Ausfuhrerstattung, Umfang der Stichprobe: Bei der zollamtlichen Überprüfung, ob die Ausfuhrerzeugnisse der in der Ausfuhranmeldung angegebenen Marktordnungs-Warenlistennummer entsprechen, gibt es bei zum Teil fehlender Entsprechung keine Fehlertoleranzen. Sind die Erzeugnisse in der Ausfuhranmeldung als einheitlich beschaffen beschrieben, kann sich die Zollbehörde, unter Beachtung einer etwa vorgeschriebenen Mindestprobenmenge, im Rahmen des ihr bei der Probenziehung eingeräumten Ermessens auf die Entnahme einer Stichprobe beschränken. - Urt.; BFH 21.8.2007, VII R 35/04; SIS 07 38 11
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) meldete im November 2000 beim Hauptzollamt S eine
Warensendung gefrorener Hühner bestehend aus 2.057 Kartons mit
je zehn Geflügelkörpern zur Ausfuhr nach Russland an, die
sie als „Hühner, unzerteilt, gefroren, gerupft und
ausgenommen, ohne Kopf und Ständer, mit Hals, Herz, Leber u.
Muskelmagen, gen. Hühner 70 v.H., deren Brustbeinfortsatz,
Ober- Unterschenkelknochen nicht vollständig verknöchert
sind“ der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900
bezeichnete. Das Hauptzollamt S entnahm drei verschiedenen Kartons
jeweils zwei Geflügelkörper als Probe, die es an die
Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) bei der
Oberfinanzdirektion übersandte. In ihren daraufhin erstellten
Untersuchungszeugnissen und Gutachten kam die ZPLA zu dem Ergebnis,
dass einer der sechs untersuchten Geflügelkörper nicht
vollständig gerupft gewesen und damit den Voraussetzungen der
angegebenen Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 nicht
entsprochen habe. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Hauptzollamt - HZA - ) versagte daraufhin die beantragte
Ausfuhrerstattung für eine Teilmenge von ... kg, was im Wege
einer Hochrechnung des Gewichtsanteils der untersuchten nicht
erstattungsfähigen Probe auf das Gesamtgewicht einem Anteil
von 16 % entsprach, und setzte insoweit auch eine Sanktion gegen
die Klägerin fest.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen
nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt und
verpflichtete das HZA aus den in der ZfZ 2004, 425
veröffentlichten Gründen, Ausfuhrerstattung auch für
die genannte Teilmenge zu gewähren, und hob die insoweit
verhängte Sanktion auf (vgl. SIS 04 30 87).
Mit seiner Revision beruft sich das HZA auf
die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach sich die
Frage, ob die gezogene Probe repräsentativ sei, in solchen
Fällen nicht stelle, in denen in der Zollanmeldung nicht
angegeben sei, dass die Ware in sich unterschiedlich beschaffen
sei, und sich die Zollbehörde dann darauf beschränken
dürfe, eine einzige Probe zu entnehmen. Die vom FG
vorgenommene Übertragung des Stichprobenumfangs, wie er in der
Verordnung (EWG) Nr. 1538/91 (VO Nr. 1538/91) der Kommission vom
5.6.1991 mit ausführlichen Durchführungsvorschriften zur
Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates über bestimmte
Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 143/11) i.d.F. der
Änderungs-Verordnung (EWG) Nr. 2891/93 (VO Nr. 2891/93) der
Kommission vom 21.10.1993 (ABlEG Nr. L 263/12) und in der
(seinerzeit gültigen) Verordnung (EG) Nr. 2457/97 (VO Nr.
2457/97) der Kommission vom 10.12.1997 über die Probenahme
für die Warenkontrolle von entbeinten Teilstücken von
Rindfleisch, für die eine Ausfuhrerstattung gewährt
werden soll (ABlEG Nr. L 340/29), geregelt sei, sei nicht
zulässig, da diese Verordnungen die Vermarktung von
Geflügelfleisch in der Gemeinschaft, also keine
Ausfuhrerzeugnisse, bzw. die Gewährung von Ausfuhrerstattung
für Rindfleisch beträfen.
