Übertragung ausgenutzter Milchreferenzmenge, Betriebsübernahme während Zwölfmonatszeitraum, EuGH-Anrufung: 1. Hat ein Erzeuger während eines Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei geliefert und dadurch von seiner Referenzmenge Gebrauch gemacht, kann in demselben Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von einem anderen Erzeuger auf die so ausgenutzte Referenzmenge Milch abgabenfrei geliefert werden. Die Übertragung einer bereits ausgenutzten Referenzmenge kann das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen. - 2. Dem EuGH werden folgende Fragen vorgelegt: - a) Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers, der einen Betrieb während eines laufenden Zwölfmonatszeitraums von einem anderen Erzeuger übernommen hat, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger vor dem Betriebsübergang Milch geliefert worden ist? - b) Stehen Regelungen des Gemeinschaftsrechts oder allgemeine Grundsätze der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, die im Rahmen der in Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 vorgesehenen Saldierung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge mit Überlieferungen in dem in der ersten Frage zugrunde gelegten Fall den Erzeuger, der den Betrieb während des Zwölfmonatszeitraums übernommen hat, auch mit dem von dem anderen Erzeuger belieferten Teil der Referenzmenge an der Zuteilung jenes Anteils teilnehmen lässt? - Urt.; BFH 31.3.2009, VII R 23, 24/08; SIS 09 20 88
I. Das vorlegende Gericht hat über
folgende Streitfälle zu entscheiden:
Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Milcherzeuger und haben in dem
Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 die von ihnen erzeugte Milch an
einen Abnehmer (im Folgenden: Molkerei) geliefert. Sie haben den
Betrieb, in dem die gelieferte Milch erzeugt worden ist, erst im
Laufe des Zwölfmonatszeitraums übernommen. Bereits vor
der Betriebsübernahme ist von dem vormaligen Betriebsinhaber
Milch erzeugt und an einen Abnehmer verkauft worden. Die
Kläger haben die ihnen in dem Zwölfmonatszeitraum
für eine Belieferung verbliebene Referenzmenge (Milchquote)
überschritten. Deshalb ist vom Beklagten und
Revisionskläger (Hauptzollamt - HZA - ) gegen sie eine
Milchabgabe festgesetzt worden. Dem Grunde nach wenden sich die
Kläger gegen diese Festsetzung nicht. Denn sie gehen ebenso
wie das HZA davon aus, dass sie Milch nur in dem Umfang abgabenfrei
liefern konnten, in dem die für den übernommenen Betrieb
festgesetzte Referenzmenge von dem vormaligen Betriebsinhaber in
dem Zwölfmonatszeitraum noch nicht beliefert worden
ist.
Die Beteiligten streiten jedoch
darüber, ob bei der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr.
1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29.9.2003 über die
Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der
Europäischen Union - ABlEU - Nr. L 270/123) vorgesehenen und
in Deutschland durch die Verordnung zur Durchführung der
EG-Milchabgabenregelung vom 9.8.2004 (Milchabgabenverordnung -
MilchAbgV -, BGBl I, 2143) näher ausgestalteten Saldierung von
anderen Erzeugern ungenutzter Referenzmengen (Unterlieferungen) mit
den Milchmengen, die Erzeuger über ihre Referenzmenge hinaus
geliefert haben (Überlieferungen), zugunsten der Kläger
die für den übernommenen Betrieb festgesetzte
einzelbetriebliche Referenzmenge (ggf. unter Berücksichtigung
von Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen und
zeitweiligen Neuzuweisungen während des
Zwölfmonatszeitraums) ungeachtet der Milchlieferungen des
vormaligen Betriebsinhabers in dem betreffenden
Zwölfmonatszeitraum zu berücksichtigen ist, sodass ihr
Saldierungsvorteil entsprechend größer ausfallen
würde, als wenn nur der ihnen beim Betriebsübergang noch
für abgabenfreie Milchlieferungen verbliebene Teil der
Referenzmenge zugrunde gelegt würde.
