aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die
Verhandlung wird dann gemäß § 91a Abs. 1 Satz 2 FGO
zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer
übertragen.
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bb) Die
„Videoübertragungstechnik“
soll auf der Grundlage dieser Vorschrift „ohne Verlust an
rechtsstaatlicher Qualität“ genutzt
werden (BT-Drucks. 17/1224, S. 10). Um einem derartigen Verlust
entgegenzuwirken, muss es die gemäß § 91a Abs. 1
Satz 2 FGO vorgesehene Übertragung der
„Verhandlung“ in Bild und Ton an
den in § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO genannten anderen Ort
ermöglichen, dass die dort anwesenden Beteiligten die
vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts und damit die
Anwesenheit aller Mitglieder des Spruchkörpers feststellen
können.
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Dies erfordert, dass alle zur Entscheidung
berufenen Richter während der
„Videokonferenz“ für die
lediglich „zugeschalteten“
Beteiligten sichtbar sind. Nicht zulässig ist es daher, den
alleinigen Bildausschnitt auf einzelne Richter - etwa den
Vorsitzenden - zu beschränken (Wieczorek/Schütze/Gerken,
5. Aufl., § 128a ZPO Rz 11).
„Zugeschaltete“ Prozessbeteiligte
müssen vielmehr alle Richter sehen und hören können
(Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 81. Aufl., § 128a Rz 17;
Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 128a Rz 6 und Windau,
NJW 2020, 2753, 2754). Wie dies gewährleistet wird, ist Sache
des Gerichts, das die Gestattung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO
erteilt.
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Bestätigt wird dies durch den Entwurf
eines Gesetzes zur Förderung des Einsatzes von
Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den
Fachgerichtsbarkeiten vom 26.05.2023 (BR-Drucks. 228/23, S. 49).
Danach müssen jeder Verfahrensbeteiligte und das Gericht die
Möglichkeit haben, alle anderen Verfahrensbeteiligten und die
Mitglieder des Gerichts zu jedem Zeitpunkt der Verhandlung sowohl
visuell als auch akustisch wahrzunehmen. Soweit dies dahingehend
eingeschränkt wird, dass nicht alle Verfahrensbeteiligten und
das Gericht ständig gleichzeitig „auf einem
Bildschirm“ zu sehen sein müssen und
auf variierende Ansichtsmöglichkeiten verwiesen wird, sieht
der Senat hierin in Übereinstimmung mit dem Schrifttum
(Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 81. Aufl., § 128a Rz 17
und Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 128a Rz 6) einen
bloßen Hinweis auf die Möglichkeit, die Verhandlungen
mit mehreren Kameras an den anderen Ort zu übertragen, so dass
zum Beispiel neben der Bildübertragung des gesamten
Spruchkörpers durch eine zusätzliche Bildübertragung
der die Verhandlung leitende Vorsitzende Richter oder andere
Richter des Spruchkörpers - wie etwa der Berichterstatter - im
Bild zu sehen sind, wenn sie sich zur Sache äußern, etwa
in Form eines Sachberichts oder im Rahmen eines
Rechtsgesprächs. Ebenso wenig ergeben sich geringere
Anforderungen, soweit nach dem Gesetzentwurf bei einfach gelagerten
Terminen ohne Beweisaufnahme und mit nur wenigen
Verfahrensbeteiligten der Einsatz sogenannter
„Ein-Kamera-Systeme“ möglich
sein soll, bei denen die Teilnehmenden nicht individuell angezeigt
werden können. Auch in einem solchen Fall bleibt es bei dem
Grundsatz, dass die Kameraeinstellung es ermöglichen muss,
alle zur Entscheidung berufenen Richter und die im Gerichtssaal
anwesenden Verfahrensbeteiligten visuell wahrzunehmen. Die
bildliche Übertragung nur einzelner Personen genügt bei
Nutzung einer einzelnen Kamera danach nicht.
