Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.2.2019 - 5 K 5117/17 =
SIS 20 16 98 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
1
|
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist ein berufsständisches Versorgungs-werk.
Zur Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen gemäß
§ 22a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bediente sie
sich als Geschäftsbesorgerin der X. X setzte hierfür eine
von einer externen Dienstleisterin (A-GmbH) entwickelte Software
ein.
|
|
|
2
|
Die Rentenbezugsmitteilungen für den
Veranlagungszeitraum 2014 übermittelte X irrtümlich nicht
unter der für die Klägerin vergebenen, sondern unter
ihrer eigenen Kundennummer. Grund hierfür war ein von der
A-GmbH fehlerhaft aufgespieltes Update, wobei X der A-GmbH hierzu
eine veraltete Programmversion zur Verfügung gestellt
hatte.
|
|
|
3
|
Die übersandten Meldungen enthielten
die Identifikationsnummer, den Namen, den Vornamen und das
Geburtsdatum des Leistungsempfängers, die Beträge der
Leibrente, der anderen Leistungen und der Rentenanpassungen sowie
den Zeitpunkt des Beginns und des Endes des jeweiligen
Leistungsbezugs einschließlich der Laufzeiten etwaiger
vorheriger Renten.
|
|
|
4
|
Nach einer bei der Klägerin
durchgeführten Prüfung, bei der die dementsprechend
fehlerhafte Übermittlung von mehr als 1.500
Rentenbezugsmitteilungen offenbar wurde, setzte die Beklagte und
Revisionsklägerin (die Deutsche Rentenversicherung Bund,
Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen - ZfA - )
gegenüber der Klägerin ein Verspätungsgeld
gemäß § 22a Abs. 5 EStG in Höhe von 50.000 EUR
fest. Zur Begründung führte sie an, die Klägerin
habe unter der ihr zugeordneten Kundennummer innerhalb der
gesetzlichen Frist keine Rentenbezugsmitteilungen übersandt.
Es habe an der erforderlichen Authentifizierung gefehlt. Das
diesbezügliche Verschulden der X und der A-GmbH müsse die
Klägerin sich zurechnen lassen, da sie sich dieser als
Erfüllungsgehilfinnen bedient habe.
|
|
|
5
|
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage hatte Erfolg (EFG 2019, 1542). Zwar habe die
Klägerin - so das Finanzgericht (FG) - die
Rentenbezugsmitteilungen nicht fristgerecht übermittelt, da
angesichts der Verwendung der falschen Kundennummer die nach §
22a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung
(EStG a.F.) erforderliche Bezeichnung und Anschrift der
Klägerin als Mitteilungspflichtige gefehlt hätten.
Allerdings habe die Fristüberschreitung auf Gründen
beruht, die die Klägerin nicht zu vertreten gehabt habe, so
dass von der Erhebung des Verspätungsgeldes abzusehen gewesen
sei (§ 22a Abs. 5 Satz 3 EStG a.F.). Die A-GmbH sei weder
Erfüllungsgehilfin der Klägerin noch eine solche der X
gewesen, so dass deren Verschulden der Klägerin nicht nach
Satz 4 der Vorschrift zuzurechnen sei. Mit ihrer Revision bringt
die ZfA vor: Die Klägerin habe keine lediglich fehlerhaften
Rentenbezugsmitteilungen übersandt. Vielmehr stellten
diejenigen Mitteilungen, die von X übersandt worden seien,
keine der Klägerin zuzurechnenden Rentenbezugsmitteilungen
dar. Hierfür habe es an der gemäß § 22a Abs. 1
Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. i.V.m. § 150 Abs. 6 der Abgabenordnung
in der im Streitjahr geltenden Fassung (AO a.F.) zwingend
erforderlichen Authentifizierung der Klägerin gefehlt.
