Beitreibungsersuchen des BZSt an Behörde im EG-Ausland, Rechtsschutz, Passivlegitimation: 1. § 63 Abs. 1 FGO bestimmt ohne Ansehen des rechtlichen Inhalts des streitigen Rechtsverhältnisses, wer zu verklagen ist, d.h. die Prozessführungsbefugnis. Davon zu unterscheiden ist die Sach- oder Passivlegitimation, die die Frage beantwortet, ob der Beklagte nach dem materiellen Recht auch der Anspruchsverpflichtete ist. - 2. Bei der Übermittlung von Beitreibungsersuchen an eine Behörde in einem EG-Mitgliedstaat hat das Bundeszentralamt für Steuern die Funktion einer "Kontakt- oder Verbindungsstelle" für die Abwicklung des Ersuchens mit dem Ausland. Herr des Verfahrens im Inland ist das für die Vollstreckung zuständige FA. - 3. Das Ersuchen ist kein Verwaltungsakt, aber auch kein rein behördeninterner Vorgang. Rechtsschutz auf Rücknahme des Ersuchens kann mit der Leistungsklage gesucht werden. - Urt.; BFH 21.7.2009, VII R 52/08; SIS 09 30 37
I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) richtete mit Schreiben vom Januar 2007 ein
Beitreibungsersuchen gemäß Art. 6 bis 13 der Richtlinie
76/308/EWG (RL 76/308/EWG) des Rates vom 15.3.1976 über die
gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen
... (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L
73/18) über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nach
Zypern. In dem Beitreibungsersuchen ist das FA ausdrücklich
als ersuchende Behörde aufgeführt. Es betrifft
rückständige Umsatzsteuer und steuerliche Nebenleistungen
(Zinsen und Säumniszuschläge) des Klägers und
Revisionsklägers (Kläger). Das FA ordnete in der
beigefügten Aufstellung auf amtlichem Vordruck die Zinsen den
Hauptforderungen und nicht der eigenständigen Rubrik
„bis zur Unterzeichnung dieses Ersuchens entstandene
Zinsen“ zu, sondern erfasste dort die
Säumniszuschläge. Als Vollstreckbarkeitstermin wurde bei
den Zinsen zur Einkommensteuer 1996 der 15.10.2001 und bei den
entsprechenden Säumniszuschlägen auch der 15.10.2001, der
9. Januar und der 23.5.2002 angegeben. Für diese Positionen
ist außerdem angegeben „unanfechtbar seit
05.10.2005“. Der genannte Vollstreckbarkeitstermin fast aller
übrigen Forderungen liegt nach dem 22.1.2002.
Das in griechischer Sprache verfasste
Beitreibungsersuchen wurde dem steuerlichen Vertreter des
Klägers in Limassol zugestellt. Nach erfolglosem
Einspruchsverfahren - das FA sah in dem Beitreibungsersuchen eine
behördeninterne Maßnahme - wies das Finanzgericht (FG)
die auf Rücknahme des Beitreibungsersuchens gerichtete Klage
als unbegründet ab (vgl. SIS 09 03 86). Das Ersuchen sei zwar
kein Verwaltungsakt, weil es an eine ausländische Behörde
gerichtet und damit keine hoheitliche Maßnahme sei, die Klage
sei jedoch als auf Vornahme einer anderen Leistung i.S. des §
40 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerichtete Leistungsklage
zulässig. Mit den auf die Verletzung von Vorschriften der RL
76/308/EWG und der Richtlinie 2002/94/EG (RL 2002/94/EG) der
Kommission vom 9.12.2002 zur Festlegung ausführlicher
Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Artikeln der RL
76/308/EWG ... (AblEG Nr. L 337/41), zuletzt geändert durch
die Richtlinie 2006/84/EG der Kommission vom 23.10.2006 (ABlEG Nr.
