Der Streitwert wird auf 939.773 EUR
festgesetzt.
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I. Mit Urteil vom 21.2.2018 II R 21/15
(BFHE 261, 62 = SIS 18 08 43) hat der Senat eine Klage der
Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin
(Klägerin) gegen die Festsetzung von
Spielvergnügungsteuer abgewiesen und ihr die Kosten auferlegt.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) stellte der
Klägerin eine Kostenrechnung. Sie ging dabei von einem
Streitwert in Höhe von 939.773 EUR aus, auf den sie eine
Gebühr von 25.780 EUR errechnete.
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Am 23.11.2018 hat die Klägerin
Streitwertbeschwerde und Erinnerung eingelegt. Sie gehe davon aus,
dass der Senat den Streitwert entsprechend festgesetzt habe. Es
handele sich dabei um den streitig gewesenen Betrag der
Spielvergnügungsteuer. Hätte sie obsiegt, hätte sie
aber auf die zu erstattende Steuer insgesamt 31,45 % Ertragsteuern
(15 % Körperschaftsteuer und 16,45 % Gewerbesteuer) zahlen
müssen, was einem Betrag von 295.558,60 EUR entspreche. Es sei
folglich höchstens der Differenzbetrag von 644.214,40 EUR als
Streitwert anzusetzen.
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Tatsächlich ist bisher kein Beschluss
über den Streitwert ergangen.
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II. Der Senat setzt zunächst den
Gebührenstreitwert fest, bevor über die Erinnerung
entschieden wird. Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 des
Gerichtskostengesetzes (GKG) wird der Gebührenstreitwert in
Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nur
festgesetzt, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die
Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen
hält. Es kann offenbleiben, ob die Eingabe der Klägerin,
die irrig davon ausgeht, der Streitwert sei bereits gerichtlich
festgesetzt, in einen Antrag auf Streitwertfestsetzung umgedeutet
werden kann. Zumindest ist diese Festsetzung angemessen i.S. der
Vorschrift. Der Klägerin entsteht hierdurch kein Nachteil, da
die Entscheidung gerichtsgebührenfrei ergeht.
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III. Der Streitwert ist auf 939.773 EUR
festzusetzen. Es handelt sich - was für sich genommen
unstreitig ist - um den streitgegenständlichen Betrag der
Spielvergnügungsteuer. Er ist nicht um gegenläufige
ertragsteuerliche Folgewirkungen zu mindern.
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1. Der Streitwert bestimmt sich nach
Maßgabe des GKG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur
Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) vom 23.7.2013 (BGBl I
2013, 2586), in Kraft seit dem 1.8.2013. Nach § 71 Abs. 1 Satz
1 GKG werden in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten
einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, die Kosten
nach bisherigem Recht erhoben. Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG
gilt dies jedoch nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das
nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden
ist. Bereits die der Revision vorausgegangene Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision wurde erst im Jahre 2014 eingelegt, so
dass jedenfalls die Gesetzesfassung des 2. KostRMoG maßgebend
ist. Das betrifft im Streitfall insbesondere § 52 Abs. 3 Satz
2 GKG, der erst durch das 2. KostRMoG eingefügt worden
ist.
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2. Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ist in
Fällen, in denen der Antrag des Klägers eine bezifferte
Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft,
deren Höhe maßgebend. Die angefochtenen Bescheide
betreffend die Spielvergnügungsteuer sind solche
Verwaltungsakte, so dass im Grundsatz allein die Höhe der
begehrten Steuerdifferenz den Streitwert bestimmt.
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3. Eine Minderung des Streitwerts, die darauf
beruht, dass die begehrte Steuerminderung ihrerseits - auch
zwangsläufig - zu einer anderweitigen Steuererhöhung
führt, findet nicht statt.
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a) Eine ausdrückliche Vorschrift, die
sich mit weiteren Auswirkungen eines auf Geldleistungen bezogenen
Verwaltungsakts befasst, enthält lediglich § 52 Abs. 3
Satz 2 GKG. Diese Norm erlaubt die Anpassung des Streitwerts im
Streitfall nicht.
