Toilettenhäuschen, Bewertung: Ein mit dem Untergrund fest verbundenes öffentliches Toilettenhäuschen mit einer Grundfläche von 8 qm und einem Gewicht von 3 t, das mit einer automatischen Türöffnung und mit einer Anlage zur automatischen Reinigung der Toilette ausgestattet ist, ist als Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinn zu beurteilen. Die Toilette und die Reinigungstechnik stellen dabei nicht zum Grundvermögen gehörende Betriebsvorrichtungen dar. - Urt.; BFH 24.5.2007, II R 68/05; SIS 07 31 15
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) errichtete aufgrund
entsprechender Vereinbarungen und Genehmigungen im Jahr 1996 auf
einem dem Land Berlin gehörenden Bürgersteig im
ehemaligen Ost-Berlin eine öffentliche Toilette (öT), die
im Jahr 2001 wieder entfernt wurde. Die knapp 8 qm große, rd.
3 t schwere und 20 cbm umbauten Raumes umfassende Toilette stand
auf einem vorgefertigten wärmegedämmten Fundamentschacht
aus Stahlbeton, durch den die Ver- und Entsorgungsleitungen
geführt wurden. Ihr Rohbaukörper wurde durch einen
stabilen Aluminiumtragrahmen gebildet, an dem die
Außenfassadenelemente, das Dach und die federgelagerte
Bodenplattform des Benutzerraums befestigt waren. Die
Oberfläche insbesondere der Außenwände war
alterungs- und witterungsbeständig. Die Toilette wurde durch
eine sich grundsätzlich automatisch öffnende und
schließende Tür betreten, durch eine
lichtdurchlässige Fläche im Dach und zusätzlich
künstlich beleuchtet und bei Bedarf beheizt. Sie war
behindertengerecht ausgestattet und mit einer Vorrichtung zur
automatischen Reinigung versehen. Die Benutzungsdauer war jeweils
auf 20 Minuten und für Behinderte auf 40 Minuten
beschränkt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) stellte mit dem auf den 1.1.1997 ergangenen
Bescheid vom 3.4.2001 für die Toilette einen Einheitswert von
600 DM, die Grundstücksart Geschäftsgrundstück und
die Zuordnung als Betriebsgrundstück des gewerblichen
Betriebes der Klägerin fest. Den Einspruch wies das FA mit der
Begründung zurück, bei der Toilette habe es sich um ein
Gebäude gehandelt, dessen Wert entsprechend dem Wert des
Sozialteils von Tennis- und Reithallen mit guter Ausstattung nach
den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 30 DM je cbm umbauten
Raumes betrage.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch
das in EFG 2005, 581 = SIS 05 09 54 veröffentlichte Urteil mit
der Begründung ab, die Toilette habe alle Voraussetzungen
eines der Einheitsbewertung als Grundstück unterliegenden
Gebäudes auf fremdem Grund und Boden erfüllt und sei
daher nicht als Betriebsvorrichtung zu beurteilen. Sie habe durch
ihre Umwandung, die Tür, den Fußboden und das Dach ihren
Benutzern einen wirksamen Schutz gegen Witterungseinflüsse
gewährt, sei durch den Fundamentschacht, die
Versorgungsleitungen und ihr Gewicht fest mit dem Grund und Boden
verbunden, hinreichend beständig und standfest gewesen und
habe aufgrund ihrer Ausstattung den nicht nur vorübergehenden
Aufenthalt von Menschen ermöglicht. Dass sich während des
knapp eine Minute dauernden Reinigungsvorgangs in ihr keine
Menschen hätten aufhalten können, sei unerheblich. Die
Inneneinrichtung der Toilette habe keine Betriebsvorrichtung
dargestellt, da das Gewerbe der Klägerin nicht unmittelbar
durch diese betrieben worden sei, sondern über den Betrieb
automatischer Toilettenanlagen hinaus auch weitere Sparten umfasst
habe. Der vom FA festgestellte Einheitswert sei auch der Höhe
nach nicht fehlerhaft. Geschäftsgrundstücke im
Beitrittsgebiet seien mit dem gemeinen Wert zu bewerten, der durch
Schätzung im Sachwertverfahren zu ermitteln sei. Da es eine
ausdrückliche Wertermittlung für öT auf den 1.1.1935
nicht gebe, aber zu den Sozialräumen von Tennis- und
Reithallen auch Toiletten gehörten, sei der Ansatz eines Werts
von 30 DM je cbm umbauten Raumes sachgerecht.
