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Aufbau eines Strukturvertriebes nicht steuerfrei

Aufbau eines Strukturvertriebes nicht steuerfrei: Keine steuerfreien Tätigkeiten als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler (§ 4 Nr. 11 UStG) sind die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern. - Urt.; BFH 3.8.2017, V R 19/16; SIS 17 16 48

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 03.08.2017, V R 19/16 (ECLI:DE:BFH:2017:U.030817.VR19.16.0)
    BStBl 2017 II S. 1207
    DStR 2017 S. 2219

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 16.11.2017
    -/- in NWB 41/2017 S. 3117
    M. Brill in DStZ 22/2017 S. 820
    P. Dodos in MwStR 23/2017 S. 962
    W. Tausch in UVR 1/2018 S. 5
    Ch. Wäger in BFH/PR 12/2017 S. 408
Normen
[UStG] § 4 Nr. 11
[FGO] § 118 Abs. 2
[RL 2006/112/EG] Art. 135 Abs. 1 Buchst. a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Sächsisches FG, 03.03.2016, SIS 16 15 70, Durchlaufender Posten, Steuerfreiheit, Versicherungsvertreter
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 14.12.2018, SIS 18 20 79, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2018: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten g...
  • BFH 28.2.2018, SIS 18 05 27, Zum Umfang der Sachaufklärungspflicht bei Versicherungsvermittlung und zum Rügeverlust: 1. Drängen sich d...

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 3.3.2016 8 K 942/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

1

I. Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (2009 und 2010) durch den Aufbau eines Strukturvertriebes an die I-AG steuerfreie Umsätze als Versicherungsmakler ausgeführt hat oder ob seine Umsätze steuerpflichtig sind.

 

 

2

Die I-AG zahlte an den Kläger zwischen September 2009 und Juni 2010 insgesamt 221.400 EUR, davon 90.000 EUR im Streitjahr 2009 und 131.400 EUR im Streitjahr 2010. Er war von der I-AG als „Strukturoberer“ in deren Strukturvertrieb eingeschaltet und verpflichtet, die Unterstrukturen aufzubauen. Zu diesem Zweck organisierte er Werbeveranstaltungen, trat als Referent auf und warb ca. 40 Makler an. Die Entgeltzahlungen wurden eingestellt, nachdem der Strukturaufbau seitens der I-AG beendet worden war.

 

 

3

Am 27.9.2009 schlossen der Kläger und seine Ehefrau jeweils einen Vertrag über eine fondsgebundene Rentenversicherung mit dem ausländischen Versicherungsunternehmen UL. Der monatliche Beitrag belief sich auf je 3.000 EUR, die Gesamtbeitragssumme bei einer vereinbarten Laufzeit bis zum Rentenbeginn von 45 Jahren auf je 1.620.000 EUR. Am selben Tage schlossen der Kläger und seine Ehefrau mit einem anderen ausländischen Versicherungsunternehmen, der CL, jeweils einen weiteren fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag mit monatlichen Beiträgen von je 2.000 EUR und Laufzeiten von 35 Jahren. Versicherte Person war hinsichtlich der vom Kläger abgeschlossenen Verträge eine im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 17-jährige Schülerin, hinsichtlich der von der Ehefrau des Klägers abgeschlossenen Verträge deren damals 29-jähriger Sohn aus erster Ehe. Als Vermittler aller Verträge trat ein Vertriebsdirektor der I-AG auf. Durch schriftliche Erklärungen vom 13.1.2010 traten der Kläger und seine Ehefrau alle Ansprüche aus den abgeschlossenen Versicherungen an die I-AG ab.

