Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.09.2017 - 4 K
1834/16 = SIS 18 03 87 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Die
Komplementärin war nicht am Gesellschaftskapital beteiligt.
Kommanditisten waren vier natürliche Personen. Die
Komplementärin hatte am 11./19.02.2004 mit der X GmbH einen
Mietvertrag über einen noch zu errichtenden Lebensmittelmarkt
in K geschlossen.
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Mit Vertrag vom 28.09.2004 erwarb die
Klägerin ein Grundstück von der Stadt K. Sie
verpflichtete sich gegenüber der Stadt K, bis zum 31.10.2004
einen Bauantrag zu stellen und auf dem erworbenen Grundstück
bis spätestens 30.09.2007 einen Lebensmittelmarkt zu
errichten. Geschah dies nicht, konnte die Stadt K die
Rückübertragung des Grundstücks gegen zinslose
Erstattung des Kaufpreises verlangen. Dem stand der Verkauf des
Grundstücks an Dritte ohne Weitergabe der Bauverpflichtung
gleich.
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Die Untere Bauaufsichtsbehörde in K
erteilte der Klägerin am 24.11.2004 für den Neubau des
Marktes eine Baugenehmigung unter Auflagen. Die Auflagen betrafen
Stellplätze sowie verschiedene Wirtschafts- und
Aufenthaltsräume. Für die erforderlichen Stellplätze
wollte die Klägerin einen geplanten Verkaufsplatz für
Gebrauchtwagen auf dem Nachbargrundstück verwenden.
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Am 14.02.2005 trat die Klägerin an
Stelle der Komplementärin als Vermieterin in den Vertrag mit
der X GmbH ein. Am 14.04.2005 stellte sie einen Bauantrag für
die Stellplätze, der jedoch abgelehnt wurde.
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Mit notarieller Urkunde vom 13.05.2005
veräußerten die Komplementärin ihre
Komplementärbeteiligung an der Klägerin an die M GmbH,
die vier Kommanditisten ihre Kommanditbeteiligungen an die M KG.
Weder an der M GmbH noch an der M KG waren die bisherigen
Gesellschafter beteiligt. Der Vertrag nahm auf die
bestandskräftige Baugenehmigung vom 24.11.2004 sowie den
Mietvertrag mit der X GmbH vom 11./19.02.2004 nebst Nachträgen
Bezug. Zu jenem Zeitpunkt hatten die Kommanditisten bereits
Honoraransprüche für verschiedene Leistungen erworben,
die sie für die Projektierung erbracht hatten.
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Nach der Anteilsveräußerung
wurden die Bauverträge geschlossen. Die Klägerin erwarb
noch im Jahre 2005 von der Stadt K ein weiteres, benachbartes
Grundstück für die Stellplätze und schloss mit der X
GmbH am 17./23.06.2006 einen neuen Mietvertrag. Das Objekt wurde
2006 fertiggestellt.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) nahm die Klägerin auf Grundlage von §
1 Abs. 2a Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes i.d.F. des
Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24.03.1999
(BGBl I 1999, 402) - GrEStG a.F. - auf Grunderwerbsteuer in
Anspruch. Während die Klägerin der Auffassung war, die
Bemessungsgrundlage müsse der Wert des unbebauten
Grundstücks sein, setzte das FA als Bemessungsgrundlage nach
§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. den
Grundbesitzwert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes
an. Im Laufe der Zeit bis in das Klageverfahren hinein erließ
das Belegenheitsfinanzamt (FA K) eine Reihe von
Grundbesitzwertfeststellungen. Einerseits stellte es mit Bescheid
zuletzt vom 27.03.2013 den Grundbesitzwert auf den 13.05.2005
für das unbebaute Grundstück in Höhe von 695.000 EUR
fest. Andererseits stellte es mit Bescheid zuletzt vom 16.01.2015
auf den 13.05.2005 einen Grundbesitzwert für das bebaute
Grundstück in Höhe von 8.705.000 EUR fest. Mit Bescheid
vom 04.02.2015 setzte das FA auf der zuletzt genannten Grundlage
Grunderwerbsteuer von 304.675 EUR fest und erklärte die bisher
vorläufige Steuerfestsetzung mit weiterem Bescheid vom
26.04.2016 nach § 165 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung
für endgültig.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage
abgewiesen. Es hat sich der im Schrifttum durch Behrens (BB 2016,
2071 ff.) vertretenen Auffassung angeschlossen, die Änderung
des Gesellschafterbestands i.S. von § 1 Abs. 2a GrEStG a.F.
