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Maßgebliche Mieten im Ertragswertverfahren

Maßgebliche Mieten im Ertragswertverfahren: Eine Zurückrechnung der bei der Bewertung im Ertragswertverfahren zugrunde zu legenden Mieten aus aktuellen Mietspiegeln ist nicht zulässig. - Urt.; BFH 16.5.2018, II R 37/14; SIS 18 10 25

Kapitel:
Haus - und Grundbesitz > Einheitsbewertung / Haus- und Grundbesitz
Fundstellen
  1. BFH 16.05.2018, II R 37/14 (ECLI:DE:BFH:2018:U.160518.IIR37.14.0)
    BStBl 2018 II S. 692

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 18.10.2018
    H.-D. Fumi in BFH/PR 10/2018 S. 257
    B. Kaminski in Stbg 2/2019 S. M 11
    -/- in NWB 31/2018 S. 2236
Normen
[BewG] § 27, § 76 Abs. 1, § 78, § 79, § 80
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 29.04.2014, SIS 14 20 30, Einheitsbewertung, Verfassungsmäßigkeit, Gleichbehandlung, Beitrittsgebiet, Grundsteuer
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 18.9.2019, SIS 19 18 78, Berücksichtigung bauordnungsrechtlicher Einschränkungen bei der Einheitsbewertung von Grundstücken: 1. Be...
  • FG Berlin-Brandenburg 14.8.2019, SIS 22 11 13, Grundbuchlich gesichertes Dauernutzungsrecht an vier Pkw-Abstellplätzen in Tiefgarage als wirtschaftliche...
  • Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder 3.6.2019, SIS 19 06 85, Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens ein...
  • BFH 22.5.2019, SIS 19 12 05, Wertfortschreibung zur Beseitigung eines Bewertungsfehlers: 1. Ein Bewertungsfehler liegt vor, wenn die F...
  • FG Berlin-Brandenburg 6.3.2019, SIS 19 07 42, Schätzung der Jahresrohmiete für ein Ladengeschäft, keine Rückrechnung am Bewertungsstichtag tatsächlich ...
  • Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder 18.1.2019, SIS 19 00 10, Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens ein...
  • FG Berlin-Brandenburg 12.12.2018, SIS 21 09 96, Einheitsbewertung eines eingeschossigen Lebensmittelselbstbedienungsmarkts mit integriertem Einzelshop (B...
  • BFH 19.9.2018, SIS 18 21 17, Verwendung eines Mietspiegels zur Schätzung der üblichen Miete im Ertragswertverfahren: 1. Die Heranziehu...

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 29.4.2014 3 K 3370/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) kaufte im Jahr 2007 im ehemaligen Westteil von Berlin ein mit einem 1981 errichteten Wohnhaus bebautes Grundstück. Im Jahr 2008 teilte er das Objekt in fünf Wohnungseigentumseinheiten und zwei Teileigentumseinheiten (Garagen) auf.

 

 

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) stellte für diese Einheiten im Wege der Nachfeststellung Einheitswerte auf den 1.1.2009 fest. Die Wohnungen bewertete das FA als Einfamilienhäuser - Wohnungs-/Teileigentum - im Ertragswertverfahren ausgehend von einem monatlichen Mietwert von 3,90 DM/qm (gute Ausstattung, Mietspiegelfeld Ia) und einem Vervielfältiger von 9,1 (Bauausführung A, Nachkriegsbau nach dem 20.6.1948). Für die Garagen als sonstige bebaute Grundstücke - Wohnungs-/Teileigentum - wurde der Wert im Sachwertverfahren ermittelt. Die festgestellten Einheitswerte betragen je 16.105 EUR für die Wohnungen Nr. 1 und 3, 20.451 EUR für die Wohnung Nr. 2, 19.582 EUR für die Wohnung Nr. 4, 16.974 EUR für die Wohnung Nr. 5 und je 1.636 EUR für die beiden Garagen.

 

 

3

Die Einsprüche und die auf Aufhebung der Einheitswertbescheide und der Einspruchsentscheidungen gerichtete Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Vorschriften über die Einheitsbewertung seien trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken auf den 1.1.2009 noch als verfassungsgemäß anzusehen. Es sei auch nicht zulässig, aus einem aktuellen Mietspiegel unter Berücksichtigung von Preisindices auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 zurückzurechnen. Das Urteil des FG ist in EFG 2014, 1460 = SIS 14 20 30 veröffentlicht.

