1
|
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) überließ im Rahmen einer
Betriebsaufspaltung Betriebsgrundlagen zur Nutzung an die im
Fördergebiet ansässige S GmbH (GmbH), die Schutzhelme
herstellte. In den Jahren 2003 und 2004 schaffte der Kläger
Werkzeuge zur Produktion von Schutzhelmen an, die bei der GmbH
für die Produktion der Schutzhelme A, B und C eingesetzt
wurden. Hierfür und für andere Wirtschaftsgüter
beantragte er die Gewährung einer Investitionszulage nach dem
Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1999. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte die Zulage durch
Änderungsbescheide vom 6.11.2006 in Höhe von 201.358,85
EUR (2003) bzw. 97.941,80 EUR (2004) fest. Die Bescheide standen
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der
Abgabenordnung).
|
|
|
2
|
Bei den Helmen, die mit Hilfe der Werkzeuge
angefertigt wurden, traten vermehrt Haarrisse auf. Die Produktion
der drei Helmmodelle wurde spätestens im November 2005
eingestellt. Im Januar 2006 wurde die gesamte betriebliche
Produktion in das Ausland verlagert.
|
|
|
3
|
Bei einer Außenprüfung war der
Prüfer des FA der Ansicht, wegen der Produktionsverlagerung
habe ab Januar 2006 kein begünstigter Betrieb des
verarbeitenden Gewerbes im Inland mehr vorgelegen, so dass die
Bindungsvoraussetzung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1999
nicht eingehalten worden sei. Das FA erließ unter dem Datum
des 1.9.2009 für beide Streitjahre Änderungsbescheide, in
denen es die Investitionszulage jeweils auf 0 EUR festsetzte. Die
dagegen gerichteten Einsprüche hatten keinen Erfolg, ebenso
wenig die anschließende Klage, mit welcher der Kläger
geltend machte, die begünstigten Werkzeuge seien vor Ablauf
der Bindungsfrist zulagenunschädlich ausgeschieden. Sie seien
wirtschaftlich verbraucht gewesen, weil mit ihnen keine
mangelfreien Helme mehr hätten produziert werden
können.
|
|
|
4
|
Das Finanzgericht (FG) führte zur
Begründung aus, nach der Produktionsverlagerung sei kein
Betrieb des verarbeitenden Gewerbes im Fördergebiet mehr
vorhanden gewesen. Ein Ausnahmefall, in dem das Ausscheiden eines
Wirtschaftsguts vor Ablauf des Bindungszeitraums unschädlich
sei, liege nicht vor. Die von der Rechtsprechung zugelassenen
Ausnahmen bei wirtschaftlichem Verbrauch des geförderten
Wirtschaftsguts beträfen ersichtlich nur solche Fälle, in
denen das Wirtschaftsgut zunächst zum Einsatz gekommen sei und
erst nachträglich hinzugekommene Umstände dazu
geführt hätten, dass mit ihm weitere Aufträge nicht
zu erlangen gewesen seien. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die
Werkzeuge seien zu keinem Zeitpunkt in einem Zustand gewesen, um
damit mangelfreie Helme herzustellen.
|
|
|
5
|
Zur Begründung der Revision trägt
der Kläger vor, ein vorzeitiges Ausscheiden eines durch
Investitionszulage geförderten Wirtschaftsguts aus dem Betrieb
des Investors sei unschädlich, wenn es technisch abgenutzt
oder wirtschaftlich verbraucht sei und auch für Dritte keinen
oder nur noch einen sehr geringen Wert habe. Das FG sei zu Unrecht
der Ansicht gewesen, dass die Produktion mangelfreier Helme mit den
Werkzeugen nicht möglich gewesen sei. Das FG habe darüber
trotz eines entsprechenden Antrags keinen Beweis erhoben.
|
|
|
6
|
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil, die Änderungsbescheide vom 1.9.2009 sowie die dazu
ergangene Einspruchsentscheidung vom 1.11.2010 aufzuheben.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist unbegründet und wird
zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat zu Recht einen Anspruch auf Investitionszulage
auch insoweit verneint, als diese auf diejenigen Werkzeuge entfiel,
die zur Produktion der Helmmodelle A, B und C eingesetzt
wurden.
|
|
|
9
|
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr.
2, Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1999 sind neue abnutzbare bewegliche
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens u.a. dann
begünstigt, wenn sie mindestens fünf Jahre nach ihrer
Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs
oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören
und während des Fünfjahreszeitraums im Fördergebiet
in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes oder der
produktionsnahen Dienstleistungen verbleiben. Über die
gesetzlich vorgesehenen Bindungsvorschriften hinaus müssen die
geförderten Wirtschaftsgüter entsprechend dem Zweck der
Investitionszulage, die Wirtschaftstätigkeit durch den Einsatz
der mit der Zulage geförderten Wirtschaftsgüter zu
stärken, während des Bindungszeitraums in dem Betrieb
tatsächlich eingesetzt werden oder zumindest einsetzbar sein
(Senatsurteil vom 7.2.2002 III R 14/00, BFHE 198, 164, BStBl II
2002, 312 = SIS 02 07 08).
|
|
|
10
|
2. Zutreffend hat das FG einen Anspruch auf
Investitionszulage nicht bereits deshalb verneint, weil der
Kläger im Rahmen einer Betriebsaufspaltung einen
Verpachtungsbetrieb unterhielt und nicht etwa einen Betrieb des
verarbeitenden Gewerbes. Wegen der langfristigen
Nutzungsüberlassung verblieben die Werkzeuge nicht im Betrieb
des Klägers, sondern in dem der GmbH (s. Senatsurteile vom
7.3.2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545 = SIS 02 10 49, und vom 19.2.2004 III R 14/02, BFHE 204, 537, BStBl II 2004,
570 = SIS 04 21 96), der unstreitig dem verarbeitenden Gewerbe
zuzurechnen war. Die Grundsätze über die
zulagenrechtliche Merkmalsübertragung in Fällen der
Betriebsaufspaltung brauchen nicht herangezogen zu werden (s.
hierzu z.B. Senatsurteil vom 10.12.1998 III R 50/95, BFHE 188, 176,
BStBl II 1999, 607 = SIS 99 08 54).
|
|
|
11
|
3. Erfüllt ein durch Investitionszulage
gefördertes Wirtschaftsgut nicht während des gesamten
Bindungszeitraums die zulagenrechtlichen Verbleibens-,
Zugehörigkeits- und Nutzungsvoraussetzungen, so führt
dies grundsätzlich zu einem Erlöschen des Anspruchs auf
Investitionszulage. Für einzelne Fallgruppen hat der
Bundesfinanzhof jedoch eng begrenzte Ausnahmen zugelassen und einen
Zulagenanspruch bejaht, obwohl die Bindungsvoraussetzungen nicht
(mehr) erfüllt waren. So ist das Ausscheiden eines
Wirtschaftsguts aus dem Betrieb des Investors vor Ablauf der
Bindungsfrist zulagenunschädlich, wenn es entweder technisch
abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht ist und auch für
Dritte keinen oder nur noch einen sehr geringen Wert hat
(Senatsurteil vom 9.12.1999 III R 49/97, BFHE 190, 559, BStBl II
2000, 434 = SIS 00 05 33, m.w.N., sowie Senatsbeschluss vom
29.3.2006 III B 180/05, BFH/NV 2006, 1512 = SIS 06 30 94).
Entsprechendes gilt, wenn ein Wirtschaftsgut wegen technischer
Abnutzung oder wirtschaftlichen Verbrauchs nicht mehr genutzt
werden kann (Senatsurteil vom 31.8.2006 III R 26/04, BFH/NV 2007,
103 = SIS 06 48 70). Eine Ausnahme von den Bindungsvoraussetzungen
kommt nur in Betracht, wenn das Wirtschaftsgut aufgrund eines
unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses, das dem
üblichen unternehmerischen Bereich nicht zugeordnet werden
kann, vorzeitig technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist
(Senatsurteile vom 19.9.2001 III R 84/97, BFHE 196, 447, BStBl II
2002, 106 = SIS 02 04 83, sowie vom 29.5.2008 III R 45/05, BFH/NV
2008, 1878 = SIS 08 38 35).