Mit der Revision macht die Klägerin
geltend, bei der Toilette habe es sich nicht um ein Gebäude,
sondern insgesamt um eine nicht der Einheitsbewertung unterliegende
Betriebsvorrichtung gehandelt. Außenwände, Dach und
Fußboden hätten nicht in erster Linie dem Schutz gegen
Witterungseinflüsse gedient, sondern vorrangig dem Schutz der
Allgemeinheit unter sittlichen und moralischen Aspekten und dem
Ziel, die Entrichtung der Benutzungsentgelte sicherzustellen. Die
Toilette sei auch nicht zu einem nicht nur vorübergehenden
Aufenthalt von Menschen geeignet gewesen, da man sie vor dem
Reinigungsvorgang habe verlassen müssen. Sie sei
Transformatorenhäuschen, kleinen Rohrnetzstationen,
Pumpenhäuschen, kleinen Wartehallen im Nahverkehr und
Türmen von Windkraftanlagen, die nicht als Gebäude,
sondern als Betriebsvorrichtungen beurteilt würden,
gleichzustellen. Fehlerhaft sei auch der Wertansatz von 30 DM je
cbm umbauten Raumes.
Die Klägerin rügt außerdem
Verfahrensmängel. Das FG habe sich nicht hinreichend mit ihrem
Vorbringen auseinandergesetzt und entgegen ihrem in der
mündlichen Verhandlung gestellten Antrag die
tatsächlichen Gegebenheiten nicht in Augenschein
genommen.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 6.6.2002 und den
Einheitswertbescheid vom 3.4.2001 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Bei der öT handelte es sich
zwar um ein der Einheitsbewertung unterliegendes Gebäude. Die
Ansicht des FG, der Einheitswert sei der Höhe nach zutreffend
festgestellt worden, findet aber keine Grundlage in den von ihm
getroffenen Feststellungen.
1. Die Verfahrensrüge greift nicht durch.
Der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem
FG lässt sich kein Antrag auf Einnahme eines Augenscheins
entnehmen. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, welche
konkreten auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung
des FG entscheidungserheblichen Tatsachen eine weitere
Sachaufklärung ergeben hätte (vgl. dazu z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.6.2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390 =
SIS 00 11 62).
2. Bei der öT handelte es sich um ein der
Einheitsbewertung unterliegendes Gebäude.
Betriebsvorrichtungen stellten lediglich die Toilette und die
Reinigungstechnik dar.
a) Für Grundstücke im
Beitrittsgebiet gelten gemäß § 129 Abs. 1 des
Bewertungsgesetzes (BewG) die Einheitswerte, die nach den
Wertverhältnissen am 1.1.1935 festgestellt sind oder noch
festgestellt werden (Einheitswerte 1935). Nach § 129 Abs. 2
BewG werden für die Ermittlung der Einheitswerte 1935
vorbehaltlich der §§ 129a bis 131 BewG statt der
§§ 27, 68 bis 94 BewG u.a. §§ 10, 11 Abs. 1 und
2 und Abs. 3 Satz 2, §§ 50 bis 53 des Bewertungsgesetzes
der Deutschen Demokratischen Republik (BewG DDR) und § 3a Abs.
1, §§ 32 bis 46 der Durchführungsverordnung zum
Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) jeweils in den in § 129 Abs. 2
BewG angegebenen Fassungen weiter angewandt.
