Die Revision der Kläger gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 14.7.2017 - 6 K 3009/15 E wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die
Kläger zu tragen.
1
|
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2014) zur
Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.
|
|
|
2
|
Der Kläger war als Flugbegleiter in X
beschäftigt. Er fuhr im Streitjahr mit seinem PKW an 12
Arbeitstagen von seiner Wohnung zum X Flughafen und zurück. An
31 Tagen fuhr er mit seinem PKW von der Wohnung zum X Flughafen,
ohne an dem betreffenden Arbeitstag nach Hause zurückzufahren.
In diesen Fällen kehrte er nach seinem Dienst als
Flugbegleiter erst nach mindestens einem weiteren Arbeitstag an den
X Flughafen zurück. Von dort trat der Kläger dann den
Heimweg an.
|
|
|
3
|
In der Einkommensteuererklärung machte
der Kläger Fahrtkosten in Höhe von 3.984 EUR geltend, die
der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
erklärungsgemäß berücksichtigte.
|
|
|
4
|
Im Einspruchsverfahren begehrte der
Kläger erfolglos den Abzug weiterer Fahrtkosten. Die
Entfernungspauschale sei auch in den Fällen
arbeitstäglich anzusetzen, in denen er die Hin- und
Rückfahrt zwischen seiner Wohnung und dem X Flughafen an
unterschiedlichen Tagen durchgeführt habe.
|
|
|
5
|
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
den in EFG 2017, 1582 veröffentlichten Gründen
ab.
|
|
|
6
|
Mit der Revision rügen die Kläger
Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
7
|
Sie beantragen, das Urteil des FG
aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom
07.05.2015 in der Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom
27.08.2015 zu ändern, indem für die bislang
berücksichtigten 31 Fahrten, die nach mehrtägigen
Auswärtstätigkeiten erfolgten, eine Entfernungspauschale
in Höhe von 2.520 EUR (31 Fahrten x 271 km x 0,30 EUR/km)
berücksichtigt wird.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zu Recht
keine weiteren Werbungskosten für die Fahrten des Klägers
zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zum Abzug
zugelassen.
|
|
|
10
|
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1
des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden
Fassung sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers
für die Wege zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG. Zur
Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach Satz 2 der Vorschrift
für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste
Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale
für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und
erster Tätigkeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen,
höchstens jedoch 4.500 EUR im Kalenderjahr; ein höherer
Betrag als 4.500 EUR ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen
eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen
benutzt.
|
|
|
11
|
Erste Tätigkeitsstätte ist nach der
Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste
betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen
Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom
Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft
zugeordnet ist.
|
|
|
12
|
Der Kläger verfügte nach dem Urteil
der Vorinstanz am X Flughafen über eine erste
Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG.
Hierüber besteht zwischen den Beteiligten im
Revisionsverfahren auch kein Streit mehr. Daher sieht der Senat
unter Bezugnahme auf seine Urteile vom 11.04.2019 - VI R 40/16
(BFHE 264, 248, BStBl II 2019, 546 = SIS 19 09 78) und vom
10.04.2019 - VI R 17/17 insoweit von einer weiteren Begründung
ab.
|
|
|
13
|
2. Der Abzug der Entfernungspauschale setzt
voraus, dass der Steuerpflichtige an einem Arbeitstag den Weg von
der Wohnung zu seiner ersten Tätigkeitsstätte und von
dort wieder zurück zu seiner Wohnung zurücklegt. Legt der
Steuerpflichtige diese Wege an unterschiedlichen Arbeitstagen
zurück, kann er die Entfernungspauschale für jeden
Arbeitstag nur zur Hälfte geltend machen.
|
|
|
14
|
a) Der erkennende Senat hat mit Urteil vom
26.07.1978 - VI R 16/76 (BFHE 125, 561, BStBl II 1978, 661 = SIS 78 03 64) zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. vor
Einführung der Entfernungspauschale entschieden, dass der
frühere Kilometer-Pauschbetrag von 0,36 DM für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen
Kraftfahrzeug zwei Fahrten (eine Hin- und eine Rückfahrt)
abgilt und dass ein Arbeitnehmer, der nur eine Fahrt
zurücklegt, entsprechend nur die Hälfte des
Kilometer-Pauschbetrags - also 0,18 DM je Entfernungskilometer und
Arbeitstag - als Werbungskosten abziehen kann. Der Senat hat unter
Hinweis auf sein Urteil vom 17.12.1971 - VI R 12/70 (BFHE 104, 238)
dargelegt, dass der Gesetzgeber bei der Regelung des § 9 Abs.
