Einfuhrabgaben, Umfang der Warenbeschau, Stichproben: 1. Die Entscheidung, in welchem Umfang die Beschaffenheit des Zollguts ermittelt wird und Proben entnommen werden, liegt auch unter der Geltung des ZK im pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde. - 2. Die Beschränkung der Beschau auf eine Stichprobe ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Anmelder in der Zollanmeldung nicht auf eine unterschiedliche Beschaffenheit der Ware hinweist. In diesem Fall kann vom Zollanmelder weder die Untersuchung einer Rückstellprobe beansprucht noch können aus der Nichtuntersuchung einer Rückstellprobe für den Zollanmelder günstige Folgerungen hinsichtlich der Beschaffenheit der Ware gezogen werden. - 3. Bei ihrer Ermessensausübung hinsichtlich des Umfangs einer Warenbeschau bei der Einfuhrabfertigung hat die Zollbehörde marktordnungsrechtliche Vorschriften, welche für ihren Bereich die Entnahme repräsentativer Durchschnittsproben aus Warensendungen vorsehen, nicht zu berücksichtigen. - Urt.; BFH 24.1.2006, VII R 40/04; SIS 06 16 78
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) meldete im Mai 2000 beim Hauptzollamt F 1.666
Kartons „gefrorene Hähnchenbrüste, gefrorene
Hähncheninnenfilets ohne Haut, ohne Knochen, gewürzt mit
1,2 % Salz“ unter der Codenummer 0210 90 29 der Kombinierten
Nomenklatur (KN) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 2204/1999 der
Kommission vom 12.10.1999 (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 278/1) zur Abfertigung zum freien
Verkehr an. Das Hauptzollamt F entnahm der Warensendung aus einem
Karton eine Probe mit einem Gewicht von ca. 7 kg, fertigte die
Sendung antragsgemäß ab und setzte mit Bescheid vom
5.5.2000 die Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer)
fest.
Die Zolltechnische Prüfungs- und
Lehranstalt (ZPLA), der ein Teil der Probe mit einem Gewicht von
3.559,7 g zur Untersuchung übersandt worden war, kam mit ihrem
Einreihungsgutachten vom 27.6.2000 zu dem Ergebnis, dass es sich um
gefrorene Teile von Hühnern, entbeint, der Codenummer 0207 14
10 KN handele, da Fleisch nur dann als „gesalzen oder in
Salzlake“ i.S. der Pos. 0210 KN gelte, wenn es tiefgehend und
in allen Teilen gleichmäßig so gesalzen sei, dass es
einen Gesamtkochsalzgehalt von 1,2 % oder mehr aufweise,
während der Kochsalzgehalt der untersuchten Probe nur 1 %
betragen habe. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Hauptzollamt - HZA - ), auf den die Zuständigkeit
zwischenzeitlich übergegangen war, erhob daraufhin die
für Waren der Codenummer 0207 14 10 KN höheren
Einfuhrabgaben mit Steueränderungsbescheid vom 18.10.2001
nach.
Auf die hiergegen nach erfolglosem
Einspruch erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den
angefochtenen Steueränderungsbescheid auf (vgl. SIS 04 34 20).
