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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist der Vater einer im Juni 1992 geborenen Tochter
(T), für die er Kindergeld bezog. T ist die Mutter eines im
Oktober 2010 geborenen Kindes. Sie befand sich in einer
Berufsausbildung. Die Beklagte und Revisionsklägerin
(Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes für T
durch Bescheid vom 24.1.2013 ab Januar 2013 auf, weil nicht mehr
die Eltern gegenüber T unterhaltsverpflichtet seien, sondern
der Kindsvater nach § 1615l des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB). Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg
(Einspruchsentscheidung vom 13.3.2013).
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Das Finanzgericht (FG) gab der
anschließend erhobenen Klage statt. Es war der Ansicht, auf
etwaige Unterhaltsansprüche der T gegenüber dem
Kindsvater komme es nach der ab dem Jahr 2012 geltenden Rechtslage
nicht mehr an. Es hob den Aufhebungsbescheid sowie die dazu
ergangene Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete die
Familienkasse, Kindergeld für T ab Januar 2013 zu
bewilligen.
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Zur Begründung der Revision trägt
die Familienkasse vor, trotz der zum 1.1.2012 eingetretenen
Rechtsänderung sei kein Kindergeld für eine Tochter zu
gewähren, die gegen den Vater ihres Kindes einen vorrangigen
Unterhaltsanspruch habe. Außerdem hätte das FG über
einen Kindergeldanspruch der T nur für die Monate bis
März 2013 entscheiden dürfen, da nach dem Senatsurteil
vom 22.12.2011 III R 41/07 (BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681 = SIS 12 11 03) der Monat, in dem die Einspruchsentscheidung bekannt
gegeben worden sei, der letzte Monat sei, für den ein
Kindergeldanspruch im finanzgerichtlichen Verfahren
überprüft werden könne.
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Die Familienkasse beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Streitsache hinsichtlich des Zeitraums Januar bis
März 2013 an das FG zurückzuverweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2
i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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II. Die Revision der Familienkasse ist
unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126
Abs. 2 FGO). Das FG ist über das Klagebegehren nicht
hinausgegangen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) und hat darüber
hinaus zutreffend entschieden, dass ein etwaiger Unterhaltsanspruch
der T gegenüber dem Vater ihres Kindes dem Anspruch des
Klägers auf Kindergeld nicht entgegensteht.
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1. Die Familienkasse rügt zu Unrecht, das
FG sei über den Klageantrag hinausgegangen, weil es sie dazu
verpflichtet habe, Kindergeld ab Januar 2013 zu gewähren und
damit eine Entscheidung über den Monat der Bekanntgabe der
Einspruchsentscheidung hinaus getroffen habe.
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a) Die Klage richtet sich gegen den
Aufhebungsbescheid der Familienkasse vom 24.1.2013 sowie gegen die
dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13.3.2013. Mit der
Aufhebung dieser Verwaltungsentscheidungen durch das Urteil des FG
wurde der vorherige Bescheid über die Festsetzung von
Kindergeld wieder wirksam. Aufgrund dieses Festsetzungsbescheids
ist die Familienkasse gegenüber dem Kläger verpflichtet,
Kindergeld zu gewähren. Eines eigenen Ausspruchs des FG
über diese Verpflichtung bedurfte es nicht.
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b) Der Urteilstenor kann nicht dahin
verstanden werden, dass die Familienkasse durch das FG zur
Gewährung von Kindergeld verpflichtet werden sollte, noch dazu
für Monate, die über den gerichtlich nachprüfbaren
Zeitraum hinausgingen. Vielmehr brachte das FG lediglich zum
Ausdruck, dass die Familienkasse aufgrund der Aufhebung des
Aufhebungsbescheids Kindergeld an den Kläger zu zahlen hat.
Eine konstitutive Wirkung hat der Tenor insoweit nicht.
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2. Dem Kläger steht nach dem Wortlaut der
§§ 32, 62 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG)
Kindergeld für die im Juni 1992 geborene T zu, die sich in
Berufsausbildung befand und noch keine erstmalige Berufsausbildung
oder ein Erststudium abgeschlossen hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2
EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011, BGBl I 2011,
2131).
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Die Höhe der Einkünfte und
Bezüge des Kindes ist nach dem Gesetzeswortlaut - im Gegensatz
zu der bis Ende 2011 geltenden Rechtslage - ohne Bedeutung. Der
Senat hat in dem Urteil vom 17.10.2013 III R 22/13 (BFHE 243, 246,
BStBl II 2014, 257 = SIS 14 00 94) entschieden, dass die
Verheiratung eines Kindes seiner kindergeldrechtlichen
Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2
EStG nicht entgegensteht, weil hierfür keine typische
Unterhaltssituation vorausgesetzt wird. Der Unterhaltsanspruch
eines verheirateten Kindes gegenüber seinem Ehegatten ist
für den Anspruch auf Kindergeld ohne Belang. Entsprechendes
gilt für den Unterhaltsanspruch einer nicht verheirateten
Tochter, für die Kindergeld begehrt wird, gegen den Vater
ihres Kindes nach § 1615l BGB. Die Bezüge, die aufgrund
eines derartigen Anspruchs einer nicht behinderten Tochter
zufließen, bleiben nach der ab dem Jahr 2012 geltenden
Rechtslage außer Betracht.
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