Die Revision der Kläger gegen das Urteil
des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom
8.5.2018 - 6 K 2979/17 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die
Kläger zu tragen.
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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Ehegatten, die für die Streitjahre (2015
und 2016) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.
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Der Kläger war bis Ende Juni 1994 als
Beamter für die Deutsche Bahn tätig. Im Juni 1994 schloss
er mit der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (DB AG) einen
Anstellungsvertrag mit Wirkung vom …1994. Das
Bundeseisenbahnvermögen (BEV) beurlaubte den Kläger ab
diesem Tag unter Wegfall der Besoldung aus seinem
Beamtenverhältnis.
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Der Anstellungsvertrag enthielt u.a.
folgende Bestimmungen:
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“§ 7
Versorgung
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(1) Die Versorgung aus dem
Beamtenverhältnis bleibt als Grundsicherung aufgrund einer vom
Präsidenten des Bundeseisenbahnvermögens getroffenen
individuellen Entscheidung auch während der Dauer der
Beurlaubung gewährleistet; die Gesellschaft entrichtet
dafür den gesetzlich vorgesehenen Versorgungszuschlag (§
21 Abs. 3 DBGrG).
…
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§ 9
Nebenleistungen
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(1) Herr …[K] erhält eine
persönliche Fahrkarte 1. Klasse für alle
Eisenbahnstrecken und Buslinien der Gesellschaft. Das gilt auch
für die Dauer des Bezugs des Ruhegeldes (§ 7).
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...
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(2) Soweit es sich bei den Nebenleistungen
nach Abs. 1 um einen geldwerten Vorteil im steuerrechtlichen Sinne
handelt, trägt K die darauf entfallenden Steuern
selbst.“
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Nach § 4 des Anstellungsvertrags
endete das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der DB AG
mit dem Ende des Monats, in dem der Kläger das 65. Lebensjahr
vollendete.
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Der Kläger arbeitete auf Grundlage des
Anstellungsvertrags bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2004
für die DB AG. Nach seiner Pensionierung erhielt er
Versorgungsbezüge vom BEV. Für die Streitjahre
bescheinigte das BEV, dass es sich bei dem Arbeitslohn in voller
Höhe um Versorgungsbezüge gehandelt habe. Einen
gesonderten Ausweis der geldwerten Vorteile aus Sachbezügen
enthielten die Lohnsteuerbescheinigungen nicht. Die entsprechenden
Sachbezugswerte für die Jahresnetzkarte berechnete das BEV wie
folgt:
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2015
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2016
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Wert der Fahrkarte nach 4 % Abschlag
gemäß § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes
(EStG):
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6.411,26 EUR
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6.439,16 EUR
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Freibetrag gemäß § 8 Abs. 3
EStG:
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1.080,00 EUR
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1.080,00 EUR
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Arbeitslohn durch Sachbezug
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5.331,26 EUR
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5.359,16 EUR
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) veranlagte die Kläger entsprechend den
Lohnsteuerbescheinigungen. Den Arbeitnehmer-Pauschbetrag
gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in Höhe
von 1.000 EUR berücksichtigte das FA nicht. Es setzte
lediglich die klägerseits erklärten Werbungskosten in
Höhe von 482 EUR für 2015 und in Höhe von 519 EUR
für 2016 steuermindernd an.
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Mit ihren Einsprüchen machten die
Kläger u.a. geltend, dass für die Sachbezüge
abweichend von den tatsächlichen Werbungskosten für die
Streitjahre jeweils der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von
1.000 EUR zu berücksichtigen sei.
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Das Finanzgericht (FG) wies die nach den im
Streitpunkt erfolglosen Vorverfahren erhobene Klage mit den in EFG
2018, 1447 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Die Kläger beantragen
sinngemäß, das Urteil des FG sowie die
Einspruchsentscheidung vom 31.10.2017 aufzuheben und die
Einkommensteuerbescheide für 2015 vom 22.05.2017 sowie
für 2016 vom 12.07.2017 dahin zu ändern, dass die
Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
in Form von Sachbezügen anstelle der bisher
berücksichtigten Werbungskosten um den
Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 EUR gemindert werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend entschieden,
dass dem Kläger der Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß
§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG für die Sachbezüge
in Gestalt der Jahresnetzkarte nicht zusteht, weil er in den
Streitjahren bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit ausschließlich Versorgungsbezüge bezogen hat. Die
Vorinstanz hat die kostenlose Zurverfügungstellung der
Jahresnetzkarten zu Recht als Versorgungsbezug angesehen.