Gemeldet worden sei „unter fremder
Kundennummer“.
|
|
|
6
|
Sollten die übersandten Mitteilungen
dagegen (nur) als fehlerhaft anzusehen sein, wären sie nach
Maßgabe der Senatsrechtsprechung derart lückenhaft, dass
dies einer Nichtübermittlung gleichkäme (Hinweis auf das
Senatsurteil vom 20.02.2019 - X R 28/17, BFHE 264, 165, BStBl II
2019, 430 = SIS 19 08 94, Rz 76). Maßgebend sei eine
Einzelfallbeurteilung. Insoweit greife es zu kurz, nur darauf
abzustellen, ob die (lückenhaften) Daten übermittelbar
gewesen seien oder nicht. Es komme nicht allein auf den
„Besteuerungserfolg“, sondern ebenso auf die
Identifizierbarkeit der Daten an. Die Finanzämter müssten
in die Lage versetzt werden, die Daten der Kontrollmitteilung mit
den Angaben des Steuerpflichtigen und der ggf. beigefügten
Rentenbescheinigung abzugleichen. Ferner müsse eine
Doppelerfassung ausgeschlossen werden. Fehlten die korrekten Daten
des Mitteilungspflichtigen, könne dies zu zahlreichen
Folgeproblemen im Besteuerungsverfahren führen.
|
|
|
7
|
Die Klägerin habe die nicht
fristgerechte Meldung auch zu vertreten gehabt. Ihr sei das
Verschulden der A-GmbH als eigenes zuzurechnen. Diese sei als
Erfüllungsgehilfin zu qualifizieren, da sie für die
Klägerin bzw. X eine individuelle Software programmiert habe
(hierzu Hinweis auf das Senatsurteil vom 20.02.2019 - X R 29/16,
BFHE 264, 154, BStBl II 2019, 425 = SIS 19 08 95, Rz 39).
|
|
|
8
|
Die ZfA beantragt (sinngemäß),
das angefochtene Urteil i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom
28.06.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
9
|
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
Für sie liegt bereits kein
tatbestandliches Verhalten i.S. von § 22a Abs. 5 Satz 1 EStG
a.F. vor. Es seien lediglich inhaltlich fehlerhafte
Rentenbezugsmitteilungen übersandt worden; der vorliegende
Fehler sei einer Nichtübermittlung nicht gleichzusetzen. Die
zutreffende Besteuerung der Rentenempfänger sei
gewährleistet gewesen. Die A-GmbH sei nicht
Erfüllungsgehilfin der Klägerin gewesen.
|
|
|
11
|
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zwecks anderweitiger Verhandlung
und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
12
|
Der Senat kann auf Grundlage der
tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend
beurteilen, ob der angefochtene Verspätungsgeldbescheid
rechtmäßig ist. Die Feststellungen des FG lassen nicht
den Schluss zu, ob die Rentenbezugsmitteilungen nicht fristgerecht
oder - insoweit nicht tatbestandsmäßig - lediglich
fehlerhaft an die ZfA übersandt wurden (unter 1.). Diese Frage
kann nicht mangels eines Vertretenmüssens der Klägerin
offenbleiben, da ihr ein etwaiges Verschulden der X und der A-GmbH
gemäß § 22a Abs. 5 Satz 4 EStG a.F. zuzurechnen
wäre (unter 2.). Die Sache geht zur Nachholung der insoweit
erforderlichen Feststellungen an die Vorinstanz zurück.
|
|
|
13
|
1. Die bisherigen Feststellungen des FG tragen
nicht dessen Entscheidung, die Klägerin habe die
Rentenbezugsmitteilungen für den Veranlagungszeitraum 2014
nicht fristgemäß übermittelt und dadurch den
Verspätungsgeldtatbestand des § 22a Abs. 5 Satz 1 EStG
a.F. erfüllt.
|
|
|
14
|
a) Wird eine Rentenbezugsmitteilung nicht
innerhalb der gesetzlichen Frist des § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG
a.F. vom Mitteilungspflichtigen übermittelt, bestimmt Abs. 5
Satz 1 der Vorschrift (a.F.), dass für jeden angefangenen
Monat, in dem die Mitteilung noch aussteht, ein Betrag in Höhe
von 10 EUR für jede ausstehende Rentenbezugsmitteilung an die
ZfA als Verspätungsgeld zu entrichten ist.
|
|
|
15
|
Der erkennende Senat hat bereits entschieden,
dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der Vorschrift ein
Verspätungsgeld nur dann erhoben werden kann, wenn die
Rentenbezugsmitteilung verspätet oder gar nicht
übermittelt wird. Dagegen wird eine lediglich fehlerhafte
Meldung tatbestandlich nicht erwähnt und kann infolgedessen
nicht mit einem Verspätungsgeld belegt werden (Senatsurteil in
BFHE 264, 165, BStBl II 2019, 430 = SIS 19 08 94, Rz 72).
