Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 30.4.2015 1 K 264/13
aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Hamburg
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Streitig ist, ob der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) zur Einkommensteuer 2006 zu
veranlagen ist.
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Der Kläger reichte mit Schreiben vom
29.12.2011 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -
), eingegangen am 30.12.2011, seine Einkommensteuererklärung
für das Jahr 2006 ein. Neben Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit erklärte er Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung mit einem Werbungskostenüberschuss
von mehr als 5.000 EUR.
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Ein vom 20.9.2007 datierendes Schreiben des
FA hat den folgenden Wortlaut:
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„Sehr geehrter ...,
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nach dem Stand vom 10.09.2007 ist die
folgende Steuererklärung hier bisher nicht
eingegangen:
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Art der abzugebenden Steuererklärung
Einkommensteuer
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Zeitraum/Zeitpunkt 2006
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Ich bitte, die Steuererklärung
spätestens bis 22.10.2007
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bei dem oben bezeichneten Finanzamt
abzugeben. Sollte dies zwischenzeitlich bereits geschehen sein,
betrachten Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos.
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Falls Sie die Steuererklärung
allerdings vor mehr als zwei Wochen abgegeben haben oder der
Auffassung sind, zur Abgabe einer Steuererklärung nicht
verpflichtet zu sein, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie dieses
Schreiben mit einem kurzen Hinweis auf der Rückseite an das
Finanzamt zurücksenden würden.
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Vorsorglich weise ich darauf hin, dass das
Finanzamt berechtigt ist, weitere Maßnahmen (z.B. Festsetzung
von Zwangsgeld nach § 328 AO oder Schätzung nach §
162 AO) zu ergreifen, wenn ihm die Steuererklärung nicht bis
zum oben genannten Termin vorliegt. Wegen einer bereits
eingetretenen Verspätung oder wegen Nichtabgabe der
Steuererklärung kann im Übrigen nach § 152 AO ein
Verspätungszuschlag festgesetzt werden.
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Mit freundlichen Grüßen
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Ihr Finanzamt“.
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Das FA lehnte die Bearbeitung der
Einkommensteuererklärung ab, weil bereits
Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Es handele sich um
eine Antragsveranlagung, da keiner der Tatbestände des §
46 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt
sei.
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Das FA wies anschließend den
Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Das
Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Er beantragt, das Urteil des FG Hamburg vom
30.4.2015 1 K 264/13 aufzuheben und das FA unter Aufhebung des
Ablehnungsbescheids vom 9.1.2012 i.d.F. der Einspruchsentscheidung
vom 11.9.2013 zu verpflichten, den Kläger durch Bescheid
ordnungsgemäß zur Einkommensteuer 2006 zu
veranlagen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FA hat es zu Unrecht
abgelehnt, den Kläger zur Einkommensteuer 2006 zu
veranlagen.
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1. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) ist eine Steuerfestsetzung unzulässig,
wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist.
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Die Festsetzungsfrist für die
Einkommensteuer beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO
vier Jahre. Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des
Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1
AO). Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in der für das
Streitjahr geltenden Fassung beginnt die Festsetzungsfrist, wenn
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen
oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres,
in dem die Steuererklärung, Steueranmeldung oder die Anzeige
eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten
Kalenderjahres, das auf das Entstehen der Steuer folgt.
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Eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe
einer Steuererklärung wird auch dann begründet, wenn das
FA den Steuerpflichtigen nach § 149 Abs. 1 Satz 2 AO
auffordert, eine Steuererklärung abzugeben (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.11.1990 I R 71/89, BFHE 163, 414,
BStBl II 1991, 440 = SIS 91 13 61). Die Rechtslage bestimmt sich in
solchen Fällen nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO
(BFH-Urteil vom 13.10.1998 VIII R 35/95, BFH/NV 1999, 445 = SIS 98 50 44; BFH-Beschluss vom 17.1.2003 VII B 228/02, BFH/NV 2003, 594 =
SIS 03 21 90; vgl. auch Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler
- HHSp -, § 149 AO Rz 22; Banniza in HHSp, § 170 AO Rz
29).
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Teilweise wird der Regelungsgehalt einer
Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung und damit das
Vorliegen eines Verwaltungsakts allerdings verneint, wenn sich die
Steuererklärungspflicht als solche bereits aus dem Gesetz
ergibt (z.B. Söhn in HHSp, § 118 AO Rz 543). Nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt indes auch eine
gesetzeskonkretisierende Aufforderung zur Einreichung von
Unterlagen einen Verwaltungsakt dar (BFH-Beschluss vom 22.12.1993 I
B 59/93, nicht veröffentlicht; vgl. auch Seer in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 149 AO Rz 10, nach
dem § 149 Abs. 1 Satz 2 AO im Anwendungsbereich des § 149
Abs. 1 Satz 1 AO nur deklaratorische Bedeutung haben soll;
Dißars in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 149 AO Rz 33). Denn
das für die Unterscheidung zwischen einem Verwaltungsakt und
einer bloßen Vorbereitungshandlung maßgebliche
Kriterium ist im Steuerrecht die Erzwingbarkeit einer
Maßnahme nach den Vorschriften der §§ 328 ff. AO
(BFH-Urteil vom 10.11.1998 VIII R 3/98, BFHE 187, 386, BStBl II
1999, 199 = SIS 99 07 40; Heuermann in HHSp, § 149 AO Rz
17).