Die Klägerin schließt sich der
Rechtsauffassung des FG an und macht geltend, dass der Anspruch auf
die beantragte Ausfuhrerstattung bestehe, weil die zur Ausfuhr
angemeldeten Geflügelkörper die Mindestanforderungen
gemäß der VO Nr. 1538/91 erfüllt hätten. Durch
die Vorlage der Veterinärzeugnisse sei der Nachweis der
Erstattungsberechtigung erbracht worden. Dieser Nachweis könne
nicht im Rahmen einer Teilbeschau durch eine einzelne, nicht
repräsentative Probe erschüttert werden.
Schließlich folge auch aus dem Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 7.9.2006 Rs. C-353/04
(EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349 = SIS 06 39 04), dass die
Vorschriften der VO Nr. 1538/91 zum Stichprobenumfang Anwendung
fänden, woraus folge, dass im Streitfall die vom Hauptzollamt
S entnommene Stichprobe nicht als repräsentativ angesehen
werden könne.
II. Die Revision des HZA ist begründet;
sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs.
1 Satz 1 FGO). Der angefochtene Teilablehnungs- und
Sanktionsbescheid ist rechtmäßig (§ 101 FGO).
1. Nach dem Ergebnis der Untersuchung der
entnommenen Proben durch die ZPLA kann nicht davon ausgegangen
werden, dass mit der streitigen Ausfuhrsendung ausschließlich
die in der Ausfuhrlizenz der Klägerin angegebenen Erzeugnisse
der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 ausgeführt
worden sind. Einer der sechs untersuchten Geflügelkörper
war nämlich nicht vollständig gerupft. Zutreffend hat das
FG in einem nahezu gleich liegenden Fall der Klägerin mit
Urteil vom 24.3.2004 IV 218/01 (ZfZ 2005, 128 = SIS 04 30 92)
angenommen, dass gefrorene Hühner der Unterpos. 0207 12 10 der
Kombinierten Nomenklatur vollständig gerupft sein müssen.
Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Die von der Klägerin im Streitfall
vorgelegte Ausfuhrlizenz ist gemäß der Verordnung (EG)
Nr. 1932/00 der Kommission vom 12.9.2000 zur Festsetzung der
Ausfuhrerstattungen auf dem Geflügelfleischsektor (ABlEG Nr. L
231/9), für Erzeugnisse der Marktordnungs-Warenlistennummer
0207 12 10 9900 ausgestellt worden. Für Erzeugnisse, die nicht
dieser Marktordnungs-Warenlistennummer entsprechen, kann daher
Ausfuhrerstattung nicht gewährt werden (Art. 4 Abs. 1 der
Verordnung (EG) Nr. 800/1999 - VO Nr. 800/1999 - der Kommission vom
15.4.1999, ABlEG Nr. L 102/11); auch dies ist zwischen den
Beteiligten nicht im Streit.
2. Zu Unrecht hat das FG indes angenommen,
dass das Ergebnis der durchgeführten Teilbeschau keine
Auswirkung auf die der Klägerin zustehende Erstattung habe,
weil der eine bei der Probenuntersuchung festgestellte
Geflügelkörper als Ausreißer zu behandeln sei, der
unter Berücksichtigung einer einzuräumenden
Fehlertoleranz keine erstattungsrechtliche
Unregelmäßigkeit begründe.