|
|
|
16
|
aa) Hierfür hat sich der Senat zum einen
auf die Gesetzesmaterialien gestützt. Denn in der
Begründung zur Einführung des Verspätungsgeldes im
Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010,
1768) hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch § 22a Abs. 5
EStG die Mitteilungspflichtigen angehalten werden sollen, die
Rentenbezugsmitteilungen „rechtzeitig“ zu
übermitteln (BTDrucks 17/3549, 19), vgl. Senatsurteil in BFHE
264, 165, BStBl II 2019, 430 = SIS 19 08 94, Rz 73.
|
|
|
17
|
bb) Zum anderen hat der Senat sein
Auslegungsergebnis mit der durch dasselbe Gesetzgebungsverfahren
eingeführten Bußgeldvorschrift des § 50f Abs. 1
EStG bekräftigt. Dieser Ordnungswidrigkeitentatbestand ist in
der im Streitjahr geltenden Fassung erfüllt, wenn der
Mitteilungspflichtige vorsätzlich oder leichtfertig entgegen
§ 22a Abs. 1 Satz 1 EStG dort genannte Daten nicht, nicht
richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig
übermittelt oder eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht
vollständig oder nicht rechtzeitig macht. Diese Vorschrift
differenziert in zweierlei Hinsicht: Zum einen unterscheidet sie
zwischen den einzelnen Daten des § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG und
der (Rentenbezugs-)Mitteilung als solcher. Zum anderen zeigt sie
ausdrücklich die unterschiedlichen Begehungs- bzw.
Unterlassungsalternativen „nicht
übermitteln“, „nicht richtig
übermitteln“, „nicht vollständig
übermitteln“ und „nicht rechtzeitig
übermitteln“ auf. Die explizite Nennung der
„nicht richtigen“ oder „nicht
vollständigen“ Daten bzw. Mitteilungen in § 50f
Abs. 1 EStG bzw. das Fehlen dieser Aufzählung in § 22a
Abs. 5 Satz 1 EStG kann somit nur bedeuten, dass das
Verspätungsgeld lediglich bei einer nicht oder nicht
fristgerecht übermittelten Mitteilung erhoben werden soll
(Senatsurteil in BFHE 264, 165, BStBl II 2019, 430 = SIS 19 08 94,
Rz 74). In diesem Zusammenhang ist zudem die Begründung des
Gesetzgebers zu § 50f EStG zu berücksichtigen, wonach
bußgeldbewehrt auch die Fälle sein sollen, in denen der
nach § 22a EStG Mitteilungspflichtige Daten nicht richtig oder
nicht vollständig an die ZfA „übermittelt
hat“ und eine Übermittlung der korrigierten Daten an
die ZfA versäumt und hierdurch seine Mitwirkungspflichten
nicht hinreichend beachtet (BTDrucks 17/3549, 21).
|
|
|
18
|
cc) Allerdings hat der Senat auch betont, dass
nicht jede Übermittlung einer fehlerhaften
Rentenbezugsmitteilung als fristwahrend angesehen werden kann.
Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur
fristgerechten Abgabe einer unvollständigen oder unrichtigen
Steuererklärung (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs vom
06.11.1969 - IV 249/64, BFHE 97, 405, BStBl II 1970, 168 = SIS 70 00 89, unter 2.; vom 07.04.2005 - IV R 39/04, BFH/NV 2005, 1229 =
SIS 05 31 46, unter II.2.) kann eine Rentenbezugsmitteilung dann
nicht als übermittelt gelten, wenn sie derart lückenhaft
ist, dass dies praktisch auf ihre Nichtübermittlung
hinausliefe. Dies dürfte - so der Senat ausdrücklich -
allerdings nur dann der Fall sein, wenn die Daten für die ZfA
nicht übermittelbar wären, so dass der mit der
Einführung des Rentenbezugsmitteilungsverfahrens verfolgte
Zweck, die zutreffende Besteuerung der Rentenempfänger zu
gewährleisten, wegen der unrichtigen Daten nicht erfüllt
werden könnte (Senatsurteil in BFHE 264, 165, BStBl II 2019,
430 = SIS 19 08 94, Rz 76).
|
|
|
19
|
b) Nach diesen Grundsätzen, an denen der
Senat festhält, sind die von X für die Klägerin
übersandten Rentenbezugsmitteilungen für den
Veranlagungszeitraum 2014 zwar als fehlerhaft anzusehen (unter aa).
