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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war seit dem 1.7.2004 mit dem Handel von
Telekommunikationszubehör und Postwertzeichen unternehmerisch
tätig. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung vom 21.7.2004
gab er gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) an, die Kleinunternehmerregelung i.S. des
§ 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Anspruch zu
nehmen, da sein voraussichtlicher Gesamtumsatz die gesetzlichen
Grenzen nicht überschreiten werde.
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Der Kläger gab für die Jahre 2004
und 2005 keine Umsatzsteuererklärung ab. Im Jahr 2005 hatte er
steuerpflichtige Umsätze mit dem Verkauf von
Telekommunikationszubehör in Höhe von brutto 16.123,35
EUR und steuerfreie Umsätze mit dem Verkauf von
Postwertzeichen in Höhe von 4.425,46 EUR getätigt. Da er
irrtümlich der Auffassung war, dass bei der Berechnung des
Gesamtumsatzes des Vorjahres i.S. des § 19 Abs. 1 und 3 UStG
von 17.500 EUR auf die von ihm ausgeführten steuerpflichtigen
Umsätze die Umsatzsteuer von 16 % hinzuzurechnen sei, und er
deshalb davon ausging, im Vorjahr (2005) die Umsatzgrenze von
17.500 EUR i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG mit einem
berechneten Gesamtumsatz in Höhe von 18.703,09 EUR (16.123,35
EUR plus Umsatzsteuer in Höhe von 2.579,74 EUR)
überschritten zu haben, reichte er am 28.12.2007 unter
Mitwirkung eines Steuerberaters eine Umsatzsteuererklärung
(Vordruck USt 2 A) mit Anlage UR für das Jahr 2006 beim FA
ein.
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In dieser Umsatzsteuererklärung
für 2006 erklärte er Umsätze mit einer
Bemessungsgrundlage in Höhe von 9.436 EUR zum allgemeinen
Steuersatz, abziehbare Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 UStG in Höhe von insgesamt 407,56 EUR
und Umsatzsteuer, die vom Leistungsempfänger geschuldet wird
(§ 13b Abs. 2 UStG) in Höhe von 162,08 EUR, so dass sich
eine Umsatzsteuer in Höhe von 1.264,28 EUR ergab. In den
Zeilen 22 bis 25 des Vordrucks USt 2 A (Angaben zur Besteuerung der
Kleinunternehmer [§ 19 Abs. 1 UStG]) nahm der Kläger
keine Eintragungen vor.
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Die Umsatzsteuererklärung für
2006 stand als Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Nachdem der Kläger mit
Schreiben vom 17.1.2008 die Änderung der Steuerfestsetzung
für 2006 beantragt hatte, weil er als Wiederverkäufer bei
Abgabe seiner Umsatzsteuererklärung für 2006 nicht
beachtet habe, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage i.S.
des § 25a Abs. 4 UStG (Differenzbesteuerung) die Umsatzsteuer
aus der Gesamtdifferenz herausgerechnet werden müsse,
änderte das FA mit Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2006
vom 9.5.2008 die Festsetzung entsprechend und hob den Vorbehalt der
Nachprüfung auf.
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Nach Eintritt der Bestandskraft des
Umsatzsteuer-Jahresbescheids für 2006 vom 9.5.2008 beantragte
der Kläger für 2006 die (Nicht-)Besteuerung als
Kleinunternehmer mit der Begründung, die dafür nach
§ 19 Abs. 1 und 3 UStG erforderlichen Voraussetzungen
lägen vor. Mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom
15.7.2008 lehnte das FA den Antrag ab.
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Am 5.1.2009 reichte der Kläger eine
Umsatzsteuererklärung mit Anlage UR für 2007 (Streitjahr)
ein, in der er die zu zahlende Steuer mit 756,52 EUR berechnete und
unter anderem Steuer nach § 13b UStG in Höhe von 219,45
EUR erklärte. Am 6.11.2009 beantragte er unter Verweis auf die
Begründung für das Vorjahr, die Umsatzsteuer für das
Jahr 2007 auf 0 EUR festzusetzen. Diesen Antrag lehnte das FA mit
Bescheid vom 6.1.2010 ab und hob den Vorbehalt der Nachprüfung
auf. Der Einspruch war erfolglos.
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Mit Einreichung der
Umsatzsteuererklärung für 2007 hatte der Kläger beim
FA zugleich den Antrag gestellt, die Umsatzsteuer für 2007 aus
sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 163 der
Abgabenordnung (AO) „niedriger festzusetzen“, da
„stets die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung
i.S.d. § 19 UStG vorlagen“. Diesen Antrag lehnte das FA
mit Bescheid vom 10.2.2009 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom
7.6.2010 wurde der Einspruch als unbegründet
zurückgewiesen.