Diese Regelungen sind nach ständiger
Rechtsprechung trotz des lange zurückliegenden
Hauptfeststellungszeitpunkts und der dadurch verursachten
erheblichen Schwierigkeiten bei der Bewertung anzuwenden (z.B.
BFH-Urteile vom 14.5.2003 II R 14/01, BFHE 202, 371, BStBl II 2003,
906 = SIS 03 34 42; vom 28.5.2003 II R 41/01, BFHE 202, 376, BStBl
II 2003, 693 = SIS 03 34 43, und vom 24.5.2005 II R 2/03, BFH/NV
2006, 29 = SIS 06 02 37; BFH-Beschlüsse vom 8.9.2005 II B
122/04, BFH/NV 2006, 100 = SIS 06 03 05; vom 11.11.2005 II B 11/05,
BFH/NV 2006, 254 = SIS 06 07 45, und vom 12.1.2006 II B 56/05,
BFH/NV 2006, 919 = SIS 06 17 18). Das Bundesverfassungsgericht hat
die gegen den Beschluss in BFH/NV 2006, 919 = SIS 06 17 18
eingelegte Verfassungsbeschwerde durch Beschluss vom 5.4.2006 1 BvR
645/06 nicht zur Entscheidung angenommen.
b) Nach § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2
BewG DDR gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden
einschließlich der Bestandteile (insbesondere der
Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen
werden nicht einbezogen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen
aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie
wesentliche Bestandteile sind. Als Grundstück gilt
gemäß § 50 Abs. 3 BewG DDR auch ein Gebäude,
das auf fremdem Grund und Boden errichtet ist, selbst wenn es
wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.
Diese Vorschriften entsprechen § 68 Abs.
1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sowie § 70 Abs. 3 BewG. Nach
den genannten Regelungen des § 68 BewG gehören zum
Grundvermögen neben dem Grund und Boden die Gebäude, die
sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber die
Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer
Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie
wesentliche Bestandteile sind. Die Abgrenzung von Gebäuden und
Betriebsvorrichtungen erfolgt demgemäß im gesamten
Bundesgebiet nach gleichen Grundsätzen (Halaczinsky in
Rössler/Troll, BewG, § 68 Rz 35). Sie gilt auch für
Betriebsgrundstücke (§ 51 Abs. 4 BewG DDR, § 99
BewG), soweit sie, losgelöst von ihrer Zugehörigkeit zu
einem Gewerbebetrieb, zum Grundvermögen gehören
würden (§ 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BewG; Halaczinsky,
a.a.O.; Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 68 BewG Rz
23).
c) Bei der Abgrenzung der Gebäude von den
Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen, weil
Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören
und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu
betrachten ist, nicht Betriebsvorrichtung sein kann. Als
Gebäude ist ein Bauwerk anzusehen, das durch räumliche
Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse
gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von
Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie
von einiger Beständigkeit und standfest ist. Alle Bauwerke,
die sämtliche dieser Begriffsmerkmale aufweisen, sind
ausnahmslos als Gebäude zu behandeln (BFH-Urteil vom 15.6.2005
II R 67/04, BFHE 210, 52, BStBl II 2005, 688 = SIS 05 30 97,
m.w.N.).
d) Nach den vom FG getroffenen Feststellungen
(§ 118 Abs. 2 FGO) erfüllte die öT alle
Begriffsmerkmale eines Gebäudes. Ihre allseitige
räumliche Umschließung gewährte Schutz gegen
äußere Einflüsse. Dass die Umschließung noch
anderen Zwecken diente, ist ohne Bedeutung. Die Toilette war durch
ihr Eigengewicht fest mit dem Grund und Boden verbunden (vgl.