Da das Ausfuhrverfahren ein Zollverfahren ist
(Art. 4 Nr. 16 Buchst. h des Zollkodex - ZK - ), sind für die
amtlichen Feststellungen zur Warenbeschaffenheit die Art. 68 ff. ZK
einschlägig (EuGH-Urteil in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349
= SIS 06 39 04; Senatsurteil vom 16.1.2007 VII R 19, 35/03, zur
Veröffentlichung in BFHE bestimmt, ZfZ 2007, 160 = SIS 07 16 59).
a) Das Hauptzollamt S hat im Streitfall
gemäß Art. 68 Buchst. b, Art. 70 ZK eine Teilbeschau
unter Entnahme von Proben durchgeführt, deren Ergebnisse nach
Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK für alle in der Anmeldung
bezeichneten Waren gelten. Es handelte sich dabei auch nicht um
eine fehlerhafte und damit unwirksame Teilbeschau, weshalb die
Klägerin - anders als der Ausführer in dem vom Senat in
ZfZ 2007, 160 entschiedenen Fall - nicht so zu behandeln ist, als
hätte eine Überprüfung ihrer Anmeldung
überhaupt nicht stattgefunden. Der Ansicht des FG, wonach die
Beschaffenheitsfiktion gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1
ZK voraussetzt, dass bei Waren der vorliegenden Art die Warenprobe
repräsentativ zu sein hat, also nicht nur aus einer einzelnen
Probe bestehen darf, sondern eine am Gesamtumfang der Warensendung
orientierte Größe haben muss, folgt der Senat nicht.
aa) Es entspricht der ständigen
Rechtsprechung des Senats, dass die Entscheidung, ob und in welchem
Umfang die Beschaffenheit des Zollguts ermittelt wird, im
pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde liegt und
dass es regelmäßig einer pflichtgemäßen
Ermessensausübung entspricht, wenn sich die Zollbehörde
in Fällen, in denen die Ware als einheitlich beschaffen
angemeldet wird, auf die Beschau von Stichproben beschränkt.
Die gesetzliche Fiktion, dass der nicht geprüfte Teil der Ware
dem geprüften Teil entspricht, setzt in diesen Fällen
grundsätzlich nicht voraus, dass es sich bei den entnommenen
und geprüften Proben um Durchschnittsproben der angemeldeten
Waren handelt (vgl. zuletzt: Senatsurteil vom 24.1.2006 VII R
40/04, BFHE 212, 312, ZfZ 2006, 229 = SIS 06 16 78, m.w.N.; ebenso
Lichtenberg in Dorsch, Zollrecht, Art. 70 ZK Rz 2; Schwarz in
Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, 3. Aufl., Art. 70 ZK Rz 7;
Witte/Henke, Zollkodex, 4. Aufl., Art. 70 Rz 2 a.E.).
Der Zollanmelder ist nach Art. 62 Abs. 1 Satz
2 ZK verpflichtet, die Waren mit den Merkmalen anzumelden, die
für das von ihm beantragte Zollverfahren erforderlich sind. Zu
diesen Merkmalen gehört bei der Ausfuhr von Erzeugnissen,
für welche Ausfuhrerstattung beansprucht werden soll, die
genaue Beschreibung der Beschaffenheit der Erzeugnisse, mithin
auch, ob die angemeldete Ausfuhrsendung in sich unterschiedlich
beschaffen ist. Macht der Anmelder solche Angaben zu einer etwaigen
unterschiedlichen Beschaffenheit nicht, bekundet er selbst, dass
sich Fragen zum Umfang und zur Repräsentativität einer
Durchschnittsprobe von vornherein nicht stellen, weil in
Fällen dieser Art bereits eine einzige Probe die gesamte
Ausfuhrsendung „repräsentiert“. Die
Zollbehörde kann dann von einer einheitlichen Beschaffenheit
der Erzeugnisse ausgehen und ihr weiteres Verwaltungshandeln und
die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung über den Umfang
der Probenziehung danach ausrichten und sich darauf
beschränken, eine Stichprobe zu entnehmen, die ausreicht, um
die erforderliche Beschaffenheitsuntersuchung durchzuführen
(Senatsurteil in BFHE 212, 312, ZfZ 2006, 229 = SIS 06 16 78,
m.w.N.).
