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Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer, Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben, Berücksichtigung von persönlichen Steuerbefreiungen

Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer, Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben, Berücksichtigung von persönlichen Steuerbefreiungen: 1. Die nach § 35 b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen aus der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes herrühren, der sowohl von Todes wegen erworben worden ist als auch tatsächlich der Erbschaftsteuer unterlegen hat; der in Anspruch genommene persönliche Freibetrag (§ 16 ErbStG) ist anteilig abzuziehen. - 2. Die auf die begünstigten Einkünfte anteilig entfallende Einkommensteuer ist nach dem Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) zu ermitteln. - 3. Beim Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben ermittelt sich der Ermäßigungsprozentsatz des § 35 b Satz 2 EStG durch Gegenüberstellung der anteiligen, auf die von Todes wegen erworbenen Vermögensteile entfallenden Erbschaftsteuer und des Betrags, der sich ergibt, wenn dem anteiligen steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzugerechnet wird. - Urt.; BFH 13.3.2018, IX R 23/17; SIS 18 11 94

Kapitel:
Privatbereich > Erbschaft- und Schenkungsteuer
Fundstellen
  1. BFH 13.03.2018, IX R 23/17 (ECLI:DE:BFH:2018:U.130318.IXR23.17.0)
    BStBl 2018 II S. 593
    DStR 2018 S. 1761

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.9.2018
    R. Halaczinsky in UVR 11/2018 S. 330
    B. Kaminski in Stbg 1/2019 S. M 8
    B. Paus in NWB 3/2019 S. 104
    E. Ratschow in BFH/PR 11/2018 S. 283
    G. Rüsch in FR 5/2019 S. 229
    -/- in NWB 35/2018 S. 2530
Normen
[EStG a.F.] § 35
[EStG] § 17, § 35 b
[ErbStG] § 3, § 5, § 10 Abs. 1, § 14, § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 17
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 31.05.2017, SIS 17 16 83, Steuerermäßigung, Erbschaftsteuer, Vorerwerb, Erwerb von Todes wegen, Erwerb, Wesentliche Beteiligung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Köln 27.10.2022, SIS 23 06 24, Zinsen aus der Abzinsung eines ratierlich gezahlten Kaufpreises als Einkünfte aus Kapitalvermögen: 1. Im ...
  • BFH 25.6.2021, SIS 22 05 02, Erwerb durch Zwischenberechtigte eines anglo-amerikanischen Trusts, im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH...
  • BFH 25.6.2021, SIS 22 05 06, Erwerb durch Zwischenberechtigte eines anglo-amerikanischen Trusts: 1. Zwischenberechtigter einer ausländ...
  • FG München 19.3.2019, SIS 19 07 95, Veräußerung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile: 1. Nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG führt im Fall der unen...

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 31.5.2017 2 K 489/16 E aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Revision der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

 

1

I. Streitig ist die Höhe der Steuerermäßigung nach § 35b des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2011 anwendbaren Fassung (EStG).

 

 

 

 

 

 

2

Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden für das Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger und sein Vater gründeten mit notariellem Vertrag vom ...11.2008 die ... GmbH (GmbH). Im Rahmen der Gründung brachte der Vater des Klägers sein Einzelunternehmen in die GmbH ein. Der Kläger war zu 49 % und sein Vater zu 51 % an der GmbH beteiligt. Aufgrund des persönlichen Freibetrags des Klägers fiel für ihn keine Schenkungsteuer an.

 

 

 

 

 

 

3

Am ...7.2009 starb der Vater. Auf den Kläger wurde infolge eines Vermächtnisses ein weiterer GmbH-Anteil in Höhe von 26 % übertragen. Sein Bruder schlug das auf ihn entfallende Vermächtnis aus, so dass der Kläger als Ersatz-Vermächtnisnehmer auch den restlichen Geschäftsanteil von 25 % erhielt.