 

 

4

Der Kläger leistete zwischen November 2009 und August 2010 insgesamt 100.000 EUR an Beiträgen auf die genannten Versicherungen, davon 20.000 EUR im Jahr 2009 und 80.000 EUR im Jahr 2010. In der Folgezeit stellte der Kläger die Beitragszahlung ein. Die Versicherungsverträge wurden storniert; die Versicherungsunternehmen belasteten die der I-AG bereits ausgezahlten Provisionen zurück. Die Rückkaufswerte wurden der I-AG ausgezahlt. Im Jahr 2011 verklagte die I-AG den Kläger auf Rückzahlung von Provisionen in Höhe von 137.936 EUR. Nachdem das Landgericht der Klage erstinstanzlich stattgegeben hatte, wies das Oberlandesgericht die Klage im Jahr 2013 ab. Es stellte fest, die Zahlungen der I-AG an den Kläger hätten dem Aufbau eines Strukturvertriebes dienen und die I-AG habe sie über die ihr zufließenden Abschlussprovisionen refinanzieren sollen.

 

 

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) vertrat im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung die Auffassung, dass der Kläger durch den Aufbau eines Strukturvertriebes umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die I-AG ausgeführt habe und unterwarf diese der Umsatzsteuer.

 

 

6

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Mit Beschluss vom 27.5.2015 V B 31/15 (BFH/NV 2015, 1274 = SIS 15 16 77) hat der erkennende Senat das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 24.9.2014 8 K 157/14 aufgehoben und die Sache an das Sächsische FG zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang hat das FG die Klage mit seinem in EFG 2016, 1375 = SIS 16 15 70 veröffentlichten Urteil vom 3.3.2016 8 K 942/15 erneut abgewiesen.

 

 

7

Der Kläger habe umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die I-AG ausgeführt. Bei den Zahlungen der I-AG habe es sich um keine Provisionszahlungen für die Vermittlung der Eigenverträge gehandelt. Diese seien lediglich Teil des Modells gewesen, mit dem die I-AG die Tätigkeit des Klägers finanziert habe. Die Tätigkeit des Klägers, nämlich der Aufbau von Unterstrukturen eines Strukturvertriebes durch Werbung von Versicherungsvertretern oder Versicherungsmaklern, sei keine nach § 4 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler, weil es an dem hierfür erforderlichen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Geschäften gefehlt habe.

 

 

8

Die Tätigkeit des Klägers werde auch nicht von der Befreiung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) umfasst.

 

 

9

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, mit der er Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Gerade das Eigenvermittlungsgeschäft sei für den Beginn der Struktur von wesentlicher Bedeutung gewesen. Die abgeschlossenen Verträge seien gerade Teil der vereinbarten Vermittlungsleistung und Eigenvermittlung, für die 10.000 EUR monatlich gezahlt worden seien, gewesen.

 

 

10

Er, der Kläger, habe selbst Versicherungsverträge vermittelt. Ferner sei er mit dem Aufbau eines Strukturvertriebes betraut gewesen, d.h. er habe Untervermittler eingeschaltet, die ihrerseits selbst Vertragsbeziehungen zu den Versicherten unterhalten hätten. Sinn eines Strukturvertriebes sei der Abschluss von Eigenverträgen und der Aufbau einer Struktur. Beides dürfe nicht voneinander getrennt werden.

 

 

11

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuer für 2009 und 2010 auf jeweils 0 EUR herabzusetzen.

 

 

12

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

13

Der Aufbau von Unterstrukturen eines Strukturvertriebes durch Werbung von Versicherungsvertretern oder Versicherungsmaklern sei keine Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler i.S. von § 4 Nr. 11 UStG. Die Leistung des Klägers habe darin bestanden, durch direkte und indirekte Anwerbung von Versicherungsvertretern für ein für die I-AG zufriedenstellendes Gesamtvolumen zu sorgen. Die Zahlungen auf der Grundlage eines Festgehaltes von der I-AG an den Kläger könnten nicht allein deshalb als Versicherungsprovisionen beurteilt werden, nur weil die Zahlungsmittel aus Versicherungsprovisionen stammten.

 

 

14

II. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers an die I-AG zum Aufbau eines Strukturvertriebes nicht von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG umfasst werden, weil es an einem Bezug zu einzelnen Versicherungsgeschäften fehlt.

 

 

15

1. Gemäß § 4 Nr. 11 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler befreit.

 

 

16

§ 4 Nr. 11 UStG dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.

