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I. Streitig ist die
Rechtmäßigkeit eines im Zusammenhang mit einer
Kapitalherabsetzung ergangenen Nachforderungsbescheids
(Kapitalertragsteuer; Solidaritätszuschlag) und einer
Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH. Deren
Vorstand war nach einer Vorlage zur Sitzung des Gesamtvorstandes
darüber informiert worden, dass ab dem 31.12.2007 ein
Konzernabschluss nach internationaler Rechnungslegung (IFSR) unter
Abbildung des Beteiligungsgeschäfts zu erstellen sei, wenn es
nicht (als eine von verschiedenen Handlungsalternativen) zu einer
Straffung der Beteiligungsstruktur und einer Reduzierung der
Kapitalausstattung auf der Ebene der Holding und ihrer Tochter- und
Enkelgesellschaften komme. Der Vorstand fasste daraufhin den
Beschluss, unternehmensbezogene Maßnahmen (mit Blick auf die
Wesentlichkeitskriterien nach § 296 Abs. 2 des
Handelsgesetzbuches - HGB - sowie nach § 296 Abs. 1 Nr. 3 HGB)
zu ergreifen („IFRS-Vermeidungsstrategie“). Zu diesem
Zweck beschloss die alleinige Gesellschafterin der Klägerin,
eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes
2002 i.d.F. des Gesetzes über steuerliche
Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen
Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher
Vorschriften vom 7.12.2006 (BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007,4) -
KStG 2002 n.F. - von der Körperschaftsteuer befreite Anstalt
des öffentlichen Rechts (B), am ...10.2006 die Herabsetzung
des Stammkapitals der Klägerin um 16 Mio. EUR auf 1 Mio. EUR:
„1. ... Die Herabsetzung des Stammkapitals dient der
Anpassung der Kapitalstruktur und der Einstellung in die
Kapitalrücklagen gem. § 272 Abs. 2 HGB. 2. Zur
Durchführung der Herabsetzung des Stammkapitals wird die
Stammeinlage in Höhe von 16.000.000,00 EUR in die
Kapitalrücklagen eingestellt.“
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Nach einer für den Vorstand der B am
...11.2007 gefertigten Vorlage sollte durch die Herabsetzung des
Stammkapitals eine Reduzierung des in der Klägerin vorhandenen
Eigenkapitals ermöglicht und zugleich die Einhaltung der
„Unwesentlichkeitsgrenzen“ sichergestellt werden. Die
Reduzierung sei inzwischen vollzogen worden (Eintragung im
Handelsregister am ...11.2007), so dass die Voraussetzungen
für eine Rückzahlung aus der Kapitalrücklage
erfüllt seien. Eine Reduzierung des Eigenkapitals um 4 Mio.
EUR sei dabei ausreichend, um die Wesentlichkeitsgrenze
einzuhalten. Eine entsprechende Zahlung aus der
Kapitalrücklage an die Gesellschafterin B erfolgte noch in
2007 (Gesellschafterbeschluss vom ...11.2007). Die Erklärung
der Klägerin zur gesonderten Feststellung des steuerlichen
Einlagekontos zum 31.12.2007 wies einen Bestand von 12 Mio. EUR aus
(Kapitalherabsetzung: 16 Mio. EUR, ausgezahlter Betrag 4 Mio. EUR;
zum 31.12.2006 betrug der Bestand 0 EUR).
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) vertrat in einem Schreiben vom 11.7.2008 die
Auffassung, die Zahlung sei keine begünstigte Leistung i.S.
des § 28 Abs. 2 KStG 2002 n.F., vielmehr handele es sich um
eine sonstige Leistung i.S. des § 27 KStG 2002 n.F. Daher sei
Kapitalertragsteuer anzumelden und abzuführen. Mit Bescheid
vom 24.7.2008 veranlagte das FA die Klägerin zur
Körperschaftsteuer 2007 unter Ansatz der Teilrückzahlung
der Kapitalrücklage als sonstige Leistung i.S. des § 27
KStG 2002 n.F.; zugleich hat es im Bescheid über die
gesonderte Feststellung des Einlagekontos gemäß §
27 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 n.F. und des durch Umwandlung von
Rücklagen entstandenen Nennkapitals gemäß § 28
Abs. 1 KStG 2002 n.F. den Bestand des steuerlichen Einlagekontos
zum 31.12.2007 mit 16 Mio. EUR festgestellt. Gegen den zuletzt
genannten (später geänderten) Bescheid legte die
Klägerin Einspruch ein.