BFH-Urteile vom 18.6.1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II
1986, 787 = SIS 86 19 18; vom 23.9.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228,
BStBl II 1989, 113 = SIS 88 24 16) und schon allein deswegen
ortsfest, weil sie auf einem festen Fundament ruhte (BFH-Urteil vom
25.4.1996 III R 47/93, BFHE 180, 506, BStBl II 1996, 613 = SIS 96 21 25). Aufgrund ihrer Bauweise und der verwendeten Materialien war
sie dem beabsichtigten längerfristigen Betrieb entsprechend
von der erforderlichen Beständigkeit und Standfestigkeit. An
dieser Beurteilung würde sich nichts ändern, wenn
Konstruktionselemente, mit deren Hilfe die Standfestigkeit der
Umschließung erreicht wurde, ohne die Stützfunktion als
Betriebsvorrichtung anzusehen wären (BFH-Urteil in BFHE 202,
376, BStBl II 2003, 693 = SIS 03 34 43).
Das Bauwerk gestattete auch den nicht nur
vorübergehenden Aufenthalt von Menschen. Die zeitliche Grenze
liegt dabei bei wenigen Minuten (BFH-Urteil in BFHE 210, 52, BStBl
II 2005, 688 = SIS 05 30 97) und war durch die für die
Benutzung der Toilette regelmäßig vorgesehene
Höchstdauer von 20 Minuten bereits überschritten.
e) Die Klägerin macht zu Unrecht geltend,
die Toilette sei ebenso wie Transformatorenhäuschen, kleine
Rohrnetzstationen, Pumpenhäuschen, kleine Wartehallen im
Nahverkehr und Türme von Windkraftanlagen nicht als
Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung zu beurteilen.
Derartige kleine Bauwerke sind nach dem BFH-Urteil vom 24.1.1952
III 110/50 S (BFHE 56, 209, BStBl III 1952, 84 = SIS 52 00 40)
aufgrund der Verkehrsanschauung nicht als Gebäude im Sinn des
Reichsbewertungsgesetzes, sondern als Betriebsvorrichtungen
anzusehen. Mit dieser Entscheidung hat sich der BFH der
Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - RFH - (Urteile vom 8.3.1934
III A 11/34, RFHE 35, 324, RStBl 1934, 488, und vom 7.12.1939 III
60/38, RStBl 1940, 320) angeschlossen.
Wie diese Beispiele zeigen, werden kleine
Bauwerke nicht generell von der Bewertung als Gebäude
ausgenommen, sondern nur unter der Voraussetzung, dass in ihnen
Geräte für automatisch ablaufende, technische
Betriebsvorgänge angebracht sind und sie nur gelegentlich zu
Kontroll-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten betreten werden. Der
Zweck der öT bestand demgegenüber darin, dass sie
abgesehen von den kurzen Reinigungsvorgängen ständig den
Zutritt von Menschen zum Zwecke der Toilettenbenutzung
ermöglichte. Die Reinigungsarbeiten dienten der weiteren
Benutzung durch Menschen. Dies schließt es aus, die Toilette
den Transformatorenhäuschen oder ähnlichen Bauwerken
gleichzustellen. Aus der Verwaltungsvorschrift in Abschn. 2.4 Abs.
1 Sätze 4 und 5 der gleichlautenden Erlasse der obersten
Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des
Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen
(Abgrenzungserlass) vom 15.3.2006 (BStBl I, 314 = SIS 06 23 20),
wonach Transformatorenhäuschen, kleine Rohrnetzstationen,
Pumpenhäuschen oder ähnliche kleine Bauwerke, die
Betriebsvorrichtungen enthalten und nicht mehr als 30 qm
Grundfläche haben, nicht als Gebäude, sondern als
Betriebsvorrichtungen anzusehen sind, ergibt sich nichts anderes.
