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Zurechnung des Mehrgewinns aus der Korrektur eines unrechtmäßigen Betriebsausgabenabzugs

Zurechnung des Mehrgewinns aus der Korrektur eines unrechtmäßigen Betriebsausgabenabzugs: 1. Ein Mehrgewinn, der aus der Korrektur nicht betrieblich veranlasster Betriebsausgaben stammt und im laufenden Gesamthandsgewinn enthalten ist, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, wenn die zugrundeliegenden Aufwendungen ausschließlich einem Mitunternehmer zugutegekommen sind. - 2. Für die Zurechnung eines solchen Mehrgewinns bei diesem Mitunternehmer ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung unerheblich, ob der Mitunternehmerschaft aufgrund der unrechtmäßigen Verausgabung der Gesellschaftsmittel ein Ersatzanspruch zusteht, der im Gewinnermittlungszeitraum der Verausgabung uneinbringlich oder wertlos ist. - Urt.; BFH 28.9.2022, VIII R 6/19; SIS 22 20 31

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Gewinnermittlung, Schätzung
Fundstellen
  1. BFH 28.09.2022, VIII R 6/19 (ECLI:DE:BFH:2022:U.280922.VIIIR6.19.0)
    BStBl 2023 II S. 323
    DStR 2022 S. 2474

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 22.2.2023
    J.H. in StuB 1/2023 S. 51
    Kaminski in Stbg 6/2023 S. M 9
    Korn in kösdi 1/2023 S. 23042
    Ch. Levedag in GmbHR 4/2023 S. R 57
    B. Rätke in BBK 2/2023 S. 56
    M. Strahl in NWB 50/2022 S. 3556
    F. Werth in BFH/PR 3/2023 S. 65
Normen
[EStG] § 4 Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 18 Abs. 4 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 12.04.2018, SIS 22 22 04, Gewinnverteilung, Zurechnung, Zufluss, Mitunternehmer, Entnahme
Anmerkung RiBFH Dr. Levedag

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.04.2018 - 13 K 13227/16 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 22.07.2016 aufgehoben; Letztere, soweit sie die Feststellung zur Zurechnung der Einkünfte aus der Gesamthand betrifft.

Der gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheid für 2009 vom 15.12.2015 wird dahin geändert, dass der Gewinn aus der Gesamthand (68.955,91 EUR) in Höhe von 27.233,95 EUR auf den Kläger und in Höhe von 41.721,96 EUR auf den Beigeladenen verteilt wird.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und der Beigeladene betrieben vom 01.01.1995 bis zum 26.10.2010 in der Rechtsform der GbR ein Ingenieurbüro. Sie waren nach dem Gesellschaftsvertrag jeweils hälftig am Gewinn der Gesellschaft beteiligt. Eine Abrede zur Verteilung steuerlicher Mehrgewinne enthielt der Gesellschaftsvertrag nicht. Die GbR ermittelte den Gewinn aus selbständiger Arbeit im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr (2009) anzuwendenden Fassung (EStG). Gewinnermittlungszeitraum war das Kalenderjahr.

 

 

2

Der Kläger kündigte das Gesellschaftsverhältnis zum 26.10.2010 fristlos und schied an diesem Tag aus der GbR aus. Sein Anteil wuchs dem Beigeladenen an. Der fristlosen Kündigung lag zugrunde, dass der Beigeladene Aufwendungen für seine Ausbildung zum Lerncoach in Höhe von 5.122 EUR, für die Anschaffung privat verwendeter Gegenstände in Höhe von 4.333,29 EUR, für angebliche Geschäftsessen in Höhe von 2.053,05 EUR, für Getränkekosten in Höhe von 2.018,19 EUR, für Blumen in Höhe von 399,59 EUR, für Fotokosten in Höhe von 130 EUR sowie für Reisekosten in Höhe von 431,90 EUR (insgesamt Aufwendungen in Höhe von 14.488,02 EUR) ohne Zustimmung des Klägers aus den Gesellschaftsmitteln gezahlt hatte.