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cc) Gestattet ein FG daher gemäß
§ 91a FGO den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und
Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen, sich während
einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten
und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen, entbindet dies nicht von
der Verpflichtung, die vorschriftsmäßige
Gerichtsbesetzung in einer Weise zu gewährleisten, die dem
Vertrauen der Rechtsuchenden in die Sachlichkeit der Gerichte (s.
oben II.1.a) hinreichend Rechnung trägt. Daher muss für
die Beteiligten im Fall einer sogenannten „Videokonferenz“
im Rahmen der vom Gericht technisch veranlassten zeitgleichen Bild-
und Tonübertragung nach § 91a Abs. 1 FGO -
ähnlich wie bei einer körperlichen Anwesenheit im
Verhandlungssaal - feststellbar sein, ob die beteiligten Richter
körperlich und geistig in der Lage sind, der Verhandlung in
ihren wesentlichen Abschnitten zu folgen oder ob einer oder mehrere
von ihnen während der Verhandlung eingeschlafen ist oder sind,
erst verspätet auf der Richterbank Platz genommen oder diese
vorübergehend oder vorzeitig verlassen hat oder haben (s. oben
II.1.a).
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dd) Abweichendes folgt nicht daraus, dass
§ 91a FGO eine bloße Verfahrensvorschrift ist, die
lediglich regelt, dass allein von der zur Vornahme von
Verfahrenshandlungen grundsätzlich notwendigen Anwesenheit der
Beteiligten und ihrer Prozessbevollmächtigten im
Sitzungszimmer abgesehen und diese durch die Übertragung der
Verhandlung an deren Aufenthaltsort ersetzt wird (vgl. z.B. zu dem
§ 91a FGO entsprechenden § 110a des
Sozialgerichtsgesetzes Beschluss des Bundessozialgerichts - BSG -
vom 04.11.2021 - B 9 SB 76/20 B, NJW 2022, 1639, Rz 7 f.). Es ist
im Hinblick auf die mit § 91a FGO verfolgten Zielsetzungen der
Prozesswirtschaftlichkeit (Brandis in Tipke/Kruse, § 91a FGO
Rz 1) oder Prozessökonomie (Schallmoser in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 91a FGO Rz 5) kein Sachgrund
erkennbar, der die Annahme rechtfertigen könnte, die
Beteiligten würden sich mit ihrem Einverständnis zur
bloßen „Zuschaltung per
Videokonferenz“ der Möglichkeit
begeben wollen, die Anwesenheit der Richter und ihr Verhalten
während der mündlichen Verhandlung wahrnehmen zu
können.
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2. Im Streitfall war das FG nicht im Sinne von
§ 119 Nr. 1 FGO vorschriftsmäßig besetzt.
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a) Die Tatsachen, die zur Beurteilung
erforderlich sind, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, kann der BFH
im Wege des Freibeweises feststellen (Senatsurteil vom 18.04.1996 -
V R 25/95, BFHE 180, 512, BStBl II 1996, 578 = SIS 96 20 98, unter
II.2.c und BFH-Urteil vom 19.09.2012 - IV R 45/09, BFHE 239, 66,
BStBl II 2013, 123 = SIS 12 27 93, Rz 31). Ebenso können die
für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde
wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
erheblichen Tatsachen vom Beschwerdegericht im Wege des
Freibeweises ermittelt und frei gewürdigt (§ 113 Abs. 1,
§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) werden (Senatsbeschluss vom 30.04.1987
- V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502 = SIS 87 20 57).
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b) Im Streitfall macht der Kläger
geltend, das FG habe bei der sogenannten
„Videokonferenz“ nur eine Kamera
eingesetzt und es seien für die nicht im Gerichtssaal
anwesenden Beteiligten - je nach manueller Steuerung durch den
„regieführenden“ Richter -
entweder die Gesamtbesetzung des Senats oder nur ein Teil seiner
Besetzung oder aber nur derjenige Richter, der aktuell das Wort
geführt habe, zu sehen gewesen. Der Vorsitzende Richter am
Finanzgericht A sei für circa zwei Drittel der Dauer der
insgesamt circa 90-minütigen mündlichen Verhandlung im
Bild zu sehen gewesen. Die Richterbank mit den übrigen
Richtern und der aktuell sprechende Richter seien nie gleichzeitig
zu sehen gewesen.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt -
FA - ) hat diese Verfahrenshandhabung bestätigt. Er führt
aus, zur Eröffnung der Verhandlung sei die gesamte Richterbank
zu sehen gewesen, während es in der Folgezeit „zur
Ausrichtung der Kamera auf den jeweils
Sprechenden“ gekommen sei. Die
„Ausrichtung der Kamera auf den
Sprechenden“ habe der
„Herstellung der
Gesprächssituation“ mit diesem
Richter gedient.
