Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, gewstl. Hinzurechnung der Pachtzinsen beim Pächter: Verpachtet eine gemeinnützige Körperschaft einen zuvor von ihr selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, unterliegt sie mit den Pachteinnahmen solange der Körperschaft- und Gewerbesteuer, bis sie die Betriebsaufgabe erklärt. Überschreiten die Pachteinnahmen die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO nicht, sind bei ihr die Pachtentgelte allerdings nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen. Gemäß § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG ist daher die Hälfte der Pachtzinsen beim Pächter dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. - Urt.; BFH 4.4.2007, I R 55/06; SIS 07 19 20
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt eine
Druckerei. Ihre Druckmaschinen hatte sie im Streitjahr 1999
teilweise von einem eingetragenen Verein (V) gepachtet. Der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) rechnete die
Hälfte der Pachtzinsen (7.250 DM) gemäß § 8
Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dem Gewerbeertrag hinzu
und setzte den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag entsprechend
fest.
Die dagegen gerichtete Klage, mit der die
Klägerin geltend gemacht hatte, V sei gewerbesteuerpflichtig,
wies das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom
16.5.2006 2 K 2351/04, veröffentlicht in EFG 2006, 1690 = SIS 06 39 55, ab.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den Bescheid
von 1999 über den Gewerbesteuermessbetrag dahin zu
ändern, dass die Hinzurechnung der Hälfte der Miet- und
Pachtzinsen rückgängig gemacht wird.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG
hat zu Recht nach § 8 Nr. 7 GewStG die Hälfte der
Pachtzinsen für die Druckmaschinen dem Gewerbeertrag
hinzugerechnet.
1. Gemäß § 8 Nr. 7 Satz 1
GewStG ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Ermittlung des
Gewerbeertrages die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen
hinzuzurechnen, die für die Benutzung der nicht in Grundbesitz
bestehenden und in fremdem Eigentum stehenden Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens geleistet werden. Dies gilt jedoch nicht,
soweit die Miet- und Pachtzinsen beim Vermieter oder
Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag
heranzuziehen sind (§ 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG).
2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die
Pachtzinsen beim Verpächter nicht zur Gewerbesteuer nach dem
Gewerbeertrag heranzuziehen sind.
a) Der Verpächter der Druckmaschinen ist
ein Verein, der - insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig -
nach seiner Satzung und der tatsächlichen
Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar
gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient
(§§ 51 ff. der Abgabenordnung - AO - ). Nach § 3 Nr.
6 GewStG ist er daher von der Gewerbesteuer befreit, soweit er
nicht einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine
selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen
oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die
über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht
(§ 14 AO).
b) Die Vermietung von Grundbesitz und anderem
Anlagevermögen ist in der Regel bloße
Vermögensverwaltung (Beschluss des Großen Senats des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440,
BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39). Gleiches gilt grundsätzlich
auch für die Verpachtung von Gewerbebetrieben und von
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, da für
gemeinnützige Körperschaften eine § 4 Abs. 4 des
Körperschaftsteuergesetzes entsprechende Regelung fehlt (Tipke
in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 64 AO
Rz 11; Sauer in Beermann/ Gosch,
Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 64 AO Rz 14; Sarrazin
in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 1897;
Senatsurteil vom 23.4.1969 I R 54/67, BFHE 95, 389, BStBl II 1969,
441 = SIS 69 02 79).
Die Verwaltung wendet allerdings zutreffend
(im Streitjahr: Abschn. 47 Abs. 12 Satz 4 der
Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 i.V.m. R 139 Abs. 5 der
Einkommensteuer-Richtlinien 1999) auf die Verpachtung eines zuvor
selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes
dieselben Grundsätze an, die für die Betriebsverpachtung
durch natürliche Personen und Personengesellschaften gelten
(grundlegend Beschluss des Großen Senats des BFH vom
13.11.1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77). Danach wird ein zuvor selbst geführter
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb so lange in der Form des
Verpachtungsbetriebes fortgeführt, bis der Verpächter die
Betriebsaufgabe erklärt (gl.A. FG Düsseldorf, Urteil vom
25.8.1971 VII 90/71 K, EFG 1972, 142; FG München, Urteil vom
8.5.1979 VII 53/74, EFG 1979, 512; Sarrazin in Lenski/Steinberg,
a.a.O., § 2 Rz 1897). Dies setzt allerdings voraus, dass die
wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen Pächter verpachtet
werden und der Betrieb identitätswahrend wieder aufgenommen
werden kann (BFH-Urteile vom 26.2.1997 X R 31/95, BFHE 183, 65,
BStBl II 1997, 561 = SIS 97 15 18; vom 17.4.1997 VIII R 2/95, BFHE
183, 385, BStBl II 1998, 388 = SIS 98 01 17).
