Umbau eines Großraumbüros in Einzelbüros, Erhaltungsaufwand: Aufwendungen für den Umbau eines Großraumbüros in vier Einzelbüros unter Verwendung von Rigips-Ständerwerk sowie für die Anpassung der Elektroinstallation im hierdurch notwendigen Umfang sind sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. - Urt.; BFH 16.1.2007, IX R 39/05; SIS 07 37 87
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR), erzielt Einkünfte aus der
Vermietung eines Ende 1993 fertiggestellten Gebäudes.
Unter anderem vermietete sie bis Ende
März 1997 ein in der ersten Etage des Gebäudes belegenes
Großraumbüro an eine gewerbliche Mieterin.
Anschließend baute sie das Großraumbüro unter
Verwendung von Rigips-Ständerwerk in vier Einzelbüros um
und erneuerte die Elektroinstallation in den von der
Baumaßnahme betroffenen Räumen. Ab Juni 1997 wurden
diese Räume an einen Steuerberater sowie an eine GmbH
vermietet.
In ihrer Erklärung zur einheitlichen
und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für
das Streitjahr 1997 machte die Klägerin die Kosten der
Umbaumaßnahme (30.672 DM) als sofort abziehbaren
Erhaltungsaufwand geltend. Den zunächst
antragsgemäß - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
- ergangenen Feststellungsbescheid änderte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) aufgrund einer
Außenprüfung, indem er den nunmehr mit 29.586 DM
bezifferten Umbauaufwand nur als nachträgliche
Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA)
berücksichtigte.
Die dagegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als
unbegründet zurück (vgl. SIS 06 23 32).
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der
Auffassung des FG seien die streitigen Aufwendungen im Streitjahr
als Erhaltungsaufwand bei den Werbungskosten aus Vermietung und
Verpachtung sofort abziehbar. Es liege kein Herstellungsaufwand
vor, da weder neue Gebäudebestandteile geschaffen noch
vorhandene Teile hinsichtlich ihrer Funktion wesentlich umgestaltet
worden seien. Auch die Voraussetzungen einer wesentlichen
Verbesserung des Gebrauchswerts durch eine Standarderhöhung
der vermieteten Räume lägen ersichtlich nicht
vor.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil
sowie den angefochtenen Feststellungsbescheid in Gestalt der
Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Umbauaufwendungen in
Höhe von 29.586 DM als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu
berücksichtigen.
Das FA beantragt im Wesentlichen unter
Bezugnahme auf die Begründung des FG-Urteils, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen. Schon der Einbau von
zusätzlichen Trennwänden führe nach Tz. 22 des
Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18.7.2003
(BStBl I 2003, 386 = SIS 03 34 36; ebenso BMF-Schreiben vom
16.12.1996, BStBl I 1996, 1442 = SIS 97 02 08 Tz. 2.3) zu
Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 des
Handelsgesetzbuchs (HGB); das Merkmal der Erweiterung trete danach
nicht hinter das Merkmal der Verbesserung zurück. So liege
eine als Erweiterungsmaßnahme anzusehende
Funktionsänderung insbesondere vor, wenn im Zusammenhang mit
einer angestrebten Nutzungsänderung aneinandergrenzender
Räume Abgrenzungsmauern teilweise neu hergestellt oder
durchbrochen würden, selbst wenn die Erweiterung nur
geringfügig sei. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall
gegeben, weil durch die neuen Trennwände erstmals vier
vermietbare Einzelbüros geschaffen und damit die
Nutzungsmöglichkeiten der Immobilie erweitert worden seien
(größere Flexibilität durch Vermietbarkeit
kleinerer Büroeinheiten).
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil sowie der angefochtene Bescheid in der Gestalt
der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ); die streitigen Aufwendungen
sind als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu
berücksichtigen.