1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. vom Normalfall ausgegangen sei, dass dem
Arbeitnehmer täglich Aufwendungen für zwei beruflich
veranlasste Fahrten, für die Hinfahrt zur Arbeitsstätte
und für die Rückfahrt von der Arbeitsstätte,
entstünden. Der Pauschbetrag gelte beide Fahrten ab. Nur zur
Vereinfachung werde der Pauschbetrag nicht auf die tatsächlich
auf der Hinfahrt und der Rückfahrt gefahrenen Kilometer
angewendet, sondern auf die Entfernung der kürzesten
benutzbaren Straßenverbindung von der Wohnung zur
Arbeitsstätte. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle aber im
Ergebnis nur die Hälfte des Pauschbetrags je
Entfernungskilometer pro Fahrt als Werbungskosten
berücksichtigt werden.
|
|
|
15
|
b) An dieser Rechtslage hat sich im Grundsatz
weder mit der Einführung der Entfernungspauschale durch das
Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale (EntfPauschG)
vom 21.12.2000 (BGBl I 2000, 1918) ab dem 01.01.2001, durch die
nachfolgenden Gesetzesänderungen (zur Gesetzeshistorie s.
Senatsbeschluss vom 10.01.2008 - VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl
II 2008, 234 = SIS 08 08 35, unter B.II.9.-11.) noch durch das seit
dem Veranlagungszeitraum 2014 geltende (neue) Reisekostenrecht
(Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der
Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts,
BGBl I 2013, 285) etwas geändert.
|
|
|
16
|
aa) Durch das EntfPauschG wurden § 9 Abs.
1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG a.F. völlig neu gefasst. Die
bisherigen Kilometer-Pauschbeträge bei Fahrten mit dem eigenen
oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug wurden durch eine
verkehrsmittelunabhängige gestaffelte Entfernungspauschale
ersetzt. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher
Verkehrsmittel konnten in tatsächlicher Höhe angesetzt
werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG). Durch die
Entfernungspauschalen waren sämtliche Aufwendungen abgegolten
(§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG).
|
|
|
17
|
(1) Mit der Gesetzesänderung wollte der
Gesetzgeber die sozialen Auswirkungen der seinerzeitigen starken
Preissteigerungen für Mineralöl auf den Weltmärkten
auf Personen und Haushalte, die den damit verbundenen Lasten nicht
ausweichen und diese Entwicklung finanziell kaum bewältigen
konnten, abfedern (BTDrucks 14/4242, 5). Die Umstellung der
steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (sowie für
Familienheimfahrten) von einem Kilometer-Pauschbetrag auf eine
einheitliche verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale
sei aus umwelt- und verkehrspolitischen Gründen geboten, da
die bisherigen Pauschbeträge das Verkehrsmittel Kraftfahrzeug
bevorzugt hätten. Die Umstellung auf eine einheitliche
Entfernungspauschale schaffe hinsichtlich der steuerlichen
Entlastungswirkung hingegen Wettbewerbsgleichheit zwischen den
Verkehrsträgern und verbessere die Ausgangslage für den
öffentlichen Personennahverkehr (BTDrucks 14/4242, 5).
|
|
|
18
|
Die Entfernungspauschale war gemäß
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. für jeden
Arbeitstag ungeachtet tatsächlich höherer oder
niedrigerer Aufwendungen nur einmal zu berücksichtigen
(Senatsbeschlüsse vom 11.09.2003 - VI B 101/03, BFHE 203, 166,
BStBl II 2003, 893 = SIS 03 46 58, und vom 11.09.2012 - VI B
43/12). Der Gesetzeswortlaut ließ eine Ausnahme auch nicht
für Fahrten zu, die durch einen zusätzlichen
Arbeitseinsatz außerhalb der regelmäßigen
Arbeitszeit oder durch eine Arbeitszeitunterbrechung von mindestens
vier Stunden veranlasst waren. Denn die diesbezügliche
Ausnahmevorschrift, die vor Einführung der
Entfernungspauschale gegolten hatte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 2 EStG bis 2000), wurde mit der Begründung nicht
übernommen, dies diene der Vereinfachung und
berücksichtige, dass durch zusätzliche Fahrten nicht
zwangsläufig zusätzliche Kosten anfielen, so z.B. nicht
bei Zeitkarten für die Benutzung öffentlicher
Verkehrsmittel (BTDrucks 14/4242, 6). Wegen des eindeutigen
Wortlauts und des damit verfolgten Zwecks sei auch keine
Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 1 Satz
3 Nr. 4 EStG a.F. im Wege einer teleologischen Reduktion auf
„normale“ oder „typische“
Arbeitsverhältnisse möglich. Vielmehr seien nach dem
Willen des Gesetzgebers, der im Gesetzeswortlaut seinen
Niederschlag gefunden habe, auch solche Fälle einzubeziehen,
bei denen nach der Eigenart der geschuldeten Arbeit typischerweise
zwei Fahrten arbeitstäglich zwischen Wohnung und
regelmäßiger Arbeitsstätte anfallen könnten
(Senatsbeschluss in BFHE 203, 166, BStBl II 2003, 893 = SIS 03 46 58).