Die Verwaltungsvorschrift nimmt nämlich ausdrücklich auf
das BFH-Urteil in BFHE 56, 209, BStBl III 1952, 84 = SIS 52 00 40
Bezug und konkretisiert die Rechtsprechung lediglich durch die
Bestimmung der Flächengrenze von 30 qm. Der Abgrenzungserlass
nimmt zusätzlich in Abschn. 2.4 Abs. 1 Satz 6 auch die
Türme von Windkraftanlagen von der Bewertung als Gebäude
aus. Diese Bauwerke sind ebenfalls dadurch gekennzeichnet, dass sie
anders als die öT nur gelegentlich zu Kontroll-, Wartungs-
oder Reparaturarbeiten aufgesucht werden.
Soweit nach den Richtlinien der
Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main für die Bewertung der
Betriebsgrundstücke der Öffentlichen Verkehrsunternehmen
im Beitrittsgebiet (vgl. Bekanntmachung in BStBl I 1995, 628 = SIS 95 21 21) nicht allseits umschlossene kleine Wartehallen nicht als
Gebäude anzusehen sind, kann daraus nicht gefolgert werden,
dass dies auch für die öT, die bei
bestimmungsgemäßem Gebrauch allseits geschlossen war,
gelten müsse.
f) Das Toilettenbecken und die
Reinigungstechnik stellten anders als das Bauwerk selbst
Betriebsvorrichtungen dar, die nach § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG
DDR nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind.
aa) Aus dem Erfordernis, dass die nicht in das
Grundvermögen einzubeziehenden Maschinen und sonstigen
Vorrichtungen aller Art zu einer Betriebsanlage gehören
müssen (§ 50 Abs. 1 Satz 2 BewG DDR, § 68 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 BewG), folgert die Rechtsprechung, dass der Begriff
der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das
Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der
Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich
enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei
Maschinen gegeben ist. Nicht ausreichend ist, wenn Gegenstände
für einen Betrieb lediglich nützlich, notwendig oder
sogar vorgeschrieben sind. Entscheidend ist, ob sie nach ihrer
Funktion unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden
(BFH-Urteile vom 11.12.1991 II R 14/89, BFHE 166, 176, BStBl II
1992, 278 = SIS 92 04 14; vom 28.10.1999 III R 55/97, BFHE 190,
539, BStBl II 2000, 150 = SIS 00 03 01, und vom 13.12.2001 III R
21/98, BFHE 198, 160, BStBl II 2002, 310 = SIS 02 07 09). Nicht
erforderlich ist es hingegen, dass das Gewerbe ausschließlich
durch die zu beurteilenden Gegenstände betrieben wird.
Maßgebend ist vielmehr, ob die Bestandteile der Nutzung des
Gebäudes ohne Rücksicht auf den darin gegenwärtig
ausgeübten Betrieb dienen oder ob sie in einer besonderen, die
Beurteilung als Betriebsvorrichtung rechtfertigenden Beziehung zu
diesem Betrieb stehen. Die Beurteilung muss immer einerseits von
dem einzelnen zu bewertenden Gebäude und dessen Bestandteilen
und andererseits von dem darin konkret ausgeübten Gewerbe
ausgehen (vgl. Abschn. 3 sowie Anlage 1 des
Abgrenzungserlasses).
bb) Diese Anforderungen an das Vorliegen einer
Betriebsvorrichtung erfüllten das Toilettenbecken und die
Reinigungstechnik. Diese Gegenstände wurden nach ihrer
Funktion unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt,
nämlich zum entgeltlichen Zurverfügungstellen einer
jeweils automatisch gereinigten Toilette zum zweckentsprechenden
Gebrauch. Sie sind insoweit den in einem Hallenbad befindlichen
Schwimmbecken samt Zusatzeinrichtungen (Sauna, Duschen,
Umkleidekabinen) vergleichbar, die anders als die Halle selbst als
Betriebsvorrichtungen zu beurteilen sind, da sie unmittelbar der
Ausübung des in dem Hallenbad unterhaltenen Gewerbebetriebs
dienen (BFH-Urteile vom 16.10.1980 V R 51/76, BFHE 132, 119, BStBl
II 1981, 228 = SIS 81 10 16, und in BFHE 166, 176, BStBl II 1992,
278 = SIS 92 04 14). Die besondere Beziehung der genannten
Gegenstände zu dem im Gebäude ausgeübten
Gewerbebetrieb ist ein entscheidender Unterschied zu den z.B. in
einer Gaststätte, einem Hotel oder Warenhaus befindlichen
Toiletten, durch die das Gewerbe nicht unmittelbar betrieben wird
und die deshalb keine Betriebsvorrichtungen sind (vgl. zu einem
Schwimmbecken in einem Hotel BFH-Urteil in BFHE 166, 176, BStBl II
1992, 278 = SIS 92 04 14).