 

 

 

 

 

 

4

Im Streitjahr veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile an der GmbH und erzielte einen Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 EStG in Höhe von 786.167 EUR.

 

 

 

 

 

 

5

Die Erbschaftsteuer des Klägers wurde auf 28.336 EUR festgesetzt:

 

 

 

Erwerb durch Vermächtnis (GmbH-Anteil)

322.570 EUR

 

 

 

Steuerbefreiung nach § 13a des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)

./. 53.040 EUR

 

 

 

Erwerb von Todes wegen

269.530 EUR

 

 

 

Gesamtwert der Vorerwerbe (§ 14 ErbStG)

+ 388.080 EUR

 

 

 

Freibetrag gemäß § 16 Abs. 1 ErbStG

./. 400.000 EUR

 

 

 

steuerpflichtiger Erwerb (abgerundete Bemessungsgrundlage)

 257.600 EUR

 

 

 

 

 

 

 

x Steuersatz von 11 %

= 28.336 EUR

 

 

 

 

 

6

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) gewährte mit dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 16.6.2014 zunächst antragsgemäß wegen der Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer eine Steuerermäßigung nach § 35b EStG in Höhe von 13.809 EUR. Nach Überprüfung kam das FA zu dem Ergebnis, dass die Steuerermäßigung auf 4.412 EUR zu kürzen sei und änderte die Einkommensteuerfestsetzung für 2011 mit Bescheid vom 28.8.2015 entsprechend (Summe der Einkünfte: 963.292 EUR; um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer: 382.826 EUR).

 

 

 

 

7

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie geltend machten, die Einkommensteuer sei gemäß § 35b EStG um insgesamt 11.262 EUR zu ermäßigen. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.1.2016 als unbegründet zurück.

 

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) hat der gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.1.2016 gerichteten Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Nach Auffassung des FG ist die Einkommensteuer gemäß § 35b EStG um insgesamt 4.616 EUR zu ermäßigen. Zur Begründung hat das FG in seinem in EFG 2017, 1450 = SIS 17 16 83 veröffentlichten Urteil vom 31.5.2017 2 K 489/16 E u.a. ausgeführt, begünstigt seien nur Vermögensteile, die als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Nicht begünstigt seien dagegen Vorerwerbe durch Schenkung. Es komme daher nur eine anteilige Ermäßigung nach § 35b EStG in Betracht. Der Erwerb von Todes wegen sei bei der Anwendung von § 35b Satz 1 EStG aber nicht um den persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG zu mindern. Dieser werde bei der Ermittlung des Ermäßigungsprozentsatzes nach § 35b Satz 2 EStG zu Ungunsten des Steuerpflichtigen hinzugerechnet und bleibe deshalb bei der Anwendung von § 35b Satz 1 EStG außer Betracht. Als Erwerb von Todes wegen seien somit 269.530 EUR anzusetzen. Der Prozentsatz i.S. des § 35b Satz 2 EStG betrage 4,31 % (Summe der Erbschaftsteuer = 28.336 EUR : 657.610 EUR [steuerpflichtiger Erwerb 257.610 EUR zzgl. persönlicher Freibetrag 400.000 EUR] = 0,04308, aufgerundet 4,31 %). Die Steuerermäßigung sei daher wie folgt zu berechnen:

 

 

Begünstigte Einkünfte

269.530 EUR

 

 

x um Steuerermäßigung gekürzte tarifliche Einkommensteuer

382.826 EUR

 

 

: Summe der Einkünfte

963.292 EUR

 

 

= anteilige Einkommensteuer auf die begünstigten Einkünfte

107.115 EUR

 

 

x Prozentsatz (4,31 %) Steuerermäßigung

4.616 EUR

 

 

 

 

 

9

Gegen das Urteil haben sowohl die Kläger als auch das FA Revision eingelegt. Beide rügen jeweils die Verletzung materiellen Rechts (§ 35b EStG).