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Am 22.9.2008 erließ das FA einen
Haftungsbescheid über Kapitalertragsteuer und
Solidaritätszuschlag, dem am 26.3.2009 ein
Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer in Höhe
von 400.000 EUR (10 %) und Solidaritätszuschlag 22.000 EUR
(5,5 %) folgte, der „neben den Haftungsbescheid“ treten
sollte. Auch gegen diese Bescheide legte die Klägerin
Einspruch ein.
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Das FA erließ (nach Verbindung der
Einspruchsverfahren) eine gemeinsame Einspruchsentscheidung, mit
der es den Haftungsbescheid aufhob. Im Übrigen wies es den
Einspruch als unbegründet zurück: Die Rückzahlung in
Höhe von 4 Mio. EUR stelle keine Kapitalrückzahlung i.S.
des § 28 KStG 2002 n.F. dar, da im Beschluss über die
Kapitalherabsetzung vom ...10.2006 die Auskehrung an die
Anteilseignerin nicht vorgesehen und insoweit kein Direktzugriff
auf das steuerliche Einlagekonto möglich sei. In dem Beschluss
sei ausdrücklich angegeben worden, dass die Herabsetzung des
Stammkapitals im Wege der Einstellung des herabgesetzten Kapitals
in die Kapitalrücklage durchgeführt werde; die Anpassung
der Kapitalstruktur sei erst durch die spätere
Rückzahlung der 4 Mio. EUR erreicht worden. Den
Ausführungen der Klägerin habe man entnehmen können,
dass die gewünschte Kapitalstruktur auch ohne
Rückführung an die Anteilseignerin erreichbar gewesen
wäre. Im Übrigen habe der genaue Betrag der
Rückführung im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht
festgestanden. Eine künstliche Trennung von
Kapitalherabsetzungs- und Auszahlungsbeschluss werde nicht
vorgenommen. § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 n.F. sei stets
anzuwenden, wenn eine Kapitalherabsetzung ohne Auskehrung an die
Anteilseigner beschlossen werde. Bei der Auszahlung handele es sich
dementsprechend um einen gesondert zu beurteilenden Vorgang. Da der
Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2006 0 EUR
betragen habe, liege keine steuerfreie Einlagenrückgewähr
vor. Selbst wenn man annehmen wollte, dass auch der im Streitjahr
dem Einlagekonto zugeführte Betrag für eine
Einlagenrückgewähr zur Verfügung stünde,
ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Denn die Klägerin habe
keine Steuerbescheinigung (§ 27 Abs. 4 KStG 2002 n.F.)
ausgestellt, weshalb für die Leistung ein Betrag von 0 EUR aus
dem Einlagekonto als bescheinigt gelte. Der Klägerin
könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt werden.
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Die Klage war erfolglos (Finanzgericht - FG
- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.4.2013 8 K 8200/09, abgedruckt
in DStRE 2014, 216 = SIS 13 26 40).
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Die Klägerin rügt mit ihrer
Revision die Verletzung materiellen Rechts und beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter
Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung
des Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG
2002 n.F. zum 31.12.2007 vom 15.10.2008 den Bestand des
steuerlichen Einlagekontos auf 12.000.000 EUR festzustellen sowie
den Nachforderungsbescheid vom 26.3.2009 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet; sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) unter Aufhebung des angefochtenen
Urteils zur Aufhebung des Nachforderungsbescheids und zur
antragsgemäßen Feststellung des Einlagekontos zum
31.12.2007. Das FG hat die Auszahlung rechtsfehlerhaft § 27
Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 6 KStG 2002 n.F.
(Zahlung aus dem ausschüttbaren Gewinn) unterstellt.
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1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 n.F.
hat die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die
nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes
Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches
Einlagekonto) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto ist nach
Satz 2 der Vorschrift ausgehend von dem Bestand am Ende des
vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und
Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben. Satz 3 der
Vorschrift bestimmt, dass Leistungen der Kapitalgesellschaft mit
Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital i.S. des § 28
Abs. 2 Satz 2 und 3 KStG n.F. 2002 das steuerliche Einlagekonto
unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung nur
mindern, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen
Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn
übersteigen (Einlagenrückgewähr).
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Im Fall der Herabsetzung des Nennkapitals oder
der Auflösung der Körperschaft wird nach § 28 Abs. 2
Satz 1 KStG 2002 n.F. zunächst der Sonderausweis zum Schluss
des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs gemindert; ein
übersteigender Betrag ist dem steuerlichen Einlagekonto
gutzuschreiben, soweit die Einlage in das Nennkapital geleistet
ist. Die Rückzahlung des Nennkapitals gilt, soweit der
Sonderausweis zu mindern ist, nach Satz 2 der Vorschrift als
Gewinnausschüttung, die beim Anteilseigner zu Bezügen
i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 2002
führt. Ein den Sonderausweis übersteigender Betrag ist
vom positiven Bestand des steuerlichen Einlagekontos abzuziehen
(§ 28 Abs. 2 Satz 3 KStG 2002 n.F.).