 

 

3

Der Kläger und der Beigeladene führten einen zivilrechtlichen Rechtsstreit über die nach dem Gesellschaftsvertrag vom Beigeladenen zum 27.10.2010 zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz und die Höhe des Abfindungsanspruchs des Klägers. Der Kläger wollte u.a. erreichen, dass Ersatzansprüche der GbR gegen den Beigeladenen aufgrund der unberechtigten Verausgabung der Gesellschaftsmittel für die private Lebensführung in die Auseinandersetzungsbilanz einbezogen werden und seinen Abfindungsanspruch erhöhen. In der ersten Instanz hatte der Kläger insoweit keinen Erfolg. Das Berufungsverfahren war bis zur Entscheidung des Finanzgerichts (FG) nicht abgeschlossen.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) stellte die auf Ebene der GbR erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Streitjahr aufgrund einer nur vom Beigeladenen eingereichten Feststellungserklärung zunächst mit gesondertem und einheitlichem Feststellungsbescheid vom 23.02.2011 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ) fest. In diesem Feststellungsbescheid wurden die streitigen Aufwendungen (14.488,02 EUR) als laufende Betriebsausgaben auf der Gesamthandsebene berücksichtigt. Das FA erhöhte während des vom Kläger betriebenen Einspruchsverfahrens die festgestellten laufenden Einkünfte der GbR aus der Gesamthand im gemäß § 132 i.V.m. § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr vom 15.12.2015 um 14.488,02 EUR auf 68.955,91 EUR. Es sah die aus den Mitteln der GbR für private Zwecke und den Konsum des Beigeladenen bestrittenen Aufwendungen als nicht betrieblich veranlasst an. Den Gewinn aus der Gesamthand rechnete das FA dem Kläger und dem Beigeladenen jeweils hälftig zu.

 

 

5

Die anschließend vom Kläger erhobene Klage richtete sich nicht gegen die Feststellung des erhöhten laufenden Gesamthandsgewinns, sondern ausschließlich gegen dessen hälftige Verteilung. Er begehrte, den Mehrgewinn in Höhe von 14.488,02 EUR allein dem Beigeladenen zuzurechnen und nur den restlichen laufenden Gesamthandsgewinn in Höhe von 54.467,89 EUR hälftig zu verteilen. Das FG wies die Klage aus den in EFG 2019, 1176 mitgeteilten Gründen ab.

 

 

6

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt die Verletzung materiellen Bundesrechts.

 

 

7

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 12.04.2018 - 13 K 13227/16 und die Einspruchsentscheidung vom 22.07.2016 hinsichtlich der Feststellung zur Gewinnverteilung aufzuheben sowie den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2009 vom 15.12.2015 insoweit zu ändern, als die festgestellten laufenden Einkünfte aus der Gesamthand in Höhe von 27.233,95 EUR auf den Kläger und in Höhe von 41.721,96 EUR auf den Beigeladenen verteilt werden.

 

 

8

Das FA beantragt,

 

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

9

Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

 

 

10

II. Der Senat konnte den Streitfall trotz Ausbleibens des Beigeladenen mündlich verhandeln und entscheiden. Der Beigeladene wurde ordnungsgemäß geladen und ist in der Ladung hierauf hingewiesen worden (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

11

Die Revision des Klägers ist begründet.

 

 

12

Entgegen der Auffassung des FG ist der laufende Gesamthandsgewinn der GbR in Höhe von 14.488,02 EUR allein dem Beigeladenen zuzurechnen und nur der Restgewinn nach dem gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel hälftig zu verteilen. Die alleinige Zurechnung des Mehrgewinns hängt nicht davon ab, dass ein Ersatzanspruch der GbR gegen den Beigeladenen im Streitjahr nicht durchsetzbar oder nicht werthaltig ist. Es genügt, dass die dem Mehrgewinn zugrundeliegenden nicht betrieblich veranlassten Aufwendungen ausschließlich dem Beigeladenen zugutegekommen sind. Das FG-Urteil ist aufzuheben (s. unter II.1.). Die Sache ist spruchreif (s. unter II.2.). Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 15.12.2015 ist wie beantragt zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

 

 

13

1. Das FG hat an die vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zurechnung des Mehrgewinns aus der Korrektur des unrechtmäßigen Betriebsausgabenabzugs unzutreffende Anforderungen gestellt. Bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG genügt es für eine vom allgemeinen Verteilungsschlüssel abweichende Zurechnung, dass die zu Unrecht geltend gemachten Betriebsausgaben ausschließlich einem Mitunternehmer (hier: dem Beigeladenen) zugutegekommen sind. Es ist nicht zusätzlich erforderlich, dass ein eventuell bestehender Ersatzanspruch der GbR gegen diesen Mitunternehmer (hier: den Beigeladenen) im Jahr der Gewinnentstehung (hier: dem Streitjahr) uneinbringlich oder wertlos ist.

