Kirchensteuer NRW, Einwendungen gegen fiktive ESt-Berechnung, Rechtsweg: Einwendungen gegen die Berechnung der "fiktiven" Einkommensteuer nach § 51 a Abs. 2 EStG als Grundlage für die Festsetzung der in Nordrhein-Westfalen erhobenen Kirchensteuer sind im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Festsetzung der Kirchensteuer gegenüber der zuständigen Kirchenbehörde und nicht im Verfahren gegen die Festsetzung der Einkommensteuer gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen (gegen Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9.4.2003, EStG-Kartei NW KiSt Nr. 808 = SIS 03 24 91). - Urt.; BFH 28.11.2007, I R 99/06; SIS 08 14 74
I. Streitpunkte sind, ob bei Hinzurechnung
der aufgrund des Halbeinkünfteverfahrens steuerfreien
Einkünfte zur Bemessungsgrundlage der in Nordrhein-Westfalen
erhobenen Kirchensteuer nach Maßgabe von § 51a Abs. 2
Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2002
geltenden Fassung (EStG) Verlustabzüge nach § 10d EStG zu
berücksichtigen sind und ob Einwendungen gegen
diesbezügliche Festsetzungen gegenüber dem Finanzamt oder
gegenüber der Kirchenbehörde geltend zu machen
sind.
Der in Nordrhein-Westfalen wohnhafte
Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) gehört der römisch-katholischen Kirche an.
Er wurde für das Streitjahr zur Einkommensteuer veranlagt. Der
Kläger war hälftig an einer vermögensverwaltenden
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die im
Streitjahr eine Beteiligung an einer GmbH veräußerte und
dabei einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 2
EStG von rd. 3,5 Mio. EUR erzielte. Auf den Kläger entfielen
hiervon anteilig 1.748.046 EUR. Die in der Vergangenheit zur
Finanzierung des GmbH-Anteils aufgelaufenen Zinsen betrugen zum
31.12.2001 rd. 2,5 Mio. EUR; sie sind Teil des zum 31.12.2001
verbleibenden Verlustvortrags des Klägers gemäß
§ 10d Abs. 3 EStG von 2.600.406 EUR.
Im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr erfasste der Beklagte, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ), den anteiligen
Veräußerungsgewinn des Klägers nach dem
Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) zu 50 %, das
sind 874.023 EUR. Nach Berücksichtigung der weiteren
Einkünfte des Klägers und der Verlustvorträge nach
§ 10d EStG setzte das FA die Einkommensteuer wie folgt
fest:
steuerpflichtiger
Veräußerungsgewinn
|
874.023 EUR
|
negative Halbeinkünfte
|
./.
228.434 EUR
|
übrige Einkünfte
|
165.257 EUR
|
Gesamtbetrag der Einkünfte
|
810.846 EUR
|
Verlustabzug ab 1999
|
./.
316.956 EUR
|
Verlustabzug bis 1998
|
./.
486.931 EUR
|
Sonderausgaben
|
./. 6.959 EUR
|
|
|
zu versteuerndes Einkommen
|
0
EUR
|
Einkommensteuer
|
0
EUR
|
Die Kirchensteuer des Klägers
berechnete das FA unter Anwendung von § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG
wie folgt:
zu versteuerndes Einkommen
|
0
EUR
|
zuzüglich steuerfreie
Halbeinkünfte
|
645.060 EUR
|
maßgebendes zu versteuerndes
Einkommen
|
645.060 EUR
|
darauf entfallende (fiktive)
Einkommensteuer
|
302.985 EUR
|
davon 9 % Kirchensteuer
|
27.268 EUR
|
In der dem Bescheid angeschlossenen
Rechtsbehelfsbelehrung heißt es u.a.: „Gegen die
Festsetzung der Kirchensteuer ist ebenfalls der Einspruch gegeben.