müsse auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines
Grundstücks beruhen und nicht umgekehrt. Das setze voraus,
dass die neuen Gesellschafter benötigt würden, um die
Bebauung durch ihre Einlagen zu ermöglichen. Ein solcher Fall
liege vor. Die Klägerin habe das Projekt mit den
Altgesellschaftern finanziell nicht mehr realisieren können
und einen zahlungskräftigen Gesellschafter benötigt. Es
habe vielmehr Insolvenz gedroht, im Rahmen derer auch Zahlungen an
Altgesellschafter geprüft worden wären. Dass die Aufnahme
weiterer Gesellschafter nicht von Beginn an geplant gewesen sei,
sei unschädlich. Maßgebend sei nur die Einbindung der
neu eintretenden Gesellschafter in die Bebauung. Auf den zudem
schwer nachzuweisenden Zeitpunkt eines solchen Aufnahmeplans unter
den Altgesellschaftern komme es nicht an.
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Die M KG sei jedenfalls wirtschaftlich und
damit faktisch an die vorzunehmende Bebauung gebunden gewesen. Das
Bauvorhaben sei baurechtlich und bautechnisch im Detail geplant
gewesen. Das zeige die bereits erteilte Baugenehmigung sowie nicht
zuletzt der Mietvertrag mit der X GmbH, der eine feste Bindung der
Klägerin bewirkt und umfangreiche Vorgaben für die
Bauausführung enthalten habe. Die M KG hätte erhebliche
wirtschaftliche, aber auch Reputationsverluste hinnehmen
müssen, wäre das Bauvorhaben gescheitert.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2018, 664 =
SIS 18 03 87 veröffentlicht.
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Mit der Revision macht die Klägerin
eine Verletzung von § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F.
geltend. Die Grunderwerbsteuer sei auf Grundlage eines Werts nach
§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG a.F. i.V.m. § 138 Abs. 3
des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 vom
20.12.1996 (BGBl I 1996, 2049) - BewG a.F. - zu bemessen, der auf
den Stichtag des steuerbaren Rechtsgeschäfts zu bestimmen sei.
Die Bebauung sei nicht einzubeziehen.
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Richtig sei, dass die in § 8 Abs. 2
Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. enthaltene Ausnahme vom Stichtagsprinzip
an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum einheitlichen
Leistungsgegenstand anschließe und notwendig erschienen sei,
da sich der Gesellschafterwechsel bei der Personengesellschaft
nicht auf ein noch zu errichtendes Gebäude erstrecken
könne. Da sie als Ausnahmevorschrift der Vermeidung von
Umgehungsgestaltungen diene, sei das Merkmal „beruht“
entsprechend restriktiv zu verstehen. Ein Umgehungsgeschäft
fehle, wenn der Erwerber auf eigenes Risiko baue. Der
vorausgesetzte vorgefasste Plan zur Bebauung eines Grundstücks
müsse deshalb auch den Gesellschafterwechsel umfassen und so
Bebauung und Gesellschafterwechsel verknüpfen. Eine zeitliche
Abfolge allein genüge nicht, auch nicht eine einfache
Förderung des Plans durch den Gesellschafterwechsel. In diesen
Fällen „beruhe“ der Gesellschafterwechsel nicht
auf vorgefasstem Plan. Nur so werde ein Gleichlauf mit § 8
Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 GrEStG a.F. erreicht, wo zwischen dem
Erwerbsvorgang und denjenigen Verträgen, die sich auf die
Bebauung beziehen, ein so enger Zusammenhang erforderlich sei, dass
der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen
Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhalte.
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Im Streitfall fehle eine entsprechend enge
Verbindung. Die Altgesellschafter hätten ursprünglich das
Projekt selbst realisieren wollen. Sie hätten die
Neugesellschafter bei der Anteilsübertragung nicht etwa auf
einen Plan verpflichtet. Insbesondere seien die Neugesellschafter
nicht in einen bestehenden Bauvertrag eingetreten oder hätten
einen solchen mit einem der Veräußererseite
zuzurechnenden Auftragnehmer abschließen müssen.
