Pilotenausbildung, Werbungskostenabzug: Aufwendungen eines Zeitsoldaten für den Erwerb eines Verkehrsflugzeugführerscheins im Rahmen einer Fachausbildung sind vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dies gilt auch dann, wenn die Schulung die Ausbildung für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins einschließt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 27.5.2003 VI R 85/02, BFHE 207 S. 393, BStBl 2005 II S. 202 = SIS 05 08 87). - Urt.; BFH 30.9.2008, VI R 4/07; SIS 08 40 74
I. Der 1977 geborene Kläger und
Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 2003 als
Zeitsoldat beschäftigt und erzielte aus dieser Tätigkeit
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Antragsgemäß förderte das Kreiswehrersatzamt H mit
Bescheid vom 15.9.2003 als Fachausbildung nach §§ 5, 5a
des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) die Teilnahme des
Klägers an der Berufsbildungsmaßnahme „mit dem
Berufsziel Verkehrsflugzeugführer; hier: Erwerb des ATPL bei
… GmbH …“. Außerdem erkannte das
Kreiswehrersatzamt in diesem Bescheid Lehrgangsgebühren bis zu
8.003 EUR als erstattungsfähig an. Mit Bescheid vom 3.9.2003
wurde der Kläger vom militärischen Dienst
freigestellt.
Am 30.9.2003 schloss der Kläger mit
der GmbH einen Vertrag, der die Ausbildung zum Erwerb der Erlaubnis
für Verkehrsflugzeugführer (Airline Transport Pilot
Licence - ATPL - ) und Privatflugzeugführer (Private Pilot
Licence - PPL - ) in einem durchgehenden Verfahren („ab
initio“) umfasste. Im Dezember des Streitjahres bestand er
die theoretische Prüfung zum Erwerb der PPL und im September
2005 die theoretische Prüfung zum Erwerb der ATPL.
In seiner Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte der Kläger Schulungskosten in
Höhe von 6.807 EUR als vorab entstandene Werbungskosten bei
den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -
FA - ) ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
den in EFG 2007, 744 = SIS 07 13 79 veröffentlichten
Gründen statt, nachdem der Kläger seinen Antrag der
Höhe nach eingeschränkt hatte.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung der §§ 9 Abs. 1 und 12 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das FA beantragt sinngemäß, das
Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist unbegründet;
sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die Aufwendungen des
Klägers für den Erwerb der
Verkehrsflugzeugführerlizenz im Streitjahr zu Recht als vorab
entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
1. Bildungsaufwendungen können, sofern
sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Zur
Begründung im Einzelnen wird auf die Urteile des Senats vom
4.12.2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74), vom 17.12.2002 VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003,
407 = SIS 03 07 75) und vom 27.5.2003 VI R 33/01 (BFHE 202, 314,
BStBl II 2004, 884 = SIS 03 29 58) verwiesen. Entscheidend ist, ob
Aufwendungen darauf gerichtet sind, Erwerbseinnahmen zu
erzielen.
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt
aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass die
Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der ATPL
einschließlich der PPL als vorab entstandene Werbungskosten
zu berücksichtigen sind.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats, die von
den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt wird, sind
Aufwendungen für den Erwerb der ATPL regelmäßig als
Werbungskosten zu berücksichtigen (Urteile in BFHE 202, 314,
BStBl II 2004, 884 = SIS 03 29 58; vom 27.5.2003 VI R 85/02, BFHE
207, 393, BStBl II 2005, 202 = SIS 05 08 87). Demgegenüber
sind die Kosten für den Erwerb einer PPL grundsätzlich
keine Werbungskosten, da insoweit regelmäßig die private
Lebensführung in nicht unerheblichem Maße betroffen ist
(BFH-Urteil in BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202 = SIS 05 08 87;
BFH-Beschluss vom 3.12.2003 VI B 17/01, BFH/NV 2004, 338 = SIS 04 09 65). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn die
Ausbildung zum Privatpiloten Teil der durchgehenden Schulung zum
Erwerb der ATPL ist. Anders als bei einer Stufenausbildung dient in
einem solchen Fall die Vermittlung von Kenntnissen und
Fähigkeiten, die auch für den Erwerb der PPL erforderlich
sind, nicht vornehmlich dazu, ihrem Inhaber das Führen und
Bedienen von (kleineren) Flugzeugen im nichtgewerblichen
Luftverkehr zu ermöglichen. Die entsprechende Schulung ist
vielmehr Bestandteil der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer
und in diesem Rahmen notwendige Voraussetzung für den Erwerb
des Verkehrsflugzeugführerscheins. In steuerlicher Hinsicht
sind die gesamten Kosten dann einheitlich als Werbungskosten zu
beurteilen.
b) Im Streitfall ist Ziel der Ausbildung laut
Ausbildungsvertrag zwischen dem Kläger und der GmbH die
Schulung zum Verkehrsflugzeugführer im Wege einer
durchgehenden Ausbildung. Der Erwerb der PPL stellt lediglich eine
Ausbildungsstufe dar. Diese Ausbildung zum
Verkehrsflugzeugführer über mehrere Ausbildungsstufen ist
auch Gegenstand des Fachausbildungsbescheids des
Kreiswehrersatzamtes und damit der staatlichen Förderung. Die
(isolierte) Ausbildung zum Privatflugzeugführer ist keine
Berufsbildungsmaßnahme i.S. des § 5 SVG und wäre
deshalb auch nicht förderungswürdig.
3. § 3c Abs. 1 EStG kommt, wie das FG
ebenfalls zu Recht entschieden hat, nicht zur Anwendung. Dies
entspricht offensichtlich auch der Auffassung der Beteiligten. Zwar
hat das FG insoweit die Revision ausdrücklich zugelassen, das
FA hat jedoch in der Revisionsbegründung die Verletzung der
genannten Norm nicht gerügt.
Im Ergebnis stand zur Überzeugung des FG
nicht fest, dass die nach dem Streitjahr
„möglicherweise steuerfrei erfolgte
Erstattung“ in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit
den im Streitjahr erbrachten Aufwendungen steht. An diese
Würdigung ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).