Das HZA hat bei der Festsetzung der
Milchabgabe den Klägern von anderen Erzeugern ungenutzte
Referenzmengen nur entsprechend dem Teil ihrer einzelbetrieblichen
Referenzmenge zugeteilt, der von ihnen nach dem
Betriebsübergang noch beliefert werden konnte; es hat die
Milchabgabe in entsprechender Höhe festgesetzt. Deswegen haben
die Kläger gegen den Abgabenbescheid Klage erhoben. Das
Finanzgericht (FG) hat den Klagen stattgegeben, weil es durch die
(gemäß deutschen Verfahrensvorschriften, nämlich
die MilchAbgV, ausgestellte) Bescheinigung der
Landwirtschaftsbehörde über die auf die Kläger von
dem vormaligen Betriebsinhaber übergegangene Referenzmenge als
für das HZA verbindlich (im Sinne der Kläger) entschieden
angesehen hat, dass bei der Saldierung von Über- und
Unterlieferungen die dem Betrieb zustehende Referenzmenge
ungeachtet der von dem vormaligen Betriebsinhaber vorgenommenen
Milchlieferungen zugunsten der Kläger zu berücksichtigen
ist. Der beschließende Senat hat gegen die Entscheidungen des
FG jedoch die Revision zugelassen, über die er nunmehr zu
entscheiden hat.
II. Der rechtliche Rahmen der von dem Senat zu
treffenden Entscheidungen wird durch folgende Vorschriften
bestimmt:
Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 bestimmt:
„Je nach Entscheidung des
Mitgliedstaats wird der Beitrag der Erzeuger zur Zahlung der
fälligen Abgabe, ggf. nach Neuzuweisung des ungenutzten
Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen
Referenzmenge, die proportional zu den Referenzmengen der einzelnen
Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten
festzulegenden Kriterien erfolgt, wie folgt festgelegt:
a) entweder auf nationaler Ebene nach
Maßgabe der Überschreitung der verfügbaren
Referenzmenge des einzelnen Erzeugers,
b) oder zunächst auf der Ebene des
Abnehmers und anschließend ggf. auf einzelstaatlicher
Ebene.“
Deutschland hat sich für die unter
Buchst. b skizzierte Möglichkeit entschieden. In der MilchAbgV
ist dazu in § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Folgendes bestimmt:
„Der Käufer kann
Anlieferungs-Referenzmengen, die im jeweiligen
Zwölfmonatszeitraum nicht genutzt worden sind
(Unterlieferungen) anderen Milcherzeugern, deren Lieferungen die
ihnen zugeteilten Anlieferungs-Referenzmenge überschritten
haben (Überlieferer), zuteilen. Die Zuteilung der nicht
genutzten Anlieferungs-Referenzmengen an die jeweiligen
Überlieferer erfolgt nach folgender Berechnungsformel:
Summe der Unterlieferungen x
Anlieferungs-Referenzmenge des Überlieferers
Summe der Anlieferungs-Referenzmengen der
Überlieferer.“
Das deutsche Recht enthält keine
näheren Bestimmungen darüber, was in dem unter I.
beschriebenen Fall eines Betriebsübergangs während eines
Zwölfmonatszeitraums unter einer
„zugeteilten“ Anlieferungs-Referenzmenge und
unter der „Anlieferungs-Referenzmenge des
Überlieferers“ im Sinne der eben wiedergegebenen
Berechnungsformel zu verstehen ist. Sofern deshalb von einer
stillschweigenden Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht bzw. von
der Verwendung gemeinschaftsrechtlicher Begriffe auszugehen ist,
wäre bei der Ermittlung des rechtlichen Rahmens der vom Senat
zu treffenden Entscheidung - abgesehen von der allgemeinen
Bedeutung des im Rahmen der Marktorganisation für Milch und
Milcherzeugnisse in verschiedenen Vorschriften verwendeten
Begriffes „Referenzmenge“ - insbesondere auch
Art. 5 Buchst. j und k VO Nr. 1788/2003 zu berücksichtigen.
Die Vorschrift lautet:
„Im Sinne dieser Verordnung
bezeichnet der Ausdruck ...
-j) ‘einzelbetriebliche
Referenzmenge’ die Referenzmenge eines Erzeugers zum 1. April
eines jeden Zwölfmonatszeitraums;
-k) ‘verfügbare
Referenzmenge’ die Referenzmenge, die dem Erzeuger am 31.
