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Freiberufliche Tätigkeit eines IT-Ingenieurs

Freiberufliche Tätigkeit eines IT-Ingenieurs: Ein als Systemadministrator tätiger Diplom-Ingenieur für technische Informatik kann einen freien Beruf ausüben. - Urt.; BFH 22.9.2009, VIII R 31/07; SIS 10 02 30

Kapitel:
Unternehmensbereich > Sonstiges > Freiberufler
Fundstellen
  1. BFH 22.09.2009, VIII R 31/07
    BStBl 2010 II S. 467
    LEXinform 0588560

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 28.4.2010
    T.L. in BB 11/2010 S. 620
    D.St. in NWB 11/2010 S. 819
    erl in StuB 3/2010 S. 116
    -/- in NWB 6/2010 S. 403
    H.J.P. in BFH/PR 4/2010 S. 128
    H.J.P. in StC 4/2010 S. 9
    A.R. in DStZ 7/2010 S. 226
    J.M. in AktStR 2/2010 S. 242
    R.N. in HFR 5/2010 S. 463
    V.Pf. in FR 4/2014 S. 162
Normen
[EStG] § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 21.08.2007, SIS 07 36 72, Systemadministrator, Gewerbebetrieb, Freiberufliche Tätigkeit, Computer, Gewerbesteuer, Abgrenzung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 28.11.2013, SIS 14 06 24, Freiberufler-Personengesellschaft, Anforderungen an die ingenieurähnliche Tätigkeit bei Autodidakten: 1. ...
  • FG Köln 25.9.2013, SIS 14 22 55, Ingenieur- oder informatikerähnliche Tätigkeit: Eine Personengesellschaft erzielt keine freiberuflichen E...
  • FG Berlin-Brandenburg 7.3.2013, SIS 13 15 33, Holztechnikingenieur als freiberuflicher Softwareentwickler: 1. Ingenieur i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz...
  • Niedersächsisches FG 22.4.2011, SIS 11 31 40, Bausachverständiger für Fußbodenbeläge, Abgrenzung Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus selbständi...
  • FG München 10.12.2010, SIS 12 17 80, Beurteilung der Tätigkeit eines Systemanalytikers als ingenieursähnliche Tätigkeit: 1. Ein Diplom-Informa...
  • BFH 26.5.2010, SIS 10 26 62, Beweis durch Sachverständige, Ermittlung von Anknüpfungstatsachen: 1. Beauftragt das Gericht einen Sachve...
  • FG Berlin-Brandenburg 26.5.2010, SIS 10 30 27, Selbstständige Beratung von Radiosendern gewerbesteuerpflichtig, wenn kein an einer mit dem beratenden Be...
Fachaufsätze
  • LIT 01 92 45 D. Steinhauff, NWB 10/2010 S. 819: BFH erweitert Kreis der Freiberufler im Bereich der EDV - BFH-Urteile vom 22.9.2009, VIII R 31/07 (SIS 10...

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) legte an der Berufsakademie S in der Studienrichtung Technische Informatik die Abschlussprüfung erfolgreich ab. Er ist danach berechtigt, die Bezeichnung Diplom-Ingenieur (Berufsakademie - BA - ) zu führen. Nach der Berufsausbildung war er auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) zunächst im Angestelltenverhältnis und später, so auch im Streitjahr 2003, selbständig berufstätig.

 

 

2

Die Tätigkeit des Klägers bestand im Einzelnen darin, Rechnernetzwerke durch Installation und Konfiguration von Windows-Software einzurichten, zu betreuen, Störungen im Netzwerk zu beheben und die eingesetzte Software im Einzelfall zu modifizieren. Außerdem hatte er das System gegen unbefugten Zugriff zu sichern. Die Überwachung der Server erfolgte mittels vom Kläger selbst entwickelter Hilfs- und Dienstprogramme (Skripte). Als Systemadministrator oblag ihm die Anwendung der vorhandenen Hard- und Software.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) und das Finanzgericht (FG) beurteilten seine Tätigkeit als Gewerbebetrieb. Zur Begründung führte das FG in seinem in EFG 2007, 1884 = SIS 07 36 72 veröffentlichten Urteil an, der Kläger sei zwar Ingenieur, aber nicht als solcher tätig gewesen. Er habe nicht System- oder Anwendersoftware durch eine klassische ingenieurmäßige Vorgehensweise auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt, sondern eine Tätigkeit als Netzwerk- und Systemadministrator ausgeübt. Administrative Arbeiten dieser Art würden im Regelfall nicht von Ingenieuren durchgeführt.

 

 

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

 

5

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene FG-Urteil und den Bescheid für 2003 über den Gewerbesteuermessbetrag in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

 

 

6

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es schließt sich im Wesentlichen der Argumentation der Vorinstanz an.

 

 

7

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

 

 

8

II. Die Revision ist begründet. Der Senat entscheidet gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Sache und gibt der Anfechtungsklage statt.

 

 

9

Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid ist rechtswidrig. Der Kläger unterhält keinen Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 EStG), sondern erzielt als Ingenieur Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.

 

 

10

1. Ingenieur im Sinne dieser Vorschrift ist, wer über die erforderliche Berufsqualifikation verfügt und eine Ingenieurtätigkeit auch tatsächlich ausübt.