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Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin
erhobenen Klage mit dem Antrag, die Umsatzsteuer für 2007 auf
0 EUR festzusetzen, statt. Es führte zur Begründung im
Wesentlichen aus, die Umsätze des Klägers unterlägen
nach § 19 Abs. 1 UStG der Besteuerung für
Kleinunternehmer. Er habe - auch durch die Abgabe der
Umsatzsteuererklärung für 2006 - nicht nach § 19
Abs. 2 Satz 1 UStG zur Regelbesteuerung optiert, da keine
„Erklärung“ vorliege, seine Umsätze nach den
allgemeinen Vorschriften des UStG der Besteuerung unterwerfen zu
wollen. Mit der Herabsetzung der Umsatzsteuer auf 0 EUR sei der
Antrag auf Herabsetzung im Billigkeitswege gemäß §
163 AO gegenstandslos geworden.
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Das Urteil ist in EFG 2011, 2211 = SIS 11 31 43 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung von § 19 Abs. 2 UStG. Das Urteil des FG stehe im
Gegensatz zu der zu dieser Vorschrift ergangenen Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteile vom 19.12.1985 V R 167/82, BFHE
145, 457, BStBl II 1986, 420 = SIS 86 07 35; vom 11.12.1997 V R
50/94, BFHE 185, 82, BStBl II 1998, 420 = SIS 98 06 29; vom
9.7.2003 V R 29/02, BFHE 202, 403, BStBl II 2003, 904 = SIS 03 41 39). Der Kläger habe als Kleinunternehmer mit der unter
Mitwirkung eines Steuerberaters erstellten
Umsatzsteuererklärung für 2006 gegenüber dem FA
gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG eine
Optionserklärung zur Regelbesteuerung abgegeben, die ihn
gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG für mindestens
fünf Jahre binde.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise das Verfahren an
das FG zurückzuverweisen.
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Er macht im Wesentlichen geltend, er habe
mit der Einreichung der Umsatzsteuererklärung für 2006
nicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19
Abs. 2 Satz 1 UStG verzichtet; es bestehe daher für das
Streitjahr 2007 keine Bindung nach § 19 Abs. 2 Satz 2
UStG.
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Die Erstellung der
Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2006 habe auf einem
Irrtum beruht, dessen Ursache in der fehlerhaften Berechnung des
maßgeblichen Gesamtumsatzes für 2005 durch das FA liege.
Es habe aufgrund eines eigenen Fehlers den Kläger im Oktober
2007 zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für 2006
aufgefordert. Er sei daraufhin davon ausgegangen, zwingend der
Regelbesteuerung zu unterliegen. Zwar habe er Kenntnis von §
19 Abs. 2 Satz 1 UStG gehabt, jedoch habe er zu keiner Zeit
freiwillig auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung
verzichten wollen. Er habe das Wahlrecht nicht ausgeübt. Da
eine fehlerhafte Rechtsanwendung des § 19 Abs. 1 UStG durch
das FA zu der Regelbesteuerung geführt habe, bleibe für
eine nachrangige Option i.S. des § 19 Abs. 2 UStG kein
Raum.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache ist zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das Urteil des FG verletzt § 19 Abs. 2
Sätze 1 und 2 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG bislang
getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob
der Kläger mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärung
für 2006, in der er die Steuer selbst nach den allgemeinen
Vorschriften des UStG berechnet hat, konkludent auf die
Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG verzichtet hat.
Im Verzichtsfall würde ihn die Erklärung nach § 19
Abs. 2 Satz 2 UStG mindestens für fünf Kalenderjahre -
und damit auch im Streitjahr 2007 - binden.
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1. Die für Umsätze i.S. des § 1
Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern,
die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten
Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der Umsatz
zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen
Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden
Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird
(§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG).
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Ein Unternehmer, der - wie das FG im
Streitfall zutreffend festgestellt hat - die Voraussetzungen des
§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG erfüllt, weil er die dort
genannten Umsatzgrenzen nicht überschreitet (sog.