Diese Mitteilungen sind der Klägerin auch zuzurechnen (unter
bb). Allerdings kann der Senat nicht auf sicherer
Tatsachengrundlage entscheiden, ob die vorliegenden Fehler ein
solches Ausmaß aufweisen, dass die unrichtigen Mitteilungen
einer Nichtübermittlung gleichzusetzen wären (unter
cc).
|
|
|
20
|
aa) Die von X für die Klägerin -
fristgemäß - an die ZfA übermittelten
Rentenbezugsmitteilungen entsprechen insoweit nicht den
gesetzlichen Vorgaben des Streitjahres 2014, als in den
elektronischen MZ01-Meldungen nicht die Mitteilungspflichtige, die
Klägerin, sondern deren Geschäftsbesorgerin X bezeichnet
wurde. Diese nicht im Einklang mit § 22a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
EStG a.F. stehende Fehlbezeichnung ist zwischen den Beteiligten
unstreitig, so dass der Senat hierzu von weiteren Ausführungen
absieht.
|
|
|
21
|
bb) Abweichend von der Auffassung des FG und
der ZfA hat diese Fehlbezeichnung nicht zur Folge, dass die
tatsächlich übermittelten - nicht durch das IT-System der
ZfA fehlerbedingt abgewiesenen - Rentenbezugsmitteilungen als
solche zu werten wären, die der Klägerin nicht
zugerechnet werden könnten.
|
|
|
22
|
(1) Zwar ergingen die Rentenbezugsmitteilungen
unter einer der Klägerin nicht zugeordneten Kundennummer. Sie
waren der Klägerin aber dennoch für Zwecke des
Mitteilungsverfahrens nach § 22a EStG zuzurechnen, da mangels
entgegenstehender Feststellungen des FG davon auszugehen ist, dass
die den Streitfall betreffenden Rentenbezugsmitteilungen nur
für solche Empfänger (Steuerpflichtige) erstellt worden
sind, denen gegenüber die Klägerin als Versorgungswerk
für das Streitjahr die in § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG
genannten Leistungen erbracht hat. Für diese
Leistungsverhältnisse bestand ausschließlich eine
Mitteilungspflicht der Klägerin, nicht aber der X. 23
|
|
(2) Der in diesem Zusammenhang erhobene
Einwand der ZfA, die Klägerin habe sich nicht - wie allerdings
im elektronischen Verfahren zwingend erforderlich -
authentifiziert, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Insoweit
trifft es zwar zu, dass durch den Verweis von § 22a Abs. 1
Satz 3 EStG a.F. auf § 150 Abs. 6 AO a.F. die gesetzliche
Vorgabe bestand, bei der Datenübermittlung ein sicheres
Verfahren zu verwenden, das den Datenübermittler (Absender der
Daten) authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität
des elektronisch übermittelten Datensatzes gewährleistet
(dort Satz 3). Dieses Authentifizierungserfordernis wurde im
Streitfall allerdings gewahrt. Denn authentifizieren muss sich -
wie das Gesetz vorgibt - der Datenübermittler. Dieser muss
nicht zwingend der Mitteilungspflichtige i.S. von § 22a Abs. 1
Satz 1 EStG, sondern kann ebenso ein Dritter (Auftragnehmer),
vorliegend X, sein (vgl. insoweit auch § 1 Abs. 1 Nr. 2,
§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 sowie § 5 Abs. 3
i.V.m. Abs. 6 der Altersvorsorge-Durchführungsverordnung).
|
|
|
24
|
cc) Nicht abschließend beurteilen kann
der Senat indes, ob die ursprünglich für die
Klägerin transferierten Rentenbezugsmitteilungen trotz des
vorliegenden Benennungsfehlers über die Person des
Mitteilungspflichtigen nach Maßgabe oben genannter
Rechtsgrundsätze für die ZfA verarbeitungsfähig
waren. Zwar hat das FG bereits festgestellt, dass die Mitteilungen
insbesondere die - aus Sicht des Senats für die Sicherstellung
des Vollzugs der Besteuerung von Alterseinkünften besonders
relevanten - Daten gemäß § 22a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
bis 4 EStG a.F. enthielten. Allerdings ist bislang nicht
hinreichend geklärt, ob bzw. - wenn ja - aus welchem
plausiblen Grund die ZfA tatsächlich außerstande war
oder gewesen sein soll, die insoweit fehlerbehafteten
Datensätze an die jeweiligen Landesfinanzverwaltungen
weiterzuleiten. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen
haben, z.B. durch Einholung einer Erklärung der ZfA zum
insoweit maßgeblichen technischen Verfahrensablauf.
