Schadstoff-Gutachten, WK bei VuV: Aufwendungen für ein Schadstoff-Gutachten, das der Feststellung der durch einen Mieter verursachten Untergrund- und Boden-Verunreinigungen dient, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sein. - Urt.; BFH 17.7.2007, IX R 2/05; SIS 07 37 62
I. Das zunächst bis 1953 als
Firmensitz einer Bauunternehmung dienende Grundstück der
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) sowie der
Beigeladenen und Revisionskläger (Beigeladene) wurde danach
als betriebseigener Bauhof genutzt. Im Anschluss daran erfolgten ab
1969 Vermietungen an einen Kraftfahrzeug-Zubehörhandel mit
Werkstatt und an ein Geschäft für Kleinkrafträder,
Rasenmäher und Sägen, das auch Reparaturen
durchführte. Die Mieter nutzten „auch die auf dem
Grundstück befindliche Tankstelle, wodurch das Grundstück
teilweise mit Öl und Benzin verunreinigt worden“
war.
Anfang 1993 war vorsorglich ein
Schadstoff-Gutachten in Auftrag gegeben worden, das unter
Berücksichtigung von Bebauung und Nutzungsgeschichte das
Geschäftsgrundstück auf mögliche Kontaminationen des
Bodens und der Bausubstanz untersuchen sollte. Das Gutachten wurde
im Juni 1993 erstellt; die Kosten in Höhe von ca. 50.000 DM
bezahlte die Klägerin im Februar 1994.
Im Oktober 1994 kündigte der letzte
Mieter das bestehende Mietverhältnis zu Ende Januar 1995. Seit
Februar 1995 hat das Gebäude - bis zu dessen Verkauf - leer
gestanden; allerdings bemühte sich die Klägerin noch in
den Jahren 1995 und 1996, das Geschäftsgrundstück nach
durchzuführender Sanierung mit vollständiger Neubebauung
über einen Makler langfristig zu vermieten. Mit Vertrag vom
Januar 2000 wurde das Objekt schließlich
veräußert.
Die in der Feststellungserklärung 1994
(Streitjahr) als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen
für das Schadstoff-Gutachten erkannte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) nicht an.
Nach erfolglosem Einspruch wies das
Finanzgericht (FG) die Klage insoweit ab (vgl. SIS 05 23 22). Es
war der Ansicht, eine direkte Veranlassung aus dem
Mietverhältnis (Mietminderung, angedrohte Kündigung wegen
Bodenverunreinigung, avisierter Schadensersatzprozess gegen Mieter)
habe jedenfalls nicht bestanden. Zudem könne dies letztlich
offen bleiben, da Aufwendungen für den Grund und Boden als
sofort abzugsfähige Werbungskosten ausschieden.
Mit der Revision rügen die
Klägerin und die Beigeladenen die Verletzung materiellen
Rechts (§ 9 Abs. 1 i.V.m. § 21 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ).
Sie beantragen sinngemäß, das
FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 18.7.2001 jeweils
betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung 1994
aufzuheben und den Feststellungsbescheid 1994 vom 13.8.1997
dahingehend zu ändern, dass weitere 50.158,86 DM (= 25.645,82
EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung berücksichtigt werden.
Das FA beantragt unter Verweis auf die
Ansicht des FG, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung
in der Sache selbst durch Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die
Aufwendungen für das Schadstoffgutachten zu Unrecht nicht als
Werbungskosten bei Feststellung der Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung der Revisionskläger berücksichtigt;
insoweit sind § 9 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 EStG
verletzt.
1. a) Werbungskosten sind gemäß
§ 9 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese
Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine derartige Veranlassung vor, wenn
(objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung
und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv)
die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung
gemacht werden (z.B. BFH-Urteile vom 20.12.1994 IX R 122/92, BFHE
177, 50, BStBl II 1995, 534 = SIS 95 14 05; vom 18.12.2001 IX R
24/98, BFH/NV 2002, 904 = SIS 02 69 14, m.w.N.). Eine
„direkte“ oder unmittelbare Veranlassung ist
entgegen der Ansicht des FG nicht erforderlich, eine mittelbare
Veranlassung genügt (h.M.: z.B. Schmidt/Drenseck, EStG, 26.
Aufl., § 9 Rz 8; von Bornhaupt, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz B 194; Kreft in
Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 9 Rz 152).
b) Als Werbungskosten abziehbar sind
grundsätzlich auch Aufwendungen, die den Grund und Boden
betreffen; denn bei der Vermietung von Gebäuden gehört
die damit verbundene Nutzungsüberlassung des Grund und Bodens
zum Einkünftetatbestand des § 21 Abs. 1 EStG (vgl.
BFH-Urteile vom 22.3.1994 IX R 52/90, BFHE 175, 29, BStBl II 1994,
842 = SIS 94 20 14; vom 7.11.1995 IX R 99/93, BFHE 179, 96, BStBl
II 1996, 89 = SIS 96 03 06; vom 16.7.1996 IX R 55/94, BFH/NV 1997,
178, jeweils zu Erschließungskosten). Voraussetzung ist aber,
dass die Aufwendungen nicht als (nachträgliche)
Anschaffungskosten auf den Grund und Boden anzusehen sind, dass
also das Grundstück (der Grund und Boden) - wie im Streitfall
- durch die Maßnahme nicht in seiner Substanz oder seinem
Wesen verändert wird; nicht entscheidend ist, ob die
Maßnahme zu einer Werterhöhung des Grundstücks
geführt hat (vgl. vorstehende BFH-Urteile sowie BFH-Urteil vom
2.5.1990 VIII R 198/85, BStBl II 1991, 448, BFH/NV 1991, 29 = SIS 90 21 15).
2. Diesen Grundsätzen entspricht das
FG-Urteil nicht; es ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif;
der Klage ist stattzugeben. Die Aufwendungen für das
Schadstoff-Gutachten sind als Werbungskosten bei der Feststellung
der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1994
anzusetzen.
Nach den bindenden tatsächlichen
Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), die durch das
Schadstoffgutachten belegt sind, ist von durch die nutzenden Mieter
bedingten Untergrund- und Boden-Verunreinigungen durch
Kontamination auszugehen. Damit war der erforderliche
wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang i.S. von § 9 Abs. 1
i.V.m. § 21 Abs. 1 EStG zur Vermietungstätigkeit der
Revisionskläger - auch ohne „Mietminderung,
angedrohter Kündigung oder avisiertem
Schadensersatzprozess“ - gegeben. Nicht entscheidend ist
hingegen die vom FG angenommene, mögliche Wertveränderung
des Grund und Bodens.
Die nutzungsbedingte Veranlassung der
Aufwendungen wurde auch nicht durch die spätere, erst Anfang
2000 erfolgte Grundstücksveräußerung verdrängt
oder überlagert (vgl. dazu BFH-Urteile vom 23.1.1990 IX R
17/85, BFHE 159, 491, BStBl II 1990, 465 = SIS 90 10 07; vom
14.12.2004 IX R 34/03, BFHE 208, 232, BStBl II 2005, 343 = SIS 05 15 32, m.w.N.). Denn neben der möglichen
Veräußerung des Grundstücks war - nach den
tatsächlichen Feststellungen des FG - angesichts der
projektierten vollständigen Sanierung des Objekts jedenfalls
in den beiden Folgejahren auch das ernsthafte und nachhaltige
Bemühen um seine Vermietung und damit eine (Mit-)Veranlassung
durch die (beabsichtigte) Nutzung der Immobilie gegeben.