|
|
|
19
|
(2) Weder aus dem Wortlaut noch aus der
Entstehungsgeschichte, der Systematik oder dem Sinn und Zweck des
Gesetzes ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber bei
Einführung der Entfernungspauschale vom Leitbild eines
arbeitstäglichen Hin- und Rückwegs zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte abgerückt ist. Der Gesetzgeber hat im
Gegenteil die arbeitstäglichen „Wege zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte“ - und damit (weiterhin) den
(Hin-)Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und den
(Rück-)Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung - zum
Maßstab für die mit der Entfernungspauschale
einhergehende Vereinfachung und Typisierung genommen. Davon
abweichende Besonderheiten durch untypische
Arbeitsverhältnisse oder Arbeitszeiten sowie
arbeitstäglich mehrfache Fahrten von der Wohnung zur
Arbeitsstätte sind mit der Einführung der
Entfernungspauschale für den Werbungskostenabzug nicht mehr
von Bedeutung.
|
|
|
20
|
bb) Die Änderungen an den Regelungen zur
Entfernungspauschale durch das Steuer-Euroglättungsgesetz vom
19.12.2000 (BGBl I 2000, 1790) i.d.F. des EntfPauschG, das
Steueränderungsgesetz 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794),
das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076),
das mit dem Grundgesetz in Bezug auf § 9 Abs. 2 Sätze 1
und 2 EStG durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
09.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a. (BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42) für unvereinbar erklärte Steueränderungsgesetz
2007 vom 19.07.2006 (BGBl I 2006, 1652), das Gesetz zur
Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale
vom 20.04.2009 (BGBl I 2009, 774) und das
Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011 (BGBl I 2011, 2131)
haben an den vorgenannten Grundsätzen der Entfernungspauschale
nichts geändert.
|
|
|
21
|
cc) Gleiches gilt für das Gesetz zur
Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des
steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285),
durch das § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG seine auch im
Streitjahr geltende Fassung erhalten hat. Die Regelungen zur
Berücksichtigung der Entfernungspauschale blieben
unverändert bestehen. Es wurde lediglich der bisherige Begriff
der „regelmäßigen Arbeitsstätte“
durch den neuen Begriff „der ersten
Tätigkeitsstätte“ ersetzt (s. BTDrucks
17/10774, 12).
|
|
|
22
|
c) Der erkennende Senat hält folglich
auch für das im Streitjahr geltende (neue) steuerliche
Reisekostenrecht daran fest, dass die Entfernungspauschale für
„Wege zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte“ (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 1 EStG) zwei Wege (einen Hin- und einen Rückweg) abgilt.
Ein Arbeitnehmer, der an einem Arbeitstag nur einen Weg
zurücklegt, kann folglich nur die Hälfte der
Entfernungspauschale von 0,30 EUR (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 2 EStG) - also 0,15 EUR je Entfernungskilometer und Arbeitstag
- als Werbungskosten abziehen.
|
|
|
23
|
Diese Auffassung wird auch im Schrifttum (z.B.
Bergkemper in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 9 EStG Rz 457;
Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 293;
Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 9 Rz 185; von
Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz F
77; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 9 Rz 891; Stache in Horowski/Altehoefer,
Kommentar zum Lohnsteuer-Recht, § 9 Rz 1196;
Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer,
„Entfernungspauschale“, Rz 31/1), von der
Finanzverwaltung (Lohnsteuer-Handbuch 2019 H 9.10
„Fahrtkosten bei einfacher Fahrt“) und in der
finanzgerichtlichen Rechtsprechung (z.B. FG Baden-Württemberg,
Urteil vom 20.06.2012 - 7 K 4440/10, EFG 2013, 114 = SIS 12 28 72)
geteilt.
|
|
|
24
|
Ihr steht - anders als die Kläger meinen
- insbesondere nicht § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG
entgegen, soweit es dort heißt, dass die Entfernungspauschale
„für jeden Arbeitstag“ angesetzt wird,
„an dem der Arbeitnehmer die erste
Tätigkeitsstätte aufsucht“.
|
|
|
25
|
Diese Formulierung verdeutlicht einerseits,
dass die Entfernungspauschale nur für tatsächlich
durchgeführte Wege zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte berücksichtigt werden kann (s.a.