Während bei natürlichen Personen und
Personengesellschaften die Betriebsverpachtung
gewerbesteuerrechtlich zum Erlöschen des Steuergegenstandes
führt, weil nicht absehbar ist, wann und ob der Unternehmer
seine werbende Tätigkeit wieder aufnimmt (z.B. BFH-Urteil vom
18.6.1998 IV R 56/97, BFHE 186, 356, BStBl II 1998, 735 = SIS 98 19 37, m.w.N.), ist aufgrund der Fiktion des § 2 Abs. 3 GewStG
die Fortführung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes
als Verpachtungsbetrieb gewerbesteuerpflichtig. Der wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb „gilt“ als Gewerbebetrieb,
auch wenn er die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG
nicht erfüllt (Sarrazin in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 2
Rz 1897).
c) Ob V die Druckmaschinen im Rahmen eines
fortgeführten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes i.S.
des § 2 Abs. 3 GewStG verpachtet hat, kann im Streitfall nicht
beurteilt werden, da das FG hierzu keine Feststellungen getroffen
hat. Diese Frage kann im Streitfall jedoch offen bleiben. Denn
selbst wenn V insoweit dem Grunde nach einen
gewerbesteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
unterhalten haben sollte, kann die Revision der Klägerin nicht
erfolgreich sein. Das FG hat nämlich zu Recht angenommen, dass
die Pachtzinsen bei V nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen
waren.
§ 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG und die ihm
entsprechende Vorschrift des § 9 Nr. 4 GewStG haben den Zweck,
die doppelte Erfassung von Miet- und Pachtzinsen beim Mieter und
Pächter einerseits und beim Eigentümer andererseits zu
verhindern. Scheidet die Möglichkeit, die Miet- oder
Pachtzinsen bei dem Vermieter oder Verpächter zur
Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen, aus, weil der
Vermieter oder Verpächter von der Gewerbesteuer befreit ist
oder weil die Entgelte in einem ausländischen Gewerbebetrieb
anfallen, so müssen die Miet- oder Pachtzinsen der
Gesetzessystematik entsprechend beim Mieter oder Pächter
erfasst werden (Senatsurteil vom 15.6.1983 I R 113/79, BFHE 139,
286, BStBl II 1984, 17 = SIS 84 03 24).
Nach § 64 Abs. 3 AO unterliegen die
Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nur dann der
Gewerbesteuer, wenn sie einschließlich Umsatzsteuer 60.000 DM
(30.678 EUR) im Jahr übersteigen. Wird diese
Besteuerungsgrenze nicht überschritten, so kann ein
entstandener Gewerbeverlust nicht in spätere
Veranlagungszeiträume vorgetragen werden (FG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 3.7.1996 1 K 1291/94, EFG 1997, 306; Fischer in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 64 AO Rz 69, m.w.N.;
Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 15.7.1998, BStBl I 1998,
630 = SIS 98 18 72 i.d.F. des Schreibens des Bundesministeriums der
Finanzen vom 26.1.2007, BStBl I 2007, 146 = SIS 07 06 02, zu §
64 Nr. 23). Ebenso wenig dürfen Überschüsse, die in
diesen Jahren erwirtschaftet werden, mit Verlustvorträgen
verrechnet werden. Die in diesen Jahren erzielten Einkünfte
sind damit von der Gewerbesteuer befreit und wirken sich auch nicht
mittelbar über Verlustvor- und -rückträge in anderen
Streitjahren aus. Nach dem Zweck des § 8 Nr. 7 GewStG sind die
Mietentgelte daher beim Pächter zur Hälfte dem
Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) hinzuzurechnen.
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb
verliert zwar auch in den Jahren, in denen die Einnahmen unter der
Besteuerungsgrenze von 60.000 DM (30.678 EUR) liegen, seinen
„Charakter“ nicht. Er wandelt sich dadurch
insbesondere nicht in einen Zweckbetrieb (Tipke in Tipke/Kruse,
a.a.O., § 64 AO Rz 18), sondern unterliegt z.B. mit seinen
Umsätzen nach wie vor dem vollen Umsatzsteuersatz des §
12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und nicht dem
ermäßigten nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.
Maßgeblich für die Anwendung des § 8 Nr. 7 GewStG
ist aber nicht, ob ein Besteuerungsobjekt (noch) vorhanden ist, das
abstrakt der Gewerbesteuerpflicht unterliegt, sondern allein, ob
die Pachtzinsen beim Verpächter im jeweiligen
Erhebungszeitraum gewerbesteuerpflichtig sind. Dies ist hier nicht
der Fall, so dass sie zu Recht nach § 8 Nr. 7 GewStG zur
Hälfte dem Gewerbeertrag hinzugerechnet wurden.