März des Zwölfmonatszeitraums, für den die Abgabe
berechnet wird, zur Verfügung steht, wobei alle in dieser
Verordnung vorgesehenen Übertragungen, Überlassungen,
Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen, die während
dieses Zwölfmonatszeitraums erfolgt sind, berücksichtigt
werden.“
Schließlich mag Art. 11 Abs. 2 Satz 1
und Abs. 3 Satz 1 dieser Verordnung, der die Rolle des Abnehmers
bei der Erhebung der Beiträge von den Erzeugern betrifft, in
Betracht zu ziehen sein, welcher Folgendes regelt:
„(2) Tritt ein Abnehmer ganz oder
teilweise an die Stelle eines oder mehrerer Abnehmer, so werden
für den Rest des laufenden Zwölfmonatszeitraums die
für die Erzeuger verfügbaren einzelbetrieblichen
Referenzmengen, abzüglich der bereits gelieferten Mengen unter
Berücksichtigung von deren Fettgehalt, in Rechnung gestellt.
...
(3) Überschreiten die von einem
Erzeuger gelieferten Mengen im Laufe des Referenzzeitraums die
für ihn verfügbare Referenzmenge, so kann der
Mitgliedstaat entscheiden, dass der Abnehmer nach Bedingungen, die
vom Mitgliedstaat festgelegt werden, bei jeder Lieferung des
Erzeugers, die die für ihn verfügbare Referenzmenge
für Lieferungen überschreitet, einen Teil des
Milchpreises als Vorauszahlung auf den Beitrag des Erzeugers zur
Abgabe einbehält. ...“
III. Der beschließende Senat geht davon
aus, dass die eben mitgeteilte deutsche Regelung über die
Zuteilung nicht genutzter Referenzmengen an Überlieferer nach
Maßgabe des Gemeinschaftsrechts auszulegende und anzuwendende
Begriffe verwendet und ihre Auslegung und Anwendung jedenfalls in
Einklang mit etwa einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen
Grundsätzen erfolgen muss. Wenn auch die Zuteilung nach
Maßgabe der in der Bescheinigung der
Landwirtschaftsverwaltung bzw. derjenigen der (ihrerseits an diese
Bescheinigung gebundenen) Molkerei festgestellten Referenzmenge zu
erfolgen hat, wird der Senat ohne Bindung an die Rechtsauffassung
der Landwirtschaftsbehörde, welche die erwähnte
Referenzmengen-Bescheinigung erteilt hat, zu entscheiden haben, ob
die von dem vormaligen Betriebsinhaber gelieferten Milchmengen bei
der Bestimmung der für die Kläger zu
berücksichtigenden Referenzmenge mitzurechnen sind oder nicht,
weil diese Frage durch die vorliegende Bescheinigung nicht
entschieden wird.
Die Bedeutung der für diese mithin dem
Senat obliegende Entscheidung maßgeblichen Begriffe und
Grundsätze erscheint dem Senat im Fall des
Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums
nach teilweiser Belieferung der Anlieferungs-Referenzmenge durch
den vormaligen Betriebsinhaber nicht zweifelsfrei, weshalb der
Senat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)
um eine diesbezügliche Entscheidung ersucht.
1. Die Referenzmenge, die dem Erzeuger
zugeteilt wird, beziffert den Umfang seines Rechts, in seinem
Betrieb erzeugte Milch an einen Abnehmer zu liefern, ohne
dafür eine Milchabgabe abführen zu müssen; auf
diesem Wege wird sein Recht garantiert, aber auch begrenzt, an der
gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse
teilzunehmen und in den Genuss der durch dieses System garantierten
Erzeugerpreise zu gelangen. Die Referenzmenge als das Recht zur
abgabenfreien Lieferung von Milch bezieht sich auf die Summe der
Milchlieferungen in einem jeden Zwölfmonatszeitraum. Soweit
während eines Zwölfmonatszeitraums - nach Maßgabe
des einschlägigen Rechts - Übertragungen,
Überlassungen, Umwandlungen oder zeitweilige Neuzuweisungen
von Referenzmengen erfolgt sind, sind diese, wie aus Art. 5 Buchst.
k VO Nr. 1788/2003 zu folgern ist, bei der nach Ablauf des
Zwölfmonatszeitraums erfolgenden Prüfung, ob der Erzeuger
mehr Milch geliefert hat, als seinem Lieferrecht entspricht, und
deshalb abgabenpflichtig geworden ist, zu berücksichtigen; die
zum 1. April des betreffenden Zwölfmonatszeitraums zugeteilte
einzelbetriebliche Referenzmenge ist also entsprechend zu
korrigieren, woraus sich die in Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003
als verfügbare Referenzmenge bezeichnete Menge ergibt.
