Rußpartikelfilter, Kfz-Steuer: Der Einbau eines Rußpartikelfilters vor der erstmaligen Zulassung eines PKW zum Verkehr stellt keine nachträgliche technische Verbesserung i.S. des § 3 c Abs. 1 Satz 1 KraftStG dar. - Urt.; BFH 13.8.2008, II R 17/08; SIS 08 36 18
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist Eigentümer eines Personenkraftwagens (PKW)
mit Selbstzündungsmotor. Das Fahrzeug wurde werksseitig ohne
Rußpartikelfilter ausgeliefert, auf Veranlassung des
Klägers mit einem solchen Filter nachgerüstet und dann am
20.10.2006 erstmals zum Verkehr zugelassen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte mit Änderungsbescheid vom 19.10.2007
die Kraftfahrzeugsteuer ab dem 20.10.2006 ohne
Berücksichtigung der vom Kläger begehrten
Steuervergünstigung wegen Nachrüstung des Fahrzeugs mit
einem Rußpartikelfilter (§ 3c Abs. 1 des
Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - ) auf 481 EUR
jährlich fest.
Einspruch und Klage blieben erfolglos (vgl.
SIS 08 16 11).
Mit der Revision macht der Kläger
geltend, das Finanzgericht (FG) habe § 3c KraftStG fehlerhaft
ausgelegt.
Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Steuer unter Abänderung des
Steuerbescheids vom 19.10.2007 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 2.11.2007 für die Zeit vom
20.10.2006 bis 19.10.2007 auf 151 EUR herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat zutreffend angenommen, dass der
Einbau eines Rußpartikelfilters vor der erstmaligen Zulassung
eines PKW zum Verkehr keine nachträgliche technische
Verbesserung i.S. des § 3c Abs. 1 Satz 1 KraftStG darstellt
und die Steuerbefreiung gemäß § 3c Abs. 1 KraftStG
daher nicht zu gewähren ist.
1. Nach § 3c Abs. 1 KraftStG ist eine
befristete Steuerbefreiung zu gewähren, wenn ein PKW mit
Selbstzündungsmotor, der bis zum 31.12.2006 erstmals
zugelassen worden ist, vom 1.1.2006 bis zum 31.12.2009
nachträglich so verbessert wird, dass er einer der in Satz 1
Nr. 1 der Vorschrift genannten Partikelminderungsstufen
entspricht.
a) Nachträglich im Sinne dieser
Vorschrift ist eine technische Verbesserung, die nach der Zulassung
des Fahrzeugs zum Verkehr erfolgt. Dies ergibt sich aus Wortlaut,
Regelungszusammenhang und dem Willen des Gesetzgebers.
aa) Eine im Sinne des KraftStG
nachträgliche technische Verbesserung kann sich
sinnvollerweise nur auf einen Zeitpunkt beziehen, der für die
Kraftfahrzeugsteuer derart von rechtlicher Bedeutung ist, dass sich
eine Veränderung des Fahrzeugs im Anschluss an diesen
Zeitpunkt, also im Nachhinein, auf die Kraftfahrzeugsteuer
auswirkt. Ist Steuergegenstand wie im Streitfall das Halten eines
inländischen Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen
Straßen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) und beginnt die
Steuerpflicht mit der erstmaligen Zulassung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1
KraftStG), kann eine technische Verbesserung somit nur ab diesem
Zeitpunkt im kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Sinne nachträglich
sein.
Dies entspricht auch dem verkehrsrechtlichen
Sprachgebrauch. Danach handelt es sich bei der nachträglichen
technischen Verbesserung eines Fahrzeugs um eine Nachrüstung.
Eine solche setzt voraus, dass das Fahrzeug schon erstmals zum
Verkehr zugelassen ist (Nachrüstfall, vgl. Tz. 1.1, Tz. 6.2.3
der Anlage XXVI zu § 47 Abs. 3a der
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung - StVZO - betreffend
Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Partikel
von Kraftfahrzeugen mit Selbstzündungsmotor, BGBl I 2006, 288
- Anlage XXVI StVZO - ). Hiervon zu unterscheiden sind Fahrzeuge,
die bereits ab dem Tage, an dem sie erstmals für den Verkehr
zugelassen werden, als besonders partikelreduziert gelten (vgl. Tz.
1.1 Anlage XXVI StVZO); darauf, ob sie ab Werk partikelreduziert
sind oder erst vor der erstmaligen Zulassung mit der erforderlichen
Technik ausgestattet wurden, kommt es danach nicht an
(Neufahrzeuge, vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3c Rz
2).
bb) Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3
KraftStG beginnt die Steuerbefreiung an dem Tag, an dem nach der
Feststellung der Zulassungsbehörde die Voraussetzungen
hierfür erfüllt sind; in den Fällen des Absatzes 2
der Vorschrift ist dies der 1.4.2007. Mit dem Eintritt der
Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung endet nach § 5
Abs. 2 Satz 3 KraftStG die Steuerpflicht. Aus diesem
Regelungszusammenhang ergibt sich ebenfalls, dass die
nachträgliche technische Verbesserung i.S. des § 3c Abs.