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2. Das FG hat die Rückzahlung von 4 Mio.
EUR nicht nach § 28 Abs. 2 KStG 2002 n.F. vom steuerlichen
Einlagekonto abgezogen, weil sie nicht im Rahmen der Herabsetzung
des Nennkapitals erfolgt sei. Das ist rechtsfehlerhaft.
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a) Das FG hat seine Entscheidung im
Wesentlichen auf den Wortlaut des Beschlusses über die
Herabsetzung des Nennkapitals gestützt: Aus der Formulierung,
dass die Herabsetzung der Anpassung der Kapitalstruktur und der
Einstellung in die Kapitalrücklagen dienen und dieser Zweck
durch Einstellung der Stammeinlage in die Kapitalrücklagen
erreicht werden sollte, sei zu folgern, dass der Vorgang der
Kapitalherabsetzung mit der entsprechenden Erhöhung der
Kapitalrücklage beendet gewesen sei. Zwar stehe auf der
Grundlage des von der Klägerin nachgewiesenen
Geschehensablaufs zur Überzeugung des FG fest, dass die
beschlossene Kapitalherabsetzung die Rückzahlung aus der
Kapitalrücklage vorbereiten und ermöglichen sollte. Die
Rückzahlung sei jedoch nicht schon mit der Herabsetzung
beschlossen worden, da im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch keine
Klarheit über die Höhe des auszukehrenden Betrags
bestanden habe. Dies hindere die Annahme eines mit dem
Herabsetzungsbeschluss verbundenen Rückzahlungsbeschlusses. Es
liege auch keine nachträgliche Änderung oder
Ergänzung des bisher gefassten Herabsetzungsbeschlusses vor;
denn der Herabsetzungsvorgang sei im Hinblick auf die dort in Nr. 2
festgelegte Art und Weise der Durchführung mit der Einstellung
in die Kapitalrücklage beendet gewesen. Auch wenn die
beschlossene Kapitalherabsetzung demzufolge dazu gedient habe, die
(spätere) Möglichkeit der Rückzahlung zu schaffen,
helfe dies nicht.
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b) Dem ist nicht beizupflichten. § 28
Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 n.F. ist nicht zu entnehmen, dass die
Rückzahlung oder der Rückzahlungsbetrag bereits Inhalt
des Herabsetzungsbeschlusses sein muss.
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aa) Zwar ist dem FG darin zuzustimmen, dass
die Anwendungsbereiche des § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 n.F.
einerseits und des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 n.F.
andererseits voneinander abzugrenzen sind, um den unterschiedlichen
Rechtsfolgen Rechnung zu tragen. So wird über die gesetzliche
Zuordnungsregelung des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 n.F. nach
Maßgabe der darin bestimmten Differenzrechnung die
„Leistung“ einer Kapitalgesellschaft als
(vorrangig) Gewinnausschüttung und/oder als (nachrangig)
Einlagenrückgewähr qualifiziert, was sowohl der
Gesellschaft als auch den Anteilseignern jedenfalls für Zwecke
der Besteuerung verwehrt, frei zu bestimmen, ob Einlagen
zurückgewährt oder Gewinne ausgeschüttet werden
(z.B. FG Hamburg, Urteil vom 17.4.2013 2 K 149/12, EFG 2013, 1520 =
SIS 13 21 21; Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 27 Rz 23).
Allerdings wird nach der gesetzlichen Systematik dem Tatbestand des
§ 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 n.F. Vorrang eingeräumt
(z.B. Streck/Binnewies, KStG, 8. Aufl., § 28 Rz 31;
Gosch/Heger, a.a.O., § 28 Rz 9; Nitzschke in
Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 28 Rz 65): Eine Leistung i.S.
des § 27 Abs. 1 KStG liegt nur vor, wenn keine
Rückzahlung von Nennkapital i.S. von § 28 Abs. 2 Satz 2
KStG anzunehmen ist. Die „Rückzahlung von
Nennkapital“, die im Wesentlichen einen
einschränkungslosen Zugriff auf den Bestand des Einlagekontos
ermöglicht („Direktzugriff“), löst -
abgesehen von der Situation einer Verrechnung mit einem sog.