L 362/99) gestützten Einwendungen könne die Klage aber
keinen Erfolg haben, da sich der Kläger im vorliegenden
Verfahren gegen das beklagte FA auf diese Vorschriften nicht
berufen könne. Die Verletzung der RL 76/308/EWG und 2002/94/EG
könnte nur gegenüber dem BZSt mit Erfolg geltend gemacht
werden. Unbeschadet dessen, dass - soweit es um
Beitreibungsersuchen an andere Mitgliedstaaten der
Europäischen Gemeinschaft (EG) gehe - keine Umsetzung in
unmittelbar verbindliches Recht erfolgt sei, weil das insoweit
erlassene EG-Beitreibungsgesetz (EG-BeitrG) i.d.F. der
Bekanntmachung vom 3.5.2003 (BGBl I 2003, 654), zuletzt
geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl I
2007, 2897), nur den umgekehrten Fall der Vollsteckung von
Geldforderungen im Inland erfasse, habe sich zwar das
Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Merkblatt zur
zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Merkblatt)
vom 19.1.2004 (BStBl I 2004, 66 = SIS 04 06 18) selbst an die
Vorgaben dieser Richtlinien gebunden. Die Verantwortung für
die Berücksichtigung dieser Vorgaben liege nach entsprechender
Delegation (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über die
Finanzverwaltung - FVG -, Erlass vom 13.12.1976, BStBl I 1977, 33 =
SIS 77 04 97) nun allein beim BZSt. Deshalb komme es auf die
vermeintlichen Mängel des Beitreibungsersuchens, nämlich
ob Säumniszuschläge vom Anwendungsbereich der RL
76/308/EWG erfasst würden, die Erfassung der Zinsen in einer
falschen Rubrik der Forderungsaufstellung erheblich sei sowie die
Fünf-Jahres-Frist gemäß Art. 14 Abs. 2 RL
76/308/EWG eingehalten und somit die Mindestbetragsgrenze von 1.500
EUR nach Art. 25 Abs. 2 RL 2002/94/EG erreicht worden sei, nicht
an.
Mit der Revision hält der Kläger
daran fest, er habe einen Anspruch auf Rücknahme des
Beitreibungsersuchens gegen das FA. Das Ersuchen sei ein
rechtswidriger Verwaltungsakt, da die Beitreibung von
Säumniszuschlägen in Art. 2 RL 76/308/EWG nicht
vorgesehen sei und die Vollstreckungstitel sowohl zu den
Säumniszuschlägen als auch zu den Zinsen betreffend
Einkommensteuer 1996 bei Erlass des Ersuchens älter als
fünf Jahre gewesen seien, so dass nach Art. 14 der Richtlinie
keine Verpflichtung des ersuchten Staates zur Vollstreckung
bestanden habe. Die Umsatzsteuerforderungen nebst Zinsen seien
bereits am 28.10.2008 bezahlt worden. Da das FA das rechtswidrige
Ersuchen in die Wege geleitet habe und der einzige Ansprechpartner
für den Kläger gewesen sei, müsse ihm ein
Rechtsanspruch auf Rücknahme gegen dieses FA zustehen.
Das FA hält die Entscheidung des FG im
Ergebnis für zutreffend.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Die Revision scheitert nicht schon daran,
dass das FG die Klage bereits als unzulässig hätte
abweisen müssen.
a) Das FG hat das FA zutreffend als den
richtigen Beklagten angesehen. Nach § 63 Abs. 1 FGO ist die
Klage gegen die Behörde zu richten, die den
ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen oder die den
beantragten Verwaltungsakt oder die andere Leistung unterlassen
oder abgelehnt hat. Das FA ist in dem Beitreibungsersuchen
ausdrücklich als die ersuchende Behörde bezeichnet und
hat außerdem die Rücknahme des Ersuchens gegenüber
dem Kläger abgelehnt. § 63 Abs. 1 FGO bestimmt ohne
Ansehen des rechtlichen Inhalts des streitigen
Rechtsverhältnisses, wer zu verklagen ist, d.h. die
Prozessführungsbefugnis. Davon zu unterscheiden ist die Sach-
oder Passivlegitimation, die die Frage beantwortet, ob der Beklagte
nach dem materiellen Recht auch der Anspruchsverpflichtete ist.
Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof (BFH) für eine Klage
auf Unterlassung einer Auskunft an eine ausländische
Steuerbehörde nicht die Prozessführungsbefugnis des FA,
sondern seine Passivlegitimation verneint, weil das FA für die
streitige Auskunft unter keinem denkbaren Gesichtspunkt
zuständig gewesen sei (Urteil vom 23.7.1986 I R 306/82, BFHE
148, 1, BStBl II 1987, 92 = SIS 87 06 53). Das FG allerdings
spricht, indem es die Beklagtenstellung des FA gemäß
§ 63 Abs. 1 FGO bejaht, offensichtlich in Anlehnung an die
Gleichstellung der Begriffe „Passivlegitimation
(Prozessführungsbefugnis des Beklagten)“ im
BFH-Beschluss vom 19.5.2008 V B 29/07 (BFH/NV 2008, 1501 = SIS 08 31 98) davon, das FA sei „passivlegitimiert“.
Lediglich klarstellend sei angemerkt, dass dieser Begriff in diesem
Zusammenhang ebenso wie seine Verwendung in dem Senatsurteil vom
26.2.1980 VII R 60/78 (BFHE 130, 12, BStBl II 1980, 1199 = SIS 80 01 79) missverständlich ist (wie hier z.B. BFH-Beschlüsse
vom 27.8.2007 IV B 98/06, BFH/NV 2007, 2322 = SIS 08 01 47; vom
6.3.2000 II B 48/99, BFH/NV 2000, 1112 = SIS 00 58 35).
b) Das FG hat auch zutreffend das
Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für seine
Leistungsklage auf Rücknahme des Beitreibungsersuchens
bejaht.
Der Senat teilt allerdings nicht die
Auffassung des FG Düsseldorf (Beschluss vom 13.9.1989 5 V
364/89 AE, EFG 1989, 646), dass ein solches Ersuchen als
Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Zum Einen ergeht es schon der
äußeren Form nach nicht als Verwaltungsakt. Als Ersuchen
an eine Behörde eines Mitgliedstaates fehlt es der
Maßnahme darüber hinaus auch an einer Regelung i.S. des
§ 118 der Abgabenordnung (AO). Die darin enthaltenen Daten
werden nicht festgestellt, sondern lediglich mitgeteilt. Das gilt
auch für die nach Rz. 2.2.2.1 des Merkblattes abzugebende
Erklärung, dass die Voraussetzungen für das
Vollstreckungsersuchen vorliegen. Zwar sieht die Rechtsprechung des
Senats in den für die Vollstreckung in das unbewegliche
Vermögen erforderlichen Anträgen an das
(inländische) Vollstreckungsgericht oder Grundbuchamt
Verwaltungsakte, weil sie die Bestätigung enthalten, dass die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen
(z.B. Senatsbeschluss vom 15.12.1992 VII B 131/92, BFH/NV 1993,
460). Die Bestätigung nach Rz. 2.2.2.1 des Merkblattes ist
aber - auch wenn der Wortlaut dies nahelegt - mit der
Bestätigung der Vollstreckungsvoraussetzungen bei
Anträgen an das Vollstreckungsgericht oder das Grundbuchamt
nicht gleichzusetzen. Denn Letztere ist eine nach § 322 Abs. 3
Satz 2 AO zwingende Voraussetzung für das Tätigwerden des
Vollstreckungsgerichts, da „diese Fragen nicht der
Beurteilung des Vollstreckungsgerichts oder des Grundbuchamts
(unterliegen)“ (§ 322 Abs. 3 Satz 3 AO). Das
Grundbuchamt hat vielmehr ohne Weiteres aufgrund des Ersuchens die
gewünschte Eintragung vorzunehmen (§ 38 der
Grundbuchordnung). Eine solche Bedeutung kommt der Bestätigung
nach Rz. 2.2.2.1 des Merkblattes nicht zu. Sie dient vielmehr nur
der Information der ausländischen Behörde, die selbst
entscheidet, ob und welche Vollstreckungsmaßnahmen sie
ergreift. Ob die inländischen Vollstreckungsvoraussetzungen
tatsächlich vorliegen, ist und bleibt in dem zugrunde
liegenden Steuerrechtsverhältnis zwischen Kläger und FA
zu klären, während die ersuchte ausländische
Behörde ggf. Vollstreckungsvoraussetzungen nach dortigem Recht
prüft (vgl. Art. 12 RL 76/308/EWG).