1 Satz 1 KraftStG zu einem Zeitpunkt zu erfolgen hat, der nach
Beginn der Steuerpflicht liegt; diese könnte sonst nicht
enden. Die Steuerpflicht beginnt für das Halten
inländischer Fahrzeuge (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) mit
der Zulassung des Fahrzeugs zum Verkehr (§ 5 Abs. 1 Nr. 1
i.V.m. § 6 KraftStG). Die nachträgliche technische
Verbesserung muss somit nach der Zulassung des Fahrzeugs zum
Verkehr erfolgen. Soll eine Steuerbefreiung schon ab dem Tag der
erstmaligen Zulassung gelten, ordnet das KraftStG dies auch an
(vgl. z.B. § 3b Abs. 1 Satz 1 und § 3d Abs. 1 Satz 2
KraftStG); in § 3c KraftStG ist dies nicht geschehen.
cc) Die Beschränkung der Steuerbefreiung
auf technische Verbesserungen, die nach der erstmaligen Zulassung
eines Fahrzeugs erfolgen, entspricht auch dem Willen des
Gesetzgebers. Entgegen früheren Überlegungen, auch
Neuwagen, die mit einem entsprechenden Filter ausgerüstet
sind, zu fördern (Strodthoff, a.a.O., § 3c Rz 3; vgl.
Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Luftreinhaltungsgesetze vollziehen – Risiken durch Feinstaub
senken, BTDrucks 15/5687 vom 15.6.2005, sowie Empfehlungen der
Ausschüsse zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur
Förderung besonders partikelreduzierter Personenkraftwagen
BRDrucks 394/1/05 vom 24.6.2005), ist bei der Einleitung des
Gesetzgebungsverfahrens zum Vierten Gesetz zur Änderung des
Kraftfahrzeugsteuergesetzes (4. KraftStÄndG) die
Förderung auf die Nachrüstung auf im Verkehr befindliche
Fahrzeuge beschränkt worden (Gesetzentwurf der Bundesregierung
zum 4. KraftStÄndG vom 30.11.2006, BRDrucks 872/06, 7; vom
9.1.2007, BTDrucks 16/4010, 9).
b) Die Förderung von Neufahrzeugen mit
Selbstzündungsmotor, die vor ihrer Erstzulassung mit moderner
Partikeltechnik ausgerüstet werden, kann auch nicht auf eine
analoge Anwendung von § 3c Abs. 1 KraftStG gestützt
werden. Eine Analogie setzt eine planwidrige Lücke voraus.
Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an
ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig
ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber
beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände
widerspricht (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.6.2002
IV R 39/01, BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697 = SIS 02 93 27).
Daran fehlt es, weil die Beschränkung der Förderung auf
Fahrzeuge, die bereits im Verkehr befindlich sind, dem
gesetzgeberischen Plan entspricht, nicht
ergänzungsbedürftig ist und auch nicht gegen den
Gleichheitsgrundsatz verstößt.
c) Weder die Förderung von PKW mit
Selbstzündungsmotor an sich noch die Beschränkung der
Förderung innerhalb dieser Gruppe auf solche Fahrzeuge, die
bereits im Verkehr befindlich sind, verstößt gegen den
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - ).
Die steuerliche Förderung ist von der
gesetzgeberischen Entscheidung getragen, die Partikelbelastung
(„Feinstaub“) durch PKW mit Dieselmotor zu
reduzieren, weil jene zu einer signifikanten Erhöhung der
Mortalität in der Bevölkerung beiträgt (BTDrucks
16/4010, 7). Die Förderung soll zu deutlich geringeren
gesundheitlichen Gefährdungen und Belastungen für die
Umwelt führen (BTDrucks 16/4010, 1). Sie dient damit wichtigen
Gründen des Gemeinwohls, nämlich dem Schutz von Leben und
körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; vgl.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 30.11.1988 1
BvR 1301/84, BVerfGE 79, 174) wie auch dem Schutz der Umwelt (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 2.10.1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58 = SIS 70 00 80).
Der Beschränkung der Förderung liegt
die Unterscheidung in Neufahrzeuge, die mit einem
Partikelminderungssystem ausgerüstet sind, und solche
Fahrzeuge, die ohne moderne Partikelausrüstung im Verkehr
befindlich sind und nachgerüstet werden sollen, zugrunde. Sie
findet ihre Rechtfertigung einerseits darin, einen finanziellen
Anreiz zu geben, Fahrzeuge nachzurüsten, die sonst nicht oder
nicht zeitnah nachgerüstet würden (BTDrucks 16/4010, 9)
und zum anderen darin, dass die Nachrüstung solcher Fahrzeuge
gegenüber der Ausstattung von Neufahrzeugen mit moderner
Partikelausrüstung typischerweise einen höheren Aufwand
und vergleichsweise höhere Kosten verursacht. Der Wert der
Steuerbefreiung deckt nach der Gesetzesbegründung etwa 50 %
der Nachrüstungskosten für die weit überwiegend zum
Einsatz kommenden ungeregelten Partikelminderungssysteme ab
(BTDrucks 16/4010, 9). Der Gesetzgeber bewegt sich hierbei im
Rahmen seiner grundsätzlichen Befugnis, der Besteuerung aus
Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe
zugrunde zu legen und sich mit einer
„Typengerechtigkeit“ zu begnügen (vgl. z.B.
BVerfG-Beschluss vom 6.12.1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 354
= SIS 84 02 07).