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1. Werden - wie im Streitfall - keine
höheren Werbungskosten nachgewiesen, ist nach § 9a Satz 1
Nr. 1 Buchst. a EStG bei der Ermittlung der Einkünfte von den
Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit vorbehaltlich §
9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von
1.000 EUR abzuziehen. Nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG
ist von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, soweit es
sich um Versorgungsbezüge i.S. von § 19 Abs. 2 EStG
handelt, ein Pauschbetrag von 102 EUR abzuziehen, wenn keine
höheren Werbungskosten nachgewiesen werden.
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2. Versorgungsbezüge sind u.a.
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbare
Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen
Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit
oder Hinterbliebenenbezüge (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
EStG). Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst
dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63.
Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr
vollendet hat. Sie können gemäß § 8 Abs. 1
EStG in Geld und als Sachbezug auch in Geldeswert bestehen
(Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 19 Rz 96).
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a) Entscheidend für das Merkmal von
Bezügen aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens
einer Altersgrenze i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG ist,
dass der Steuerpflichtige wegen Erreichens dieser Altersgrenze von
der Verpflichtung zu Dienstleistungen entbunden worden ist
(Senatsurteil vom 06.02.2013 - VI R 28/11, BFHE 240, 546, BStBl II
2013, 572 = SIS 13 17 76, Rz 12, m.w.N.). Das vom Arbeitgeber
geleistete Entgelt stellt damit keine Gegenleistung für
Dienstleistungen des Arbeitnehmers dar, die im gleichen Zeitraum
geschuldet und erbracht werden (Senatsurteil in BFHE 240, 546,
BStBl II 2013, 572 = SIS 13 17 76, Rz 12).
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b) Nach diesen Maßstäben handelt es
sich bei der kostenlosen Zurverfügungstellung der
Jahresnetzkarten um einen Versorgungsbezug i.S. von § 19 Abs.
2 Satz 2 Nr. 2 EStG.
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aa) Der Kläger, der das 63. Lebensjahr
vollendet hatte, war in den Streitjahren Versorgungsempfänger
und als solcher nicht mehr zu Dienstleistungen verpflichtet. Den
Anspruch auf die kostenlosen Jahresnetzkarten hatte er aufgrund des
mit der DB AG im Juni 1994 geschlossenen Anstellungsvertrags
erworben. Es handelt sich damit um einen Bezug aus früheren
Dienstleistungen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Nach §
9 Abs. 1 Satz 2 des Anstellungsvertrags erhielt der Kläger die
Jahresnetzkarten auch für die Dauer des Bezugs des Ruhegeldes.
Damit knüpft der Bezug der Jahresnetzkarten für die
Zeiträume nach Erreichen der Altersgrenze gemäß
§ 4 des Anstellungsvertrags - um die es im Streitfall geht -
(auch) an den Status des Klägers als Versorgungsempfänger
an. Der Bezug der Jahresnetzkarten ergänzt (als Nebenleistung)
des früheren Arbeitgebers des Klägers dessen Versorgung
nach Eintritt in den Ruhestand.
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bb) Der Besteuerung der Jahresnetzkarten als
Versorgungsbezug steht - anders als die Kläger meinen - weder
entgegen, dass der Kläger bereits während seiner aktiven
Tätigkeit für die DB AG einen Anspruch auf die
Jahresnetzkarten hatte, noch, dass der Anspruch in dem
Arbeitsvertrag des Klägers mit der DB AG geregelt war.
Vielmehr hat die Zurverfügungstellung der Jahresnetzkarten mit
Eintritt des Klägers in den Ruhestand Versorgungscharakter,
weil sie - ungeachtet ihrer Vereinbarung im Arbeitsvertrag - keine
Gegenleistung für Dienstleistungen des Klägers (mehr)
darstellt, die im gleichen Zeitraum geschuldet und erbracht wurden.
Die kostenlose Zurverfügungstellung der Jahresnetzkarten ist
damit in den Streitjahren wie das Ruhegeld selbst als
Versorgungsbezug anzusehen.
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cc) Die kostenlosen Jahresnetzkarten stellen
vorliegend Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr.
2 EStG dar, die „in anderen Fällen“ aus
früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze
geleistet wurden. Der Kläger erhielt die kostenlosen
Netzkarten im Streitfall insbesondere nicht aufgrund
beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften
oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (s. dazu
Blümich/Geserich, § 19 EStG Rz 339), sondern aufgrund
seines Anspruchs aus § 9 Abs. 1 Satz 2 des privatrechtlichen
Anstellungsvertrags mit der DB AG.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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