Handwerkerleistung, Barzahlung: Die Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs schließt die entsprechenden Aufwendungen von der Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 2 Satz 2 EStG in seiner im Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Fassung aus. - Urt.; BFH 20.11.2008, VI R 14/08; SIS 09 05 69
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) wurden im Streitjahr (2006) als Ehegatten zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt. In ihrer
Einkommensteuererklärung 2006 beantragten sie eine
Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von
Handwerkerleistungen für im Frühjahr 2006
durchgeführte Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen (Dacheindeckung) mit einem
Lohnanteil in Höhe von 4.872 EUR. Hierzu führten sie aus,
dass der Handwerker wegen schlechter Erfahrungen mit der
Zahlungsmoral auf Barzahlung bestanden habe und der Erhalt der
Barzahlung auf dessen Rechnung vom 1.6.2006 bestätigt worden
sei.
In seinem Einkommensteuerbescheid 2006 vom
23.3.2007 versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) die Steuerermäßigung unter Hinweis
auf die Barzahlung. Der Einspruch der Kläger hatte keinen
Erfolg. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage trugen die
Kläger u.a. vor, dass die Zahlung nicht nur auf der Rechnung
vermerkt, sondern auch mit Schreiben vom 7.5.2007 vom Steuerberater
des Dachdeckers bestätigt worden sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
den in EFG 2008, 1028 = SIS 08 16 10 veröffentlichten
Gründen ab.
Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung materiellen Rechts. Dabei machen sie auch eine
Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes
(GG) geltend.
Sie beantragen sinngemäß, das
Urteil der Vorinstanz aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid
2006 vom 23.3.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
18.5.2007 dahin zu ändern, dass die tarifliche Einkommensteuer
um 600 EUR ermäßigt wird.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu
Recht entschieden, dass die Barzahlung der Handwerkerrechnung die
von den Klägern begehrte Steuerermäßigung
ausschließt.
1. Im Streitfall anwendbar ist § 35a Abs.
2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in seiner gemäß
§ 52 Abs. 50b Satz 2 dieses Gesetzes erstmals für im
Veranlagungszeitraum 2006 geleistete Aufwendungen geltenden Fassung
des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) -
EStG - . Danach ermäßigt sich die tarifliche
Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen
Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von
Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen
Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, mit Ausnahme der
nach dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW
Förderbank geförderten Maßnahmen, auf Antrag um 20
%, höchstens 600 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.
Gemäß § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG ist Voraussetzung
für die Steuerermäßigung nach Satz 2 der
Vorschrift, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch
Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers
der Handwerkerleistung durch Beleg des Kreditinstituts
nachweist.
a) Dem Wortlaut des § 35a Abs. 2 Satz 5
EStG ist nicht zu entnehmen, dass die Barzahlung von
Handwerkerrechnungen ohne Einbindung eines Kreditinstituts und
damit ohne jegliche bankmäßige Dokumentation des
Zahlungsvorgangs die formellen Voraussetzungen der
Steuerermäßigung nach § 35a EStG erfüllt. Wenn
der Gesetzgeber mit der Steuerermäßigung des § 35a
EStG den Zweck verfolgt, einen Anreiz für
Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu schaffen
und die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen (vgl.
z.B. BTDrucks 15/91, 19), so ist § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG eine
folgerichtige Ausgestaltung dieser gesetzgeberischen Zielsetzung.
Denn die Vorschrift entspricht - typisierend - dem Erfahrungssatz,
dass Barzahlungen regelmäßig wesentliches Kennzeichen
der Schwarzarbeit im Privathaushalt sind.
b) Diese einfachrechtliche Würdigung
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Die in den Gesetzesmaterialien eindeutig
als Lenkungsnorm gekennzeichnete Vorschrift des § 35a EStG ist
gleichheitsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden.
Für steuerliche Lenkungsnormen fordert das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) neben der Orientierung einer
steuerlichen Förderung am Gemeinwohl, dass der Lenkungszweck
von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen und
seinerseits gleichheitsgerecht verfolgt wird; führt ein
Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer
gleichmäßigen Belastung der jeweiligen
Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so
kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz
gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten des
Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls lenken will
(vgl. BVerfG-Beschluss vom 17.4.2008 2 BvL 4/05, BFH/NV Beilage
4/2008, 295 = SIS 08 32 52, unter C.I.1.b und C.II.3.b, m.w.N.).
Diesen Maßstäben wird § 35a EStG gerecht, soweit in
Abs. 2 Satz 5 der Vorschrift der Zahlungsnachweis nur durch Beleg
eines Kreditinstituts zu erbringen ist. Denn die Ungleichbehandlung
unbarer und barer Zahlungsvorgänge rechtfertigt das am
Gemeinwohl orientierte Ziel des Gesetzgebers, die Schwarzarbeit im
Privathaushalt zu bekämpfen.
Auch soweit nach der Neufassung des § 35a
Abs. 2 Satz 5 EStG durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007
(BGBl I 2007, 3150) die Pflicht zur Vorlage der Nachweise mit
Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 entfallen ist, führt
dies nicht zu einer widersprüchlichen Ausgestaltung der
Regelung, die gleichheitsrechtliche Bedenken auch gegen die
Vorschrift in ihrer früheren Fassung begründen
könnte. Selbst wenn der Gesetzgeber u.a. zur Förderung
der elektronischen Steuererklärung von der Pflicht zur
Belegvorlage mit der Einkommensteuererklärung abgesehen hat
(vgl. BTDrucks 16/6739, 14), so ist nicht ersichtlich, dass damit
der in den Gesetzesmaterialien erneut betonte Lenkungszweck der
„Bekämpfung der Schwarzarbeit“ (BTDrucks
16/6739, 14) nicht mehr hinreichend konsequent und widerspruchsfrei
verfolgt würde.