Kleinunternehmer), hat gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1
UStG die Möglichkeit, auf die Anwendung des § 19 Abs. 1
UStG zu verzichten. § 19 Abs. 2 UStG lautet: „Der
Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der
Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er
auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der
Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung
den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie
kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen
werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit
der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten
soll, zu erklären.“
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2. Für die Auslegung und Anwendung des
§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG gelten folgende Grundsätze:
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a) Ein Verzicht auf die Besteuerung als
Kleinunternehmer (sog. Option zur Regelbesteuerung) kann dem FA
gegenüber auch konkludent abgegeben werden. Der
Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG darf weder in dem
Sinne verstanden werden, dass der Gesetzgeber für die Option
einen bestimmten Erklärungswortlaut habe vorschreiben wollen,
noch ist hieraus zu schließen, dass eine Option allein durch
eine ausdrückliche Erklärung vorgenommen werden
könnte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420 =
SIS 86 07 35, unter II.1.a; Abschn. 19.2. Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 Satz
1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ).
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b) Eine Option zur Regelbesteuerung durch
konkludentes Verhalten kann von einem sog. Kleinunternehmer auch in
der Weise erklärt werden, dass dieser dem FA auf einem
für die Regelbesteuerung vorgesehenen Vordruck eine
Umsatzsteuererklärung einreicht, in welcher er die
Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes
berechnet und den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat (vgl.
BFH-Urteile in BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420 = SIS 86 07 35,
unter II.1.b; in BFHE 202, 403, BStBl II 2003, 904 = SIS 03 41 39,
unter II.2.b; Abschn. 19.2. Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 Satz 2 UStAE).
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22
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Bei der diesbezüglichen Würdigung
kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Von ihnen
hängt es ab, ob durch das FA der Inhalt einer
Steuererklärung zweifelsfrei zugleich als Erklärung zur
Ausübung des steuerrechtlichen Gestaltungsrechts aufgefasst
werden darf oder ob dem Inhalt eine solche Bedeutung nicht zukommt
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420 = SIS 86 07 35, unter II.1.b).
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23
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c) In Zweifelsfällen muss das FA den
Kleinunternehmer fragen, welcher Besteuerungsform er seine
Umsätze unterwerfen will (vgl. Abschn. 19.2. Abs. 1 Satz 4 Nr.
2 Satz 3 UStAE). Die Beseitigung etwa bestehender Zweifel ist wegen
der erheblichen Rechtsfolgen, nämlich der nach § 19 Abs.
2 Satz 2 UStG für mindestens fünf Kalenderjahre geltenden
Bindung des Verzichts auf die Kleinunternehmerbesteuerung, aus
Gründen der Rechtssicherheit erforderlich. Verbleiben Zweifel,
kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden.
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3. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher
aufzuheben.
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a) Das FG (Urteil, Seite 5) hält für
die Beurteilung, ob mit der Umsatzsteuererklärung für
2006 konkludent auf die Nichterhebung der Steuer nach § 19
Abs. 1 UStG verzichtet worden ist, unzutreffend „einen
Erklärungswillen“, dass der Kläger
„die Regelbesteuerung in Anspruch nehmen“ will,
für maßgebend. Die oben unter II.2. dargestellte
Rechtsprechung des BFH stellt dagegen zur konkludenten
Ausübung des Optionsrechts nach § 19 Abs. 2 UStG darauf
ab, ob der Erklärungsempfänger - das FA - das Verhalten
des Steuerpflichtigen als Willenserklärung und Ausübung
eines Gestaltungsrechts auffassen durfte (vgl. BFH-Urteil in BFHE
145, 457, BStBl II 1986, 420 = SIS 86 07 35, unter II.1.b).
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b) Die Vorentscheidung verletzt mit der
Herabsetzung der Umsatzsteuer für 2007 auf 0 EUR ferner §
19 Abs. 1 Satz 3 UStG, da nach dieser Vorschrift die in § 19
Abs. 1 Satz 1 UStG vorgesehene Nichterhebung von Umsatzsteuer nicht
für die im Streitfall erklärte, nach § 13b Abs. 2
UStG (jetzt § 13b Abs. 5 UStG) vom Leistungsempfänger zu
entrichtende Umsatzsteuer gilt und deshalb auch von einem
Kleinunternehmer zu entrichten ist.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif, weil der
vom FG festgestellte Sachverhalt nicht ausreicht, um
abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob
die eingereichte Umsatzsteuererklärung für 2006 eine
schlüssige Option zur Regelbesteuerung enthält.
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a) Im Rahmen der Würdigung, ob das FA den
Inhalt der Umsatzsteuererklärung für 2006 zweifelsfrei
als eine schlüssige Option zur Regelbesteuerung auffassen
durfte, muss das FG den unstreitigen Aktenvermerk des FA vom
30.3.2007 (Umsatzsteuerakte für 2006, Blatt 1)
berücksichtigen, der lautet
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„Umsatz 2005 = 20.548,81 § 19
(1) UStG
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Ab 2006 U-Signal setzen.