Der Einspruch ist bei dem vorbezeichneten Finanzamt einzureichen,
wenn er sich gegen die Höhe der der Festsetzung zugrunde
gelegten Bemessungsgrundlage richtet. Ein Einspruch gegen die
Festsetzung der Kirchensteuer, der sich auf Gründe
stützt, die nicht mit der Berechnung der zugrunde gelegten
Bemessungsgrundlage zusammenhängen, ist insoweit bei dem
zuständigen (erz)bischöflichen Generalvikariat ...
einzureichen.“
Der Kläger legte beim FA Einspruch
gegen den Einkommensteuerbescheid ein, weil trotz einer
Einkommensteuerschuld von 0 EUR eine Kirchensteuer festgesetzt
worden sei. Zwar sei die Einkommensteuerfestsetzung selbst
zutreffend. Dennoch müsse er den Bescheid anfechten, damit die
dort für Zwecke der Kirchensteuer berechnete
Bemessungsgrundlage geändert werden könne. Er ist der
Auffassung, § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG müsse so verstanden
werden, dass die dort vorgesehenen Hinzurechnungen mit
Verlustvorträgen nach § 10d EStG zu verrechnen seien.
Zugleich legte der Kläger beim Generalvikariat des Erzbistums
K Einspruch gegen den Kirchensteuerbescheid ein und verwies darauf,
dass noch nicht geklärt sei, ob das FA oder das
Generalvikariat für die Bearbeitung des Einspruchs
zuständig sei. Das Generalvikariat hat über den bei ihm
eingelegten Einspruch bislang nicht entschieden.
Die nach Zurückweisung des beim FA
eingelegten Einspruchs als unbegründet erhobene Klage hat das
Finanzgericht (FG) Düsseldorf als unzulässig abgewiesen,
weil nicht das „richtige“ Vorverfahren
durchgeführt worden sei. Über den Einspruch des
Klägers habe das erzbischöfliche Generalvikariat zu
entscheiden, was bislang noch nicht geschehen sei. Das FG-Urteil
vom 24.11.2006 1 K 1102/05 Ki ist in EFG 2007, 267 = SIS 07 13 84
abgedruckt.
Gegen das FG-Urteil richten sich die
Revisionen des FA und des Klägers.
Das FA beantragt (sinngemäß),
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als
unbegründet abzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG
zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt
(sinngemäß), das FG-Urteil aufzuheben und den
angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass die
Kirchensteuer auf 0 EUR festgesetzt wird,
hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG
zurückzuverweisen.
Die Beteiligten beantragen
(sinngemäß), die Revision der jeweils anderen Seite
zurückzuweisen.
II. Die Entscheidung ergeht gemäß
§ 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält
einstimmig die Revisionen für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die
Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit
zur Stellungnahme.
1. Das Rechtsmittel des FA ist ungeachtet
dessen zulässig, dass das FG die Klage als unzulässig
abgewiesen hat. Der Beklagte ist grundsätzlich auch dann
beschwert, wenn die Klage statt durch Sachurteil durch
Prozessurteil als unzulässig abgewiesen worden ist (vgl.
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25.3.1986 VII B
164-165/85, BFHE 146, 188; BFH-Urteil vom 5.8.1986 VII R 2-3/86,
BFH/NV 1987, 195; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG -
vom 10.2.1960 V C 14.58, BVerwGE 10, 148). Soweit es an der
für die Revision erforderlichen Beschwer fehlt, wenn der
Beklagte nach dem Prozessurteil nicht mehr mit einer neuen Klage
überzogen werden kann (vgl. BVerwG-Urteil vom 10.4.1968 IV C
160.65, NJW 1968, 1795; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung,
6. Aufl., Vor § 115 Rz 17), liegt ein solcher Fall hier nicht
vor. Denn das FG hat die Klage wegen des fehlenden Abschlusses des
aus seiner Sicht „richtigen“ Vorverfahrens -
nämlich des noch beim erzbischöflichen Generalvikariat
anhängigen Einspruchsverfahrens - als unzulässig
abgewiesen. Danach wäre nach Beendigung dieses
Einspruchsverfahrens eine Wiederholung der Klage mit für das
FA materiell nachteiligen Folgewirkungen nicht ausgeschlossen.
2. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht
als unzulässig abgewiesen. Dem beklagten FA fehlt es an der
erforderlichen passiven Prozessführungsbefugnis.
a) Gemäß § 14 Abs. 1, Abs. 2
Satz 1 des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im
Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom
22.4.1975 - KiStG NW - (Gesetz- und Verordnungsblatt für das
Land Nordrhein-Westfalen - GVBl NW - 1975, 438), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 6.3.2001 (GVBl NW 2001, 103),
entscheidet über den Einspruch gegen die Heranziehung zur
Kirchensteuer die in der einschlägigen Kirchensteuerordnung
bestimmte Stelle. Im Streitfall ist dies gemäß § 15
Abs. 2 der Kirchensteuerordnung der Erzdiözese K (vom
10.11.1987, Amtsblatt 1987, 282, zuletzt geändert durch
Verordnung vom 10.3.1995) - KiStO EK - das erzbischöfliche
Generalvikariat K. „Nur“ diese Behörde ist
gemäß § 14 Abs. 5 KiStG NW, § 15 Abs. 5 KiStO
EK im Klageverfahren zu beteiligen; ihr kommt mithin die
ausschließliche passive Prozessführungsbefugnis im
Klageverfahren gegen den Kirchensteuerbescheid zu.
b) Die Rechtsbehelfsbestimmungen der § 14
KiStG NW, § 15 KiStO EK sind im Streitfall
einschlägig.
aa) Der Senat hat die landesrechtlichen
Bestimmungen des Kirchensteuergesetzes und der Kirchensteuerordnung
in eigener Zuständigkeit auszulegen und ist nicht an die
Interpretation des FG gebunden. Denn es handelt sich
gemäß § 118 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 33 Abs. 1
Nr. 4 FGO um revisibles Landesrecht, weil § 14 Abs. 4 Satz 1
KiStG NW, § 15 Abs. 4 Satz 1 KiStO EK den Finanzrechtsweg
eröffnen und § 14 Abs. 4 Satz 2 KiStG NW, § 15 Abs.
4 Satz 2 KiStO EK die Vorschriften der Finanzgerichtsordnung
insgesamt für anwendbar erklären (vgl. Senatsurteil vom
7.8.1985 I R 309/82, BFHE 145, 7, BStBl II 1986, 42 = SIS 86 05 34;
BFH-Urteile vom 8.3.1995 II R 10/93, BFHE 177, 276, BStBl II 1995,
431 = SIS 95 13 31, und II R 58/93, BFHE 177, 288, BStBl II 1995,
438 = SIS 95 13 32).
bb) Das FG hat Einspruch und Klage zutreffend
dahin verstanden, dass sie sich gegen die im angefochtenen Bescheid
vorgenommene Festsetzung der Kirchensteuer und nicht gegen den
Einkommensteuerbescheid als Grundlagenbescheid für die
Festsetzung der Kirchensteuer richten.
aaa) Der Kläger hat in der
Einspruchsschrift erklärt, er halte die
Einkommensteuerfestsetzung für zutreffend und wende sich
ausschließlich gegen die vom FA ermittelte
Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Kirchensteuer.
Konkret bemängelt er die Hinzurechnung der aufgrund des
Halbeinkünfteverfahrens steuerfreien Einkünfte zur
Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer nach Maßgabe von §
4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i.V.m. § 51a
Abs. 2 Satz 2 EStG.
bbb) Derartige Einwendungen gegen die
Berechnung der nach den landesrechtlichen Bestimmungen für die
Kirchensteuer maßgeblichen „fiktiven“
Einkommensteuer nach § 51a Abs. 2 EStG sind im
Rechtsbehelfsverfahren gegen die Festsetzung der Kirchensteuer und
nicht in jenem gegen den Einkommensteuerbescheid geltend zu machen.
Allerdings ist die Kirchensteuer nach Maßgabe von § 4
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 KiStG NW i.V.m. § 51a
EStG Folgesteuer zu der als Maßstabsteuer dienenden
Einkommensteuer und stehen insoweit Kirchensteuerbescheid und
Einkommensteuerbescheid im Verhältnis
Folge-/Grundlagenbescheid (vgl. Senatsurteil vom 28.2.2001 I R
41/99, BFHE 194, 317, BStBl II 2001, 416 = SIS 01 08 32;
Senatsbeschluss vom 24.3.1999 I B 14/98, BFH/NV 1999, 1383 = SIS 99 52 13). Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid können nur
durch Anfechtung dieses Bescheids und nicht durch Anfechtung des
Folgebescheids angegriffen werden (§ 351 Abs. 2 der
Abgabenordnung - AO - ).