 

 

17

a) Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, hängt vom Inhalt der in Rede stehenden Tätigkeiten ab (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - Aspiro vom 17.3.2016 C-40/15, EU:C:2016:172, Rz 36; J.C.M. Beheer vom 3.4.2008 C-124/07, EU:C:2008:196, Rz 17; Arthur Andersen vom 3.3.2005 C-472/03, EU:C:2005:135, Rz 32). Dabei müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

 

 

18

aa) Erstens muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rz 36; Taksatorringen vom 20.11.2003 C-8/01, EU:C:2003:621, Rz 44). Diese Verbindung kann auch nur mittelbarer Natur sein, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rz 37; J.C.M. Beheer, EU:C:2008:196, Rz 29; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24.7.2014 V R 9/13, BFH/NV 2014, 1783 = SIS 14 27 44, Rz 14).

 

 

19

bb) Zweitens muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rz 37; Arthur Andersen, EU:C:2005:135, Rz 33 und 36; J.C.M. Beheer, EU:C:2008:196, Rz 18; Taksatorringen, EU:C:2003:621, Rz 45). Bei einem Unterauftragnehmer ist entscheidend, dass er am Abschluss von Versicherungsverträgen beteiligt ist (EuGH-Urteile Aspiro, EU:C:2016:172, Rz 39; J.C.M. Beheer, EU:C:2008:196, Rz 9 und 18).

 

 

20

Die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern gehört nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Leistungen sind nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist (BFH-Urteil vom 30.10.2008 V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554 = SIS 08 43 35, Rz 23). Eine Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, im Rahmen der Administration einer Vertriebsorganisation einen anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, besteht nicht (BFH-Urteil in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554 = SIS 08 43 35, Rz 18).

 

 

21

b) Nach diesen Grundsätzen sind die vom Kläger an die I-AG ausgeführten Leistungen nicht von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG umfasst.

 

 

22

aa) Nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hatte der Kläger lediglich die Aufgabe, durch direkte und indirekte Anwerbung von Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern für ein für die I-AG zufriedenstellendes Gesamtvolumen an Versicherungen zu sorgen. Zu den einzelnen vermittelten Versicherungsverträgen hatte die Tätigkeit des Klägers keinen spezifischen und wesentlichen Bezug. Damit fehlte es an der erforderlichen Einwirkungsmöglichkeit des Klägers auf die einzelnen Versicherungsverträge.

 

 

23

bb) Hieran ändern auch die vier vom Kläger und seiner Ehefrau abgeschlossenen Versicherungsverträge nichts. Nach den Feststellungen des FG hat die I-AG durch die auf diesen Verträgen beruhenden Provisionen das von ihr an den Kläger gezahlte Entgelt refinanziert, wobei der Kläger das Entgelt nicht für den Abschluss der Eigenverträge, sondern für den Aufbau des Strukturvertriebes erhalten hat. Der Aufbau des Strukturvertriebes aber wird aus den unter II.1.b aa) dargelegten Gründen nicht von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG umfasst.

 

 

24

Im Übrigen fehlt es bei den beiden vom Kläger selbst abgeschlossenen Verträgen bereits an einer Vermittlung, weil der Kläger selbst Vertragspartei geworden ist. Bei richtlinienkonformer Auslegung befreit § 4 Nr. 11 UStG aber nur Umsätze aus einer „Versicherungsvermittlungstätigkeit“ (BFH-Urteile in BFH/NV 2014, 1783 = SIS 14 27 44, Rz 14; in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554 = SIS 08 43 35, Rz 22).

 

 

25

cc) Auf die Frage, ob es sich bei den Zahlungen der I-AG an den Kläger ganz oder zum Teil um Provisionszahlungen oder um Fixvergütungen gehandelt hat, kommt es nicht an, denn die Steuerfreiheit der Vermittlung kann sich nicht aus einer von Vermittlungserfolgen abhängigen Vergütungsregelung ergeben, wenn die Voraussetzungen einer Vermittlungstätigkeit im Übrigen nicht erfüllt sind (BFH-Urteile vom 14.5.2014 XI R 13/11, BFHE 245, 424, BStBl II 2014, 734 = SIS 14 18 68, Rz 36; in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554 = SIS 08 43 35, Rz 25).

 

 

26

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.