Niedersächsisches FG, Urteil vom
19.04.2005 - 11 K 11705/03, EFG 2005, 1676 = SIS 05 33 97). Der Steuerpflichtige muss die erste
Tätigkeitsstätte also tatsächlich aufgesucht haben.
Aus ihr ergibt sich ferner, dass die Entfernungspauschale auch nach
dem geltenden (neuen) Reisekostenrecht nur einmal für jeden
Arbeitstag berücksichtigt werden kann (so bereits
Senatsbeschlüsse in BFHE 203, 166, BStBl II 2003, 893 = SIS 03 46 58, und vom 11.09.2012 - VI B 43/12 zu § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 4 Satz 2 EStG a.F.).
|
|
|
26
|
Das Gesetz zwingt aber nicht dazu, die
Entfernungspauschale auch dann „für jeden
Arbeitstag“ in voller Höhe anzusetzen, wenn der
Arbeitnehmer an dem betreffenden Arbeitstag „die Wege
zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“
nicht mindestens einmal hin und wieder zurück bewältigt
hat. Die Aufwendungen für diese (beiden) Wege sind mit dem
(pauschalierten) Werbungskostenabzug durch die Entfernungspauschale
abgegolten. Daraus folgt, dass der Ansatz der vollen
Entfernungspauschale nur dann gerechtfertigt ist, wenn der
Tatbestand, an den der Gesetzgeber mit dem (pauschalierten)
Werbungskostenabzug angeknüpft hat, auch erfüllt ist.
|
|
|
27
|
Dem in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2
EStG vorgesehenen Kilometersatz von 0,30 EUR für jeden
Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte liegt - wie bereits ausgeführt
wurde - die typisierende Annahme zugrunde, dass der
Steuerpflichtige einen Hinweg von der Wohnung zur ersten
Tätigkeitsstätte und einen Rückweg von dort zu
seiner Wohnung an jedem Arbeitstag zurücklegt. Legt der
Steuerpflichtige nur einen dieser Wege an einem Arbeitstag
zurück, ist nach dieser Grundannahme für eine solche
Fahrt auch (nur) die Hälfte der Entfernungspauschale - mithin
0,15 EUR je Entfernungskilometer - zu berücksichtigen.
|
|
|
28
|
Hierdurch wird die mit der
Entfernungspauschale beabsichtigte Typisierung und Pauschalierung
der Fahrtkosten nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG seinem Zweck nur dann gerecht, wenn
die dem Werbungskostenabzug von 0,30 EUR/km zugrunde liegende
Typisierung (ein Hin- und ein Rückweg je Arbeitstag)
folgerichtig umgesetzt wird. Dies gilt auch in Fällen, in
denen der Hin- und Rückweg zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte an verschiedenen Arbeitstagen
durchgeführt wird oder der Steuerpflichtige z.B. nach einer
Fahrt von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte eine
Auswärtstätigkeit antritt und von dieser unmittelbar nach
Hause zurückkehrt oder eine Auswärtstätigkeit
unmittelbar von zu Hause aus antritt, anschließend seine
erste Tätigkeitsstätte aufsucht und von dort wieder nach
Hause fährt. Die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG
vorgesehene Entfernungspauschale von 0,30 EUR/km ist daher in
diesen Fällen - in teleologischer Reduktion der Vorschrift -
dergestalt anzusetzen, dass eine Einzelbewertung der jeweiligen
Fahrt mit 0,15 EUR/km erfolgt. Eine solche Einzelbewertung
lässt zum einen die typisierte, verkehrsmittelunabhängige
Ermittlung der Entfernungspauschale auf der Grundlage der
Entfernungskilometer unberührt. Gleichzeitig knüpft sie
an die Angaben des Steuerpflichtigen zur Anzahl der Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an, so dass auch der
Vereinfachungszweck des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG
erhalten bleibt.
|
|
|
29
|
3. Nach diesen Maßstäben hat das FG
im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Kläger für
seine Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Werbungskosten in Höhe von 3.495,90 EUR geltend machen kann.
Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
|
|
|
12 Hin- und Rückfahrten (12 x 271 km x
0,30 EUR/km):
|
975,60
EUR
|
|
|
31 Hinfahrten (31 x 271 x 0,15 EUR/km):
|
1.260,15 EUR
|
|
|
31 Rückfahrten (31 x 271 x 0,15
EUR/km):
|
1.260,15 EUR
|
|
|
Summe:
|
3.495,90 EUR
|
|
|
|
30
|
Da das FA bereits Werbungskosten für die
Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in
Höhe von 3.984 EUR steuermindernd berücksichtigt hat,
kommt ein weiterer Werbungskostenabzug nicht in Betracht.
|
|
|
31
|
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|
|
|
|
|
|