Das Verhältnis Folge-/Grundlagenbescheid
kann bei den Zuschlagsteuern nach § 51a EStG jedoch nur
hinsichtlich solcher Besteuerungsgrundlagen bestehen, die für
die Festsetzung der Einkommensteuer als Maßstabsteuer
relevant sind und sich infolge dessen auf die
Einkommensteuerfestsetzung auswirken können. Hingegen kann der
Einkommensteuerbescheid nicht als Grundlagenbescheid für die
in § 51a Abs. 2 EStG geregelten Modifikationen der
Maßstabsteuer angesehen werden, die ausschließlich der
Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer dienen, die aber
für die Festsetzung der Einkommensteuer keinerlei Bedeutung
haben. Diese sind nicht Bestandteil der Festsetzung der
Einkommensteuer, sondern kommen unabhängig von dieser
originär und ausschließlich im Verfahren über die
Festsetzung der Kirchensteuer zur Anwendung; dagegen erhobene
Einwendungen sind folglich nur im Rahmen dieses Verfahrens geltend
zu machen (ebenso Schlief in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,
§ 51a Rz A 43; Frotscher, EStG, § 51a Rz 40; Pust in
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 51a Rz 176;
tendenziell auch Blümich/Treiber, § 51a EStG Rz 81;
allgemein zu unabhängigen Entscheidungen im Folgebescheid:
Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, §
351 AO Rz 46). Der gegenteiligen Auffassung, die den
Einkommensteuerbescheid als anzufechtenden Grundlagenbescheid auch
hinsichtlich solcher Einwendungen ansieht, die sich nicht auf die
festgesetzte Einkommensteuer, sondern auf deren Modifikation
für Zwecke der Berechnung der Zuschlagsteuer beziehen (FG
Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2000 18 K 5985/98 E, EFG 2000, 439
= SIS 01 56 27; Erlass des Finanzministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 9.4.2003, EStG-Kartei Nordrhein-Westfalen
KiSt Nr. 808 = SIS 03 24 91; Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl.,
§ 51a Rz 1 a.E.), kann nicht beigepflichtet werden. Denn ein
allein auf derartige Einwendungen gestützter Rechtsbehelf
gegen den Einkommensteuerbescheid wäre unzulässig, weil
die Modifikation nicht zu den Besteuerungsgrundlagen der
Einkommensteuer gehört und deren festzusetzende Höhe
unberührt lässt.
Da es an einer gesetzlichen Bestimmung fehlt,
aufgrund derer die nach Maßgabe von § 51a Abs. 2 EStG zu
ermittelnde „fiktive“ Einkommensteuer
verfahrensrechtlich zu isolieren und nach § 157 Abs. 2
Halbsatz 2, § 179 Abs. 1 AO gesondert festzustellen ist, kann
ihre Bemessung auch nicht als eigenständiger
Grundlagenbescheid für die Kirchensteuerfestsetzung isoliert
angefochten werden.
Ein anderes Ergebnis lässt sich nicht aus
der vom FA angeführten Begründung ableiten, die in
Einkommensteuerfragen größere fachliche Kompetenz und
Sachnähe sowie dessen bessere technische Voraussetzungen lasse
eine Befassung des FA - anstatt der kirchlichen Stellen - mit der
streitgegenständlichen Problematik verwaltungsökonomisch
sinnvoll erscheinen. Denn verwaltungsökonomische
Gesichtspunkte vermögen weder die Erstreckung der
Feststellungswirkungen eines Grundlagenbescheids auf von diesem
nicht umfasste Regelungsgegenstände bewirken noch können
sie gesetzlich vorgegebene Verwaltungszuständigkeiten
abändern.
cc) Im Rechtsbehelfsverfahren nach § 14
KiStG NW, § 15 KiStO EK können Einwendungen gegen die
Modifikationen der Einkommensteuer nach Maßgabe von § 4
Abs. 2 Satz 1 KiStG NW, § 51a Abs. 2 EStG geltend gemacht
werden. Zwar heißt es in § 14 Abs. 6 KiStG NW, § 15
Abs. 6 KiStO EK, Einwendungen gegen die zugrunde gelegte
Maßstabsteuer seien unzulässig.