bb) Da im Streitfall die Klägerin in
ihrer Ausfuhranmeldung keine Angaben über eine
unterschiedliche Beschaffenheit der Erzeugnisse gemacht hat, stellt
sich die Entscheidung des Hauptzollamts S, lediglich eine
Stichprobe von sechs Geflügelkörpern untersuchen zu
lassen, nicht als ermessensfehlerhaft dar, denn diese Probenmenge
war fraglos ausreichend, um die Übereinstimmung ihrer
Beschaffenheit mit den Angaben in der Ausfuhranmeldung zu
überprüfen. Auch die das Ermessen der Zollbehörde
regelnde Dienstvorschrift Ausfuhrerstattungsrecht - ErstDV -
(Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - M 35 65)
verpflichtete nicht zu einer umfassenderen Probenziehung. Vielmehr
schreibt Abs. 2 der Anlage 2 zur ErstDV für Waren der
vorliegenden Art eine Mindestprobenmenge von 500 g vor.
cc) Das Hauptzollamt S war auch nicht aufgrund
gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften gehalten, der Ausfuhrsendung
eine größere Probenmenge zu entnehmen und diese auf ihre
Beschaffenheit zu untersuchen. Art. 7 VO Nr. 1538/91 i.d.F. der VO
Nr. 2891/93, der hinsichtlich der Qualitätsanforderungen an
Geflügelfleisch bestimmte Fehlertoleranzen vorsieht und aus
diesem Grund den Umfang regelt, den eine Probenziehung zum Zweck
der Warenkontrolle haben muss, findet auf den Streitfall keine
Anwendung, denn diese Vorschrift gilt nach Art. 1 Abs. 3 der
Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates vom 26.6.1990 über
Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (ABlEG Nr. L
173/1), deren Durchführung sie dient, nicht für zur
Ausfuhr aus der Gemeinschaft bestimmtes Geflügelfleisch.
Wenn der EuGH in seinem Urteil in EuGHE 2006,
I-7357, ZfZ 2006, 349 = SIS 06 39 04 und - ihm folgend - der
erkennende Senat mit Urteil in ZfZ 2007, 160 = SIS 07 16 59 auf den
seinerzeit zu entscheidenden Fall Art. 7 VO Nr. 1538/91 gleichwohl
angewandt haben, so war dies dadurch gerechtfertigt, dass in jenem
Fall die gesunde und handelsübliche Qualität der
Ausfuhrerzeugnisse (Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 800/1999) zweifelhaft
war. Da es hinsichtlich dieser Frage darauf ankommt, ob ein
ausgeführtes Erzeugnis im Gebiet der Gemeinschaft unter
normalen Bedingungen vermarktungsfähig ist, haben der EuGH und
der erkennende Senat es in jenem Fall für gerechtfertigt
gehalten, insoweit die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der VO
Nr. 1538/91 heranzuziehen, welche die Vermarktungsnormen für
Geflügelfleisch festlegen. Deshalb war es in jenem Fall
geboten, auch die insoweit eingeräumten Fehlertoleranzen und
den bei der Qualitätsüberprüfung jeweils
vorgeschriebenen Stichprobenumfang zu beachten.
Im Streitfall geht es jedoch nicht um die
gesunde und handelsübliche Qualität der ausgeführten
Erzeugnisse, sondern um die Frage, ob die Ausfuhrerzeugnisse den
Voraussetzungen der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900
entsprachen und somit erstattungsfähig sind. Hinsichtlich
dieser Frage, ob Ausfuhrerzeugnisse mit den
Beschaffenheitsmerkmalen der Satzverordnung und den darauf
beruhenden Angaben in der Ausfuhrlizenz übereinstimmen,
räumen aber die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften keine
Fehlertoleranzen ein. Für eine Ausfuhrsendung, die - weil nur
zum Teil der Satzverordnung entsprechend - nicht in vollem Umfang
erstattungsfähig ist, kann nicht die volle Ausfuhrerstattung
mit der Begründung gewährt werden, dass der nicht
erstattungsfähige Teil im Sinne einer zu
berücksichtigenden Fehlertoleranz nur gering gewesen ist.