 

 

4

Mit der Revision macht der Kläger geltend, die Vorschriften über die Einheitsbewertung seien zum Stichtag 1.1.2009 nicht mehr verfassungsgemäß gewesen. Es sei zu nicht mehr hinnehmbaren Wertverzerrungen gekommen. § 79 des Bewertungsgesetzes (BewG) müsse verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass die der Einheitsbewertung zugrunde zu legende Miete aus aktuellen Mietspiegeln durch Zurückrechnung auf den 1.1.1964 zu ermitteln sei.

 

 

5

Auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.10.2014 II R 37/14 (BFH/NV 2015, 309 = SIS 15 01 23) entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 10.4.2018 1 BvL 11/14 u.a. (DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71), dass die §§ 19, 20, 21, 22, 23, 27, 76, 79 Abs. 5, § 93 Abs. 1 Satz 2 BewG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes vom 22.7.1970 (BGBl I 1970, 1118), soweit sie bebaute Grundstücke außerhalb des Bereichs der Land- und Forstwirtschaft und außerhalb des in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiets betreffen, jedenfalls seit dem 1.1.2002 unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sind. Der Gesetzgeber ist nach dem Urteil verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31.12.2019 zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die als unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG festgestellten Regeln über die Einheitsbewertung weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden. Den Verfassungsbeschwerden 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12, über die das BVerfG mit dem Urteil in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71, ebenfalls entschied, gab das Gericht daher nur insoweit statt, als es feststellte, dass die angegriffenen BFH-Beschlüsse vom 18.1.2011 II B 74/10 und vom 24.2.2012 II B 110/11 sowie die vorangegangenen finanzgerichtlichen Urteile und Verwaltungsakte die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Aufgehoben wurden die Entscheidungen nicht. Es blieb daher auch bei den finanzgerichtlichen Kostenentscheidungen zulasten der Beschwerdeführer.

 

 

6

Der Kläger äußerte sich nicht zu diesem Urteil.

 

 

7

Er beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2010 und die Einheitswertbescheide vom 25.6.2010 aufzuheben.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

 

 

10

1. Die im Streitfall anwendbaren Vorschriften über die Einheitsbewertung waren zwar entgegen der Ansicht des FG im Feststellungszeitpunkt 1.1.2009 nicht mehr verfassungsgemäß. Sie dürfen aber nach dem BVerfG-Urteil in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71 auf diesen Zeitpunkt angewandt werden.

 

 

11

2. Die vom FA festgestellten Einheitswerte sind nicht zu beanstanden. Sie stehen in Einklang mit den maßgebenden Vorschriften.

 

 

12

a) Die Bewertung bebauter Grundstücke erfolgt abhängig von der Grundstücksart (§ 75 BewG) nach Maßgabe des § 76 BewG im Regelfall im Ertragswertverfahren, in Ausnahmefällen im Sachwertverfahren.

 

 

13

b) Das Ertragswertverfahren gilt nach § 76 Abs. 1 BewG für Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke, Einfamilien- und Zweifamilienhäuser. Die Höhe des Einheitswerts basiert gemäß § 78 Satz 1 BewG auf dem Grundstückswert, der den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert der Außenanlagen umfasst. Der Grundstückswert ergibt sich nach § 78 Satz 2 BewG durch Anwendung eines im Anhang zum BewG enthaltenen Vervielfältigers auf die zu erzielende Jahresrohmiete, die nach den Wertverhältnissen von 1964 bestimmt wird, unter Berücksichtigung gewisser pauschaler Ermäßigungen und Erhöhungen (§§ 81 und 82 BewG). Durch diese Bewertungsmethode soll in einem vereinfachten, typisierten Verfahren der Bodenwert wie auch der Gebäudewert in einem Rechenschritt ermittelt und so der gemeine Wert, also der Verkehrswert, des jeweiligen Grundstücks annähernd abgebildet werden (BVerfG-Urteil in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71, Rz 11).