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Die abstrakte Pflicht zur Abgabe von
Steuererklärungen kann nicht bereits als solche mit
Zwangsmitteln durchgesetzt werden; sie bedarf vielmehr einer
Konkretisierung und Individualisierung durch einen Verwaltungsakt,
der erst die Grundlage für den Einsatz von Zwangsmitteln
darstellen kann (BFH-Urteil vom 16.11.2011 X R 18/09, BFHE 235,
452, BStBl II 2012, 129 = SIS 11 39 69).
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2. Im Einzelfall ist durch Auslegung zu
ermitteln, ob ein behördliches Handeln als Verwaltungsakt
anzusehen ist (vgl. auch Heuermann in HHSp, § 149 AO Rz 17).
Entscheidend ist, ob eine Äußerung des FA mit einem
für den Adressaten unmittelbar erkennbaren Erklärungswert
mit unmittelbarer Wirksamkeit nach außen vorliegt. Bei der
Prüfung der Frage, ob der Inhalt einer behördlichen
Erklärung einen Verwaltungsakt darstellt, ist das
Revisionsgericht nicht an eine Wertung durch das Tatsachengericht
gebunden, da es sich hierbei nicht um eine Tat-, sondern um eine
Rechtsfrage handelt (BFH-Urteile vom 7.8.1990 VII R 120/89, BFH/NV
1991, 569; vom 15.1.2015 I R 69/12, BFHE 249, 99 = SIS 15 11 53).
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3. Nach diesen Grundsätzen stellt das
Schreiben vom 20.9.2007 eine Aufforderung zur Abgabe einer
Steuererklärung in Form eines Verwaltungsakts dar. Der
Kläger wird darin unter Setzung eines Termins
unmissverständlich aufgefordert, die Steuererklärung
für 2006 einzureichen, weil sie dem FA bisher nicht vorliege.
Das FA weist zudem darauf hin, dass es berechtigt sei, zu
Zwangsmitteln zu greifen, sollte die Steuererklärung bis zum
genannten Termin nicht vorliegen. Mithin gibt die Behörde zu
erkennen, dass sie sich für berechtigt hält, die Abgabe
der angeforderten Steuererklärung mit den Mitteln des
Verwaltungszwangs durchzusetzen. Da - wie ausgeführt - das
maßgebliche Unterscheidungskriterium zwischen einem
Verwaltungsakt und einer sonstigen behördlichen Maßnahme
die Erzwingbarkeit ist, spricht dies entscheidend für das
Vorliegen einer Aufforderung in Form eines Verwaltungsakts. Dieser
Auslegung steht auch der Hinweis des FA nicht entgegen, wonach der
Kläger das Schreiben mit einem entsprechenden Vermerk
zurücksenden solle, falls er die Auffassung vertrete, er sei
zur Abgabe einer Steuererklärung nicht verpflichtet. Hierdurch
wurde die Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht in das
Belieben des Klägers gestellt, sondern nur in Aussicht
gestellt, die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zu
widerrufen oder zurückzunehmen, wenn der Kläger
hinreichende Gründe benenne, dass ihn keine
diesbezügliche Pflicht treffe. Auch kann aus dem Fehlen einer
Begründung bzw. einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht geschlossen
werden, dass keine Aufforderung zur Abgabe einer
Steuererklärung i.S. des § 149 Abs. 1 Satz 2 AO vorliegt
(vgl. BFH-Beschluss vom 16.2.2012 II B 99/11, BFH/NV 2012, 982 =
SIS 12 13 44).
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Da der Kläger demnach für das
Streitjahr 2006 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung
verpflichtet war, war die vierjährige Verjährungsfrist
infolge der Anlaufhemmung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
i.V.m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bei Einreichung der
Steuererklärung im Dezember 2011 noch nicht abgelaufen.
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4. Das FG ist teilweise von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil hat daher keinen
Bestand. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn das FG hat keine
Feststellungen zur Höhe der vorzunehmenden Steuerfestsetzung,
insbesondere hinsichtlich der erklärten Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung, getroffen. Die Sache war deshalb zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen.
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5. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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