Jahreszahler“.
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In Betracht kommt - wofür auch die
unstreitig erfolgte Erklärungsanforderung des FA für das
Jahr 2006 im Oktober 2007 spricht -, dass das FA irrtümlich
der Auffassung war, der Kläger habe im Vorjahr (2005) die
Umsatzgrenze von 17.500 EUR i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG
überschritten mit der Folge, dass das FA ggf. unzutreffend
davon ausging, dem Kläger stehe die Möglichkeit,
gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG auf die Anwendung des
§ 19 Abs. 1 UStG zu verzichten, gar nicht zu. In einem solchen
Fall hätte die Umsatzsteuererklärung für 2006 vom FA
nicht als Erklärung zur Ausübung des steuerrechtlichen
Gestaltungsrechts aufgefasst werden dürfen. Im Gegensatz dazu
spricht jedoch der von dem FA auf der Umsatzsteuererklärung
für 2006 in violetter Farbe angebrachte Vermerk
„Umsatz 2005 unter 17.500,- = 2006
Kleinunternehmer“ dafür, dass das FA als
Erklärungsempfänger im Streitfall davon ausging und davon
ausgehen durfte, dass der Kläger ein Optionsrecht nach §
19 Abs. 2 Satz 1 UStG hatte und mit Abgabe der
Umsatzsteuererklärung ausübte.
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b) Soweit der Kläger geltend macht, er
habe mit der Umsatzsteuererklärung für 2006 gar keine
Optionserklärung i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG abgeben
wollen, ist dies rechtlich unerheblich.
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Da das Erklärungsbewusstsein kein
notwendiger Bestandteil der Willenserklärung ist, kann
schlüssiges Verhalten auch dann als Willenserklärung
gewertet werden, wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer
solchen Wertung nicht gedacht hat, sofern er bei Anwendung
pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, dass sein
Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und
der Erklärungsempfänger es auch tatsächlich so
verstanden hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 185, 82, BStBl II 1998, 420
= SIS 98 06 29, unter II.1.b; Palandt/Ellenberger,
Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl., § 133 Rz 11,
m.w.N.).
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Aus den vorstehenden Gründen wendet der
Kläger auch zu Unrecht ein, dass das FA den Zweck der
Kleinunternehmerregelung, die Verwaltungsvereinfachung, und die vom
Gesetzgeber mit der Option gewollte Beseitigung von Nachteilen
für Kleinunternehmer unzulässig außer Betracht
lasse.
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33
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c) Der Kläger geht ferner unzutreffend
davon aus, bei der Würdigung sei zu beachten, dass er als
Kleinunternehmer nicht zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung
für 2006 verpflichtet gewesen sei.
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Auch ein Kleinunternehmer i.S. des § 19
Abs. 1 UStG ist gemäß § 18 Abs. 3 UStG i.V.m.
§ 149 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet, eine
Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben (vgl.
Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 19
UStG Rz 26; Hildesheim in Offerhaus/Söhn/Lange, § 18 UStG
Rz 62; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz,
§ 18 UStG Rz 27; Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG
§ 18 Rz 355; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 1091).
§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG sieht keine Befreiung von dieser
Verpflichtung vor.
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35
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Dem FA wird durch die Erklärungspflicht
die Prüfung ermöglicht, ob der Unternehmer den
Kleinunternehmerstatus zu Recht in Anspruch nimmt (vgl. Stadie in
Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 18 UStG Rz 27).
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5. Sofern das FG nach der Würdigung aller
Umstände zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger für
2006 konkludent auf die Nichterhebung der Steuer nach § 19
Abs. 1 UStG verzichtet hat, konnte er diese - auch im Streitjahr
2007 geltende - Option zur Regelbesteuerung nicht mehr wirksam
zurücknehmen oder anfechten.
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a) Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG bindet
die Verzichtserklärung für 2006 den Kläger
mindestens für fünf Kalenderjahre, wenn - wie im
Streitfall - die Steuerfestsetzung für 2006 unanfechtbar
geworden ist. Da der Fünfjahreszeitraum ab Beginn des Jahres
2006 lief, umfasst er auch das Streitjahr 2007.
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38
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Die fünfjährige Bindungsfrist soll
Missbräuche beim Vorsteuerabzug verhindern (vgl. Schriftlicher
Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks V/1581 [zu], 17). Wäre
z.B. ein jährlicher Wechsel zwischen Besteuerung und
Nichtbesteuerung möglich, bestünde die Möglichkeit,
ungerechtfertigte Vorteile durch entsprechende zeitliche
Verlagerungen der vorsteuerbelasteten Leistungen anderer
Unternehmer für das Unternehmen sowie der Umsätze zu
erlangen (gl. A. Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer,
a.a.O., § 19 UStG Rz 38).