Von dem in dieser Weise durch die
Referenzmenge kenntlich gemachten Lieferrecht kann der Erzeuger,
für den dieses festgesetzt bzw. für den es bei Ablauf
eines Zwölfmonatszeitraums am 31. März eines Jahres
verfügbar ist, ganz oder teilweise Gebrauch machen, in dem er
entsprechende Milchmengen an Abnehmer liefert. Tut er dies, und
zwar mit Hilfe in seinem eigenen Betrieb erzeugter Milch, nicht,
schöpft er also mit der Summe seiner Milchlieferungen bis zum
Ablauf eines Zwölfmonatszeitraums am 31. März eines
Jahres die Referenzmenge nicht aus, so verfällt sein
Lieferrecht für den betreffenden Zwölfmonatszeitraum und
geht insoweit ggf. in die in Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003
vorgesehene Saldierung zugunsten anderer Betriebe ein.
Liefert ein Erzeuger während eines
Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei, macht er also von
seiner Referenzmenge Gebrauch, so kann die Referenzmenge bzw. der
so ausgenutzte Teil der Referenzmenge in demselben
Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von irgendeinem anderen
Erzeuger dafür in Anspruch genommen werden, Milch abgabefrei
liefern zu dürfen. Denn die Referenzmenge stellt, wie
dargelegt, das Recht zu einer einmaligen Milchlieferung in jedem
Zwölfmonatszeitraum in der festgesetzten Höhe dar und
dieses Recht ist verbraucht, wenn es genutzt worden ist. Die
Übertragung einer einmal bereits ausgenutzten Referenzmenge
kann also, in welchem rechtlichen Zusammenhang sie auch immer
vorgenommen wird, das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem
betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen.
Der beschließende Senat hat daher keinen Zweifel, dass
derjenige, der einen Milcherzeugungsbetrieb - wie in den
Streitfällen - übernommen hat, die in dem
Zwölfmonatszeitraum des Betriebsübergangs festgesetzte
oder sonst i.S. des Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 aufgrund von
Übertragungs- oder Umwandlungsvorgängen verfügbare
Referenzmenge nur noch in dem Umfang zur abgabenfreien
Milchlieferung nutzen kann, in dem sie nicht von dem vormaligen
Betriebsinhaber bereits genutzt und dadurch verbraucht worden
ist.
Anders als das HZA meint, ließe sich
allerdings die Ansicht vertreten, dass durch ein solches
Gebrauchmachen von der Referenzmenge und den dadurch bewirkten
Verbrauch derselben für den betreffenden
Zwölfmonatszeitraum die Referenzmenge als das abstrakte Recht,
in jedem Zwölfmonatszeitraum eine bestimmte Milchmenge
abgabenfrei liefern zu können, nicht verändert oder sonst
wie beeinträchtigt wird. Dementsprechend erwähnt das
Gemeinschaftsrecht auch für den Fall eines
Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums
nicht die Festsetzung oder Berechnung einer zweiten Referenzmenge,
sondern spricht stets nur von einer einzigen Referenzmenge, deren
Gebrauch allerdings zunächst dem einen und dann einem anderen
Erzeuger zu Gebote steht, wobei sie von dem Letzteren nur insoweit
gebraucht werden kann, als sie nicht durch die Milchlieferungen des
Ersteren bereits verbraucht ist. Auch im Falle des
Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums
scheint es also nicht geboten, die Referenzmenge nach irgendeinem
Schlüssel auf den vormaligen und den späteren Erzeuger
aufzuteilen - etwa zeitanteilig oder gar nach dem Verhältnis
der von den beiden Erzeugern tatsächlich vorgenommenen
Milchlieferungen - .