Das FG urteilte, dass die untersuchte Probe nach dem
Untersuchungsergebnis der ZPLA, dessen Richtigkeit von der
Klägerin nicht in Abrede gestellt werde, zwar nur einen
Kochsalzgehalt von 1 % aufgewiesen habe und das Hühnerfleisch
deshalb nach der Anm. 7 zu Kap. 2 KN nicht als „gesalzen oder
in Salzlake“ i.S. der Pos. 0210 KN gelte. Gleichwohl sei
dieses Untersuchungsergebnis nicht auf den übrigen Teil der
angemeldeten Ware anzuwenden, da der Eintritt der gesetzlichen
Beschaffenheitsfiktion gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1
Zollkodex (ZK) voraussetze, dass der Teilbeschau eine
repräsentative Probe zu Grunde gelegt werde. Hieran fehle es
aber im Streitfall. Die das Ermessen der Zollbehörde bindende
Dienstvorschrift der Bundesfinanzverwaltung stehe unter dem
Vorbehalt anderweitiger gemeinschaftsrechtlicher Normen. Insoweit
seien im Streitfall insbesondere die Vorschriften der Verordnung
(EWG) Nr. 1538/91 (VO Nr. 1538/91) der Kommission vom 5.6.1991 mit
ausführlichen Durchführungsvorschriften zur Verordnung
(EWG) Nr. 1906/90 des Rates über bestimmte Vermarktungsnormen
für Geflügelfleisch (ABlEG Nr. L 143/11) i.d.F. der
Änderungs-Verordnung (EWG) Nr. 2891/93 der Kommission vom
21.10.1993 (ABlEG Nr. L 263/12) sowie die Vorschriften der
Verordnung (EG) Nr. 2457/97 (VO Nr. 2457/97) der Kommission vom
10.12.1997 über die Probenahme für die Warenkontrolle von
entbeinten Teilstücken von Rindfleisch, für die eine
Ausfuhrerstattung gewährt werden soll (ABlEG Nr. L 340/29) von
Bedeutung; die diesen Vorschriften zu Grunde liegenden
Rechtsgedanken seien auf die Bestimmung einer repräsentativen
Probe i.S. des Art. 70 Abs. 1 ZK übertragbar. Es müsse
danach bei einer Probenziehung berücksichtigt werden, dass die
Qualität von Naturerzeugnissen von verschiedenen
Umweltfaktoren beeinflusst werde und dass auch unter Beachtung
größter Sorgfalt und Aufmerksamkeit sog. Ausreißer
nicht ausgeschlossen werden könnten. Um eine
repräsentative Probe zu erhalten, hätte das Hauptzollamt
F deshalb wenigstens zwei vollständige Kartons - einen Karton
als Untersuchungsprobe, den anderen als Rückstellprobe - als
Probe entnehmen und untersuchen lassen müssen.
Mit der Revision macht das HZA geltend,
dass das FG mit seiner Auffassung von der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs abweiche. In Fällen, in denen in der
Zollanmeldung nicht angegeben sei, dass die Ware in sich
unterschiedlich beschaffen sei, stelle sich die Frage, ob die
gezogene Probe repräsentativ sei, nicht; vielmehr dürfe
sich die Zollbehörde darauf beschränken, eine einzige
Probe zu entnehmen. Die vom FG vorgenommene Übertragung des
Stichprobenumfangs, wie er in der VO Nr. 1538/91 und VO Nr. 2457/97
geregelt sei, auf den zollrechtlichen Bereich sei nicht
zulässig, da diese Verordnungen die Vermarktung von
Geflügelfleisch bzw. die Gewährung von
Ausfuhrerstattungen für Rindfleisch beträfen.
Die Klägerin schließt sich der
Rechtsauffassung des FG an und macht geltend, dass auch bei Waren,
die - wie im Streitfall zutreffend - als einheitlich beschaffen
angemeldet worden seien, eine einzige Stichprobe keine Aussage
über die Warenbeschaffenheit zulasse, da die Beschaffenheit
von Naturprodukten sowie der Anteil des zugefügten Salzes
Schwankungen unterlägen und sich auch bei größter
Sorgfalt in der Produktion und Einhaltung aller technischen
Standards Ausreißer nicht vermeiden ließen.
Außerdem müsse der Umstand, dass die Rückstellprobe
vernichtet worden sei, dazu führen, dass die Wirkungen des
Art. 70 Abs. 1 ZK mangels Nachprüfbarkeit der
zollbehördlichen Feststellungen entfallen, anderenfalls
würden ihre Rechte auf ein faires Verfahren gemäß
Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (EMRK) vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 685) und auf
wirksamen Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes (GG) verletzt.
II. Die Revision des HZA ist begründet;
sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Der angefochtene Steueränderungsbescheid ist
rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Mit der streitigen Einfuhrsendung der
Klägerin sind nicht wie angemeldet Waren der Codenummer 0210
90 29, sondern Waren der Codenummer 0207 14 10 KN zum freien
Verkehr abgefertigt worden. Die Einfuhrabgaben sind somit bei der
Einfuhrabfertigung in zu niedriger Höhe festgesetzt worden und
waren daher nach § 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben.
