1
|
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) und seine verstorbene Ehefrau wurden für das
Streitjahr (1998) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie
erwarben in der Zeit vom 19.2.1998 bis zum 12.3.1998 Anteile am
X-Fonds zu Anschaffungskosten von insgesamt 6.810.724,40 DM. Der
Fonds investierte hauptsächlich in deutsche Genussscheine mit
kurz- bis mittelfristigen Laufzeiten. Am 20.10.1998 verkauften der
Kläger und seine Ehefrau die Anteile zu einem
Rückgabepreis von 6.907.563,20 DM. In ihrer
Einkommensteuererklärung setzten sie die Differenz von
Anschaffungskosten und Veräußerungserlös (96.840
DM) als Kapitalerträge aus dem Fonds an. In der
Erträgnisaufstellung über Kapitalerträge für
das Streitjahr hatte die Bank für die Fondsanteile jedoch
einen Zwischengewinn von 372.236,90 DM ausgewiesen, den der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) bei der
Einkommensteuerveranlagung zugrunde legte.
|
|
|
2
|
Die dagegen nach erfolglosem Einspruch
erhobene Klage war auf die Rechtsauffassung gestützt, bei dem
betreffenden Fonds handele es sich um eine Finanzinnovation (§
20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ).
|
|
|
3
|
Während des Klageverfahrens hob das FA
mit Bescheid vom 19.11.2002 den Vorbehalt der Nachprüfung
für die angefochtene Steuerfestsetzung auf.
|
|
|
4
|
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab
(EFG 2006, 1248 = SIS 06 28 69). Auf die Frage, ob der Fonds als
Finanzinnovation beurteilt werden könne, komme es nicht an, da
sich die Besteuerung vorrangig nach § 39 Abs. 1, Abs. 1a des
Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften in der für den
Streitfall maßgeblichen Fassung vom 9.9.1998 (BGBl I 1998,
2726, BStBl I 1998, 1230) - KAGG a.F. -, § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG richte. Aus der Auskunft des Fonds gehe hervor, dass beim Kauf
der Anteile im Kaufpreis keine Stückzinsen oder negativen
Zwischengewinne enthalten gewesen seien, zum Verkaufstermin am
20.10.1998 jedoch ein Zwischengewinn von 4,13 DM pro Anteil
realisiert worden sei.
|
|
|
5
|
Dagegen wendet sich der Kläger mit der
Revision. Die Auffassung des FG, beim Kauf der Fondsanteile seien
keine Stückzinsen angefallen, sei unzutreffend. Da der Fonds
die Genussscheine, wie aus seiner Auskunft vom 20.1.2006
hervorgehe, „flat“ gehandelt und dafür keine
Zinsabgrenzungen gebildet habe, habe er bei Anschaffung der Anteile
durch den Kläger und seine Ehefrau die Stückzinsen nicht
offen ausgewiesen. Dagegen würden die an den Fonds zum
Fälligkeitstermin ausgezahlten Zinsen in vollem Umfang dem
Zwischengewinnkonto des Anlegers zugerechnet, ohne den
unterjährig geleisteten, im Kurswert des erworbenen Papiers
enthaltenen Preis für den Erwerb der Zwischengewinne zu
berücksichtigen. Das widerspreche dem Nettoprinzip.
|
|
|
6
|
Der Kläger beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid 1998 vom 19.11.2002 dahin abzuändern,
dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen aus den Anteilen
am X-Fonds nur in Höhe von 96.841 DM angesetzt werden.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
Es hält die Vorentscheidung für
zutreffend.
|
|
|
9
|
II. 1. Das Rubrum des angefochtenen Urteils
ist dahin zu berichtigen, dass das Urteil gegen den Kläger
zugleich als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau ergangen
ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.8.2001 V B
51/01, BFHE 196, 16, BStBl II 2001, 767 = SIS 01 13 50).
|
|
|
10
|
2. Die Revision ist unbegründet und daher
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat zu Recht den in der Erträgnisaufstellung
der Bank ausgewiesenen Zwischengewinn als Einnahmen aus
Kapitalvermögen beurteilt.
|
|
|
11
|
a) Zutreffend hat das FG für die
steuerrechtliche Beurteilung des Verkaufs der Fondsanteile nicht
die Vorschriften des § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 2 Satz 1
Nr. 4 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zugrunde gelegt. Bei dem
X-Fonds handelt es sich um ein Wertpapier-Sondervermögen i.S.
von § 1 Abs. 1 i.V.m. § 8 KAGG a.F. Damit richtet sich
die Besteuerung der Erträge des Anlegers aus den Fondsanteilen
nach der abschließenden Spezialregelung des KAGG a.F.
