NZB-Verfahren, Beteiligung des Beigeladenen: Der Beigeladene ist am Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde eines anderen Verfahrensbeteiligten grundsätzlich in der Weise zu beteiligen, dass er über Beginn und Stand des Verfahrens durch Übersendung der Schriftsätze des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners laufend informiert wird. Erkennt der Senat des BFH im Lauf der Bearbeitung des Verfahrens, dass eine Entscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO in Betracht kommt, muss er dem vom FG Beigeladenen ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme geben. - Urt.; BFH 14.3.2007, IV B 76/05; SIS 07 61 24
I. Die Klägerin und
Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine zu Beginn der
Streitjahre (1997 bis 2001) von den Herren H und P gegründete
Personengesellschaft, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das
Finanzamt - FA - ) als GbR behandelte und die nach Ansicht von H
eine OHG ist. Die Gesellschaft erwarb drei Grundstücke in
X-Stadt, sanierte die aufstehenden Wohnblöcke und verkaufte
später die daraus durch Teilung entstandenen
Eigentumswohnungen.
Das FA erließ unter dem 9.5.2003 eine
Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin, die den
beiden mittlerweile zerstrittenen Gesellschaftern H und P jeweils
getrennt bekannt gegeben wurde. Als Prüfungsgegenstände
waren angegeben Gewinnfeststellung, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer
1997 bis 2000 sowie Investitionszulage 1999 bis 2001. Gegen die
Prüfungsanordnung erhob H erfolglos Einspruch. Auch die von
ihm namens der Klägerin erhobene Klage, zu der P vom
Finanzgericht (FG) beigeladen wurde, hatte keinen Erfolg.
Das FG entschied aufgrund mündlicher
Verhandlung durch Urteil des Einzelrichters nach § 6 der
Finanzgerichtsordnung (FGO), die Klage sei bereits unzulässig,
weil H weder eine Vertretungsberechtigung für die
Klägerin noch eine eigene Klagebefugnis habe nachweisen
können. Selbst wenn die Zulässigkeit unterstellt
würde, wäre die Klage außerdem unbegründet,
weil die Prüfungsanordnung rechtmäßig und
ermessensfehlerfrei erlassen worden sei. Das FA sei infolge einer
Zuständigkeitsvereinbarung zuständig gewesen. In
materieller Hinsicht habe H keine Einwendungen erhoben; das Gericht
habe auch keine diesbezüglichen Bedenken. Die Kosten des
Rechtsstreits wurden H als vollmachtlosem Vertreter auferlegt. Die
Revision gegen das Urteil ließ das FG nicht zu.
Gegen das FG-Urteil hat H namens der
Klägerin fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Er
trägt vor, die Klägerin sei als gewerbliches
Bauträgerunternehmen mit einem Umsatz von ca. 30 Mio. DM kraft
Gesetzes eine OHG (s. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
26.4.2004 II ZR 120/02, DStR 2004, 1094). Dann seien beide
Gesellschafter vertretungsbefugt. Außerdem entfalle die
Vertretungsmacht eines Gesellschafters, der evident pflichtwidrig
zum Nachteil der Gesellschaft handele. Die noch vorhandenen
Wohnungen seien Umlaufvermögen, was von FA und FG nicht
beachtet worden sei. Substantiierte Einwendungen gegen diese
Vorgehensweise seien im Termin zur mündlichen Verhandlung und
gegenüber dem FA erhoben worden. Umfangreich sei vorgetragen
worden, dass sich die Geschäftsunterlagen in Y-Stadt
befänden und P zeitweise ins Ausland verzogen und nicht
auffindbar gewesen sei. Die Zuständigkeitsvereinbarung der
Finanzämter sei ohne seine, H’s, Anhörung getroffen
worden. Es werde auch die Verletzung rechtlichen Gehörs durch
das FG im Sinne einer Anhörungsrüge gerügt.
Mittlerweile liege der Prüfungsbericht vor. Mit dem FA sei
keine Verständigung möglich, es werde kein rechtliches
Gehör gewährt. In der Sache sei der Bericht fehlerhaft,
das zahlenmäßige Ergebnis sei nicht nachvollziehbar.
Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf die
Schriftsätze vom 25.5.2005 und 28.7.2005 Bezug
genommen.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als
unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor, mit der Beschwerde werde
keiner der Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO
schlüssig gerügt. Soweit die Frage geklärt werden
solle, ob ein gewerbliches Bauträgerunternehmen mit 30 Mio. DM
Umsatz eine OHG sei, fehle es an einer grundsätzlichen
Bedeutung.