 

 

14

a) Der für die Verteilung der Einkünfte maßgebliche allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel einer Mitunternehmerschaft ergibt sich entweder aus dem Gesetz oder aus den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.09.2014 - VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191 = SIS 14 34 47, Rz 28, m.w.N.). Haben zu Unrecht als Betriebsausgaben abgezogene Ausgaben nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zunächst sämtliche Gesellschafter entlastet, muss ein Mehrgewinn aus der späteren Nichtanerkennung und Korrektur des Betriebsausgabenabzugs grundsätzlich nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf alle Gesellschafter verteilt werden. Die Rückabwicklung des ungerechtfertigten steuermindernden Abzugs ist so vorzunehmen, dass die geltend gemachten Ausgaben im Ergebnis bei keinem der Gesellschafter in irgendeiner Form steuermindernd berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 26.10.1983 - I R 62/79, juris, unter 2.a).

 

 

15

b) Abweichend von den vorstehenden Grundsätzen können bei Personengesellschaften, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, Einnahmen und Mehrgewinne aus der Korrektur eines ungerechtfertigten Betriebsausgabenabzugs allein demjenigen Mitunternehmer zuzurechnen sein, dem die Einnahmen und Aufwendungen ausschließlich zugutegekommen sind. Wenn ein Mitunternehmer der Gesellschaft zustehende Einnahmen gesellschaftsvertragswidrig auf ein eigenes Konto umleitet, sind diese Einnahmen nur diesem Gesellschafter als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen. Mehrgewinne aus der Korrektur von zu Unrecht als Betriebsausgaben behandelten Aufwendungen, die nur einem Mitunternehmer zugutegekommen sind, sind ebenfalls nur demjenigen Mitunternehmer zuzurechnen, dem sie ausschließlich zugutegekommen sind. Die Besteuerung hat sich in diesen Fällen danach zu richten, was im Gewinnermittlungszeitraum der Einnahmenerzielung und -verkürzung einstweilen tatsächlich geschehen ist. Kein Steuerpflichtiger hat ein Einkommen zu versteuern, das tatsächlich einem anderen zugeflossen ist (BFH-Urteil vom 14.12.2000 - IV R 16/00, BFHE 194, 151, BStBl II 2001, 238 [Rz 17] = SIS 01 05 17, und BFH-Beschluss vom 23.06.1999 - IV B 13/99, BFH/NV 2000, 29 = SIS 00 50 24, unter 2. [Rz 6], jeweils mit einer Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 01.08.1968 - IV R 177/66, BFHE 93, 239, BStBl II 1968, 740 = SIS 68 05 08, und vom 02.08.1968 - VI R 219/67, BFHE 93, 218, BStBl II 1968, 746 = SIS 68 05 16).

 

 

16

c) Für eine solche vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zurechnung ist bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG entgegen der Auffassung des FG nicht zusätzlich erforderlich, dass im Gewinnermittlungszeitraum der Vereinnahmung oder Verausgabung (hier: 2009) ein uneinbringlicher oder wertloser Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen denjenigen Mitunternehmer vorliegt, dem die verkürzten Einnahmen oder Ausgaben ausschließlich zugutegekommen sind.