1. Nach den für den Senat bindenden
Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist davon auszugehen,
dass das Untersuchungsergebnis der ZPLA zutreffend ist, wonach die
untersuchte Probe einen Salzgehalt von nur 1 % aufwies. Den
Ausführungen des FG, dass dieses Untersuchungsergebnis von der
Klägerin nicht mehr in Abrede gestellt werde, ist zu
entnehmen, dass die Klägerin ein anfängliches Bestreiten
der Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses der ZPLA im Verlauf
des finanzgerichtlichen Verfahrens aufgegeben hat und dass das FG
insoweit ebenfalls keine Zweifel hatte. Dass sich diese
Feststellung des FG nicht im Tatbestand, sondern in den
Entscheidungsgründen des Urteils findet, ist im Hinblick auf
die Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 FGO unerheblich (vgl.
Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rz.
37). Zulässige und begründete Revisionsrügen sind
insoweit nicht erhoben worden. Wenn die Klägerin nunmehr
vorträgt, dass sie die Richtigkeit des
Untersuchungsergebnisses der ZPLA nach wie vor bestreite, so
handelt es sich um unzulässiges neues Tatsachenvorbringen im
Revisionsverfahren.
Dass es sich danach bei der untersuchten Probe
um „Fleisch von Hühnern, Teile, gefroren,
entbeint“ der Codenummer 0207 14 10 KN gehandelt und dass
das HZA der Abgabenfestsetzung den für Waren dieser Art
zutreffenden Zollsatz zu Grunde gelegt und die Einfuhrabgaben
richtig berechnet hat, steht außer Streit. Streitig ist
allein, ob das Ergebnis der Probenuntersuchung auch für den
nicht untersuchten Teil der Einfuhrsendung gilt. Entgegen der
Ansicht des FG ist dies der Fall.
2. Nach Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK gelten
die Ergebnisse einer durchgeführten Teilbeschau für alle
in der Anmeldung bezeichneten Waren. Die Voraussetzungen dieser
Vorschrift liegen im Streitfall vor. Die angemeldeten Waren sind
einer Teilbeschau unterzogen worden, indem aus einem Karton der
Einfuhrsendung eine Probe entnommen und diese auf ihre
Beschaffenheit untersucht worden ist. Der Ansicht des FG, wonach
die Beschaffenheitsfiktion gemäß Art. 70 Abs. 1
Unterabs. 1 ZK voraussetzt, dass bei Waren der vorliegenden Art die
Warenprobe in der Weise repräsentativ zu sein hat, dass sie
wenigstens zwei vollständige Kartons umfasst, folgt der Senat
nicht.
a) Es entspricht der ständigen
Rechtsprechung des Senats, dass die Entscheidung, ob und in welchem
Umfang die Beschaffenheit des Zollguts ermittelt wird, im
pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde liegt und
dass es regelmäßig einer pflichtgemäßen
Ermessensausübung entspricht, wenn sich die Zollbehörde
in Fällen, in denen die Ware als einheitlich beschaffen
angemeldet wird, auf die Beschau von Stichproben beschränkt;
die gesetzliche Fiktion, dass der nicht geprüfte Teil der Ware
dem geprüften Teil entspricht, setzt in diesen Fällen
grundsätzlich nicht voraus, dass es sich bei den entnommenen
und geprüften Proben um Durchschnittsproben der angemeldeten
Waren handelt (Senatsurteile vom 21.3.1972 VII R 54/69, BFHE 105,
536; vom 12.2.1974 VII R 11/71, BFHE 112, 93; vom 13.2.1979 VII R
84/75, BFHE 127, 450; vom 12.6.1979 VII R 32/74, BFHE 128, 284; vom
24.7.1979 VII R 4/78, BFHE 128, 434; vom 14.12.1999 VII R 38/98,
BFH/NV 2000, 763 = SIS 00 55 98; ebenso Lichtenberg in Dorsch,
Zollrecht, Art. 70 ZK Rz. 2; Schwarz in Schwarz/Wockenfoth,
Zollrecht, 3. Aufl., Art. 70 ZK Rz. 7; Witte/Henke, Zollkodex, 3.
Aufl., Art. 70 Rz. 2).
aa) Diese Rechtsprechung ist zwar noch zu
§§ 16, 17 des Zollgesetzes (ZG) ergangen; jedoch
unterscheiden sich die im Streitfall anzuwendenden Vorschriften der
Art. 68 ff. ZK und der Art. 239 ff. der
Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) vom früheren
nationalen Zollrecht nicht in einer Weise, welche die vom FG
für erforderlich gehaltene Änderung dieser Rechtsprechung
erforderlich macht (vgl. Senatsbeschluss vom 28.1.2003 VII B
204/02, BFH/NV 2003, 672 = SIS 03 22 68). Zwar enthielt § 17
Abs. 1 Satz 2 ZG eine widerlegbare Vermutung, während die
entsprechende Regelung des Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK
überwiegend als eine gesetzliche Fiktion angesehen wird (vgl.
Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., Art. 70 ZK Rz. 4;
Witte/Henke, a.a.O., Art. 70 Rz. 2); jedoch gründete sich die
Auffassung des Senats, wonach der Umfang einer
durchzuführenden Beschaffenheitsbeschau im
pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde lag, auf
das Fehlen gesetzlicher Regelungen bezüglich des Umfangs einer
Teilbeschau und nicht darauf, dass § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG als
widerlegbare Vermutung gestaltet war. Auch im Zollkodex und der
Zollkodex-Durchführungsverordnung lassen sich neben Art. 68
Buchst. b ZK, wonach die Zollbehörden zwecks
Überprüfung der Anmeldung eine Zollbeschau, ggf. mit
Entnahme von Mustern oder Proben zum Zweck einer Analyse oder
eingehenden Prüfung, vornehmen können, keine darüber
hinausgehenden Regelungen finden, in welchen Fällen und in
welchem Umfang die Beschaffenheit des Zollguts von den
Zollbehörden zu ermitteln ist. Auch der
Gemeinschaftsgesetzgeber hat daher - abgesehen von hier nicht
vorliegenden Fällen, in denen er für bestimmte Waren eine
bestimmte Art der Probenentnahme vorschreibt - die Frage des Ob und
des Wie der Zollbeschau der zuständigen Zollbehörde
überlassen, was der Rechtslage unter der Geltung des § 16
Abs. 1 Satz 2 ZG entspricht (vgl. Lichtenberg in Dorsch, a.a.O.,
Art. 68, 69 ZK Rz. 1).
Der frühere § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG
und Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK unterscheiden sich zwar insoweit,
als dieser die gesetzliche Beschaffenheitsfiktion im Fall einer
durchgeführten Teilbeschau nicht mehr von der Voraussetzung
abhängig macht, dass die Ware in der Zollanmeldung nicht als
unterschiedlich beschaffen angegeben worden ist. Der
Gemeinschaftsgesetzgeber konnte jedoch auf diese Voraussetzung
verzichten, weil es sich von selbst versteht, dass eine
stichprobenweise Teilbeschau nur in Betracht kommt, wenn in der
Zollanmeldung nicht angegeben ist, dass die Ware unterschiedlich
beschaffen ist (Senatsbeschluss in BFH/NV 2003, 672 = SIS 03 22 68).
bb) Der Zollanmelder ist nach Art. 62 Abs. 1
Satz 2 ZK verpflichtet, die Waren mit den Merkmalen anzumelden, die
zur Anwendung der Vorschriften für das von ihm beantragte
Zollverfahren erforderlich sind. Zu diesen Merkmalen gehört
bei der Abfertigung zum freien Verkehr die Beschaffenheit der Ware,
mithin auch, ob die angemeldete Ware in sich unterschiedlich
beschaffen ist (Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., Art. 70 ZK
Rz. 6). Macht der Zollanmelder solche Angaben zu einer etwaigen
unterschiedlichen Beschaffenheit nicht, bekundet er selbst, dass
sich Fragen zum Umfang und zur Repräsentativität einer
Durchschnittsprobe von vornherein nicht stellen, weil in
Fällen dieser Art bereits eine einzige Probe die gesamte
Warensendung „repräsentiert“. Die
Zollbehörde kann dann von einer einheitlichen Beschaffenheit
der Ware ausgehen und kann - ebenso wie nach der früheren
Rechtslage unter der Geltung des ZG - ihr weiteres
Verwaltungshandeln und die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung
über den Umfang der Probenziehung danach ausrichten und sich
darauf beschränken, eine Stichprobe zu entnehmen, die
ausreicht, um die erforderliche Beschaffenheitsuntersuchung
durchzuführen (vgl. Lichtenberg in Dorsch, a.a.O., Art. 68, 69
ZK Rz. 3; Senatsurteile in BFHE 112, 93, und in BFHE 127, 450).