Sonderausweis (in Nennkapital umgewandelte Gewinnrücklagen),
die in diesem Umfang zu einem steuerpflichtigen Bezug führt -
nicht die Rechtsfolgen einer Dividendenausschüttung aus (s.
dazu im Einzelnen Nitzschke in Schnitger/Fehrenbacher, a.a.O.,
§ 28 Rz 67 bis 69). Soweit der Zahlungsbetrag daher wie im
Falle einer ordentlichen Kapitalherabsetzung (§ 58 des
Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung - GmbHG - ) als Rückzahlung an die Anteilseigner
identifizierbar und eine (freie) Bestimmung über die
Rechtsfolgen einer Leistung der Kapitalgesellschaft ausgeschlossen
ist, lässt das Gesetz eine (unmittelbare) Minderung des um den
Betrag der Herabsetzung des Nennkapitals zunächst
erhöhten Einlagekontos (§ 28 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2
KStG 2002 n.F.) zu. Im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen
ist dabei anerkannt, dass sich diese Minderung nicht auf das Jahr
der Gutschrift auf dem Einlagekonto kraft Wirksamwerden des
Herabsetzungsbeschlusses beziehen muss (Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 4.6.2003, BStBl I 2003,
366 = SIS 03 28 90, Rz 42; dem folgend z.B. Gosch/Heger, a.a.O.,
§ 28 Rz 23; Nitzschke in Schnitger/Fehrenbacher, a.a.O.,
§ 28 Rz 65).
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bb) Die Rückzahlung des Nennkapitals nach
§ 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 n.F. erfordert eine Herabsetzung
des Nennkapitals i.S. des § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 n.F.
Damit nimmt das Gesetz Bezug auf die gesellschaftsrechtlichen
Vorgaben für eine wirksame Kapitalherabsetzung (§ 58
GmbHG), die im Streitfall auf der Grundlage des Beschlusses vom
...10.2006 erfüllt sind; darüber sind sich die
Beteiligten einig und erweist sich darüber hinaus an der
Handelsregistereintragung vom ...11.2007. Insbesondere enthält
der Beschluss eine Zweckangabe; es kommt infolgedessen nicht auf
die Rechtsfrage an, ob jene Angabe erforderlich ist, weil der
Wortlaut des § 58 GmbHG - insoweit abweichend von der Regelung
des § 222 Abs. 3 des Aktiengesetzes - nicht vorsieht, dass in
dem Kapitalherabsetzungsbeschluss „... festzusetzen (ist),
zu welchem Zweck die Herabsetzung stattfindet, namentlich ob Teile
des Grundkapitals zurückgezahlt werden sollen“ (zu
dieser Streitfrage z.B. Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom
11.11.2010 I-15 W 191/10, 15 W 191/10, GmbHR 2011, 256;
Scholz/Priester, GmbHG, 11. Aufl., § 58 Rz 37, m.w.N.).
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cc) Dem Gesetzeswortlaut lässt sich
jedoch nicht entnehmen, dass eine „Rückzahlung des
Nennkapitals“ i.S. des § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002
n.F. nur dann vorliegt, wenn im Herabsetzungsbeschluss bereits eine
Rückzahlung ausdrücklich angeführt wird. Vielmehr
ist ein Direktzugriff auf das Einlagekonto nach steuerrechtlichen
Maßgaben (s. zu aa) immer dann zuzulassen, wenn die Leistung
anderweitig und unmissverständlich als Auszahlung des
Herabsetzungsbetrags qualifiziert werden kann.
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aaa) Der nach dem Ablauf des Sperrjahrs und
der Eintragung im Handelsregister wirksame Herabsetzungsbeschluss
löst den entsprechenden Betrag aus dem Stammkapital,
beschränkt aber nicht die Befugnis der Gesellschafter (hier:
der Alleingesellschafterin B), über die Durchführung des
Herabsetzungsbeschlusses auch abweichend von einer (nur) die
Geschäftsführung bindenden Bestimmung im Beschluss eine
entsprechende Entscheidung zu treffen (s. z.B.
MünchKommGmbHG/J. Vetter, Bd. 3, § 58 Rz 56 f.;
Zöllner/Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 58 Rz
21a; Scholz/Priester, a.a.O., § 58 Rz 42). Dass die
Durchführung des Herabsetzungsbeschlusses - so das FA - durch
die „Einstellung in die Kapitalrücklagen gem. §
272 Abs. 2 HGB“ erfolgen sollte, hindert einen solchen
Gesellschafterbeschluss, der eine Teilauszahlung vorsieht,
nicht.