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aa) Nach dieser Vorschrift ist, wenn der
Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf
künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf
derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte hat, die
Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag
der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen
für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache
des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf.
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bb) Es kann im Streitfall dahinstehen, ob die
ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen der Spielvergnügungsteuer
bzw. deren Erstattung offensichtlich absehbare Auswirkungen auf
noch zu erlassende geldleistungsbezogene Verwaltungsakte i.S.
dieser Vorschrift darstellen. Die Vorschrift führt nach ihrem
eindeutigen Wortlaut als Rechtsfolge nur zu einer Anhebung des
Streitwerts, nicht aber zu einer Minderung.
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b) Jenseits dieser Vorschrift ist eine
Anpassung des nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG bezifferten
Streitwerts mit Rücksicht auf Folgewirkungen nicht
möglich.
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aa) Bereits vor Einfügung des § 52
Abs. 3 Satz 2 GKG durch das 2. KostRMoG entsprach es ständiger
Rechtsprechung des BFH zu § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, dass
für die Bemessung des Streitwerts nicht das gesamte geldwerte
Interesse maßgebend war, das ein Steuerpflichtiger an der
Durchführung des Verfahrens hatte, sondern lediglich der
Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten wurde, und zwar
zugunsten wie zu Lasten des jeweiligen Kostenschuldners (vgl. im
Einzelnen BFH-Beschluss vom 16.12.2015 X E 20/15, BFH/NV 2016, 573
= SIS 16 05 09, Rz 11 bis 14, m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist
§ 52 Abs. 3 Satz 2 GKG als Ausnahmevorschrift zu verstehen,
die lediglich unter den dort bestimmten Voraussetzungen die
Berücksichtigung weiterer wirtschaftlicher Folgen erlaubt. Im
Umkehrschluss verstieße eine Ausdehnung über den
Regelungsbereich dieser Vorschrift hinaus gegen das gesetzliche
Konzept (so wohl auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 573 = SIS 16 05 09, Rz 20; vgl. etwa auch Beschluss des Finanzgerichts des Landes
Sachsen-Anhalt vom 15.9.2015 3 KO 962/15, EFG 2015, 2108 = SIS 15 24 59, Rz 55).
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§ 52 Abs. 3 Satz 2 GKG diente schon bei
seiner Einführung nicht einer allgemeinen Erweiterung der
Streitwertbestimmung, sondern dem punktuellen Zweck, der
insbesondere in finanzgerichtlichen Verfahren beobachteten
systematischen Unterbewertung von Streitwerten im Verhältnis
zu ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung für den
Kläger entgegenzuwirken (vgl. die Gesetzesbegründung in
BTDrucks 17/11471, S. 245). Dies betrifft jahresbezogene
Musterprozesse mit jahresübergreifender Bedeutung. Die in
§ 52 Abs. 3 Satz 2 GKG enthaltene Beschränkung auf die
Anhebung von Streitwerten spiegelt diese begrenzte Funktion exakt
wider. Es wäre daher ein Eingriff in die gesetzliche
Systematik, den nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG bestimmten
Streitwert jenseits des § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG durch
Einbeziehung von Folgewirkungen zu ändern.
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bb) Es bestehen keine durchgreifenden
verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den begrenzten
Anwendungsbereich des § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG und die dadurch
mittelbar bewirkte Ausklammerung sonstiger wirtschaftlicher
Interessen aus der Streitwertbestimmung. Die Vorschrift führt
zwar dazu, dass Folgewirkungen eines Steuerbescheids den Streitwert
erhöhen, nicht aber senken können. Da das
Gebührenrecht indes in erheblichem Maße auf
Typisierungen aufbaut, erachtet der Senat diese Differenzierung
für zulässig, zumal auch der Mindeststreitwert nach
§ 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG die Untergrenze kennt.
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IV. Die Entscheidung ergeht
gerichtsgebührenfrei.
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