 

 

 

 

10

Das FA meint, das FG habe § 35b Satz 1 EStG unzutreffend ausgelegt. Begünstigt seien nur Einkünfte, die auch betragsmäßig in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage (steuerpflichtiger Erwerb) eingegangen seien. Deshalb müsse der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG bei der Anwendung von § 35b Satz 1 EStG (zumindest anteilig) abgezogen werden.

 

 

 

 

11

Entfalle die festgesetzte Erbschaftsteuer - wie im Streitfall - teilweise auf nach § 35b Satz 1 EStG nicht begünstigte Vorerwerbe durch Schenkung und teilweise auf einen begünstigten Erwerb von Todes wegen, müsse der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG für die Anwendung von § 35b EStG zudem verhältnismäßig aufgeteilt werden. Es könne nicht angenommen werden, dass der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG in voller Höhe vorrangig den Vorerwerb durch Schenkung gemindert habe. Dann ergebe sich eine Steuerermäßigung von nur noch 1.809 EUR (rechnerisch richtig: 1.808 EUR).

 

 

 

 

12

Mit Datum vom 18.5.2017 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung auf und änderte insoweit den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 28.8.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.1.2016.

 

 

 

 

13

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision der Kläger zurückzuweisen.

 

 

 

 

14

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 18.5.2017 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Steuerermäßigung gemäß § 35b EStG in Höhe von 11.262 EUR angesetzt wird und die Revision des FA zurückzuweisen.

 

 

 

 

15

Die Kläger meinen, das FG habe § 35b Satz 2 EStG unrichtig angewandt. Der Ermäßigungsprozentsatz betrage 10,51 %. Der festgesetzten Erbschaftsteuer (28.336 EUR) sei der Betrag gegenüber zu stellen, der sich ergibt, wenn der steuerpflichtige Erwerb von Todes wegen (257.610 EUR) nur um den anteiligen noch nicht durch Vorerwerbe verbrauchten persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG (400.000 EUR ./. 388.080 EUR = 11.920 EUR) erhöht wird (28.336 EUR : 269.530 EUR = 10,51 %). Im Hinblick auf die Anwendung von § 35b Satz 1 EStG halten die Kläger das angefochtene Urteil dagegen für zutreffend. Die Steuerermäßigung betrage deshalb (107.115 EUR x 10,51 % = 11.261,13 EUR, bzw. rechnerisch richtig: 11.258 EUR).

 

 

 

 

16

II. Die Revision des FA ist begründet

(1.). Das FG hat § 35b Satz 1 EStG rechtsfehlerhaft angewandt. Entfällt die festgesetzte Erbschaftsteuer teilweise auf nach § 35b Satz 1 EStG nicht begünstigte Vorerwerbe und teilweise auf einen begünstigten Erwerb von Todes wegen, muss der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG für die Anwendung von § 35b Satz 1 EStG, d.h. bei der Ermittlung der nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte, verhältnismäßig aufgeteilt werden. Die begünstigten Einkünfte betragen danach im Streitfall nur 105.570 EUR; die auf sie anteilig entfallende Einkommensteuer 41.955 EUR.

 

 

 

 

17

Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg

(2.). Das FG hat den Ermäßigungsprozentsatz nach § 35b Satz 2 EStG im Ergebnis zutreffend mit 4,31 % bemessen.

 

 

 

 

18

1. a) Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird gemäß § 35b Satz 1 EStG auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um den in Satz 2 bestimmten Prozentsatz ermäßigt. Der Prozentsatz bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden (§ 35b Satz 2 EStG).

 

 

 

 

19

b) Die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) eingeführte Vorschrift entspricht nahezu wörtlich der zwischen 1975 und 1998 geltenden und durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 aufgehobenen Bestimmung des § 35 EStG i.d.F. des Einkommensteuerreformgesetzes vom 5.8.1974 (BGBl I 1974, 1769) - EStG a.F. - . Da nach der Gesetzesbegründung § 35b EStG inhaltlich dem § 35 EStG a.F. entspricht (Bericht des Finanzausschusses vom 26.11.2008, BTDrucks 16/11107 S. 25), ist die zu § 35 EStG a.F. ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Grundsatz auch bei der Auslegung des § 35b EStG zu berücksichtigen.