Verträge betreffend die Errichtung des Gebäudes
hätten die Altgesellschafter noch nicht einmal
angebahnt.
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Es habe auch keine faktischen Zwänge
gegeben, die dazu geführt hätten, dass die
Neugesellschafter in ihrer Entscheidung über das
„Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahme nicht
mehr frei gewesen wären und festgestanden hätte, dass sie
das Grundstück zu einem bestimmten Preis in einem bestimmten
baulichen Zustand erhalten würden. Die Neugesellschafter
hätten das Gebäude auf eigene Rechnung und Verantwortung
erstellt. Der Mietvertrag mit der X GmbH sei insoweit
irrelevant.
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Die Klägerin beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und den
Bescheid vom 04.02.2015 in der Fassung vom 26.04.2016 dahin zu
ändern, dass als Bemessungsgrundlage der mit Bescheid des FA K
vom 27.03.2013 gesondert festgestellte Wert des unbebauten
Grundstücks auf den 13.05.2005 angesetzt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG
a.F. sei in die Ermittlung des Bedarfswerts als Bemessungsgrundlage
neben dem Grundstück die nach dem Gesellschafterwechsel
erfolgte Bebauung einzubeziehen, wenn beide Elemente Gegenstand
eines vorgefassten Plans seien. Dieser verlange nach Abreden unter
den Gesellschaftern, die auf einen nach § 1 Abs. 2a GrEStG
a.F. steuerbaren Gesellschafterwechsel und eine Bindung der neu
eintretenden Gesellschafter an die Bebauung des Grundstücks
abzielten. Der Erwerber müsse bei objektiver Betrachtung als
einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück
erhalten.
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So habe es sich hier verhalten. Es habe
trotz des Austauschs der Gesellschafter eine faktische und
wirtschaftliche Bindung an die Bebauung gegeben. Der schon vor dem
Grundstückserwerb abgeschlossene und mit einer
Konventionalstrafe bei nicht fristgerechter Besitzeinräumung
versehene Mietvertrag mit der X GmbH habe die Klägerin
gebunden. Sie habe einen liquiden Neugesellschafter benötigt,
um trotz der aufgelaufenen Verluste das Projekt abschließen
und außerdem die Zahlungsansprüche der Altgesellschafter
gegenüber der Klägerin sichern zu können. Indem die
Anteilsübertragung mit der Baugenehmigung und dem Mietvertrag
einschließlich der Bauverpflichtung verknüpft worden
sei, seien die Neugesellschafter auf den vorgefassten Plan
verpflichtet worden und in der Entscheidung über das
„Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahme nicht
mehr frei gewesen. Den Altgesellschaftern möge es nicht
originär auf die Bebauung angekommen sein, wohl aber den
Neugesellschaftern. Da jedoch das Grundstück bei fehlender
Umsetzung der Bebauungsverpflichtung an die Stadt K hätte
zurückübertragen werden müssen, wären in einem
solchen Falle die Gesellschaftsanteile nicht werthaltig und
praktisch nicht zu veräußern gewesen. Die Abweichungen
von der ursprünglichen Planung seien nicht wesentlich und
hätten auch nur dazu gedient, die Auflagen der Baugenehmigung
erfüllen zu können. Der neue Mietvertrag habe keine
wesentlichen Änderungen enthalten. Die Auftragserteilung an
die bauausführenden Gewerke sei angesichts der detaillierten
Vorgaben nicht mehr entscheidend gewesen.
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II. Die Revision
ist nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass
der Grunderwerbsteuer der Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt
der Fertigstellung des Gebäudes zugrunde zu legen ist.
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1. Nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG a.F.
gilt es als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf
eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft,
wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft ein
inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb
von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder
mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile
am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter
übergehen. Die Vorschrift fingiert ein auf Übereignung
des Grundstücks auf eine „neue“
Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (BFH-Urteil
vom 11.06.2013 - II R 52/12, BFHE 241, 419, BStBl II 2013, 752 =
SIS 13 20 25, Rz 19). Zivilrechtlich ändert sich an der
Rechtsträgerschaft nichts.