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Der Vorsitzende Richter am Finanzgericht A und
der „regieführende“ Richter
am Finanzgericht B haben in ihren dienstlichen
Äußerungen diesen übereinstimmenden
Beteiligtenvortrag ebenfalls bestätigt. Es sei nur eine Kamera
verwendet worden, deren Einstellung während der Verhandlung
verändert wurde, damit die
„zugeschalteten“ Beteiligten
nicht nur schemenhaft die Gesamtheit der Senatsmitglieder erkennen,
sondern auch wahrnehmen konnten, welcher Richter sich gerade
äußerte und wie dessen Gestik und Mimik sei. Auf die
Frage, ob es den „zugeschalteten“
Beteiligten vom Beginn bis zum Ende der Verhandlung möglich
war, die vollständige Richterbank mit allen zur Entscheidung
berufenen Richtern zu sehen, hielt der Vorsitzende Richter am
Finanzgericht A es für wahrscheinlich, dass dies nicht der
Fall gewesen sei. Richter am Finanzgericht B verneinte diese
Frage.
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c) Der Senat würdigt den
übereinstimmenden Beteiligtenvortrag und die dienstlichen
Äußerungen des die Verhandlung leitenden Vorsitzenden
Richters am Finanzgericht A und des
„regieführenden“ Richters am
Finanzgericht B zur Verfahrenshandhabung durch das FG, den das FA
lediglich in Bezug auf die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen
anders als der Kläger bewertet, dahingehend, dass es im Rahmen
der vom FG durchgeführten
„Videokonferenz“ beiden
Beteiligten nicht möglich war, die Richterbank für den
überwiegenden Zeitraum der mündlichen Verhandlung in den
Blick zu nehmen. Bei dieser Sachlage sieht der Senat - im Rahmen
der freien Beweiswürdigung - von einer förmlichen
Beweisaufnahme vor dem Senat (vgl. z.B. Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 19.07.2007 - 5 B 84/06,
HFR 2008, 1291) ab (vgl. zum Beweisrisiko des Klägers auch
BVerwG-Urteil vom 16.12.1980 - 6 C 110/79, Zeitschrift für
Beamtenrecht - ZBR - 1982, 30).
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3. Der
Kläger kann die Rüge auch mit Erfolg geltend
machen.
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a) Auf die Beachtung der Vorschriften
über die Besetzung des Gerichts kann nicht nach § 155
Satz 1 FGO i.V.m. § 295 ZPO wirksam verzichtet werden.
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aa) Die Verletzung einer das Verfahren und
insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift
kann gemäß § 295 Abs. 1 ZPO nicht mehr gerügt
werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet
oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung,
die aufgrund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in
der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat,
obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt
sein musste. Diese Regelung ist allerdings gemäß §
295 Abs. 2 ZPO nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind,
auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.
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bb) Danach sind die Vorschriften über die Besetzung des
Gerichts der Disposition der Beteiligten entzogen
(BFH-Beschlüsse vom 05.03.2018 - X B 44/17, BFH/NV 2018, 637 =
SIS 18 05 15, Rz 15; vom 17.06.2011 - XI B 21-22/10, BFH/NV 2012,
46 = SIS 11 38 98, Rz 11 und vom 30.01.2004 - II B 111/02, BFH/NV
2004, 661 = SIS 04 18 01, unter II.).