Wenn Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 vorsieht,
den ungenutzten Anteil der für Lieferungen zugewiesenen
einzelstaatlichen Referenzmenge „proportional zu den
Referenzmengen der einzelnen Erzeuger“ neu zuzuteilen -
und dementsprechend das deutsche Recht eine entsprechende
Zuteilungsformel, wie eingangs erwähnt, aufstellt -, so
könnte folglich auch im Fall eines Betriebsübergangs
während eines Zwölfmonatszeitraums die Zuteilung nach
Maßgabe jener einheitlichen Referenzmenge vorzunehmen sein,
welche in dem für die Zuteilung maßgeblichen Zeitpunkt,
nämlich am Ende des Zwölfmonatszeitraums, dem
Betriebsübernehmer zur Verfügung steht, auch wenn er
niemals das volle - vielmehr teilweise von dem vormaligen
Betriebsinhaber verbrauchte - Recht zur abgabenfreien
Milchlieferung besessen hat und es erst recht nicht mehr in dem
für die Saldierung maßgeblichen Zeitpunkt, dem Ende des
Zwölfmonatszeitraums, besitzt (was ja auch bei anderen
Überlieferern nicht der Fall ist). Denn eine Aufspaltung der
Referenzmenge in eine solche, die dem vormaligen Betriebsinhaber
zustand, und eine solche, die dem Betriebsübernehmer
verblieben ist, ist, soweit erkennbar, im Gemeinschaftsrecht (und
auch im deutschen Recht) nicht vorgesehen oder angelegt.
Diese vom Senat erwogene Betrachtungsweise
läuft mithin darauf hinaus, dass auch bei einem
Betriebsübergang während eines Zwölfmonatszeitraums
dem Erzeuger, der den Betrieb übernommen hat, die volle, nicht
um die Lieferungen des vormaligen Betriebsinhabers gekürzte
einzelbetriebliche bzw. nach den in Art. 5 Buchst. k VO Nr.
1788/2003 vorgesehenen Korrekturen verfügbare Referenzmenge
zusteht und dementsprechend das Gemeinschaftsrecht einer nationalen
Regelung nicht entgegensteht, die ihn mit dieser Referenzmenge am
Saldierungsverfahren teilnehmen lässt (statt den von dem
vormaligen Betriebsinhaber belieferten Teil der Referenzmenge im
Saldierungsverfahren - zugunsten anderer Erzeuger -
unberücksichtigt zu lassen oder - was mangels
Überlieferung des vormaligen Erzeugers in der Regel ohne
Rechtsfolge bleiben würde - den vormaligen Betriebsinhaber mit
diesem Teil der Referenzmenge am Saldierungsverfahren zu
beteiligen).
2. Hiergegen wird allerdings eingewandt, der
vormalige Betriebsinhaber könne das in der Referenzmenge
ausgedrückte Recht nur auf einen anderen übertragen, wenn
er dieses Recht noch innehabe. Durch die Belieferung der
Referenzmenge, d.h. die Inanspruchnahme dieses Rechts für
Milchlieferungen, gehe dieses Recht jedoch verloren; es könne
folglich auf den übernehmenden Milcherzeuger nur insoweit
übertragen werden, als es von dem vormaligen Betriebsinhaber
noch nicht genutzt worden ist. Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003
mache dies deutlich; wenn dort die verfügbare Referenzmenge
als diejenige angesprochen wird, die demjenigen zur Verfügung
steht, „für den die Abgabe berechnet wird“,
lasse dies erkennen, dass die Referenzmenge gemeinschaftsrechtlich
allein abgabenrechtliche Bedeutung hat. Zu der am 31. März
eines Zwölfmonatszeitraums abgabenrechtlich
„verfügbaren Referenzmenge“ gehöre
demnach nicht derjenige Teil einer in diesem
Zwölfmonatszeitraum dem Milcherzeuger (vorgeblich)
übertragenen bzw. mit dem Betrieb übergegangenen
Referenzmenge, der von dem Vorgänger bereits beliefert worden
ist. Der Grundsatz, dass eine einmal belieferte Referenzmenge nicht
mehr übertragen werden oder übergehen könne, also
der von dem vormaligen Betriebsinhaber belieferte Teil der
Referenzmenge nicht zur am 31. März des
Zwölfmonatszeitraums verfügbaren Referenzmenge des
Betriebsübernehmers gehören könne, ergebe sich zudem
aus Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 VO Nr. 1788/2003.