 

 

17

aa) Zwar kann mit einer Sonderbetriebseinnahme des die Einnahmen gesellschaftsvertragswidrig verkürzenden Mitunternehmers ein Ersatzanspruch der Mitunternehmerschaft gegen diesen Mitunternehmer korrespondieren. Dessen Durchsetzbarkeit und Werthaltigkeit beeinflusst bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG jedoch die vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zurechnung der verkürzten Einnahmen als Sonderbetriebseinnahmen bei diesem Mitunternehmer nicht. Der Ersatzanspruch der Gesellschaft ist nur von Bedeutung, wenn er im Jahr der Einnahmenerzielung auf der Gesamthandsebene zu aktivieren ist (ggf. ist dann in der Sonderbilanz des schädigenden Mitunternehmers auch eine Ausgleichsverpflichtung zu passivieren). Bei einer Gesellschaft, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, sind die Aktivierung des Anspruchs und die Passivierung aufgrund der Art der Gewinnermittlung jedoch von vornherein ausgeschlossen. Ein Gewinn bei der Gesellschaft (oder eine Sonderbetriebsausgabe des schädigenden Mitunternehmers) kann erst entstehen, wenn der Ersatzanspruch der Mitunternehmerschaft (oder nach deren Beendigung ein Auseinandersetzungsanspruch eines Mitunternehmers) vom Schädiger befriedigt wird (BFH-Urteil in BFHE 194, 151, BStBl II 2001, 238 = SIS 01 05 17, unter 2.c [Rz 25]). Wird der Ersatzanspruch im Jahr der Einnahmenerzielung nicht befriedigt, sind die gesellschaftsvertragswidrig verkürzten Einnahmen demjenigen Mitunternehmer als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen, dem sie ausschließlich zugutegekommen sind. Die Besteuerung richtet sich danach, dass einstweilen nur die gesellschaftsvertragswidrige Verkürzung von Einnahmen und deren Zufluss beim Schädiger feststehen, und dass kein Steuerpflichtiger ein Einkommen zu versteuern hat, das tatsächlich einem anderen zugeflossen ist.

 

 

18

bb) Dies gilt entsprechend für die Zurechnung eines Mehrgewinns, der auf Ebene der Mitunternehmerschaft aufgrund der Korrektur zu Unrecht geltend gemachter Betriebsausgaben entsteht, die auf nicht betrieblich veranlassten Ausgaben beruhen, welche ausschließlich einem Mitunternehmer zugutegekommen sind. Auch insoweit hängt die vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zurechnung bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG nicht davon ab, dass im Jahr der Verausgabung ein uneinbringlicher oder wertloser Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den begünstigten Mitunternehmer vorliegt. Wird ein Ersatzanspruch der Gesellschaft in diesem Gewinnermittlungszeitraum nicht erfüllt, hat sich die Besteuerung danach zu richten, was einstweilen tatsächlich geschehen ist, und dass kein Steuerpflichtiger ein Einkommen zu versteuern hat, das tatsächlich einem anderen zugeflossen ist. Der als Teil des laufenden Gesamthandsgewinns zu erfassende Mehrgewinn ist demjenigen Mitunternehmer zuzurechnen, dem die von der Gesellschaft getragenen Ausgaben ausschließlich zugutegekommen sind. Ein etwaiger Ersatzanspruch der Gesellschaft ist nicht zu berücksichtigen, bis er erfüllt wird.

 

 