cc) Da im Streitfall die Klägerin in
ihrer Zollanmeldung zur Abfertigung zum freien Verkehr keine
Angaben über eine unterschiedliche Beschaffenheit der Ware
gemacht hatte, stellt sich die Entscheidung des Hauptzollamts F,
lediglich eine Stichprobe von 3.559,7 g untersuchen zu lassen,
nicht als ermessensfehlerhaft dar, denn diese Probenmenge war
fraglos ausreichend, um den Salzgehalt der Hähnchenbrüste
zu ermitteln. Das HZA war nicht gehalten, der Warensendung eine
größere Probenmenge zu entnehmen und diese auf ihre
Beschaffenheit zu untersuchen. Auch die das Ermessen der
Zollbehörde regelnde Dienstvorschrift
„Zollbehandlung; Allgemeine Vorschriften“
(Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - Z 07 01)
sowie die Dienstanweisung „Entnahme und Behandlung von
Proben zum Untersuchen“ (VSF Z 07 12) verpflichteten
nicht zu einer umfassenderen Probenziehung.
b) Anders als die Klägerin meint,
lässt sich dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) vom 4.3.2004 Rs. C-290/01 (EuGHE 2004, I-2041
= SIS 04 17 38) für den Streitfall nicht das Erfordernis der
Repräsentativität der im Rahmen der Zollbeschau gezogenen
und untersuchten Warenprobe in dem Sinne entnehmen, dass das HZA
eine größere Probenmenge hätte entnehmen
müssen. Jenes EuGH-Urteil betraf die Einfuhr von Bruchreis,
der zum einen in der Warensendung mit einem bestimmten Anteil
enthalten sein musste und der zum anderen Schüttgut ist, bei
dem daher die enthaltenen verschiedenen Bestandteile durch das
Verladen oder den Transport unregelmäßig vermischt sein
können, so dass aus diesem Grund Proben an verschiedenen
Stellen der Sendung zu ziehen waren, um eine repräsentative
Durchschnittsprobe zu erhalten (vgl. zum Erfordernis einer
repräsentativen Durchschnittsprobe bei Schüttgut und
Flüssigkeiten: Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., Art. 70
ZK Rz. 4, 7; Witte/Henke, a.a.O., Art. 70 Rz. 2, m.w.N.; Abs. 10
der Dienstanweisung in VSF Z 07 12). Mit Waren dieser Art sind die
Waren des Streitfalls jedoch nicht vergleichbar. Es war im
Streitfall keine Warensendung angemeldet worden, die sich aus
unterschiedlichen Bestandteilen zusammensetzte, welche eventuell
unregelmäßig vermischt waren, sondern eine Warensendung,
deren sämtliche Bestandteile nach den Angaben der
Klägerin gleich beschaffen waren. Dem EuGH-Urteil in EuGHE
2004, I-2041 lässt sich daher nichts entnehmen, was unter
diesen Umständen die Entscheidung des Hauptzollamts F, nur
eine Probe von 3.559,7 g zu entnehmen, als ermessensfehlerhaft
erscheinen lässt.
c) Entgegen der Ansicht des FG lassen sich den
Vorschriften weder der VO Nr. 1538/91 noch der VO Nr. 2457/97
Rechtsgedanken entnehmen, die das Hauptzollamt F im Rahmen seiner
Ermessensausübung bei der Probenziehung bzw. -untersuchung
hätte berücksichtigen müssen. Zum einen
schließt der in Art. 68 Buchst. b ZK zum Ausdruck kommende
Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers, die Entscheidung über den
Umfang der Zollbeschau der Zollbehörde zu überlassen, die
Möglichkeit aus, diese Entscheidungsbefugnis durch die
Rechtsprechung besonderen zusätzlichen Regeln zu unterwerfen
(Senatsurteil in BFHE 112, 93). Zum anderen handelt es sich bei den
vom FG herangezogenen Verordnungen um marktordnungsrechtliche
Verordnungen, deren Regelungen und rechtliche Erwägungen sich
nicht auf das Zollrecht übertragen lassen (vgl. EuGH-Urteil
vom 17.7.1997 Rs. C-334/95, EuGHE 1997, I-4517 Rz.