 

 

 

 

20

c) Zur Berechnung der Steuerermäßigung müssen zunächst zwei Maßgrößen ermittelt werden, zum einen die anteilig auf die nach § 35b Satz 1 begünstigten Einkünfte entfallende Einkommensteuer und zum anderen der Ermäßigungsprozentsatz gemäß § 35b Satz 2 EStG. Der Betrag nach § 35b Satz 1 EStG multipliziert mit dem Ermäßigungsprozentsatz ergibt den Betrag der Steuerermäßigung.

 

 

 

 

21

d) Begünstigt sind nach § 35b Satz 1 EStG „Einkünfte, die als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben“. Der Wortlaut des Relativsatzes ist ungenau, da der Erbschaftsteuer nicht Einkünfte, sondern Bereicherungen unterliegen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG; so bereits BFH-Urteile vom 7.12.1990 X R 72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350 = SIS 91 08 11; vom 21.12.1994 I R 79/94, BFHE 176, 417, BStBl II 1995, 321 = SIS 95 09 52, jeweils zu § 35 EStG a.F.). Bei sinngemäßem Verständnis erfasst § 35b EStG danach Fälle, in denen der von Todes wegen hinzu erworbene Vermögensgegenstand - z.B. nach einer steuerpflichtigen Veräußerung - mit seinem Wert zusätzlich der Einkommensteuer unterworfen ist.

 

 

 

 

22

Nicht nach § 35b Satz 1 EStG begünstigt sind dagegen solche Einkünfte, die sich aus (der Veräußerung von) Vermögensgegenständen ergeben, die einer Vorbelastung mit Schenkungsteuer unterlegen haben. Zwar kann es auch insoweit zu einer Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer kommen. Der Wortlaut der Vorschrift ist insofern aber eindeutig. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht.

 

 

 

 

23

Werden sowohl Anteile veräußert, die im Wege der Erbfolge erworben worden sind, als auch Anteile, die nicht im Wege der Erbfolge oder nicht in dem in § 35b EStG vorgesehenen zeitlichen Zusammenhang mit der Erbfolge erworben worden sind, muss der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn aufgeteilt werden. Begünstigt ist der Veräußerungsgewinn nur insoweit, als er sich aus der Veräußerung der mit Erbschaftsteuer belasteten Anteile ergibt (so schon BFH-Urteil vom 10.3.1988 IV R 226/85, BFHE 153, 318, BStBl II 1988, 832 = SIS 88 16 33, unter II., zu § 35 EStG a.F.).

 

 

 

 

24

e) Die nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen bei ihrem Hinzuerwerb tatsächlich mit Erbschaftsteuer belastet worden sein (so schon BFH-Urteil in BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350 = SIS 91 08 11, zu § 35 EStG a.F.). Sie müssen eine Belastung mit Erbschaftsteuer ausgelöst haben. Nach ihrem Sinn und Zweck soll die Vorschrift der „Doppelbelastung“ bestimmter Vermögenswerte mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer Rechnung tragen (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 26.11.2008, BTDrucks 16/11107, S. 25). An einer Doppelbelastung fehlt es aber, soweit der hinzuerworbene Vermögensgegenstand z.B. im Anwendungsbereich des persönlichen Freibetrags nach § 16 ErbStG eine Belastung mit Erbschaftsteuer nicht ausgelöst hat. Insoweit besteht kein Grund für eine tarifliche Entlastung.

 

 

 

 

25

Daraus ergibt sich, dass im Anwendungsbereich von § 35b Satz 1 EStG der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG in Abzug zu bringen ist. Soweit die nach dem ErbStG steuerbare Bereicherung aufgrund des persönlichen Freibetrags nicht zu einer Belastung mit Erbschaftsteuer geführt hat, kommt die Anwendung von § 35b Satz 1 EStG nicht in Betracht.