19

cc) Dem stehen auch die Ausführungen in dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 29 = SIS 00 50 24 (unter 2. [Rz 6]) nicht entgegen, der eine Personengesellschaft betraf, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte (vgl. zur Gewinnermittlungsart in jenem Streitfall das dort angefochtene Urteil des FG Düsseldorf vom 04.11.1998 - 13 K 2842/93 F, juris, unter 1. [Rz 40]). Zwar hat der IV. Senat des BFH in diesem Beschluss, der eine Nichtzulassungsbeschwerde betraf, formuliert: „Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Mehrgewinne ausschließlich einem Gesellschafter zugute gekommen sind, weder die Gesellschaft noch die anderen Gesellschafter in der Lage sind, etwa bestehende Erstattungsansprüche gegen den Mitunternehmer durchzusetzen, z.B. wegen dessen Vermögenslosigkeit, und - bei zwischenzeitlicher Auflösung und Beendigung der Gesellschaft - ein wegen der Mehrgewinne etwa bestehender erhöhter Auseinandersetzungsanspruch der anderen (früheren) Gesellschafter nicht mehr durchgesetzt werden kann.“ Selbst wenn der IV. Senat des BFH in dieser Entscheidung davon ausgegangen sein sollte, die fehlende Durchsetzbarkeit oder Wertlosigkeit eines bestehenden Ersatzanspruchs der Gesellschaft sei eine zusätzliche Voraussetzung für die ausnahmsweise alleinige Zurechnung gesellschaftsvertragswidrig verkürzter Einnahmen oder von Mehrgewinnen aus einem ungerechtfertigten Betriebsausgabenabzug (so die hier angefochtene Entscheidung des FG in EFG 2019, 1176, und die Urteile des FG Baden-Württemberg vom 28.04.2015 - 8 K 1961/14, juris = SIS 15 27 78, Rz 23 ff. - das betreffende Revisionsverfahren VIII R 47/15 wurde aus dem Verfahrensregister des BFH gelöscht -, und des Thüringer FG vom 23.02.2016 - 2 K 16/13, EFG 2016, 706 = SIS 16 08 59, Rz 13 ff.), ist diese Aussage durch die Ausführungen in dem danach ergangenen Urteil des IV. Senats des BFH in BFHE 194, 151, BStBl II 2001, 238 = SIS 01 05 17 (Rz 17 und unter 2.c [Rz 25]) überholt (s. oben unter II.1.c aa).

 

 

20

2. Die Sache ist spruchreif. Der Senat gibt der Klage statt.

 

 

21

Im angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid vom 15.12.2015 wurde der laufende Gesamthandsgewinn zu 50 % dem Kläger und zu 50 % dem Beigeladenen zugerechnet. Er ist jedoch in Höhe von 14.488,02 EUR allein dem Beigeladenen zuzurechnen und nur in Höhe des Restgewinns hälftig zu verteilen. Die von der GbR getragenen Ausgaben in Höhe von 14.488,02 EUR sind ausschließlich privaten Zwecken des Beigeladenen und dessen Konsum zugutegekommen. Der Beigeladene hat im Streitjahr hierfür keinen Ersatz geleistet. Die fehlende Durchsetzbarkeit oder Wertlosigkeit eines Ersatzanspruchs der GbR gegen den Beigeladenen im Streitjahr ist für die ausschließliche Zurechnung des Mehrgewinns beim Beigeladenen nicht erforderlich. Die Gewinnanteile des Klägers und des Beigeladenen aus der Gesamthand für das Streitjahr sind wie beantragt festzustellen.

 

22

Streitjahr 2009

 

Kläger

Beigeladener

 

Gesamthandsgewinn festgestellt

68.955,91 EUR

 

 

 

./. Mehrgewinn aus Betriebsausgaben-Korrektur

14.488,02 EUR

 

14.488,02 EUR

 

Restgewinn

54.467,89 EUR

27.233,95 EUR

27.233,94 EUR

 

Gewinnanteile

 

27.233,95 EUR

41.721,96 EUR

 

23

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Kosten des gesamten Verfahrens sind dem FA aufzuerlegen.

 

 

24

Dem Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen, weil er weder während des Klageverfahrens noch während des Revisionsverfahrens Anträge gestellt noch Revision erhoben hat (§ 135 Abs. 3 FGO).

 

 

25

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nach billigem Ermessen nicht erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 FGO), da sein Klageinteresse mit demjenigen des unterliegenden FA übereinstimmt, er im Klage- und im Revisionsverfahren kein Kostenrisiko getragen und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert hat (BFH-Urteile vom 23.01.1985 - II R 2/83, BFHE 143, 119, BStBl II 1985, 368 = SIS 85 09 44, [Rz 22 f.]; vom 11.11.2010 - IV R 17/08, BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716 = SIS 11 02 26, Rz 26; BFH-Beschluss vom 20.07.2021 - VIII R 21/18, BFH/NV 2021, 1516 = SIS 21 15 88, Rz 8).