39). Beide Verordnungen sehen bei Vermarktungsnormen
für Geflügelfleisch bzw. bei der Ausfuhr von Rindfleisch,
für das Ausfuhrerstattung gewährt werden soll,
hinsichtlich der jeweiligen gesetzlichen Anforderungen, welche die
Erzeugnisse erfüllen müssen, bestimmte Fehlertoleranzen
vor und regeln aus diesem Grund den Umfang, den eine Probenziehung
zum Zweck der Warenkontrolle haben muss. Dem Zollrecht sind
hingegen Fehlertoleranzen bei der Überprüfung von Waren,
die zu einem Zollverfahren angemeldet werden, fremd. Die
zollrechtlichen Vorschriften sehen keine Fehlertoleranzen in dem
Sinne vor, dass eine Warensendung zum Zollsatz einer bestimmten
Codenummer der KN abgefertigt wird, wenn sie lediglich
überwiegend und nicht ausnahmslos Waren dieser Codenummer
enthält. Sind Waren in einer für die Anwendung des
Zollrechts maßgeblichen Weise unterschiedlich beschaffen, so
sind sie für das jeweilige Zollverfahren auch als
unterschiedlich beschaffen anzumelden.
d) Der Ansicht des FG, dass das Hauptzollamt F
bei seiner Ermessensausübung hätte berücksichtigen
müssen, dass die Qualität von Naturerzeugnissen von
verschiedenen Umweltfaktoren beeinflusst wird, ist schon deshalb
nicht zu folgen, weil es vorliegend nicht um die -
möglicherweise schwankende - Beschaffenheit von
Naturerzeugnissen geht, sondern allein um den Anteil des
hinzugefügten Kochsalzes, also um den Grad der Bearbeitung
eines Naturprodukts. Sollte das Vorbringen der Klägerin
zutreffen, dass erfahrungsgemäß auch der Anteil des dem
Fleisch zugefügten Salzes Schwankungen unterliege, wäre
die entsprechende Kenntnis von solchen Schwankungen eher auf Seiten
der Klägerin als Zollanmelderin als auf Seiten des HZA zu
vermuten, so dass es nahe gelegen hätte, auf solche
möglichen Unterschiede der Warenbeschaffenheit in der
Zollanmeldung hinzuweisen oder jedenfalls gemäß Art. 70
Abs. 1 Unterabs. 2 ZK zu veranlassen, dass unter diesen
Umständen eine größere Probenmenge der Warensendung
entnommen wird; beides ist jedoch unterblieben.
e) Der Umstand, dass die entnommene Menge mehr
Fleischproben umfasste, als für eine Untersuchung durch die
ZPLA erforderlich war, verpflichtete das Hauptzollamt F nicht, die
Untersuchung sämtlicher Proben zu veranlassen. Vielmehr darf
die Zollbehörde in Fällen wie dem vorliegenden ihr
Handeln weiter danach ausrichten, dass die Ware nach der
Zollanmeldung nicht unterschiedlich beschaffen ist und darf davon
ausgehen, dass die Untersuchung mehrerer Proben zwangsläufig
jeweils zum gleichen Ergebnis führen muss, die
Durchführung von Untersuchungen sämtlicher gezogener
Proben also nicht angezeigt ist. Zieht die Zollbehörde daraus
die Folgerung und untersucht sie nur eine von mehreren Proben, so
kann ihr das nicht vom Zollanmelder entgegenhalten werden, da er
dieses Verhalten durch seine - eventuell objektiv falsche -
Zollanmeldung bewirkt hat (Senatsurteil in BFHE 127, 450). Anders
als die Klägerin meint, folgt eine Pflicht zur Untersuchung
der Rückstellprobe auch nicht aus Art. 242 Abs. 3 ZKDVO. Diese
Vorschrift begrenzt die Höchstmenge der bei einer Zollbeschau
entnommenen Proben auf diejenigeMenge, welche zur Durchführung
der Analyse oder eingehenden Prüfung einschließlich
einer „etwaigen“ Gegenanalyse erforderlich ist,
schreibt jedoch weder die Bildung noch die Untersuchung einer
Rückstellprobe durch die Zollstelle vor.