„Maßstabsteuer“ in diesem Sinne ist aber
die im Einkommensteuerbescheid festgesetzte Einkommensteuer und
nicht die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW, § 51a Abs. 2
EStG modifizierte (fiktive) Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage
für die Kirchensteuer. Entgegen der Sicht der Beteiligten kann
aus der im Klammerzusatz des § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG NW
erfolgenden Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KiStG NW und
dem Umstand, dass nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW die
Modifikationen nach § 51a EStG „vor“ der
Berechnung der Kirchensteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
KiStG NW vorzunehmen sind, nicht abgeleitet werden, dass mit
„Maßstabsteuer“ i.S. von § 14 Abs. 6
Satz 1 KiStG NW die nach § 51a Abs. 2 EStG modifizierte
Bemessungsgrundlage gemeint ist. Die einschränkenden
Bestimmungen in § 14 Abs. 6 KiStG NW, § 15 Abs. 6 KiStO
EK - wie auch die vergleichbare bundesrechtliche Regelung für
Zuschlagsteuern in § 51a Abs. 5 Satz 1 EStG - sind vielmehr so
zu verstehen, dass damit der Grundsatz des § 351 Abs. 2 AO
wiederholt wird, wonach Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid
nicht auch im Rahmen der Anfechtung des Folgebescheids angegriffen
werden können (vgl. Schmieszek in Bordewin/Brandt, § 51a
EStG Rz 37; Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 51a Rz 176;
Blümich/ Treiber, § 51a EStG Rz 80; Frotscher, a.a.O.,
§ 51a Rz 39 f.). Danach sind lediglich solche Einwendungen
ausgeschlossen, die Besteuerungsgrundlagen der
Einkommensteuerfestsetzung betreffen und im Rahmen der Anfechtung
des Einkommensteuerbescheides geltend gemacht werden können.
Die Modifikationen des § 51a Abs. 2 EStG gehören nach dem
oben Gesagten nicht dazu.
Die gegenteilige Sichtweise würde dazu
führen, dass Einwendungen gegen die aus § 4 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. a KiStG NW i.V.m. § 51a Abs. 2 EStG abgeleitete
„fiktive“ Einkommensteuer weder im Verfahren
gegen die Einkommensteuerfestsetzung noch in jenem gegen die
Heranziehung zur Kirchensteuer nach § 14 KiStG NW, § 15
KiStO EK geltend gemacht werden könnten. Denn mit dem
Ausschluss aus diesem Rechtsbehelfsverfahren wäre nicht
zugleich ein anderes Rechtsschutzverfahren gegen die Berechnung der
„fiktiven“ Einkommensteuer geschaffen.
Insbesondere wäre dadurch nicht der Grundsatz beseitigt -
hierfür fehlte es dem Landesgesetzgeber auch an der
Gesetzgebungskompetenz -, dass im Verfahren gegen die Festsetzung
der Einkommensteuer nur solche Einwendungen vorgebracht werden
können, die sich auf die Höhe der Einkommensteuer
auswirken. Dass der Landesgesetzgeber eine solche
Rechtsschutzlücke begründen wollte, die nur unter
Rückgriff auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes geschlossen werden könnte - mit der Folge, dass
dann nicht gemäß § 33 FGO der Finanzrechtsweg
eröffnet wäre -, kann jedoch nicht angenommen werden.
c) Ist mithin das FA nicht die im
Klageverfahren zu beteiligende Behörde, fehlt es an der als
Sachurteilsvoraussetzung erforderlichen passiven
Prozessführungsbefugnis des FA und ist die Klage deshalb
unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 26.2.1980 VII R 60/78, BFHE
130, 12, BStBl II 1980, 331 = SIS 80 01 79; Gräber/ von Groll,
a.a.O., § 63 Rz 1; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 63 FGO
Rz 9).