 

 

 

 

26

Der davon abweichenden Auffassung des FG folgt der Senat nicht. Die systematische Erwägung des FG, wonach der persönliche Freibetrag gemäß § 16 ErbStG bereits bei der Ermittlung des Ermäßigungsprozentsatzes nach § 35b Satz 2 EStG zu Ungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden muss, trifft zwar im Ausgangspunkt zu, erlaubt aber angesichts des klaren Wortlauts der Vorschrift und ihres erkennbaren Sinns und Zwecks nicht den Schluss, auch solche Einkünfte als begünstigt anzusehen, die aufgrund des persönlichen Freibetrags tatsächlich eine Belastung mit Erbschaftsteuer nicht ausgelöst haben.

 

 

 

 

27

f) Sind in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer sowohl nach § 35b Satz 1 EStG begünstigte, als auch nach § 35b Satz 1 EStG nicht begünstigte „Einkünfte“ eingegangen, ist der persönliche Freibetrag gemäß § 16 ErbStG im Verhältnis der Einkünfte zueinander aufzuteilen und anteilig bei den jeweiligen Einkünften abzuziehen.

 

 

 

 

28

Der Senat folgt damit der vom FA mit der Revision vertretenen Auffassung. Die gegenteilige Ansicht, wonach der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG vorrangig bis zur Höhe des Vorerwerbs von diesem abzuziehen ist, findet in § 35b Satz 1 EStG keine hinreichende Grundlage. Es kann dahinstehen, ob der Ansicht der Kläger zu folgen ist, dass der persönliche Freibetrag bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer vorrangig vom notwendig früheren Vorerwerb abzuziehen ist. Diese für die Erbschaftsteuer geltende Systematik entfaltet jedenfalls keine Bindungswirkung für die Einkommensteuer und prägt auch nicht die Anwendung von § 35b Satz 1 EStG. In Anbetracht des Sinns und Zwecks der Vorschrift, eine effektive Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer zu mindern, besteht im vorliegenden Zusammenhang auch kein Grund für eine Meistbegünstigung des Steuerpflichtigen. Dem Auftrag des Gesetzes entspricht es vielmehr, in solchen Mischfällen danach zu fragen, welcher Teil der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage auf den Erwerb von Todes wegen entfällt. Dies gebietet eine anteilige Berücksichtigung des persönlichen Freibetrags nach § 16 ErbStG.

 

 

 

 

29

g) Die auf die begünstigten Einkünfte anteilig entfallende Einkommensteuer ist nach dem Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) zu ermitteln (Blümich/Schallmoser, § 35b EStG Rz 37; Keß, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35b Rz C 8; Schmidt/Kulosa, 36. Aufl., § 35b Rz 22; a.A. Merten, FR 1975, 595, 597, zu § 35 EStG a.F.: Gesamtbetrag der Einkünfte). Der Aufteilungsmaßstab lässt sich zwar der Bestimmung nicht ausdrücklich entnehmen, allerdings entspricht die Formulierung insoweit dem Wortlaut des § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG. Der in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG vorgesehene Aufteilungsmaßstab, wonach der maßgebliche Teil der Einkommensteuer in der Weise zu ermitteln ist, dass die Einkommensteuer im Verhältnis der betreffenden Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird, lässt sich insoweit auf § 35b EStG übertragen. Um die Einkommensteuer auf die begünstigten Einkünfte zu berechnen, ist daher der Betrag der um sonstige Steuerermäßigungen gekürzten tariflichen Einkommensteuer mit dem Quotienten aus dem Betrag der begünstigen Einkünfte und dem Betrag der Summe der Einkünfte zu multiplizieren.