Von Seiten des erstinstanzlich beigeladenen
P wurde keine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Nachdem er
Kenntnis von dem hiesigen Beschwerdeverfahren des H erhalten hatte,
beantragte er, zu dem Beschwerdeverfahren beigeladen zu werden.
Hierfür bezog er sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 28.7.2004 IX B 27/04 (BFHE 206, 330, BStBl II 2004, 895 =
SIS 04 35 09). Daraufhin wurden P die bisher gewechselten
Schriftsätze in Kopie übersandt. Anschließend
stellte P einen Antrag auf Akteneinsicht, dem der Senat
zunächst im Hinblick darauf nicht stattgab, dass ein
Insolvenzverfahren über das Vermögen des P eröffnet
worden war. Nachdem der Insolvenzverwalter neben anderen Verfahren
auch dieses Verfahren aufgenommen hatte, erhielt die von ihm
bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft Akteneinsicht. Mit
Schriftsatz vom 11.1.2007 trägt diese namens des
Insolvenzverwalters zur Nichtzulassungsbeschwerde des H vor. Es
wird beantragt, die Beiladung nachzuholen bzw. die Beiladung des FG
zu bestätigen. Außerdem werden Anträge
angekündigt, die nach erfolgter Beiladung gestellt werden
sollen, u.a. der Antrag, der Nichtzulassungsbeschwerde des H
stattzugeben. Wegen der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens
wird auf den Schriftsatz vom 11.1.2007 nebst Anlagen Bezug
genommen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und war
deshalb zu verwerfen.
1. Nach § 116 Abs. 1 FGO kann die
Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde
angefochten werden, mit der geltend zu machen ist, dass die
Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision
gemäß § 115 Abs. 2 FGO vorliegen, nämlich
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Erforderlichkeit
einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung oder
Rechtsvereinheitlichung oder ein Verfahrensmangel. Die
Nichtzulassungsbeschwerde ist dabei nur zulässig, wenn in der
Beschwerdeschrift mindestens einer dieser
Revisionszulassungsgründe bezeichnet und die Erfüllung
seiner Voraussetzungen schlüssig dargelegt wird (§ 116
Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. a) An einer solchen Darlegung fehlt es
hier. Weder bezeichnet die Klägerin ausdrücklich einen
der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO noch lässt
sich in den Ausführungen in Beschwerdeschrift und
Begründungsschrift inhaltlich die schlüssige Darlegung
eines Zulassungsgrundes erkennen.
Dem Vorbringen der Klägerin kann
allenfalls die Geltendmachung von Verfahrensfehlern entnommen
werden, nämlich einerseits im Hinblick darauf, dass die Klage
zu Unrecht wegen fehlender Vertretungsbefugnis des H abgewiesen
wurde, und andererseits im Hinblick auf die Rüge der
Verletzung rechtlichen Gehörs.
b) Hat das FG die Klage zu Unrecht als
unzulässig abgewiesen, ist darin ein Verfahrensmangel i.S. des
§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zu sehen (BFH-Beschlüsse vom
19.3.2002 IV B 112/01, BFH/NV 2002, 1042 = SIS 02 86 51; vom
8.4.2004 VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284 = SIS 04 33 00; vom
8.6.2004 XI B 46/02, BFH/NV 2004, 1417 = SIS 04 36 11, jeweils
m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn das Urteil des FG im Kern die
Auslegung einer Verfahrensvorschrift betrifft. Die z.T. früher
vertretene Ansicht, in einem solchen Fall sei ein materieller
Rechtsfehler zu rügen (sog. error in iudicando), ist
überholt.
c) Indessen fehlt es an der
ordnungsgemäßen Darlegung eines Verfahrensmangels. Eine
schlüssige Rüge erfordert hier, dass die Tatsachen, die
den Mangel ergeben, im Einzelnen angeführt werden und dass
dargelegt wird, dass die Entscheidung des FG auf dem Mangel beruhen
kann (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 13.9.1991 IV B 105/90, BFHE
165, 469, BStBl II 1992, 148 = SIS 92 04 57). Das ist der Fall,
wenn das Gericht von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus
bei richtigem Verfahren zu einer anderen Entscheidung hätte
kommen können (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B.