cc) Keine Betriebsvorrichtungen und daher in
das Grundvermögen einzubeziehen sind demgegenüber die
Heizung und die Tür, da das Gewerbe durch sie nicht
unmittelbar ausgeübt wurde. Es gilt insoweit Entsprechendes
wie bei Warenhäusern für die Heizung und die an die
Stelle der Türen tretenden Luftschleieranlagen, die in
besonderer Beziehung zur Raumnutzung und nicht zur Ausübung
des Gewerbebetriebs stehen und daher keine Betriebsvorrichtungen
darstellen (BFH-Urteil vom 5.3.1971 III R 90/69, BFHE 102, 107,
BStBl II 1971, 455 = SIS 71 02 43).
3. Die vom FG getroffenen Feststellungen
tragen seine Entscheidung zur Höhe des festgestellten
Einheitswerts nicht.
a) Die von der Klägerin auf fremdem Grund
und Boden errichtete öT ist nach § 50 Abs. 3 BewG DDR
i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 2 und § 33 Abs. 2 Satz 1 RBewDV
als Geschäftsgrundstück mit dem gemeinen Wert zu
bewerten. Diesen beschreibt § 10 Abs. 1 BewG DDR als den
Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der
Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer
Veräußerung zu erzielen wäre; dabei sind alle
Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen
und ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse
nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der maßgeblichen
Wertverhältnisse bestimmt § 3a RBewDV, dass bei
Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der
tatsächliche Zustand des Grundbesitzes (Bestand, bauliche
Verhältnisse usw.) vom Nachfeststellungszeitpunkt und die
Wertverhältnisse vom 1.1.1935 zugrunde zu legen sind. Eine
Bewertung der öT auf der Grundlage von Jahresrohmieten (§
33 Abs. 2 Satz 2 RBewDV) scheidet aus, da tatsächlich gezahlte
Jahresrohmieten für derartige Gebäude zum 1.1.1935 nicht
vorhanden sind.
Da es dem zu bewertenden Gebäude
entsprechende Bauwerke am 1.1.1935 noch nicht gab und daher eine
Bewertung auf der Grundlage stichtagsnah tatsächlich gezahlter
Kaufpreise ebenfalls nicht möglich ist, kommt nur eine
Schätzung (§ 162 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ) des
am freien Markt erzielbaren Einzelveräußerungspreises
zum 1.1.1935 in Betracht. Für diese Schätzung ist auf das
Sachwertverfahren in Anlehnung an die Regelungen der §§
83 ff. BewG, die gemäß § 129 Abs. 2 BewG nicht
unmittelbar anwendbar sind, zurückzugreifen (BFH-Urteile vom
28.10.1998 II R 37/97, BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89, und vom 31.3.2004 II R 2/02, BFH/NV 2004, 1626 = SIS 04 40 33;
BFH-Beschluss vom 24.7.2002 II B 52/02, BFH/NV 2003, 8 = SIS 03 06 29).