 

 

 

 

30

h) Nach diesen Grundsätzen ergeben sich im Streitfall gemäß § 35b Satz 1 EStG begünstigte Einkünfte von 105.570 EUR und eine auf diese Einkünfte entfallende anteilige (begünstigte) Einkommensteuer von 41.955 EUR:

 

 

 

 

 

 

 

31

 

Erwerb von Todes wegen

Vorerwerb

 

 

 

 

 322.570 EUR

 588.000 EUR

 

 

 

Steuerbefreiung (§ 13a ErbStG)

./. 53.040 EUR

./. 199.920 EUR

 

 

 

Gesamterwerb 657.610 EUR

 269.530 EUR

 388.080 EUR

 

 

 

 

= 40,99 % des Gesamterwerbs

= 59,01 % des Gesamterwerbs

 

 

 

Persönlicher Freibetrag (§ 16 ErbStG)

40,99 % von
 400.000 EUR = 163.960 EUR

59,01 % von
400.000 EUR = 236.040 EUR

 

 

 

Erwerb von Todes wegen, der der Erbschaftsteuer unterlegen hat



105.570 EUR

 

 

 

 

 

 

 

 

Begünstigte Einkünfte

105.570 EUR

 

 

 

x um Steuerermäßigung gekürzte tarifliche Einkommensteuer

382.826 EUR

 

 

 

: Summe der Einkünfte

963.292 EUR

 

 

 

= anteilige begünstigte Einkommensteuer

 41.955 EUR

 

 

 

 

 

32

2. Im Ergebnis zutreffend hat das FG den Prozentsatz nach § 35b Satz 2 EStG mit 4,31 % ermittelt.

 

 

 

 

33

a) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist bei der Anwendung von § 35b Satz 2 EStG der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG (u.a.) dem steuerpflichtigen Erwerb im Grundsatz in voller Höhe hinzuzurechnen. Der Gegenansicht der Kläger kann sich der Senat nicht anschließen. Ein Grund für eine bloße Anrechnung des noch nicht durch Vorerwerbe verbrauchten persönlichen Freibetrags besteht nicht und ist auch nicht dargetan.

 

 

 

 

34

b) Sind in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer sowohl nach § 35b Satz 1 EStG begünstigte, als auch nach § 35b Satz 1 EStG nicht begünstigte „Einkünfte“ eingegangen und ist der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG deshalb bei der Ermittlung der nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte verhältnismäßig aufgeteilt worden, ist nur der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzuzurechnen.

 

 

 

 

35

Der Ermäßigungsprozentsatz ermittelt sich dann durch Gegenüberstellung der anteilig auf die von Todes wegen erworbenen Vermögensteile entfallende Erbschaftsteuer und dem Betrag, der sich ergibt, wenn dem anteiligen steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzugerechnet wird:

 

 

 

anteilige Erbschaftsteuer (28.336 EUR x 0,4099)

 

11.615 EUR
(aufgerundet)

 

 

 

begünstigte Einkünfte

105.570 EUR

 

 

 

 

anteiliger Freibetrag

163.960 EUR

269.530 EUR

 

 

 

 

 

 

 

11.615 : 269.530 = 4,31 % (aufgerundet)

 

 

 

 

 

 

36

c) Nach diesen Maßstäben beträgt die Steuerermäßigung gemäß § 35b EStG im Streitfall 1.808 EUR:

 

 

 

anteilige Einkommensteuer

41.955 EUR

 

 

 

Ermäßigungsprozentsatz

4,31 %

 

 

 

41.955 x 4,31 : 100 = 1.808 EUR

 

 

 

 

 

 

 

37

3. Die Sache ist spruchreif. Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Revision der Kläger ist zurückzuweisen.

 

 

 

 

 

 

38

An einer höheren Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr ist der Senat wegen des Verböserungsverbots gehindert, so dass es insoweit bei der im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 18.5.2017 gewährten Steuerermäßigung nach § 35b EStG in Höhe von 4.412 EUR verbleibt.

 

 

 

 

 

 

39

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.