Andererseits handelt es sich bei dem ins
Ausland übermittelten Ersuchen aber auch nicht um einen rein
behördeninternen Vorgang. Dies folgt schon daraus, dass mit
dem Ersuchen die Vollstreckung im Ausland eingeleitet wird und
dabei steuerliche Verhältnisse des Klägers offen gelegt
werden. Ist das Ersuchen, wie im Streitfall, bereits erfolgt, muss
dem Kläger jedenfalls die Möglichkeit verbleiben,
gerichtlich nachprüfen zu lassen, ob die Behörde die
Voraussetzungen für die Übermittlung des Ersuchens
eingehalten hat und, sollte dies nicht der Fall sein, die
Behörde zu zwingen, das Beitreibungsersuchen
zurückzunehmen, um damit die Vollstreckung im Ausland zu
stoppen. An der gerichtlichen Überprüfung dieser
Rechtslage hat der Kläger somit ein geschütztes
Interesse, das er mit der Leistungsklage nach § 40 Abs. 1 FGO
verfolgen kann.
2. Die Revision scheitert ferner auch nicht
daran, dass der Kläger die vermeintliche Rechtswidrigkeit des
streitigen Beitreibungsersuchens daraus herleitet, das FA habe
Regelungen der RL 76/308/EWG und 2002/94/EG verletzt. Zwar kann
eine Revision nach § 118 Abs. 1 FGO nur darauf gestützt
werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Verletzung von
Bundesrecht beruhe. Wie das FG zutreffend erkannt hat, sind diese
Richtlinien durch das EG-BeitrG nur hinsichtlich der Vollstreckung
von Geldforderungen, die in anderen Mitgliedstaaten der EG
entstanden sind, in innerstaatliches Recht umgesetzt worden (§
1 Abs. 2 EG-BeitrG), so dass es im Streitfall nicht um die
unmittelbare Anwendung dieser Richtlinien geht.
Die Finanzbehörden können aber
gemäß § 117 Abs. 1 AO zwischenstaatliche Rechts-
und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch
nehmen. Dazu macht das BMF unter Tz. 2 des vom FG zitierten
Merkblattes zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der
Steuererhebung die Regelungen der Richtlinien zur Grundlage auch
für „Ausgehende Ersuchen“. Die
Revisibilität von Entscheidungen auf der Grundlage von
Verwaltungsvorschriften hat der Senat in Anlehnung an die
Rechtsprechung anderer oberster Bundesgerichte für den Fall
anerkannt, dass die Bedeutung der Vorschrift über die einer
bloßen Anweisung für den inneren Dienstbetrieb
hinausgeht, weil sie eine im Gesetz nur allgemein festgelegte
Rechtspflicht durch bestimmte und für alle gleichgelagerten
Fälle allgemein geltende Regel konkretisiert und damit das
Ermessen der Verwaltung mit Außenwirkung bindet
(Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Senatsurteil vom 13.1.1976 VII
R 40/73, BFHE 118, 492, BStBl II 1976, 457 = SIS 76 02 48, m.w.N.).
Mit dem FG ist davon auszugehen, dass das Merkblatt eine solche
Außenwirkung entfaltet, weil es die Voraussetzungen, unter
denen ein Beitreibungsersuchen gestellt werden darf,
konkretisiert.