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2. Der als Bemessungsgrundlage der
Grunderwerbsteuer dienende Grundbesitzwert wird verfahrensrechtlich
gesondert festgestellt.
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a) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG
a.F. wird die Steuer u.a. in den Fällen des § 1 Abs. 2a
und 3 GrEStG a.F. nach den Grundbesitzwerten i.S. des § 138
Abs. 2 oder 3 BewG a.F. bemessen. Die Grundbesitzwerte sind
gemäß § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG a.F. gesondert
festzustellen. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG a.F. ist zwar
nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.06.2015 - 1
BvL 13/11, 1 BvL 14/11 (BGBl I 2015, 1423, BVerfGE 139, 285, BStBl
II 2015, 871 = SIS 15 15 72) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
unvereinbar, jedoch bis zum 31.12.2008 weiter anwendbar, nachdem
der durch Art. 8 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom
02.11.2015 (BGBl I 2015, 1834) eingefügte § 23 Abs. 14
Satz 1 GrEStG die gebotene rückwirkende Änderung erst
für Erwerbsvorgänge angeordnet hat, die nach dem
31.12.2008 verwirklicht werden.
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b) Über die Frage, welcher Zeitpunkt
für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage maßgebend
ist, wird mit bindender Wirkung nicht im Feststellungsverfahren,
sondern im Verfahren betreffend die Festsetzung der
Grunderwerbsteuer entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 26.10.2005 - II
R 53/02, BFH/NV 2006, 551 = SIS 06 11 90, unter II.1.). Eine Frage
des zutreffenden Zeitpunkts ist es auch, ob der Zustand des
Grundstücks im Zeitpunkt des Besteuerungsstichtags oder im
Falle von Bauprojekten im späteren Zeitpunkt der
Fertigstellung des Gebäudes maßgebend ist. Das bedeutet,
dass das Festsetzungsfinanzamt über die Einbeziehung der
Bebauung in die Bemessungsgrundlage befindet, während das
Feststellungsfinanzamt die Feststellung nach den entsprechenden
Vorgaben des Festsetzungsfinanzamts vornimmt. Liegen zwei
Grundlagenbescheide vor, deren einer die Bebauung einbezieht, deren
anderer nicht, obliegt es dem Festsetzungsfinanzamt, diejenige
Feststellung zugrunde zu legen, die nach seiner Rechtsauffassung
die zutreffenden Ermittlungsmaßstäbe enthält.
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3. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. ist
der Wert des Grundstücks abweichend von § 138 Abs. 1 Satz
2 BewG a.F. nach den tatsächlichen Verhältnissen im
Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend,
wenn sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes
Gebäude erstreckt (Alt. 1) oder die Änderung des
Gesellschafterbestands i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. auf
einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht
(Alt. 2).
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a) Im Streitfall kommt allein § 8 Abs. 2
Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. in Betracht. Die Grundsätze des
§ 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 GrEStG a.F. versagen im Rahmen des
§ 1 Abs. 2a GrEStG a.F., da sie sowohl bei unmittelbarer
Anwendung auf die Erwerbsvorgänge nach § 8 Abs. 2 Satz 1
GrEStG a.F. als auch bei entsprechender Anwendung auf die
Erwerbsvorgänge des § 8 Abs. 1 GrEStG a.F.
einschließlich der Grundsätze des sog. einheitlichen
Vertragswerks an die Rechte und Pflichten von Veräußerer
und Erwerber anknüpfen (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom
20.02.2019 - II R 28/15, BFHE 264, 343, BStBl II 2019, 555 = SIS 19 10 32, Rz 34 ff., m.w.N.). In den Fällen des § 1 Abs. 2a
GrEStG a.F. fehlen aber Veräußerer und Erwerber.
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b) § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F.
verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des
Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss
es einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks
geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen
Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten festgelegt
hat. Zum anderen muss die Änderung des Gesellschafterbestands
in der Weise auf diesem Plan beruhen, dass die Neugesellschafter
die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.
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4. Der vorgefasste Plan zur Bebauung eines
Grundstücks bildet innerhalb des durch die Formulierung
„beruht“ zum Ausdruck gebrachten
Kausalzusammenhangs den Grund, nicht die Folge.