BFH-Beschluss vom 4.3.1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II
1992, 562 = SIS 92 13 90; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung,
6. Aufl., § 116 Rz 49, m.w.N.).
Im Streitfall hat das FG die Klage als
unzulässig abgewiesen, hilfsweise aber auch detailliert
begründet, warum die Klage im Fall ihrer Zulässigkeit
jedenfalls unbegründet gewesen wäre. Zwar sind bei der
ordnungsgemäßen Rüge eines Verfahrensfehlers, der
zur Klageabweisung als unzulässig geführt hat, in der
Regel keine Ausführungen zur Kausalität des
Verfahrensfehlers für die angefochtene Entscheidung
erforderlich. Verfährt das FG aber wie im Streitfall und
prüft hilfsweise auch die Begründetheit der Klage,
müssen mit der Beschwerde neben der ordnungsgemäßen
Rüge des Verfahrensfehlers schlüssige Ausführungen
zur Begründetheit gemacht werden. Derartiges Vorbringen
lässt die Beschwerde nicht erkennen. Sie enthält keine
nachvollziehbaren Äußerungen zu der Frage, ob die
Prüfungsanordnung formell und materiell rechtmäßig
war.
Soweit die Klägerin einen Verstoß
gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs rügt, ist das
Vorbringen vollkommen unsubstantiiert und kann nicht zur Zulassung
der Revision führen.
3. Das Vorbringen des Insolvenzverwalters
über das Vermögen des P kann der Beschwerde nicht zum
Erfolg verhelfen.
a) Allerdings ist derjenige, der im
Klageverfahren beigeladen war, zugleich Beteiligter des
nachfolgenden Verfahrens wegen Nichtzulassung der Revision, auch
wenn er selbst keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat
(BFH-Beschluss in BFHE 206, 330, BStBl II 2004, 895 = SIS 04 35 09). Die dadurch vermittelte prozessuale Stellung ist inhaltlich
aber darauf beschränkt, dem Beigeladenen seine Rechte für
den Fall zu sichern, dass das Verfahren in anderer Weise als durch
Fortsetzung im Rahmen eines Revisionsverfahrens fortgeführt
wird (§ 116 Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz FGO). Soweit aufgrund
der Nichtzulassungsbeschwerde eines Prozessbeteiligten die Revision
zugelassen wird, können Rechte des Beigeladenen nämlich
nicht verletzt werden. Im Revisionsverfahren hat er in gleicher
Weise wie erstinstanzlich die volle Stellung als Beteiligter und
kann seine Rechte in jeder Hinsicht wahren. Insofern hat sich die
für den Senatsbeschluss vom 24.4.1992 IV B 115/91 (BFH/NV
1993, 369) maßgebliche Rechtslage durch die Neuordnung des
Revisionsrechts mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der
Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19.12.2000 (BGBl I
2000, 1757) nicht geändert.
b) Eine Änderung ist nur dadurch
eingetreten, dass aufgrund des neuen § 116 Abs. 6 FGO bereits
das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zur Aufhebung des
erstinstanzlichen Urteils führen kann. Insoweit sind
Interessen des Beigeladenen betroffen, die nur durch seine
Beteiligung am Beschwerdeverfahren gewahrt werden können. Ihm
ist jedenfalls umfassend rechtliches Gehör zu gewähren
(BFH-Beschluss in BFHE 206, 330, BStBl II 2004, 895 = SIS 04 35 09).
Nach Auffassung des Senats ist der Beigeladene
deshalb grundsätzlich in zwei verschiedenen Stadien des
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens mit unterschiedlicher
Intensität zu beteiligen:
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Über Beginn und Stand des Verfahrens ist
der Beigeladene durch Übersendung der Schriftsätze des
Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners laufend zu
informieren.
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Erkennt der Senat im Lauf der Bearbeitung des
Verfahrens, dass eine Entscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO in
Betracht kommt, muss er dem Beigeladenen ausdrücklich
Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
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Wie bei einer größeren Anzahl
Beigeladener zu verfahren ist, braucht der Senat im Streitfall
nicht zu entscheiden. Man könnte allerdings an eine
entsprechende Anwendung des § 60a FGO denken.
c) Danach war es im Streitfall ausreichend,
den Beigeladenen bzw. seinen Insolvenzverwalter durch Weiterleitung
der Schriftsätze zu informieren. Eine Entscheidung nach §
116 Abs. 6 FGO kam nicht in Betracht, da die Beschwerde wegen
unzureichender Darlegung eines Verfahrensmangels schon nicht
zulässig erhoben war. Dass der Beigeladene durch seinen
Insolvenzverwalter gleichwohl umfangreich zu dem Verfahren Stellung
genommen hat, ist unschädlich, kann die Begründung des
Beschwerdeführers andererseits aber auch nicht ergänzen
oder ersetzen.