3. Der Kläger verfolgt seinen Anspruch
auch zu Recht gegenüber dem FA. Der Senat teilt nicht die
Auffassung des FG, dass das BZSt für den Erlass des
Beitreibungsersuchens zuständig sei. Die Argumentation, dass
dies eine Folge der gesetzlichen Aufgabenübertragung nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG sei, ist nicht überzeugend. Danach
ist dem BZSt u.a. die Ausübung der Funktion der
zuständigen Behörde auf dem Gebiet der steuerlichen
Rechts- und Amtshilfe übertragen, soweit das zuständige
Bundesministerium seine Befugnisse in diesem Bereich delegiert, wie
es mit der Übertragung des Teilbereichs
„Vollstreckungs- und Zustellungssachen“ aus der
Aufgabe „Internationale Rechts- und Amtshilfe“
durch Erlass vom 13.12.1976 (BStBl I 1977, 33 = SIS 77 04 97)
geschehen ist. Zwar ist es richtig, dass damit das BZSt als
ersuchende Behörde i.S. des Art. 3 RL 76/308/EWG, d.h. im
Verhältnis zu dem ersuchten Mitgliedstaat, gilt. Das besagt
aber nichts darüber, welche Behörde das Ersuchen
erlässt und dem Vollstreckungsschuldner gegenüber
für die Einhaltung der Vorgaben des Merkblattes verantwortlich
ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 FVG sind die Finanzämter als
örtliche Landesbehörden für die Verwaltung der
Steuern zuständig. Das BZSt ist demgegenüber für den
Rechtsverkehr mit dem Mitgliedstaat zuständig, es
„übermittelt“, wie in Tz. 1.4.1 des
Merkblattes formuliert, inländische Ersuchen an die
zuständige ausländische Behörde und achtet auf die
Einhaltung der durch die EG-Vorschriften aufgestellten
Voraussetzungen. In Tz. 2.1 des Merkblattes heißt es,
„Finanzämter können an Finanzbehörden der
in der Anlage 1 aufgeführten Staaten Ersuchen der in Tz. 1.3
genannten Art richten“. Daraus ergibt sich, dass dem BZSt
die Funktion einer „Kontakt- oder
Verbindungsstelle“ für die Abwicklung des Ersuchens
mit dem Ausland zukommt, die darauf zu achten hat, dass die
formalen Voraussetzungen für das jeweilige Ersuchen
erfüllt sind. Das BZSt ist nach den vom Kläger
vorgelegten Schreiben offenbar selbst der Auffassung, dass ihm
aufgrund der Funktionsübertragung lediglich die Zusammenarbeit
mit dem Ausland und die Prüfung der formalen Voraussetzungen
des Beitreibungsersuchens obliegt, während für die
Rücknahme eines Ersuchens - wie für die sonstigen
Aufgaben der Festsetzung, Erhebung und Vollstreckung von
Steuerforderungen - das jeweilige FA zuständig sei. Auch das
beklagte FA geht von seiner Zuständigkeit aus, da es sich in
dem streitigen Beitreibungsersuchen selbst als die ersuchende
Behörde bezeichnet.
Entgegen der Auffassung des FG lässt sich
die Zuständigkeit des BZSt nicht damit begründen, dass
nach der Rechtsprechung des I. Senats des BFH im Bereich der
zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in
Steuersachen Rechtsbehelfe gegen Auskünfte an
ausländische Behörden nicht gegen das örtlich
zuständige FA, sondern gegen das BMF bzw. BZSt zu richten
sind, sofern die Zuständigkeit nicht auf eine untergeordnete
Behörde verlagert wurde. Die zitierten Entscheidungen
enthalten keine grundsätzlichen Ausführungen zur
ausschließlichen Zuständigkeit des BMF bzw. BZSt. In dem
Beschluss vom 29.10.1986 I B 28/86 (BFHE 147, 492, BStBl II 1987,
440 = SIS 87 02 50) ging es allein darum, die Weiterleitung eines
Auskunftsersuchens durch das BMF vorläufig zu verhindern. Im
Verfahren I B 35/05 (Beschluss vom 13.1.2006, BFH/NV 2006, 922 =
SIS 06 17 21) sollte dem BZSt untersagt werden, eine beabsichtigte
Spontanauskunft zu erteilen. In beiden Fällen stand demnach
gerade die Übermittlung einer Auskunft durch das BZSt im
Vordergrund. Demgegenüber geht es im Streitfall um die
Voraussetzungen eines Beitreibungsersuchens. Nur bei dieser Frage
kommt eine Differenzierung zwischen der sachlichen
Zuständigkeit und derjenigen der Übermittlung in
Betracht.