bb) § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG
verstößt auch nicht gegen die in Art. 2 Abs. 1 GG
verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit. Es kann offen bleiben,
ob ein Steuergesetz, das keine belastende Wirkung entfaltet,
sondern lediglich die Gewährung einer
Steuerermäßigung von der Erfüllung bestimmter vom
Steuerpflichtigen zu erbringender Nachweise abhängig macht,
überhaupt in die allgemeine Handlungsfreiheit in deren
Ausprägung als persönliche Entfaltung im
vermögensrechtlichen Bereich eingreift (vgl. BVerfG-Beschluss
vom 5.2.2002 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17, 32 f. = SIS 02 09 34, m.w.N.). Selbst wenn man auch in dieser Situation eine
freiheitsbeschränkende Wirkung des Steuergesetzes annehmen
wollte, so führte die dann durchzuführende
Verhältnismäßigkeitskontrolle (vgl.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 32 = SIS 02 09 34) für
die Vorschrift des § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG jedenfalls nicht
zu einem Verfassungsverstoß. Denn die Gewährung der
Steuerermäßigung nur bei unbaren Zahlungsvorgängen
wäre geeignet, die vom Gesetzgeber verfolgte Lenkung
(Bekämpfung der Schwarzarbeit) zu bewirken. Die
Erforderlichkeit einer Maßnahme kann nur verneint werden,
wenn bei dem als Alternative vorgeschlagenen geringeren Eingriff in
jeder Hinsicht eindeutig feststeht, dass er einen bestimmten Zweck
sachlich gleichwertig erreicht (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE
105, 17, 36 = SIS 02 09 34, m.w.N.); ein solcher weniger
einschneidender Eingriff als Alternative zum Erfordernis unbarer
Zahlung ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Die
Gesamtabwägung der öffentlichen, im Gemeinwohl stehenden
Belange mit den privaten Interessen des Steuerpflichtigen an einer
freien Wahl des Zahlungsweges verstößt auch nicht gegen
das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeit
im engeren Sinne; vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 36 =
SIS 02 09 34). Dies selbst dann, wenn man davon ausginge, dass die
Unterhaltung eines eigenen Bankkontos nicht von jedem
Steuerpflichtigen verlangt werden kann. Denn auch ohne eigenes
Konto des Steuerpflichtigen sind die Voraussetzungen des § 35a
Abs. 2 Satz 5 EStG zu erfüllen, indem der Rechnungsbetrag bei
einem Kreditinstitut eingezahlt und sodann unbar auf das Konto des
Leistungserbringers überwiesen wird. Auch dann ist der
Zahlungsvorgang durch den entsprechenden Überweisungsbeleg
bankmäßig dokumentiert.
c) Demgegenüber weckt die bisherige
Rechtsprechung der Finanzgerichte - soweit rechtskräftig -
(vgl. FG Münster, Urteil vom 18.1.2006 1 K 4132/04 E, EFG
2006, 895 = SIS 06 22 38; Niedersächsisches FG, Urteil vom
22.1.2008 13 K 330/07, EFG 2008, 1210 = SIS 08 29 43; FG
Düsseldorf, Urteil vom 12.6.2008 15 K 3449/06 E, DStRE 2008,
1503 = SIS 08 34 44) keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Erfordernisses der unbaren Zahlung. Soweit sich die Literatur
mit der Rechtsfrage näher befasst, wird auch dort einhellig
die Auffassung vertreten, dass Barzahlungen für die
Inanspruchnahme der Steuerermäßigung des § 35a EStG
nicht genügten (vgl. z.B. Blümich/Erhard, § 35a EStG
Rz 62; Bode in Kanzler/Nacke, Steuerrecht aktuell 2/2008, 25 ff.;
Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 89; Fischer in
Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 35a Rz 10; Frotscher in Frotscher,
EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 35a Rz 24; Lehr, Die
Information über Steuer und Wirtschaft 2006, 460; Nagler in
Korn, § 35a EStG Rz 27; Plenker, DB 2004, 564).
2. Nach diesen Maßstäben hat das FG
zu Recht entschieden, dass den Klägern, die - wie zwischen den
Beteiligten unstreitig ist - die streitbefangene Handwerkerrechnung
bar bezahlt haben, die von ihnen begehrte
Steuerermäßigung zu versagen ist. Aber auch auf
Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes können sich die
Kläger nicht berufen. Zwar erlangte § 35a Abs. 2 Satz 5
EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2006 Bedeutung,
soweit durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von
Wachstum und Beschäftigung vom 26.4.2006 (BGBl I 2006, 1091)
in § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG die Inanspruchnahme von
Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen neu geregelt worden ist. Indes war
bereits in § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG in seiner zuvor geltenden
Fassung - und zwar bereits seit Einfügung der Vorschrift des
§ 35a EStG (vgl. auch BTDrucks 15/77, 55) - Voraussetzung der
Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme
haushaltsnaher Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 EStG,
dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer
Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der
haushaltsnahen Dienstleistung durch Beleg des Kreditinstituts
nachweist. Für die Neuregelung spezieller haushaltsnaher
Dienstleistungen in Gestalt bestimmter Handwerkerleistungen konnte
ein Steuerpflichtiger deshalb nicht davon ausgehen, dass für
diese Fälle Nachweiserleichterungen gelten würden.
Insoweit kommt es auch nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt im
Laufe des Jahres 2006 die Kläger die vorgetragene Barzahlung
tatsächlich geleistet haben und ob ihnen die Neuregelung durch
das Gesetz vom 26.4.2006 zu diesem Zeitpunkt bekannt war oder
bekannt sein musste.