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So gilt dies für den Fall, dass das
Gericht aufgrund eines schlafenden Richters nicht
vorschriftsmäßig besetzt ist. Dieser Verfahrensfehler
wird nicht deshalb unbeachtlich, weil der Kläger oder sein
Prozessbevollmächtigter das fragliche Verhalten des Richters
nicht während der Verhandlung zur Sprache gebracht und
gerügt haben. Die Nichtrüge des Besetzungsmangels in der
mündlichen Verhandlung, in der ein Richter schläft,
führt nicht zum Rügeverlust. § 295 Abs. 2 ZPO
trägt in einem solchen Fall dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung,
nach dem bestimmte Garantien einer formell
ordnungsgemäßen Rechtsprechung, das heißt
zwingende Grundnormen des Verfahrensrechts, deren Einhaltung im
öffentlichen Interesse liegt, gewährleistet sein
müssen; das Risiko ihrer Verletzung darf nicht auf die
Parteien abgewälzt werden. Zu diesen Vorschriften gehört
die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts (BVerwG-Urteil
vom 16.12.1980 - 6 C 110/79, ZBR 1982, 30). Der Senat
schließt sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung
an. Dem steht nicht entgegen, dass im Einzelfall (vgl. hierzu z.B.
BFH-Urteile vom 04.08.1967 - VI R 198/66, BFHE 89, 183, BStBl III
1967, 558 = SIS 67 03 57 und vom 05.12.1985 - IV R 114/85, BFH/NV
1986, 468 = SIS 86 14 51; BFH-Beschlüsse vom 17.02.2011 - IV B
108/09, BFH/NV 2011, 996 = SIS 11 15 83 und vom 27.04.2011 - III B
62/10, BFH/NV 2011, 1379 = SIS 11 23 66) aus dem Umstand, dass in
der mündlichen Verhandlung das Schlafen eines Richters nicht
beanstandet wurde, „indiziell“
(BSG-Beschluss vom 08.12.2022 - B 8 SO 66/21 B, juris) zu folgern
sein kann, dass der Richter nicht geschlafen habe (so
ausdrücklich BVerwG-Urteil vom 16.12.1980 - 6 C 110/79, ZBR
1982, 30). Dies betrifft nicht die Frage des Verlusts des
Rügerechts, sondern die tatsächlichen Umstände, die
zu einem Verstoß gegen die vorschriftsmäßige
Besetzung des Gerichts führen können.
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Ist es nicht erforderlich, in der
mündlichen Verhandlung das Schlafen eines Richters
anzusprechen oder zu beanstanden, um hierzu in der Folgeinstanz
einen Verfahrensfehler geltend zu machen (BVerwG-Beschluss vom
19.07.2007 - 5 B 84/06, HFR 2008, 1291; vgl. im Übrigen auch
BVerwG-Urteil vom 31.01.1980 - 3 C 118/79, NJW 1981, 413), muss
auch nicht zur Vermeidung eines Rügeverlusts in der
mündlichen Verhandlung in Form der sogenannten
„Videokonferenz“ nach § 91a
FGO die fehlende Bildübertragung der Richterbank zur
Überprüfung des Verhaltens eines Richters gerügt
werden.
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cc) Ein Rügeverlust tritt auch nicht
dadurch ein, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers
erstmalig im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision eine unzureichende Bildübertragung der gesamten
Richterbank gerügt hat (s. unter II.3.b). Dieses Verhalten
könnte allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung zu der
Frage, ob tatsächlich keine hinreichende Bildübertragung
der gesamten Richterbank erfolgte, eine Rolle spielen, falls der
Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Verletzung der
gebotenen Verfahrensfairness nur deshalb von einem solchen Hinweis
an das Gericht während der mündlichen Verhandlung
abgesehen hat, um sich treu- und pflichtwidrig einen absoluten
Revisionsgrund für den Fall des Unterliegens zu sichern (vgl.
BVerwG-Beschlüsse vom 13.06.2001 - 5 B 105/00, NJW 2001, 2898,
unter 3. und vom 19.07.2007 - 5 B 84/06, HFR 2008, 1291, unter 2.).
Hierfür bestehen im Streitfall indes keine Anhaltspunkte.
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dd) Abweichendes folgt nicht aus dem Beschluss des BSG
vom 04.11.2021 - B 9 SB 76/20 B (NJW 2022, 1639, Rz 11). Danach
setzt zwar die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör bei einer sogenannten
„Videokonferenz“ voraus, dass
vermeintliche Übertragungsmängel bereits während der
mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht zu
rügen sind. Die Beurteilung des BSG zum Rügeverlust bei
der Geltendmachung der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist
aber auf die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen
Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 119 Nr. 1 FGO), zu der
sich das BSG in seiner Entscheidung nicht geäußert hat,
nicht zu übertragen.