|
|
|
12
|
4. Die Grundsätze über das
zulagenunschädliche Ausscheiden kommen jedoch nicht zur
Anwendung, wenn der Betrieb, in dem das durch Investitionszulage
geförderte Wirtschaftsgut für die Dauer der Bindungsfrist
verbleiben soll, noch während des Bindungszeitraums seine
Eigenschaft als Betrieb des verarbeitenden Gewerbes im
Fördergebiet verliert. Darauf, ob ein Wirtschaftsgut noch vor
diesem Zeitpunkt technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht
war, kommt es dann nicht an. Das InvZulG 1999 macht die
Förderung von Wirtschaftsgütern durch Investitionszulage
von Voraussetzungen abhängig, die entweder das Wirtschaftsgut
selbst betreffen oder den Betrieb, zu dem es gehört. Nach
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1999
sollen nur solche beweglichen Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens gefördert werden, bei denen eine
längere Bindung an einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes
oder der produktionsnahen Dienstleistungen im Fördergebiet
besteht. Dieser Bindungszeitraum beträgt bei Investitionen,
die - wie im Streitfall - nach dem 31.12.1999 begonnen worden sind,
fünf Jahre (§ 10 Abs. 4a InvZulG 1999). Der Gesetzgeber
ging davon aus, dass der Betrieb, an den die geförderten
Wirtschaftsgüter gebunden sein sollen, noch mindestens
fünf Jahre nach der Anschaffung oder Herstellung existiert und
zum verarbeitenden Gewerbe gehört oder produktionsnahe
Dienstleistungen erbringt. Auch muss es sich um einen aktiv am
Wirtschaftsleben teilnehmenden Betrieb handeln (Senatsurteil in
BFH/NV 2007, 103 = SIS 06 48 70, m.w.N.). Nur dann wird ein
nachhaltiger Beitrag der Investition zur Regionalentwicklung
geleistet, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung von
Arbeitsplätzen (vgl. BTDrucks 16/1409, S. 8, zum InvZulG
2007). Ist dies nicht der Fall, z.B. weil der Betrieb innerhalb des
Bindungszeitraums seine Eigenschaft als Betrieb des verarbeitenden
Gewerbes verloren hat, so entfällt nachträglich die
Zulagenbegünstigung. Sofern das vom Kläger zitierte
Senatsurteil vom 27.4.1999 III R 32/98
(BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615 = SIS 99 17 54) dahin zu verstehen sein sollte, dass ein
zulagenunschädliches Ausscheiden bei technischer Abnutzung
oder wirtschaftlichem Verbrauch unabhängig vom späteren
zulagenrechtlichen „Schicksal“ des Betriebs
möglich ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.
|
|
|
13
|
5. Im Streitfall verblieben die in den Jahren
2003 und 2004 angeschafften Werkzeuge nur bis zur
Produktionsverlagerung in das Ausland im Januar 2006 in einem
Betrieb des verarbeitenden Gewerbes im Fördergebiet (§ 2
Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1999). Die Bindungsfrist von fünf Jahren
wurde nicht eingehalten. Es ist somit keine Unterscheidung zu
treffen zwischen den hier streitigen Werkzeugen und den anderen
Wirtschaftsgütern, für die das FA ebenfalls die
Investitionszulage wegen der Produktionsverlagerung
zurückgefordert hat. Die vom Kläger problematisierte
Frage, ob das FG zu Unrecht einen wirtschaftlichen Verbrauch der
Werkzeuge verneint hat, ist nicht entscheidungserheblich.
|
|
|
14
|
6. Der Senat hat die Rüge des
Klägers, mit der er geltend macht, das FG habe zu Unrecht
einen angebotenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben,
geprüft; er hat sie jedoch nicht als durchgreifend erachtet.
Insoweit sieht er von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6
Satz 1 FGO).
|