4. Letztlich bleibt die Revision aber ohne
Erfolg, denn das FG hat die Klage im Ergebnis zutreffend als
unbegründet abgewiesen, weil das Ersuchen nicht an den vom
Kläger gerügten Mängeln leidet und auch darüber
hinaus Rechtsfehler nicht erkennen lässt.
a) Der Einwand, die Beitreibung von
Säumniszuschlägen sei in Art. 2 RL 76/308/EWG nicht
vorgesehen, trifft nur insoweit zu, als Säumniszuschläge
darin nicht ausdrücklich benannt sind. Nach dem
Verständnis des BMF, wie es in Tz. 2.2.2.1 4. Anstrich des
Merkblattes zum Ausdruck kommt, sind die Säumniszuschläge
den Zinsen zuzurechnen. Dort heißt es u.a., das
Vollstreckungsersuchen aufgrund der EG-Beitreibungsrichtlinien
EG-BeitrRL ... enthält ... Angaben über die Art und
Höhe der Forderung ... aufgeschlüsselt nach
Hauptforderung(en), Zinsen (einschließlich
Säumniszuschlägen) und Kosten. Unbeschadet dessen, dass
diese Auffassung im Hinblick auf die Funktion des Merkblattes als
Selbstbindung der Verwaltung der Prüfung des Ersuchens
zugrunde zu legen ist, ist sie nach Auffassung des Senats auch
zutreffend. Denn nach Art. 2 Buchst. e und g RL 76/308/EWG i.d.F.
der Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15.6.2001 (ABlEG Nr. L
175/17) findet diese Richtlinie Anwendung auf alle Forderungen im
Zusammenhang mit Einkommen-, Mehrwert- und Kapitalsteuern. Dazu
gehören nach deutschem Recht auch die
Säumniszuschläge i.S. des § 240 AO. Die Auflistung
der entsprechenden Beträge in der Rubrik Zinsen steht dem
nicht entgegen; sie erscheint vielmehr sachgerecht, da damit zum
Ausdruck gebracht wird, dass es sich insoweit nicht um eine
Hauptforderung handelt.
b) Auch die Tatsache, dass die
Vollstreckungstitel zu den Säumniszuschlägen und zu den
Zinsen betreffend Einkommensteuer 1996 bei Erlass des Ersuchens
älter als fünf Jahre waren, führt nicht zur
Rechtswidrigkeit des Ersuchens. Abgesehen davon, dass - wie der
Kläger selbst erkannt hat - nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz
1 RL 76/308/EWG im Fall von Altforderungen lediglich bestimmt ist,
dass keine Verpflichtung des ersuchten Staates zur
Vollstreckung besteht, gilt die Befristung nach Satz 2 der Regelung
bei Anfechtung der Forderung oder des Vollstreckungstitels erst ab
Feststellung der Unanfechtbarkeit durch den ersuchenden Staat. In
Tz. 2.2.1.1. Buchst. d des Merkblattes ist dementsprechend
verfügt: „Bei Ersuchen aufgrund der EG-BeitrRL darf
der Zeitraum zwischen der Ausstellung des Vollstreckungstitels
(Festsetzung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis)
oder der Unanfechtbarkeit der Forderung bzw. des
Vollstreckungstitels und dem Datum des Ersuchens nicht mehr als
fünf Jahre betragen (Artikel 14 Abs. 1 Buchstabe b
EG-BeitrRL)“. Nach den Feststellungen des FG
erfüllen die Säumniszuschläge und Zinsen betreffend
Einkommensteuer 1996 diese Voraussetzung. In der dem Ersuchen
beigefügten Forderungsaufstellung ist zu den
Säumniszuschlägen und Zinsen betreffend Einkommensteuer
1996 vermerkt, dass sie seit 5.10.2005 unanfechtbar sind.
c) Schließlich ist der Hinweis des
Klägers, die Umsatzsteuerforderungen nebst Zinsen seien
bereits am 28.10.2008 bezahlt worden, im vorliegenden
Revisionsverfahren unbeachtlich. Das FG hat Zahlungen des
Klägers in seinem Urteil vom 29.10.2008 nicht festgestellt.
Eine Berücksichtigung dieses Vorbringens wäre, wenn der
Kläger das FG vor Erlass des Urteils noch darüber
informiert haben sollte, nur in einem Antrag an das FG auf
Berichtigung des Tatbestands binnen zwei Wochen nach Zustellung des
Urteils (§ 108 FGO) möglich gewesen. Andernfalls ist der
Vortrag im Revisionsverfahren nicht mehr zu
berücksichtigen.