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Im Übrigen wird auch ansonsten bei
Durchführung einer Verhandlung im Wege der sogenannten
„Videokonferenz“ zwischen
verzichtbaren und nicht verzichtbaren Verfahrensmängeln
unterschieden (vgl. BeckOK ZPO/von Selle, 48. Ed. [01.03.2023], ZPO
§ 128a Rz 15.2; Gomille/Frenze, Neue Juristische
Online-Zeitschrift 2022, 1185). Dementsprechend kommt es auch nicht
auf die instanzgerichtliche Rechtsprechung und auf Beiträge im
Schrifttum an, die sich nur zu verzichtbaren Verfahrensmängeln
äußern (vgl. z.B. zum Verstoß gegen die
Grundsätze der Mündlichkeit oder der Unmittelbarkeit der
Beweisaufnahme und zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts - OLG
- vom 15.07.2021 - 4 U 48/20, Recht Digital 2022, 185, Rz 53 f.;
Sozialgericht Darmstadt, Urteil vom 21.02.2022 - S 13 KR 200/18,
juris, Rz 14; zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör Hessisches FG, Urteil vom 24.07.2014 - 8 K 1324/10, EFG
2014, 2061 = SIS 14 28 73, Rz 10; vgl. auch Brandis in Tipke/Kruse,
§ 91a FGO Rz 11 mit Bezugnahme auf den vorstehenden
BSG-Beschluss; zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl.,
§ 91a Rz 18; Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 81. Aufl.,
§ 128a Rz 17 mit Bezugnahme auf das vorstehende Urteil des
Saarländischen OLG; zur Verletzung des Grundsatzes der
Mündlichkeit und des Anspruchs auf rechtliches Gehör
Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 20. Aufl., § 128a Rz 3a; Ulrich in
Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 102a VwGO Rz 41 mit
Bezugnahme auf das vorstehende Urteil des Hessischen FG; zum
vorstehenden BSG-Beschluss vgl. Müller, Neue Zeitschrift
für Sozialrecht 2022, 277; zum Verstoß gegen die
Grundsätze der Mündlichkeit oder der Unmittelbarkeit der
Beweisaufnahme und zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör Klasen in Ory/Weth, juris PraxisKommentar Elektronischer
Rechtsverkehr, Bd. 2, 2. Aufl., § 128a ZPO [Stand: 12.05.2023]
Rz 30; zur Vergleichbarkeit des § 91a Abs. 1 FGO mit der
Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung nach § 91
Abs. 2 FGO Schumann, DStR 2022, 1359; vgl. auch ohne
Äußerung zur vorschriftsmäßigen
Gerichtsbesetzung Windau, NJW 2020, 2753, 2754).
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b) Weiter hat der Kläger mit seinem
Vortrag, dass jeweils allein der Vorsitzende Richter am
Finanzgericht A und die Berichterstatterin während der
Wortbeiträge dieser beiden Richter zu sehen waren, auch
hinreichend dargelegt, was während der mündlichen
Verhandlung geschehen ist, als die Richterbank nicht
vollständig zu sehen war (vgl. zu diesem Erfordernis
BVerwG-Beschluss vom 22.05.2006 - 10 B 9/06, NJW 2006, 2648, unter
1.a).
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c) Schließlich steht der Rüge des
Klägers ebenso wie im Fall des schlafenden Richters (s. oben
II.1. und II.3.a bb) nicht entgegen, dass im Protokoll der
mündlichen Verhandlung nicht festgehalten ist, ob die
Beteiligten die Möglichkeit hatten, während der
Verhandlung die vollständige Richterbank zu sehen.
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4. Im Streitfall hält der Senat es
für sachgerecht, die Vorentscheidung gemäß §
116 Abs. 6 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die weiteren
Rügen des Klägers sind danach nicht mehr zu
prüfen.
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5. Von einer weiteren Begründung wird
nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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