 

 

11

a) Über die persönliche Qualifikation als Ingenieur verfügt derjenige, der wegen der Prägung des Berufsbildes des Ingenieurs durch die Ingenieurgesetze der Länder aufgrund seiner Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule oder eines Betriebsführerlehrganges an einer Bergschule befugt ist, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.2.2006 IV R 27/05, BFH/NV 2006, 1270 = SIS 06 25 73; vom 18.4.2007 XI R 29/06, BFHE 218, 65, BStBl II 2007, 781 = SIS 07 28 45). Dem steht das Studium an einer staatlichen Berufsakademie gleich, wenn sein Abschluss - wie hier - zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur berechtigt (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Sächsischen Ingenieurgesetzes vom 23.2.1993, Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1993, 236).

 

 

12

b) Eine Tätigkeit als Ingenieur zeichnet sich dadurch aus, dass sie durch die Wahrnehmung von für den Ingenieurberuf typischen Aufgaben geprägt wird. Welche Aufgaben für den Beruf des Ingenieurs i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG typisch sind, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung und unterliegt insoweit umfassender revisionsrechtlicher Nachprüfung. Hingegen ist die Feststellung, ob die vom Steuerpflichtigen tatsächlich ausgeübte Tätigkeit in diesem Sinne ingenieurtypisch geprägt ist, Aufgabe des FG (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), an dessen tatsächliche Feststellungen der BFH grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).

 

 

13

aa) Zu den Aufgaben des Ingenieurs gehört es, auf der Grundlage naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen (BFH-Urteil vom 5.6.2003 IV R 34/01, BFHE 202, 336, BStBl II 2003, 761 = SIS 03 37 79, m.w.N.). Typisch für den Beruf des Ingenieurs sind aber auch überwachende, kontrollierende und rein beratende Tätigkeiten, soweit sie nicht auf bloße Absatzförderung gerichtet sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1270 = SIS 06 25 73). Kernbereiche des Ingenieurberufs sind im Einzelnen: Forschung und Lehre, Entwicklung, Konstruktion, Planung, Fertigung, Montage, Inbetriebnahme und Instandhaltung, Vertrieb, Beratung, Versuchs- und Prüfungswesen, technische Verwaltung und Betriebsführung, Produktions- und Prozesssteuerung, Sicherheit, Patent- und Normenwesen (vgl. BFH-Urteile vom 11.6.1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584 = SIS 85 18 16; vom 7.9.1989 IV R 156/86, BFH/NV 1991, 359; Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., Stichwort „Ingenieur“; www.wikipedia.de, Stichwort „Ingenieur“, Abschn. Berufsbild).

 

 

14

bb) Auf dem Gebiet der EDV und der Informationstechnik gehören zu den Tätigkeiten von Ingenieuren nicht nur die Entwicklung und Konstruktion von Hard- und Software (vgl. dazu BFH-Urteile vom 7.12.1989 IV R 115/87, BFHE 159, 171, BStBl II 1990, 337 = SIS 90 07 43; vom 7.11.1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324 = SIS 92 08 38; vom 4.5.2004 XI R 9/03, BFHE 206, 233, BStBl II 2004, 989 = SIS 04 37 78; vom 18.4.2007 XI R 57/05, BFH/NV 2007, 1854 = SIS 07 32 14). Die Tätigkeit eines Ingenieurs umfasst auch die Entwicklung von Betriebssystemen und ihre Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden, die rechnergestützte Steuerung, Überwachung und Optimierung industrieller Abläufe, den Aufbau, die Betreuung und Verwaltung von Firmennetzwerken und -servern, die Anpassung vorhandener Systeme an spezielle Produktionsbedingungen und Organisationsstrukturen sowie die Bereitstellung qualifizierter Dienstleistungen, wie etwa Benutzerservice und Schulung. Informatik-Ingenieure arbeiten u.a. auch in der Netz- und Systemadministration, sie beurteilen die Leistungsfähigkeit von Rechnernetzen oder bewerten die Energieeffizienz bestehender Systeme (zum Ganzen: Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit, abrufbar unter www.berufenet.arbeitsagentur.de, Berufe „Ingenieur - Elektrotechnik/technische Informatik“ und „Ingenieurinformatik“).

 

 

15

2. Nach diesen Grundsätzen war der Kläger im Streitjahr als Ingenieur tätig.

 

 

16

a) Als Absolvent der BA S verfügt der Kläger über einen qualifizierten Studienabschluss und ist berechtigt, die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur (BA) zu führen.

 

 

17

b) Der Kläger hat eine freiberufliche Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt. Diese war davon geprägt, dass er für den freien Beruf des Informatik-Ingenieurs typische Aufgaben wahrgenommen hat. Er war unstreitig nicht fachfremd, sondern im Bereich der EDV berufstätig. Nach den bindenden Feststellungen des FG hat er als Systemadministrator Rechnernetze mit mehreren tausend Nutzern überwacht, optimiert, betreut und verwaltet. Er war zudem für die Fehleranalyse und -beseitigung verantwortlich. Derartige Tätigkeiten werden vom Berufsbild des Informatik-Ingenieurs erfasst.