(insbesondere § 39 Abs. 1 und Abs. 1a KAGG a.F.), welche einen
unmittelbaren Rückgriff auf die Normen des EStG - und damit
auch auf dessen § 20 - ausschließt (BFH-Urteil vom
27.3.2001 I R 120/98, BFH/NV 2001, 1539 = SIS 01 81 18; vgl. ebenso
schon zur Regelung des Auslandinvestmentgesetzes BFH-Urteil vom
11.10.2000 I R 99/96, BFHE 193, 330, BStBl II 2001, 22 = SIS 01 02 24). Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung, ob die
vom Kläger und seiner Ehefrau erworbenen Fondsanteile als
Finanzinnovation gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m.
Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG beurteilt
werden könnten.
|
|
|
12
|
b) Das FG hat die vom Kläger und seiner
Ehefrau erzielten Erträge aus dem Verkauf der Fondsanteile
nach den Vorschriften des KAGG a.F. in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise ermittelt.
|
|
|
13
|
aa) Nach § 39 Abs. 1 KAGG a.F.
gehören u.a. die Ausschüttungen auf Anteilscheine an
einem Wertpapier-Sondervermögen bei einem Privatanleger zu den
Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG. Zu diesen Einkünften gehört nach § 39 Abs. 1a
Sätze 1 und 2 KAGG a.F. auch der Zwischengewinn, das
heißt das Entgelt für die dem Anteilscheininhaber noch
nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Einnahmen, die
in der Vorschrift aufgezählt sind. Werden Anteilscheine an
einem Wertpapier-Sondervermögen - wie im Streitfall -
veräußert, so gilt der Zwischengewinn als in den
Einnahmen aus der Veräußerung enthalten (§ 39 Abs.
1a Satz 3 KAGG a.F.).
|
|
|
14
|
Die Kapitalanlagegesellschaft hat
börsentäglich den Zwischengewinn i.S. des § 39 Abs.
1a KAGG a.F. zu ermitteln; sie hat ihn mit dem Rücknahmepreis
zu veröffentlichen (§ 41 Abs. 4 KAGG a.F.).
|
|
|
15
|
bb) Für den Streitfall geht aus den vom
FG eingeholten Auskünften der Bank und der
Kapitalanlagegesellschaft hervor, dass der Fonds, an dem sich der
Kläger und seine Ehefrau beteiligt hatten, für die von
ihm erworbenen Genussscheine keine Zinsabgrenzungen gebildet hatte.
Da es nur wenige Termine im Jahr gab, zu denen der Fonds Zahlungen
aus den Genussscheinen bezog, stieg der Zwischengewinn nicht
kontinuierlich an, sondern sprunghaft zu den Zahlungsterminen des
jeweiligen Genussscheins. Der Kläger und seine Ehefrau haben
ihre Fondsanteile kurz nach dem Ausschüttungstermin des Fonds
(16.2.1998) in der Zeit vom 19.2.1998 bis zum 12.3.1998 erworben.
Während dieses Zeitraums betrug der Zwischengewinn
zunächst Null. Er begann erst im April 1998 wieder
allmählich anzusteigen. Mithin war in dem vom Kläger und
seiner Ehefrau geleisteten Kaufpreis für die Fondsanteile
tatsächlich kein negativer Zwischengewinn enthalten. Die
entsprechenden Feststellungen des FG hat der Kläger nicht mit
Verfahrensrügen angegriffen, sie sind widerspruchsfrei
zustande gekommen, verstoßen nicht gegen Erfahrungssätze
und sind damit für das Revisionsgericht bindend (§ 118
Abs. 2 FGO).
|
|
|
16
|
Danach beanstandet der Kläger zu Unrecht,
dass bei Anschaffung der Fondsanteile keine Stückzinsen oder
negativen Zwischengewinne offen ausgewiesen worden seien. FA und FG
haben zu Recht den durch den Fonds nach den gesetzlichen Vorgaben
des § 41 Abs. 4 KAGG a.F. ermittelten Zwischengewinn i.S. von
§ 39 Abs. 1a KAGG a.F. der Besteuerung zugrunde gelegt.
|