Es könne auch kein Unterschied zwischen
dem Recht, Milch abgabenfrei liefern zu dürfen, und der
Referenzmenge gemacht werden, mit welcher ein Erzeuger am
Saldierungsverfahren teilnimmt. Hierfür wird
unterstützend auf die Notwendigkeit hingewiesen, eine
Ausnutzung der Referenzmenge zu spekulativen Zwecken zu verhindern.
Wäre es möglich, eine bereits belieferte Referenzmenge
eines anderen Milcherzeugers nur zu dem Zweck zu übernehmen,
bei der anschließenden Saldierung eigener
Überlieferungen besser dazustehen, sei eine spekulative
Übertragung von Referenzmengen nicht auszuschließen,
welche dem Willen des Verordnungsgebers zuwiderliefe.
Zu berücksichtigen sind außerdem
die weiteren, insbesondere vom HZA vorgetragenen Einwände. Die
Teilnahme eines Erzeugers am Saldierungsverfahren auch mit dem von
dem vormaligen Betriebsinhaber bereits belieferten Teil der
Referenzmenge stelle eine durch das Gemeinschaftsrecht nicht
zugelassene „doppelte Nutzung“ der Referenzmenge
dar. Eine solche doppelte Nutzung sei mit dem
gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz unvereinbar, dass eine
Referenzmenge für dasselbe Milchwirtschaftsjahr nicht
„zugleich“ zwei Personen zustehen könne;
dies widerspreche der ebenfalls gemeinschaftsrechtlich verankerten
„Höchstpersönlichkeit der
Milchabgabenpflicht“. Diese Einwände wären
jedenfalls dann nicht überzeugend, wenn in der Tat, wie unter
1. ausgeführt, zwischen der Referenzmenge als abstraktem Recht
und dem konkreten Gebrauchmachen von diesem Recht zu differenzieren
wäre.
3. Der Senat vermag nach alledem nicht
auszuschließen, dass aufgrund der unter 2. angeführten
Gesichtspunkte eine gedankliche Differenzierung zwischen der
Ausnutzung der Referenzmenge für Lieferungen - welche nur in
Betracht kommt, soweit die Referenzmenge noch nicht, ggf. von einem
anderen Erzeuger, beliefert worden ist - und der
Berücksichtigung der vollen Referenzmenge im
Saldierungsverfahren (aber z.B. auch der Gewährung einer
Prämie nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 vom 29.9.2003
mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der
Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten
Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher
Betriebe ..., ABlEU Nr. L 270/01) als der i.S. des Art. 5 Buchst. k
VO Nr. 1788/2003 „verfügbaren
Referenzmenge“ dem Buchstaben und dem Geist des
Gemeinschaftsrechts oder allgemeinen Grundsätzen des
Milchmarktordnungsrechts widerspricht. Er ersucht deshalb den EuGH
gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft um eine entsprechende
Vorabentscheidung der folgenden Fragen:
1.
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Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art.
5 Buchst. k der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 über die
Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, dahin zu verstehen, dass die
Referenzmenge eines Erzeugers, der einen Betrieb während eines
laufenden Zwölfmonatszeitraums von einem anderen Erzeuger
übernommen hat, nicht die Menge umfasst, auf die während
des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen
Erzeuger vor dem Betriebsübergang Milch geliefert worden
ist?
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2.
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Stehen Regelungen des Gemeinschaftsrechts oder
allgemeine Grundsätze der gemeinsamen Marktorganisation
für Milch und Milcherzeugnisse einer Regelung des nationalen
Rechts entgegen, die im Rahmen der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung
(EG) Nr. 1788/2003 vorgesehenen Saldierung des ungenutzten Anteils
der einzelstaatlichen Referenzmenge mit Überlieferungen in dem
in der ersten Frage zugrunde gelegten Fall den Erzeuger, der den
Betrieb während des Zwölfmonatszeitraums übernommen
hat, auch mit dem von dem anderen Erzeuger belieferten Teil der
Referenzmenge an der Zuteilung jenes Anteils teilnehmen
lässt?
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