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a) In zeitlicher Hinsicht muss der Plan vor
der Änderung des Gesellschafterbestands und damit unter der
Ägide der Altgesellschafter gefasst worden sein. Andernfalls
wäre er nicht „vorgefasst“ und könnte
die Änderung des Gesellschafterbestands auch nicht
veranlassen.
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b) In sachlicher Hinsicht muss sich der Plan
auf eine im Wesentlichen feststehende Bebauung beziehen.
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aa) Der Plan muss nur die Bebauung, nicht auch
die Änderung des Gesellschafterbestands zum Gegenstand haben.
Die Satzkonstruktion („zur Bebauung“) ist
insoweit eindeutig. Eine Auslegung der Vorschrift in der Weise,
dass auch die Änderung des Gesellschafterbestands Teil des
Plans sein müsste, könnte nur Teil einer teleologischen
Reduktion sein, für die kein Anlass besteht.
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bb) Es ist erforderlich, aber auch
ausreichend, dass aus Sicht der Gesellschaft die geplante Bebauung
im Wesentlichen feststeht. Der Plan zur Bebauung muss sich bei der
Gesellschaft in einer solchen Weise verdichtet haben, dass sie sich
im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder
Einbußen davon lösen könnte.
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Die Vorschrift selbst begründet keine
inhaltlichen Mindestanforderungen an den Plan. Weder regelt sie,
wie weit sich der Plan zur Bebauung bereits auf eine bestimmte Art
der Bebauung konkretisiert haben muss, noch regelt sie, wie weit er
bereits in vertraglichen Bindungen Niederschlag gefunden haben
muss. Wird die Vorschrift auf solche Fälle begrenzt, in denen
die Bebauung „im Wesentlichen feststeht“,
vermeidet dies ein Ausufern des § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2
GrEStG a.F. in der Weise, dass reine Vorstellungen und Gedanken
über eine nach Art und Umfang ggf. noch gänzlich
unbestimmte Bebauung eine steuererhöhende Wirkung hätten.
Dasselbe gilt für die weitere Voraussetzung, dass die
Gesellschaft von der so konkretisierten Bebauung wirtschaftlich nur
noch unter Schwierigkeiten Abstand nehmen könnte. Dies
entspricht auch insoweit den Wertungen des Gesetzes, als es auch in
anderen Bereichen - z.B. für die Einbeziehung der Baukosten
bei Erwerbsvorgängen unter verschiedenen Rechtsträgern
nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 GrEStG a.F. oder nach den
Grundsätzen des einheitlichen Vertragswerks -
grundsätzlich einer beidseitigen zivilrechtlichen
Verpflichtung auf die geplante Baumaßnahme bedarf (BFH-Urteil
in BFHE 264, 343, BStBl II 2019, 555 = SIS 19 10 32, Rz 35, 37,
m.w.N.). Absichten genügen nicht. Es ist kein Grund erkennbar,
demgegenüber im Rahmen von § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2
GrEStG a.F. die steuerrechtliche Bemessungsgrundlage auf Planungen
im Absichtsstadium auszuweiten.
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cc) Soweit es hinsichtlich der Bebauung
bereits Rechtsbeziehungen zu Dritten gibt, sind diese zum einen
gewichtige Indizien für eine gesellschaftsinterne Festlegung
auf die Bebauung. Zum anderen sind sie im Regelfall dafür
entscheidend, dass sich die Gesellschaft von dem Bauvorhaben nur
noch schwer lösen könnte. Das gilt für die
bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Verhältnisse, für
den Abschluss von Bauverträgen, aber auch für
Verträge, die das noch zu erstellende Bauobjekt zum Gegenstand
haben (Mietverträge, Verwalterverträge etc.). Weil sich
an der Identität der Gesellschaft zivilrechtlich durch die
Anteilsübertragung nichts ändert, ändert sich
grundsätzlich dadurch auch nichts an den wirtschaftlichen
Zwängen, denen die Gesellschaft unterliegt.
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5. Die Änderung des
Gesellschafterbestands i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. muss
auf dem vorgefassten Plan „beruhen“. Weder
verlangt die Vorschrift einen zu dem so formulierten
„Beruhen“ umgekehrten Veranlassungszusammenhang
noch verlangt sie einen vorgefassten Plan zur Änderung des
Gesellschafterbestands.