Zu Unrecht hat das FG den streitigen Aufwand
für den Einbau von Rigips-Zwischenwänden in einem vorher
als Großraumbüro genutzten Raum als (nur im Rahmen der
AfA abziehbare) Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 HGB
angesehen.
1. Aufwendungen, die durch die Absicht
veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu
erzielen (§ 21 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ),
sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) sofort
abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. Welche
Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich
auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 12.9.2001 IX R 39/97, BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569
= SIS 02 09 29, unter II. 3. b). Danach sind Herstellungskosten
Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die
Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines
Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine
über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende
wesentliche Verbesserung entstehen.
a) Die Herstellung eines (neuen)
Wirtschaftsguts ist - neben der Schaffung eines bisher noch nicht
vorhandenen Wirtschaftsguts (Erst-Herstellung) und der
Wiedererstellung eines bereits vorhandenen, aber zerstörten
oder unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsguts (Zweit-Herstellung) -
auch dann anzunehmen, wenn ein vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund
von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen
verändert wird (Funktions-/Wesensänderung). Ein solcher
Fall der Wesensänderung ist bei einem vorhandenen Gebäude
oder Gebäudeteil gegeben, wenn sich durch bauliche
Maßnahmen dessen Funktion/Nutzung, d.h. die Zweckbestimmung
ändert. Nicht erforderlich ist, dass sich durch den Umbau
„die Nutzungsfunktion des ganzen Gebäudes
verändert“; es genügt die Änderung der
Nutzungsfunktion eines Gebäudeteils (vgl. BFH-Urteil vom
23.11.2004 IX R 59/03, BFH/NV 2005, 543 = SIS 05 15 88, unter II.
1. a, m.w.N.).
Eine reine Umgestaltung von vermieteten
Räumen durch Verlegung und Entfernen von Zwischenwänden
genügt danach nicht, solange die neu eingefügten
Gebäudeteile dem Gesamtgebäude nicht das bautechnische
Gepräge geben, z.B. wenn sie anders als im Streitfall
verbrauchte Teile ersetzen, die für die Nutzungsdauer
bestimmend sind (vgl. BFH-Urteil vom 3.12.2002 IX R 64/99, BFHE
201, 148, BStBl II 2003, 590 = SIS 03 11 64). Auf dieser Grundlage
kann die Tatsache, dass die Einfügung solcher
Zwischenwände für die Vermietbarkeit förderlich sein
kann, entgegen der Ansicht des FG für sich allein nicht zur
Annahme von Herstellungskosten führen (vgl. BFH-Urteil vom
13.10.1998 IX R 38/95, BFH/NV 1999, 603 = SIS 98 51 45).
b) „Erweiterung“ und
„wesentliche Verbesserung“ i.S. des § 255
Abs. 2 Satz 1 (2. und 3. Alternative) HGB beziehen sich auf ein
bereits vorhandenes Wirtschaftsgut.
aa) Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung
sind (nachträgliche) Herstellungskosten gegeben, wenn nach
Fertigstellung etwas Neues geschaffen wurde, also - gemessen an
ihrer Funktion - bisher nicht vorhandene Bestandteile in das
Gebäude eingefügt werden, deren Einbau neben der
Substanzmehrung auch eine „Erweiterung der
Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes“ zur Folge
haben (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom 14.7.2004 IX R 52/02, BFHE
206, 441, BStBl II 2004, 949 = SIS 04 35 33, m.w.N.). Dies gilt
z.B., wenn durch die Baumaßnahme ein größerer Raum
geschaffen und damit zugleich die Wohnfläche
vergrößert wird (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.2003 X R 9/99,
BFHE 201, 256, BStBl II 2003, 596 = SIS 03 18 27, unter II. 2. f,
bb, m.w.N.).
bb) Eine wesentliche Verbesserung ist bei
einem Wohngebäude immer dann gegeben, wenn der Gebrauchswert
(das Nutzungspotential; vgl. BFH-Urteil vom 9.5.1995 IX R 116/92,
BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632 = SIS 95 19 06, unter I. 3. b bb)
des Gebäudes durch die Baumaßnahmen in bestimmter Weise
gehoben wird. Dies setzt voraus, dass mindestens drei der
Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-,
Heizungs-, Sanitärinstallationen und Fenster, von Grund auf
erneuert werden (sog. Standardsprung; vgl. im Einzelnen BFH in BFHE
198, 74, BStBl II 2003, 569 = SIS 02 09 29, zu II. 3. a).