Daher kann sich die Klägerin für
ihren Rechtsstandpunkt auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass
der nicht der ZPLA übersandte Teil der gezogenen Stichprobe
vernichtet worden ist. Da sich - wie ausgeführt - - die
Zollbehörde im Rahmen sachgerechter Ermessensausübung
auch bei der Ziehung mehrerer Proben auf die Untersuchung einer
einzigen Probe beschränken kann, können aus der
Nichtuntersuchung der Rückstellprobe im Streitfall keine
für die Klägerin günstigen Folgerungen hinsichtlich
der Beschaffenheit des übrigen nicht beschauten Teils der Ware
gezogen werden (Senatsurteil in BFHE 127, 450).
f) Damit werden weder das Recht auf ein faires
Verfahren gemäß Art. 6 EMRK noch das Grundrecht auf
effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG
verletzt. Der dem EuGH-Urteil vom 10.4.2003 Rs. C-276/01 (EuGHE
2003, I-3735), auf das die Klägerin sich beruft, zu Grunde
liegende Fall unterscheidet sich vom Streitfall bereits dadurch,
dass in jenem Fall die maßgebende Richtlinie das Recht des
Lebensmittelherstellers auf ein Gegengutachten zum
behördlichen Gutachten vorsah, welches dieser nicht hatte
ausüben können, weil er über die Probenziehung nicht
informiert worden war. So verhält es sich im Streitfall
allerdings nicht, denn die Klägerin war zum einen über
die Entnahme einer Probe aus der Einfuhrsendung informiert. Zum
anderen geht es im Streitfall nicht darum, dem Einreihungsgutachten
der ZPLA ein Gegengutachten entgegensetzen zu können, da die
Klägerin - wie das FG festgestellt hat - die Richtigkeit des
Untersuchungsergebnisses der ZPLA nicht bestreitet. Ihr geht es
vielmehr allein um den Beweis ihrer Behauptung, dass es sich bei
der von der ZPLA untersuchten Probe um einen sog.
„Ausreißer“ gehandelt, hingegen der Rest
der Warensendung der Anmeldung entsprochen habe. Diese Behauptung
hätte sich allerdings auch durch eine Untersuchung des
übrigen Teils der gezogenen Probe nicht beweisen lassen.
Selbst wenn eine solche Untersuchung ergeben hätte, dass
dieser Teil der Probe - im Gegensatz zu der von der ZPLA
untersuchten Probe - einen Kochsalzgehalt von 1,2 % oder mehr
aufwies, hätte dies nicht die Frage beantworten können,
welcher dieser Probenteile den sog.
„Ausreißer“ darstellte.
Von einem „systematischen Ausschluss
eines vom Zollanmelder geführten Gegenbeweises gegen die
Untersuchungsergebnisse der ZPLA“ kann entgegen der
Ansicht der Klägerin nicht die Rede sein. Wie ausgeführt,
ist der Zollanmelder verpflichtet, die möglicherweise
unterschiedliche Beschaffenheit der Warensendung anzugeben, womit
er es der Zollbehörde verwehren würde, sich auf nur eine
Stichprobe zu beschränken, und er hat zudem die
Möglichkeit, gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK
die Entnahme einer größeren Probenmenge zu veranlassen,
wenn er der Ansicht ist, dass die Ergebnisse der Teilbeschau auf
den Rest der angemeldeten Waren nicht zutreffen. Selbst nach
Überlassung der Waren kann der Zollanmelder nach Art. 78 Abs.
1, Abs. 2 Satz 3 ZK eine Überprüfung der Waren
veranlassen, sofern diese noch vorgeführt werden können.
Hat allerdings der Zollanmelder - wie im Streitfall die
Klägerin - mit seiner Zollanmeldung keine Angaben gemacht,
dass die angemeldeten Waren in ihrer maßgeblichen
Beschaffenheit möglicherweise Unterschiede aufweisen, und ist
die Warensendung bereits freigegeben und vermarktet worden,
bestehen für den Zollanmelder tatsächliche
Beweisschwierigkeiten in einem späteren Verwaltungs- oder
Gerichtsverfahren, die er nicht zuletzt durch seine unzutreffende
Zollanmeldung hervorgerufen hat und vor denen weder Art. 6 EMRK
noch Art. 19 Abs. 4 GG schützt. Eine Pflicht der
Zollbehörde, ohne entsprechende Hinweise in der Zollanmeldung
auf eine unterschiedliche Warenbeschaffenheit und ohne einen Antrag
auf eine zusätzliche Zollbeschau von sich aus mehr als eine
Probe zu entnehmen bzw. zu untersuchen, um dem Zollanmelder
später einen Gegenbeweis zu ermöglichen, falls das
Untersuchungsergebnis nicht seiner Anmeldung entspricht, lässt
sich aus Art. 19 Abs. 4 GG oder Art. 6 EMRK nicht herleiten.