 

 

14

Die maßgebliche Jahresrohmiete richtet sich gemäß § 79 Abs. 1 BewG vorrangig nach der für das Grundstück aufgrund vertraglicher Vereinbarungen im Hauptfeststellungszeitpunkt gezahlten tatsächlichen Miete. Unmittelbar anwendbar ist diese Vorgabe nur für Grundstücke, die im Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 bereits vermietet waren. Andernfalls bestimmt sich die Jahresrohmiete gemäß § 79 Abs. 2 BewG nach der üblichen Miete (BVerfG-Urteil in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71, Rz 112).

 

 

15

Die übliche Miete ist nach § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Maßgeblich bleiben für die Höhe der Miete auch bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen immer die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 (§§ 27, 79 Abs. 5 BewG).

 

 

16

c) Zur Ermittlung der üblichen Miete ziehen die Finanzbehörden überwiegend Mietspiegel heran, die regelmäßig nach Baujahren, mietpreisrechtlichen Gegebenheiten, Ausstattungsgruppen und Gemeindegrößen gegliederte Quadratmeter-Mieten zum Stand vom 1.1.1964 ausweisen. Im Hinblick auf die Ausstattungsgruppen unterteilen die Mietspiegel meist in einfache, mittlere, gute und sehr gute Ausstattung und legen hierfür Rahmensätze für die anzuwendenden Mietwerte fest (BVerfG-Urteil in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71, Rz 12, 113).

 

 

17

Die Heranziehung dieser auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 aufgestellten Mietspiegel für die Schätzung der üblichen Miete gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG auf diesen Zeitpunkt ist zulässig, wenn eine Schätzung der üblichen Miete im unmittelbaren Vergleich daran scheitert, dass nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbare vermietete Objekte am 1.1.1964 nicht oder nicht in hinreichender Zahl vorhanden waren und die Mietspiegel in ihren Aufgliederungen nach Mietpreisregelungen und den anderen gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG maßgebenden Kriterien (insbesondere Baujahr und Ausstattung) den vom Gesetz gestellten Anforderungen für die Schätzung der üblichen Miete entsprechen (BFH-Urteil vom 4.3.1999 II R 106/97, BFHE 188, 425, BStBl II 1999, 519 = SIS 99 15 24, m.w.N.).

 

 

18

d) Die vom Kläger begehrte Zurückrechnung der der Einheitsbewertung zugrunde zu legenden Mieten aus aktuellen Mietspiegeln ist mit §§ 27, 79 Abs. 2, 5 BewG nicht vereinbar. Dies ergibt sich daraus, dass die im Ertragswertverfahren gemäß § 80 BewG auf die Jahresrohmiete anzuwendenden und aus den Anlagen 3 bis ?8 zum Bewertungsgesetz ersichtlichen Vervielfältiger ebenfalls nach den Verhältnissen des Jahres 1964 ermittelt wurden. Der Konzeption der Vervielfältiger liegen Reinerträge zugrunde, die unter Berücksichtigung pauschalierter Bewirtschaftungskosten und Bodenertragsanteile, aufgegliedert nach Grundstücksarten, Baujahrgruppen und Gemeindegrößenklassen, ermittelt worden sind. Die Vervielfältiger können dementsprechend unmittelbar auf die Roherträge angewandt werden und sollen dabei zugleich die altersbedingten Unterschiede zwischen Grund und Boden und Gebäude miterfassen (BVerfG-Urteil in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71, Rz 120).

 

 

19

e) Dass die festgestellten Einheitswerte aus anderen Gründen fehlerhaft seien, hat weder der Kläger konkret vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

 

 

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Dies gilt auch dann, wenn wie im Streitfall das BVerfG die dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Vorschriften zwar rückwirkend für verfassungswidrig erklärt, aber zugleich deren weitere Anwendung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zugelassen hat und der Verwaltungsakt deshalb nicht aufzuheben oder zu ändern ist (BFH-Beschluss vom 18.3.1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473 = SIS 94 16 94). Diese Beurteilung steht im Einklang mit dem Urteil des BVerfG in DStR 2018, 791 = SIS 18 04 71, das die mit den Verfassungsbeschwerden 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12 angegriffenen BFH-Beschlüsse vom 18.1.2011 II B 74/10 und vom 24.2.2012 II B 110/11 sowie die vorangegangenen finanzgerichtlichen Urteile einschließlich der getroffenen Kostenentscheidungen zulasten der Beschwerdeführer trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes unverändert bestehen ließ.