|
|
|
25
|
In diesem Zusammenhang weist der Senat -
allerdings ohne Bindungswirkung gemäß § 126 Abs. 5
FGO - darauf hin, dass die von der ZfA im Revisionsverfahren
angeführten verwaltungsmäßigen Mehraufwendungen,
die durch eine unzutreffende Angabe der Kundennummer des
Mitteilungspflichtigen ausgelöst werden können (u.a.
Identifizierung der Datenherkunft, Datenabgleich mit Angaben des
Steuerpflichtigen), nicht geeignet sind, die Erhebung eines
Verspätungsgeldes nach § 22a Abs. 5 EStG zu
rechtfertigen. Denn eine mögliche
Effizienzbeeinträchtigung allgemeiner
Organisationsabläufe im Rahmen des steuerlichen
Veranlagungsverfahrens soll durch das Verspätungsgeld nicht
ausgeglichen werden. Vielmehr soll hierdurch nur solcher
Verwaltungsaufwand kompensiert werden, der durch eine
verspätete oder gänzlich fehlende Übermittlung von
Rentenbezugsmitteilungen entstehen kann (BTDrucks 17/3549, 19).
Auch vor diesem Hintergrund erklärt sich die Aussage des
Senats in der Entscheidung in BFHE 264, 165, BStBl II 2019, 430 =
SIS 19 08 94, dass die Gefahr einer steuerlichen Doppelerfassung
der gemeldeten Alterseinkünfte kein Grund dafür sein
könne, die nur fehlerhafte Bezeichnung des
Mitteilungspflichtigen einer Nichtmitteilung gleichzusetzen (dort
Rz 78).
|
|
|
26
|
2. Die Revision der ZfA war nicht aus von
vorgenannten Gründen unabhängigen Erwägungen
zurückzuweisen. Sollten die Feststellungen des zweiten
Rechtsgangs die Entscheidung tragen, dass die zunächst
übersandten Rentenbezugsmitteilungen nicht nur als fehlerhaft,
sondern in Anbetracht des Fehlerausmaßes als gar nicht
übermittelt anzusehen wären, hätte das FG zu
prüfen, ob das von X beauftragte Softwareunternehmen (A-GmbH)
bzw. X selbst die Fehlerhaftigkeit des Datenversands zu vertreten
hatten. Deren Vertretenmüssen wäre der Klägerin nach
§ 22a Abs. 5 Satz 4 EStG a.F. zuzurechnen.
|
|
|
27
|
a) Das FG hat die Auffassung vertreten, dass
zwar X, nicht aber die A-GmbH als Softwareherstellerin
Erfüllungsgehilfin der Klägerin i.S. von § 22a Abs.
5 Satz 4 EStG a.F. gewesen sei. Es hat die A-GmbH in diesem
Zusammenhang mit einem Lieferanten verglichen, dessen von ihm
geliefertes und fehlerhaftes Einzelteil von einem Werkunternehmer
bei der Erstellung eines Werkes verwendet wird und der nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kein
Erfüllungsgehilfe des Werkunternehmers sei (Urteile vom
09.02.1978 - VII ZR 84/77, NJW 1978, 1157, sowie vom 12.12.2001 - X
ZR 192/00, NJW 2002, 1565, unter I.2.d). Die A-GmbH, die lediglich
die Software im Auftrag der X erstellt habe, sei nicht in die
tatbestandlich relevante Datenübermittlung an die ZfA
eingebunden gewesen.
|
|
|
28
|
b) Im Gegensatz hierzu hat der erkennende
Senat - zeitlich nachfolgend zur vorliegend angefochtenen
Entscheidung - die Ansicht vertreten, dass ein Unternehmer, der
eine auf die Verhältnisse des Mitteilungspflichtigen
zugeschnittene Software konkret für den Transfer der von
diesem zu übermittelnden Rentenbezugsmitteilungen hergestellt
habe, dessen Erfüllungsgehilfe sein dürfte (Urteil in
BFHE 264, 154, BStBl II 2019, 425 = SIS 19 08 95, Rz 39). Zur
Begründung hat sich der Senat auf die auch für § 22a
Abs. 5 Satz 4 EStG a.F. maßgebliche Auslegung des
zivilrechtlichen Begriffs des Erfüllungsgehilfen
gestützt.