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bbb) Eine Leistung der Kapitalgesellschaft
lässt sich immer dann in der notwendig eindeutigen Weise als
Auszahlung des (nämlichen) Herabsetzungsbetrags qualifizieren,
wenn schon im Herabsetzungsbeschluss selbst die Auszahlung des
Herabsetzungsbetrags vorgesehen wird. Die Qualifizierung der
erbrachten Leistung ist aber nicht auf diese Situation
beschränkt (insoweit wohl a.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2003,
366 = SIS 03 28 90, Rz 40; dem folgend Blümich/Danelsing,
§ 28 KStG Rz 24). Die Vorinstanz geht vielmehr zutreffend
davon aus, dass sowohl anhand des Wortlauts des
Kapitalherabsetzungsbeschlusses als auch erforderlichenfalls unter
Würdigung der weiteren Umstände festgestellt werden kann
und muss, wodurch der Vorgang der Kapitalherabsetzung abgeschlossen
wird, ob also eine (Rück-)Zahlung noch Teil der
Kapitalherabsetzung oder als davon abzugrenzendes gesondertes
Geschäft (Zahlung aus dem Einlagekonto) zu werten ist. Damit
kann § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 n.F. zumindest in jenen
Fällen anwendbar sein, in denen die Nennkapitalherabsetzung
und die Auszahlung an die Anteilseigner in zeitlicher Nähe
zueinander erfolgen und zweifelsfrei erkennbar ist, dass die
spätere Auskehrung aus der vorangegangenen Kapitalherabsetzung
herrührt (so - verbunden mit einer gegriffenen Zeitgrenze von
einem Jahr - Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die
Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rz 59, 75.
Ergänzungslieferung [anders aber nunmehr derselbe, ebenda, Rz
59b, 80. Ergänzungslieferung]; wohl auch Ott, GmbHR 2014, 971,
972; derselbe, Die Steuerberatung 2014, 301, 307; Streck/Binnewies,
a.a.O., § 28 Rz 32).
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ccc) Auf dieser Grundlage ist das FG im
Streitfall zu der Überzeugung gelangt, dass die beschlossene
Kapitalherabsetzung die Rückzahlung aus der
Kapitalrücklage vorbereiten und ermöglichen sollte. Diese
Sachverhaltswürdigung ist für den Senat bindend (vgl.
§ 118 Abs. 2 FGO). Sie steht im Einklang mit der gesetzlichen
Regelung und sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch
die Gesetze der Logik. Die Nennkapitalrückzahlung sollte
danach das „Instrument“ sein, um die
Tochtergesellschaft für die Darstellung der Vermögenslage
des Konzerns von „untergeordneter Bedeutung“
i.S. des § 296 Abs. 2 Satz 1 HGB anzusehen (s. dazu auch z.B.
MünchKommHGB/Pfaff, 3. Aufl., § 296 Rz 48 ff.). In
Vollzug dessen folgte die zu dieser Zweckerreichung erforderliche
Auszahlung dem Herabsetzungsbeschluss in engem zeitlichen
Zusammenhang nach. Beides - Beschlusszweck wie dessen Umsetzung -
genügt, um die Zahlung als Rückzahlung des Nennkapitals
i.S. des § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 n.F. anzusehen.
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ddd) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz
steht § 27 Abs. 5 KStG 2002 n.F. dem nicht entgegen. Danach
bleibt - zum einen - für den Fall, dass für eine Leistung
der Kapitalgesellschaft die Minderung des Einlagekontos zu niedrig
bescheinigt worden ist, die der Bescheinigung zugrunde gelegte
Verwendung unverändert. Ist für eine Leistung bis zum Tag
der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung im Sinne des Absatzes
2 zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Leistung eine
Steuerbescheinigung im Sinne des Absatzes 3 nicht erteilt worden,
gilt - zum anderen - der Betrag der Einlagenrückgewähr
als mit 0 EUR bescheinigt. Adressat der Bescheinigung ist im
Zusammenhang des § 27 KStG 2002 n.F. der Anteilseigner; die
Herabsetzung des Nennkapitals und deren steuerliche Rechtsfolgen
nach Maßgabe von § 28 Abs. 2 KStG 2002 n.F. bleiben
davon unberührt.
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3. Ist damit die Auszahlung an B keine
bescheinigungspflichtige Leistung i.S. des § 27 Abs. 3 KStG
2002 n.F., kann das Fehlen der Bescheinigung über eine
Einlagenrückgewähr auch keine Kapitalertragsteuer
auslösen (§ 27 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F.). Das
angefochtene Urteil sowie der entsprechende Nachforderungsbescheid
sind aufzuheben. Die Auszahlung mindert den Bestand des
steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007, der
antragsgemäß auf 12.000.000 EUR festzustellen ist.
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