Anders als das FG meint, kann daher der VO Nr. 1538/91 kein
Rechtsgedanke entnommen werden, der das der Zollbehörde
hinsichtlich des Umfangs der Teilbeschau und der
Stichprobenentnahme eingeräumte Ermessen begrenzt, wenn es um
die Überprüfung der die Erstattungsfähigkeit
begründenden Beschaffenheitsmerkmale der Ausfuhrerzeugnisse
geht. Deshalb liegt auch die Erwägung des FG neben der Sache,
dass kein Grund ersichtlich sei, weshalb Geflügelfleisch,
welches die in Art. 7 VO Nr. 1538/91 festgelegten Fehlertoleranzen
nicht überschreite und deshalb in der Gemeinschaft vermarktet
werden könne, nicht auch unter Inanspruchnahme von
Ausfuhrerstattung in ein Drittland ausgeführt werden
dürfe. Es geht vorliegend nämlich nicht um die
Vermarktungsfähigkeit der ausgeführten Erzeugnisse, denn
es steht außer Streit und wird auch durch die
Untersuchungszeugnisse und Gutachten der ZPLA bestätigt, dass
die ausgeführten gefrorenen Hühner handelsübliche
Qualität besaßen und in der Gemeinschaft
vermarktungsfähig waren und dass Art. 21 Abs. 1 VO Nr.
800/1999 der Erstattungsgewährung nicht entgegensteht.
dd) Anders als das FG meint, kann auch der
Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2457/97 nichts zur
Stützung seiner Rechtsauffassung entnommen werden. Diese
Verordnung betrifft nur die Ausfuhr von einzeln verpacktem
Rindfleisch, welches einen bestimmten Gehalt an magerem Fleisch
aufweisen muss, und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die
Probenentnahme in den Mitgliedstaaten bis dahin unterschiedlich
durchgeführt wurde. Dass der Verordnungsgeber bei bestimmten
Ausfuhrerzeugnissen einen bestimmten Umfang nicht
überschreitende Abweichungen von der vorgeschriebenen
Beschaffenheit als nicht erstattungsschädlich ansieht, erlaubt
nicht den Schluss, dass solche Fehlertoleranzen auch bei allen
anderen Erzeugnissen zu berücksichtigen sind.
ee) Die Zollbehörde wird zwar im Rahmen
ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen haben, dass
bei bestimmten Waren die Untersuchung nur einer einzelnen Probe zu
einer Beschaffenheitsfeststellung führen kann, die mit
Unsicherheiten behaftet ist, weshalb aus diesem Grund Proben an
verschiedenen Stellen der Sendung zu ziehen sind, um eine
repräsentative Durchschnittsprobe zu erhalten (vgl. zum
Erfordernis einer repräsentativen Durchschnittsprobe bei
Schüttgut und Flüssigkeiten: Schwarz in
Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., Art. 70 ZK Rz 4, 7; Witte/Henke,
a.a.O., Art. 70 Rz 2, m.w.N.; Abs. 10 der Dienstanweisung zur
Entnahme und Behandlung von Proben zum Untersuchen, VSF Z 07 12).
Die Ausfuhrsendung der Klägerin wies allerdings nach den in
der Ausfuhranmeldung enthaltenen Angaben solche Besonderheiten
nicht auf. Der Erwägung des FG, dass die Qualität von
Naturerzeugnissen von verschiedenen Umweltfaktoren beeinflusst
werde, ist schon deshalb nicht zu folgen, weil es vorliegend nicht
um die - möglicherweise schwankende - Beschaffenheit von
Naturerzeugnissen geht, sondern um Unzulänglichkeiten bei der
Bearbeitung der Geflügelkörper (nicht vollständiges
Rupfen).
b) Es besteht nach alledem kein Grund, die vom
Hauptzollamt S vorgenommene Probenziehung als mangelhaft anzusehen.
Gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK gilt somit das
Ergebnis der Probenuntersuchung für alle in der Anmeldung
bezeichneten Waren. Allerdings hat die Probenuntersuchung zu einem
nicht einheitlichen Ergebnis geführt. Nach den
tatsächlichen Feststellungen des FG und den insoweit in Bezug
genommenen Untersuchungszeugnissen und Gutachten der ZPLA war einer
der sechs untersuchten Geflügelkörper nicht der
Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 zuzuordnen und
damit nicht erstattungsfähig.
3. Es ist nicht erkennbar, dass sonstige
geeignete Beweismittel zur Verfügung stehen, um die in der
streitigen Ausfuhrsendung enthaltene Menge erstattungsfähiger
Waren zweifelsfrei (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ
2006, 349 = SIS 06 39 04 Rz 68) zu ermitteln; anders als die
Klägerin meint, ist das Veterinärzeugnis kein insoweit
geeignetes Beweismittel, da es nicht die Übereinstimmung der
Ausfuhrerzeugnisse mit der Satzverordnung bescheinigt. Es ist daher
von einem sich gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK auf
die gesamte Ausfuhrsendung erstreckenden Ergebnis der
Probenuntersuchung auszugehen, wonach die Ausfuhrsendung der
Klägerin in sich uneinheitlich beschaffen war und sowohl
erstattungsfähige als auch nicht erstattungsfähige
Erzeugnisse enthielt. Unter diesen Umständen ist - wie der
EuGH in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349 = SIS 06 39 04
ausgeführt hat - das Verhalten des Ausführers und das der
Zollbehörde danach zu würdigen, inwieweit diese jeweils
ihre Rechte ausgeübt und ihre Verpflichtungen erfüllt
haben, um aufgrund dieser Feststellung die angemessenen
Konsequenzen hinsichtlich des Anspruchs auf Ausfuhrerstattung zu
ziehen.
Diese Würdigung führt unter
Berücksichtigung der materiellen Beweislast zu dem Ergebnis,
dass die Unaufklärbarkeit der Zusammensetzung der streitigen
Ausfuhrsendung zu Lasten der Klägerin gehen muss. Dem
Ausführer und nicht der Zollbehörde obliegt nämlich
die materielle Beweislast für die Beschaffenheit der
Ausfuhrerzeugnisse; der Ausführer hat danach seine im
Ausfuhrverfahren gemachten Angaben zu beweisen und hat für den
Fall, dass er dies nicht kann, die Feststellungslast zu tragen,
falls Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Angaben
unzutreffend sein könnten (vgl. Senatsurteil in ZfZ 2007, 160,
m.w.N.; § 16 Abs. 1 Satz 3 der
Ausfuhrerstattungsverordnung).
Im Streitfall bestehen aufgrund der
Probenuntersuchung solche Anhaltspunkte. An die Feststellung des
FG, dass es sich bei dem einen nicht erstattungsfähigen
Geflügelkörper aus der Probenuntersuchung um einen sog.
„Ausreißer“ handele, womit offenbar ein zu
vernachlässigender Einzelfall eines Mangels gemeint ist, der
keine Rückschlüsse auf die übrige Sendung erlaubt,
ist der Senat nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO
gebunden, weil es für diese Feststellung an einer
hinreichenden Grundlage fehlt, die das Revisionsgericht in die Lage
versetzt nachzuvollziehen, wie das FG zu dieser Überzeugung
gelangt ist (vgl. dazu: Senatsurteil vom 17.5.2005 VII R 76/04,
BFHE 210, 70, ZfZ 2005, 341 = SIS 05 33 32). Es lässt sich
nämlich nicht nachvollziehen, weshalb das FG einerseits meint,
dass eine Probe von sechs Geflügelkörpern zu gering ist,
um Rückschlüsse auf den Inhalt der Ausfuhrsendung ziehen
zu können, andererseits diese Probenmenge aber offenbar als
ausreichend für die Beurteilung ansieht, dass einer der sechs
untersuchten Geflügelkörper ein bloßer
„Ausreißer“ gewesen sei.