|
|
|
29
|
Erfüllungsgehilfe i.S. von § 278
Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist, wer nach den
tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des
Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden
Verbindlichkeit als seine „Hilfsperson“
tätig wird, so dass sich die Tätigkeit des
Erfüllungsgehilfen als eine vom Schuldner gewollte oder
gebilligte Mitwirkung bei der Vertragserfüllung darstellt
(BGH-Urteil in NJW 1978, 1157, unter 1.a). Hieran anknüpfend
hat der erkennende Senat für Zwecke des
Rentenbezugsmitteilungsverfahrens - anders als von der Vorinstanz
vertreten - die maßgebliche Tätigkeit eines
Erfüllungsgehilfen nicht auf die Mitwirkung beim finalen
Datenübertragungsakt beschränkt, sondern hierfür den
gesamten Prozess der Datenübermittlung, einschließlich
der Datenverarbeitung, einbezogen (Urteil in BFHE 264, 154, BStBl
II 2019, 425 = SIS 19 08 95, Rz 38).
|
|
|
30
|
c) An diesen Grundsätzen hält der
Senat fest. Zwar bezieht sich der Tatbestand des
Verspätungsgeldes nur auf die fehlende bzw. nicht
fristgerechte Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen.
Demgegenüber stellt § 22a Abs. 5 Satz 4 EStG a.F.
allerdings auf das „Handeln“ eines gesetzlichen
Vertreters oder Erfüllungsgehilfen ab. Diese gegenüber
der finalen Übermittlung der Daten inhaltlich weitergehende
Formulierung lässt nur den Schluss zu, dass sämtliche
Tätigkeiten, die ein Dritter mit konkretem Bezug zur
Erfüllung der Mitteilungspflichten i.S. von § 22a Abs. 1
EStG übernimmt, bei der Bestimmung des Umfangs des
Pflichtenkreises des Schuldners zu berücksichtigen sind.
|
|
|
31
|
d) Dies vorangestellt, wird das FG im zweiten
Rechtsgang - sollte es noch darauf ankommen - insbesondere
aufzuklären haben, inwieweit die A-GmbH ihren vertraglichen
Pflichten zur individuellen Her- und Bereitstellung der Software
dadurch nicht mit der von ihr objektiv zu erwartenden Sorgfalt
nachgekommen ist, dass sie hinsichtlich der für den
Veranlagungszeitraum 2014 zu übermittelnden
Rentenbezugsmitteilungen ein fehlerhaftes Update aufgespielt hat.
Zwar stand die Klägerin mit der A-GmbH selbst nicht in einem
Vertragsverhältnis; ihre unmittelbare Erfüllungsgehilfin
war nur X. Bedient sich allerdings ein Erfüllungsgehilfe
(vorliegend X) seinerseits eines solchen Gehilfen (A-GmbH), so
bedient sich der Schuldner (Klägerin) zugleich zumindest
mittelbar auch dieser zweiten Person, falls deren Einschaltung -
was aus Sicht des Senats im Streitfall nahe liegt, ggf. aber noch
zu prüfen wäre - dem Willen des Schuldners entsprach (s.
BGH-Urteile vom 22.09.1977 - III ZR 146/75, Monatszeitschrift
für Deutsches Recht 1978, 298, unter II.3.b, m.w.N.; vom
18.11.1982 - VII ZR 25/82, BGHZ 85, 301, unter 1.a, m.w.N.; vgl.
auch Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl., § 278 Rz 25,
stillschweigendes Einverständnis genügt).
|
|
|
32
|
Unabhängig hiervon könnte das FG
erneut zu erwägen haben, ob auch X als unmittelbare
Erfüllungsgehilfin der Klägerin eine fehlerhafte
Datenübermittlung zu vertreten hatte. Denn nach den bisherigen
Feststellungen hat X der A-GmbH eine veraltete Programmversion zur
Verfügung gestellt, so dass ggf. aufzuklären wäre,
ob hierin ein kausaler - zumindest auf Fahrlässigkeit der X
beruhender - Beitrag für die Erstellung des fehlerbehafteten
Updates zu sehen war.
|
|
|
33
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
|