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a) Der Plan muss Grund des
Gesellschafterwechsels gewesen sein. Dafür reicht es aus, wenn
der Gesellschafterwechsel wegen des Plans stattfindet. Es ist nicht
erforderlich, dass der Gesellschafterwechsel wegen des Plans
notwendig ist. Die Gesetzesstruktur bietet keinen Anlass, den mit
der Formulierung „beruht“ gekennzeichneten
Kausalzusammenhang auf Fälle zu reduzieren, in denen die
Änderung des Gesellschafterbestands erforderlich ist, um den
Plan zur Bebauung des Grundstücks umzusetzen (so allerdings
wohl Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., §
8 Rz 51; ferner Behrens, BB 2016, 2071 ff.). Es kommt deshalb nicht
darauf an, ob das Bauvorhaben auch ohne Gesellschafterwechsel zu
Ende hätte geführt werden können.
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b) Grund des Anteilserwerbs muss der Plan aus
Sicht der Neugesellschafter sein. Es ist erforderlich, aber
regelmäßig auch ausreichend, wenn die Neugesellschafter
bei Erwerb der Anteile Kenntnis von dem vorgefassten Plan zur
Bebauung hatten. In diesem Falle ist er integraler Bestandteil des
Vorstellungsbildes der Neugesellschafter geworden.
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Das Gesetz beantwortet die Frage nicht, aus
wessen Perspektive das Merkmal „beruht“ zu
beurteilen ist. Wäre die Motivationslage des
Altgesellschafters maßgebend, liefe die Vorschrift weitgehend
leer. Für den Altgesellschafter, der ausscheidet oder eine
Zwergbeteiligung zurückbehält, erschöpft sich das
Ziel der Veräußerung in aller Regel in der
bestmöglichen Veräußerung selbst. Die
Durchführbarkeit des Bauprojekts spielt für ihn lediglich
eine preisbildende Rolle. Anders kann es sich verhalten, wenn er
als Vertragspartner der Gesellschaft (Architekt, Bauunternehmer
o.ä.) ein Eigeninteresse bezüglich der Bebauung verfolgt.
Derartige Motive rühren jedoch nicht aus der Eigenschaft als
Gesellschafter, sondern aus der Eigenschaft als Dritter und sind
deshalb im Rahmen der auf § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. beruhenden
Besteuerung nicht zu berücksichtigen.
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Allein das Interesse der Neugesellschafter
kann die künftige Bebauung einschließen. Sie müssen
um den in der Gesellschaft vorgefassten Plan zur Bebauung wissen
und ihn umsetzen wollen. Einer gesonderten Verpflichtung der
Neugesellschafter auf die Bebauung durch Abreden mit den
Altgesellschaftern bedarf es nicht, da die auf die Bebauung
gerichteten wirtschaftlichen Zwänge, denen die Gesellschaft
selbst unterliegt, von dem Gesellschafterwechsel unberührt
bleiben.
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c) Das insbesondere im Schrifttum vertretene
Konzept, dass der vorgefasste Plan als Klammer zu verstehen sei und
daher nicht nur die Bebauung, sondern auch den
Gesellschafterwechsel erfassen müsse (so Viskorf in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 19. Aufl., § 8 Rz 168; Pahlke,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 8 Rz 138;
Nienhaus in Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz, § 8 Rz
37), engt den gesetzlichen Tatbestand gegen den Wortlaut und gegen
die gesetzliche Systematik ohne Notwendigkeit erheblich ein.
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aa) Es ist zwar zutreffend, dass der
Gesetzgeber mit der Wortwahl „vorgefasster Plan“
möglicherweise (so Viskorf in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, a.a.O., § 8 Rz 168) eine Anleihe bei
der Rechtsprechung zu § 5 GrEStG i.d.F. bis zum 31.12.1998 vor
Inkrafttreten der Änderungen durch das StEntlG 1999/2000/2002
genommen hat. Jene Vorschrift (betreffend den Übergang von
Grundstücken auf eine Gesamthand) hatte der BFH für
diejenigen Fälle teleologisch reduziert, in denen der
einbringende Gesamthänder entsprechend einem vorgefassten Plan
in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der
Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine
Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt, da
dann die von der Vorschrift vorausgesetzte Partizipation am
Grundstückswert entfällt (vgl. BFH-Beschluss vom
04.08.1999 - II B 3/99, BFHE 189, 547, BStBl II 1999, 834 = SIS 99 23 20, unter II.1., m.w.N.). Der Übergang des
Gesellschaftsanteils war Gegenstand des vorgefassten Plans, die
Rechtsfigur des vorgefassten Plans um dieses Übergangs willen
eingeführt worden, um eine Zweckverfehlung zu vermeiden. Durch
die Fünfjahresfrist des § 5 Abs. 3 GrEStG heutiger
Fassung ist die Rechtsprechung obsolet geworden.