 

Anmerkung RiBFH Dr. Levedag

Mit diesem Urteil hat der VIII. Senat des BFH zur Verteilung von Mehrgewinnen im Gesamthandsbereich, die auf der ungerechtfertigten Inanspruchnahme eines Mitunternehmers beruhten und deren Verausgabung nur diesem Mitunternehmer zugutegekommen war, eine bislang ungeklärte streitige Frage entschieden. Die Entscheidung betrifft Mitunternehmerschaften, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

 

Bei der Umlenkung von Einnahmen an der Mitunternehmerschaft vorbei in den Verfügungsbereich eines untreuen Mitunternehmers und bei der Verausgabung von Gesellschaftsmitteln zugunsten eines untreuen Mitunternehmers, die als Betriebsausgaben der Gesellschaft geltend gemacht worden sind und dann korrigiert werden, sind für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG und gemäß § 4 Abs. 3 EStG drei mögliche Auswirkungen zu unterscheiden.

 

Der zu niedrige Gewinn ist

1.

zu erfassen,

2.

zu verteilen und

3.

Schadensersatzansprüche der Gesellschaft auf der Gesamthandsebene und deren Erfüllung durch den schädigenden Gesellschafter in dessen Sonderbereich sind zu berücksichtigen.

 

Zur Gewinnerfassung und -verteilung gilt nach dem Besprechungsurteil im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG Folgendes: Einnahmen, die ein Gesellschafter an der Gesellschaft vorbei vereinnahmt, sind nur diesem Gesellschafter als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen. Mehrgewinne aus der Korrektur von zu Unrecht als Betriebsausgaben behandelten Aufwendungen, die nur einem Mitunternehmer zugutegekommen sind, sind ebenfalls nur demjenigen Mitunternehmer zuzurechnen, dem sie ausschließlich zugutegekommen sind, was technisch durch die alleinige Zurechnung des Korrekturgewinns als Teil des zu verteilenden Gesamthandsgewinns erreicht wird.

 

Die Besteuerung hat sich in beiden Fallgruppen danach zu richten, was im Gewinnermittlungszeitraum der Einnahmenerzielung und -verkürzung einstweilen tatsächlich geschehen ist und dass kein Steuerpflichtiger ein Einkommen zu versteuern hat, das tatsächlich einem anderen zugeflossen ist. Soweit für diese einseitige Zurechnung solcher Mehrgewinne beim schädigenden Gesellschafter (als Sonderbetriebseinnahme oder Teil des Gesamthandsgewinns) in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (Urteile des FG Baden-Württemberg v. 28.4.2015 – 8 K 1961/14 = SIS 15 27 78, Rz 23 ff. [das betreffende Revisionsverfahren VIII R 47/15 wurde aus dem Verfahrensregister des BFH gelöscht] und des Thüringer FG v. 23.2.2016 – 2 K 16/13 = SIS 16 08 59, EFG 2016, S. 706, Rz 13 ff.) zusätzlich verlangt wurde, dass feststehen müsse, ob Ersatzansprüche der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter bereits im Veranlagungszeitraum des Entstehens des Mehrgewinns uneinbringlich oder wertlos seien, ist der VIII. Senat dem für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG entgegen getreten. Die Anwendung dieses Kriteriums würde zur Besteuerung eines den geschädigten Mitgesellschaftern nicht zugeflossenen Einkommens führen, was auch nicht damit zu vereinbaren sei, dass Ersatzansprüche der Gesellschaft und der Mitgesellschafter bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG erst im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erfüllung Bedeutung erlangen können.

 

Zur Gewinnauswirkung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter gilt bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG, dass die Aktivierung des Anspruchs auf der Gesamthandsebene und die Passivierung einer korrespondierenden Verpflichtung im Sonderbereich des Gesellschafters (SBV II) aufgrund der Art der Gewinnermittlung von vornherein ausgeschlossen sind. Ein Gewinn bei der Gesellschaft und eine Sonderbetriebsausgabe des schädigenden Mitunternehmers kann erst entstehen, wenn der Ersatzanspruch der Mitunternehmerschaft (oder nach deren Beendigung ein Auseinandersetzungsanspruch eines Mitunternehmers) vom Schädiger tatsächlich befriedigt wird (siehe insoweit schon das BFH-Urteil v. 14.12.2000 – IV R 16/00 = SIS 01 05 17, BFHE 194, S. 151, BStBl 2001 II, S. 238, Rz. 25).