Da sich bereits bei einer derart kleinen
Probenmenge ein nicht erstattungsfähiges Erzeugnis finden
ließ, bestehen vielmehr ernstliche Zweifel an der
Erstattungsfähigkeit der gesamten angemeldeten Ausfuhrsendung.
Anders als in dem vom Senat mit dem Urteil in ZfZ 2007, 160
entschiedenen Fall, in dem hinsichtlich der handelsüblichen
Qualität der Erzeugnisse bestimmte Fehlertoleranzen
eingeräumt waren, verhält es sich nämlich vorliegend
nicht so, dass die Ausfuhrsendung auch einen bestimmten Anteil
nicht erstattungsfähiger, d.h. nicht unter die
Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 fallender,
Erzeugnisse enthalten durfte und der Fund eines nicht
erstattungsfähigen Geflügelkörpers deshalb nicht
außergewöhnlich erscheinen musste.
Die Folgen der Unaufklärbarkeit der
Erstattungsvoraussetzungen können sich dagegen nicht zu Lasten
des HZA auswirken, denn es kann - wie sich aus den vorstehenden
Ausführungen ergibt - im Streitfall nicht davon ausgegangen
werden, dass die Zollbehörde die einschlägigen
Bestimmungen, die sie hätte kennen müssen, missachtet hat
und dass sie mit den nunmehr aufgetretenen Zweifeln an der
Erstattungsfähigkeit der Ausfuhrerzeugnisse die Klägerin
in eine Beweisnot bringt, die durch eine den Vorschriften
entsprechende Beschau und Probenziehung hätte vermieden werden
können (vgl. dazu: Senatsurteil in ZfZ 2007, 160). Vielmehr
ist im Ergebnis festzuhalten, dass die Zollbehörde die
einschlägigen Vorschriften beachtet hat, während die
Klägerin ihren Verpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen
ist, denn sie hatte es in der Hand, durch ausreichende Kontrollen
der Ausfuhrerzeugnisse sicherzustellen, dass diese den
Anforderungen der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900
entsprachen.
Ob im Streitfall die Möglichkeit besteht,
auf der Grundlage der uneinheitlichen Untersuchungsergebnisse der
ZPLA eine - gegenüber einer Beweislastverteilung vorrangige -
Schätzung des Mengenverhältnisses der
erstattungsfähigen und der nicht erstattungsfähigen Teile
der Ausfuhrsendung vorzunehmen, kann offenbleiben, weil es als
für die Klägerin günstigste
Schätzungsmöglichkeit allenfalls in Betracht käme,
die Mengenverhältnisse in der streitigen Ausfuhrsendung unter
Zugrundelegung der Gewichtsanteile der erstattungsfähigen bzw.
nicht erstattungsfähigen untersuchten Proben zu ermitteln.
Eine Erstattungsgewährung auf dieser Grundlage hat das HZA mit
dem angefochtenen Bescheid aber ohnehin vorgenommen.
Nach alledem kommt eine
Erstattungsgewährung für mehr als 84 % der Ausfuhrsendung
nicht in Betracht. Die mit dem angefochtenen Teilablehnungsbescheid
vorgenommene weitere Verminderung des Erstattungsanspruchs um eine
Sanktion in Höhe von 50 % der darüber hinaus beantragten
Ausfuhrerstattung ist nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 800/1999
rechtmäßig.