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bb) Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, dass
sich auch in der Konstellation des § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2
GrEStG a.F. der vorgefasste Plan auf den Anteilsübergang
beziehen müsste. Die Vorschrift macht ausdrücklich die
Bebauung des Grundstücks zum Gegenstand des vorgefassten
Plans, nicht den Übergang des Gesellschaftsanteils.
Während der einem vorgefassten Plan entsprechende
Gesellschafterwechsel tragendes Element der Umgehungsgestaltung
war, der die Rechtsprechung zu § 5 GrEStG i.d.F. bis zum
31.12.1998 zu begegnen suchte, ist vorliegend der
Gesellschafterwechsel zunächst nur Grund der Besteuerung.
Tragendes Element der Anwendung von § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2
GrEStG a.F. ist die einem vorgefassten Plan entsprechende Bebauung.
Zudem ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf
Missbrauchsfälle beschränkt.
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d) Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich
keine abweichenden Auslegungsgrundsätze. In dem Dritten
Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines
Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BTDrucks 14/443, zu Art.
15 - Grunderwerbsteuergesetz - zu Nr. 4, S. 43) ist lediglich
festgehalten, dass § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. den Ansatz
des Werts des bebauten Grundstücks ermöglicht,
während gleichzeitig aus § 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG a.F.
die in dem ursprünglichen Gesetzesentwurf noch enthaltenen
Worte „unter Beachtung der Grundsätze zum
einheitlichen Vertragswerk“ (Gesetzentwurf, BTDrucks
14/23, Art. 17, S. 123) bewusst herausgenommen worden waren.
Näheres zum Verständnis der Vorschrift ist diesen
Dokumenten nicht zu entnehmen.
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6. Nach diesen Maßstäben verletzen
die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide die Klägerin
nicht in ihren Rechten. Die Veräußerung von 100 % der
Gesellschaftsanteile an der Klägerin am 13.05.2005 an neue
Gesellschafter ist nach § 1 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. § 13
Nr. 6 GrEStG a.F. bei der Klägerin steuerpflichtig, was
zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit steht. Das FA hat zu
Recht nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. die
Grunderwerbsteuer nach dem durch das FA K gesondert festgestellten
Grundstückswert von 8.705.000 EUR für das Grundstück
im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes bemessen.
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a) Die Klägerin hatte einen vorgefassten
Plan zur Bebauung eines Grundstücks, von dem sie sich nur
unter Schwierigkeiten hätte lösen können. Sie hatte
sich schon vor dem Stichtag 13.05.2005 auf die Bebauung mit einem
Lebensmittelgroßmarkt festgelegt. Bereits der Vertrag, mit
dem sie selbst das Grundstück erworben hatte, enthielt eine
Bauverpflichtung. Sie war vertragliche Bindungen mit der X GmbH
eingegangen und stand unter entsprechendem rechtlichem und
wirtschaftlichem Druck, das Bauvorhaben auch zu realisieren. Soweit
die - bereits erteilte - Baugenehmigung lediglich unter Auflagen
erteilt worden war, mögen diese Auflagen die Durchführung
des Projekts erschwert haben, was jedoch an den wirtschaftlichen
Zwängen nichts ändert. Das gilt nicht zuletzt auch
für die Frage der Stellplätze.
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b) Die Neugesellschafter haben die
Gesellschaftsanteile wegen dieses Plans erworben. Die
Bauverpflichtung bestand nicht nur nach außen fort. Die
Parteien des Anteilskaufvertrages haben das Bauvorhaben
überdies über die im Vertrag vom 13.05.2005 enthaltenen
Bezugnahmen zum integralen Bestandteil des Vertrages gemacht und so
in ihren rechtsgeschäftlichen Willen aufgenommen.
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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