Aufwendungen für den Einbau neuer
Gegenstände in vorhandene Installationen eines Wohnhauses sind
nur unter diesem Tatbestandsmerkmal (der wesentlichen Verbesserung)
zu würdigen. Das Merkmal der Erweiterung in § 255 Abs. 2
Satz 1 HGB tritt insoweit hinter das der wesentlichen Verbesserung
zurück. Sind in diesen Fällen die Voraussetzungen einer
wesentlichen Verbesserung nicht erfüllt, sind die Aufwendungen
folglich als sofort abziehbare Werbungskosten und nicht als
Herstellungskosten unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung
gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu behandeln (vgl. im
Einzelnen BFH-Urteile vom 20.8.2002 IX R 98/00, BFHE 200, 231,
BStBl II 2003, 604 = SIS 03 05 90, m.w.N., zum Einbau einer
Sprechanlage in eine vorhandene Elektroinstallation; in BFHE 206,
441, BStBl II 2004, 949 = SIS 04 35 33, zum nachträglichen
Einbau einer Solaranlage; in BFH/NV 2005, 543 = SIS 05 15 88).
Dementsprechend erhöht das Entfernen oder
Versetzen von Zwischenwänden unter dem Gesichtspunkt der
wesentlichen Verbesserung den objektiven Gebrauchswert des Hauses
nicht notwendigerweise (BFH-Urteile vom 17.6.1997 IX R 30/95, BFHE
183, 470, BStBl II 1997, 802 = SIS 97 22 13; vom 13.10.1998 IX R
72/95, BFH/NV 1999, 761 = SIS 98 57 20; BMF-Schreiben, BStBl I
1996, 1442 = SIS 97 02 08 Tz. 2.3).
2. Nach diesen Maßstäben liegen die
Voraussetzungen für die Annahme von Herstellungsaufwand i.S.
des § 255 Abs. 2 HGB ersichtlich nicht vor.
Nach den bindenden tatsächlichen
Feststellungen des FG haben die Baumaßnahmen an dem bereits
fertig hergestellten Gebäude weder zu einer
Wesensänderung der vermieteten Räume noch zu einer
Erweiterung der Nutzfläche geführt. Die
durchgeführten Arbeiten haben auch nicht den Standard des
Vermietungsobjekts erhöht, weil nur im Bereich der
Elektroinstallation, nicht aber in den Bereichen der Sanitär-
und Heizungsinstallation oder der Fenster Veränderungen
vorgenommen wurden.
Bei dieser Sachlage kann die bloße
Veränderung der Raumaufteilung durch Zwischenwände aus
den unter 1. dargestellten Gründen allein wegen der
gesonderten Vermietbarkeit der abgeteilten Räume entgegen der
Auffassung des FA nicht als Herstellungsmaßnahme i.S. des
§ 255 Abs. 2 HGB angesehen werden; denn dadurch erfahren die
durch die Baumaßnahme betroffenen Räume keine
Funktionsänderung, die auch nach der Auffassung des FA
Voraussetzung für die Annahme einer Herstellungsmaßnahme
wäre.
3. Die Sache ist spruchreif. Die der Höhe
nach unstreitigen Umbauaufwendungen in Höhe von 29.586 DM (=
15.127,08 EUR) sind als sofort abziehbare Werbungskosten bei den
Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung im
Streitjahr 1997 zu berücksichtigen.