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39
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Vorliegend hat der Kläger eine in der
beantragten Anwendung der Kleinunternehmerregelung
(möglicherweise) zu sehende Optionsrücknahme erst nach
Eintritt der Bestandskraft des Umsatzsteuer-Jahresbescheids
für 2006 vom 9.5.2008 erklärt. Sie wäre daher wegen
Verstoßes gegen § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG wirkungslos
(vgl. Lippross, a.a.O., S. 1092).
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40
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b) Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, der
BFH (Urteil vom 9.4.1975 I R 55/73, BFHE 115, 377, BStBl II 1975,
616 = SIS 75 03 57) habe die Rücknahme eines Antrags wegen
Irrtums auch nach Ablauf einer Ausschlussfrist zugelassen.
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Denn der dieser Entscheidung zugrunde liegende
Sachverhalt ist nicht mit dem des Streitfalls vergleichbar. Der BFH
hat in diesem Urteil (in BFHE 115, 377, BStBl II 1975, 616 = SIS 75 03 57, unter 2.) die Rücknahme eines in der
Steuererklärung irrtümlich gestellten Antrags lediglich
aus dem Grund zugelassen, weil sie innerhalb der offenen
Einspruchsfrist des Steuerbescheids erfolgte, in dem der Antrag
erstmalig steuerlich berücksichtigt worden ist. Das Kreuz im
Vordruck war versehentlich um eine Zeile zu hoch gesetzt worden.
Das FA war von vornherein von einem offensichtlichen Irrtum
ausgegangen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gerade nicht
erfüllt.
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42
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c) Auch eine Anfechtung einer evtl.
vorliegenden Optionserklärung nach § 19 Abs. 2 Satz 1
UStG wegen Irrtums wäre nicht möglich.
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43
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Die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) über die Anfechtung von
Willenserklärungen wegen Irrtums sind im öffentlichen
Recht grundsätzlich nicht sinngemäß anzuwenden.
Hier bestimmt sich ausschließlich nach öffentlichem
Recht, ob die Erklärung berichtigt, ergänzt oder
widerrufen werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 11.1.1967 I 78/65,
BFHE 87, 529, BStBl III 1967, 208 = SIS 67 01 21; in BFHE 115, 377,
BStBl II 1975, 616 = SIS 75 03 57, unter 2.; Niedersächsisches
FG, Urteil vom 26.2.2004 14 K 858/00, EFG 2004, 1199 = SIS 04 26 17, rkr.). Für den Streitfall hat der Gesetzgeber in § 19
Abs. 2 Sätze 2 bis 4 UStG abschließend eine abweichende,
spezialgesetzliche Regelung getroffen (vgl. Seer in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Vorbemerkungen zu
§§ 149-153 AO Rz 13; Heuermann in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, Vor §§ 149-153 AO Rz 7 und
Fn 2; Stöcker in Beermann/Gosch, AO Vor §§ 149-153
Rz 9).
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44
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Soweit sich der Kläger darauf beruft,
nach Birkenfeld sei auch im Steuerrecht eine Anfechtung einer
Willenserklärung wegen Irrtums möglich (Steuer und
Wirtschaft - StuW - 1977, 31), ergibt sich daraus für den
Streitfall kein anderes Ergebnis. Nach Birkenfeld (StuW 1977, 31,
41 Buchst. d) handeln Steuerpflichtige bei Anfechtung (erst) nach
Bestandskraft fahrlässig und schuldhaft verzögert i.S.
von § 121 BGB, wenn sie den Irrtum „in offener
Rechtsbehelfsfrist“ nicht bemerken; dann sei die
Anfechtung ausgeschlossen. Im Streitfall war der - in Anwendung der
allgemeinen Vorschriften des UStG ergangene - Umsatzsteuerbescheid
für 2006 vom 9.5.2008 bereits bestandskräftig, als der
Kläger seine (Nicht-)Besteuerung als Kleinunternehmer nach
§ 19 UStG begehrte.
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45
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6. Sofern das FG im zweiten Rechtsgang eine
konkludente Optionserklärung des Klägers zur
Regelbesteuerung annimmt, hat es über den vom Kläger
ferner gestellten und ebenfalls rechtshängigen Antrag auf
Herabsetzung der Umsatzsteuer für 2007 im Billigkeitswege
gemäß § 163 AO zu entscheiden.
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