Welche Schätzungsmethode dem Ziel, den
gemeinen Wert i.S. von § 10 Abs. 1 BewG DDR möglichst
wirklichkeitsnah zu bestimmen, am besten gerecht wird, ist
grundsätzlich eine Frage der dem FG obliegenden
Tatsachenfeststellung, an die der BFH - gleich der Schätzung
in ihrer Gesamtheit - als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2
FGO gebunden ist, sofern diese Feststellungen nicht auf einem
Rechtsirrtum oder einem Verfahrensmangel beruhen. Den materiellen
Rechtsfehlern stehen dabei Verstöße gegen die angewandte
Schätzungsmethode, gegen Denkgesetze, allgemeine
Erfahrungssätze und anerkannte Schätzungsgrundsätze
gleich (BFH-Beschluss vom 4.7.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, 315,
BStBl II 1990, 817, 829 = SIS 90 21 11, m.w.N.; BFH-Urteile in BFHE
187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89, und in BFH/NV 2006, 29 =
SIS 06 02 37).
Es stellt keinen derartigen Rechtsfehler dar,
wenn der Gebäudewert aus den durchschnittlichen
Herstellungskosten vergleichbarer Gebäude durch
Wertrückrechnung auf den 1.1.1935 abgeleitet wird (BFH-Urteile
in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89, und in BFH/NV
2006, 29 = SIS 06 02 37). Die durchschnittlichen Herstellungskosten
bilden nämlich den einzigen objektiven Wertmaßstab, aus
dem mit Hilfe des Baupreisindexes oder anderer
Rückrechnungsmethoden ein (fiktiver) Gebäudewert auf den
1.1.1935 abgeleitet werden kann. Dabei können die in den
gleichlautenden Ländererlassen vom 21.5.1993 (BStBl I, 467 =
SIS 93 20 91, geändert durch Erlass vom 20.5.1996, BStBl I,
1118 = SIS 96 22 81) zur Bewertung von Fabrikgrundstücken,
Lagerhausgrundstücken, Grundstücken mit Werkstätten
und vergleichbaren Grundstücken (Gewerbegrundstücken) im
Beitrittsgebiet und vom 25.6.1993 (BStBl I, 528 = SIS 93 21 52) zur
Bewertung von Warenhausgrundstücken, Einkaufszentren sowie
Grundstücken mit Großmärkten, SB-Märkten und
Verbrauchermärkten und mit Messehallen im Beitrittsgebiet
angewandten Schätzungsmethoden einschließlich der dort
niedergelegten Berechnungsgrundlagen angewandt werden (BFH-Urteile
in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89, und in BFH/NV
2006, 29 = SIS 06 02 37; BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 8 = SIS 03 06 29). Gleiches gilt auch für die zur Einheitsbewertung der
übrigen Geschäftsgrundstücke und sonstigen bebauten
Grundstücke im Beitrittsgebiet ab 1.1.1991 ergangenen gleich
lautenden Ländererlasse vom 21.7.1994 (BStBl I, 480 = SIS 94 18 40). Eine Rückrechnung aus den tatsächlichen
Gebäudeherstellungskosten auf den Stichtag 1.1.1935 ist
hingegen nicht zulässig (BFH-Urteil in BFHE 187, 99, BStBl II
1999, 51 = SIS 99 04 89).
b) Die vom FG in Übereinstimmung mit der
Einspruchsentscheidung vorgenommene Schätzung des gemeinen
Werts der öT hält einer revisionsrechtlichen
Überprüfung nicht stand. Die Gleichstellung mit
Sozialräumen von Tennis- und Reithallen mit einem Wert von 30
DM je cbm umbauten Raumes lässt sich entgegen der Ansicht des
FG nicht damit begründen, dass solche Räume auch
Toiletten enthielten. Wie bereits dargelegt, gehören
nämlich das Toilettenbecken und die Reinigungstechnik als
Betriebsvorrichtungen nicht zum Grundvermögen und können
daher bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden.
4. Da das FG von anderen Grundsätzen
ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist
nicht spruchreif und daher zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, um diesem
Gelegenheit zur Feststellung des zutreffenden Einheitswerts zu
geben.