Avalkredit, Besicherung durch Kapitallebensversicherung, Zinsen, Steuerpflicht: 1. Ein Avalkredit ist kein Darlehen i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG. - 2. Wird ein Avalkredit durch Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung besichert, so führt das nicht zur Steuerpflicht der Zinsen aus der Lebensversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. - Urt.; BFH 27.3.2007, VIII R 27/05; SIS 07 16 78
I. Die Beteiligten streiten um die Frage,
ob die Sicherung eines Avalkredits durch eine Lebensversicherung
zur Steuerpflicht der Zinsen aus den Sparanteilen der
Lebensversicherung führt.
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist selbständiger Malermeister und erzielt
Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erhielt im September 1995
eine Anzeige nach § 29 Abs. 1 der
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) der Bank X vom
5.9.1995, aus der sich ergibt, dass der Kläger mit der Bank am
1.9.1995 einen Avalkreditvertrag über 70.000 DM abgeschlossen
hat. Als Sicherheit für den Avalkredit hat der Kläger die
Ansprüche aus seiner Lebensversicherung bei der Y-Versicherung
in Höhe von 100.000 DM an die Bank abgetreten bzw. beliehen.
In der Rubrik „Verwendungszweck des Darlehens (in
Kurzform)“ lautet die Anzeige:
„Mängelgewährleistung bzw.
Sicherheitseinbehalte“.
Da der Kläger auf Anfragen des FA zu
der Anzeige nach § 29 Abs. 1 EStDV nicht reagierte,
erließ dieses am 18.6.1998 einen Bescheid über die
gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus
Kapitallebensversicherungen, wonach die Zinsen aus der
Lebensversicherung des Klägers bei der Y-Versicherung als
insgesamt einkommensteuerpflichtig festgestellt wurden. Die dagegen
nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht
(FG) mit seinem in EFG 2005, 1345 = SIS 05 34 05
veröffentlichten Urteil vom 22.3.2005 13 K 1565/03 ab.
Mit der Revision rügt der Kläger
die fehlerhafte Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Ansprüche aus seiner
Kapitallebensversicherung bei der Y-Versicherung dienten nicht zur
Tilgung oder Sicherung eines Darlehens i.S. des § 10 Abs. 2
Satz 2 EStG. Ein Avalkredit sei kein Darlehen im Sinne dieser
Vorschrift, denn er bestehe nicht in der Hingabe von Geld, sondern
in der Übernahme einer Garantie. Dem Avalkredit fehlten damit
die wesensimmanenten Merkmale eines Darlehens. Demgemäß
sei der Einsatz von Lebensversicherungsansprüchen zur
Sicherung eines Avalkredits steuerunschädlich.
Im Übrigen lasse sich aus den
Gesetzesmaterialien ersehen, dass der Gesetzgeber die
ursprünglich vorgesehene Formulierung „Kredit“
bewusst durch den Begriff „Darlehen“ ersetzt habe.
Damit habe er das Gesetzesziel realisieren wollen, unliebsame
Steuergestaltungen in Form sog. Finanzierungsmodelle
einzudämmen. Da mit Steueränderungsgesetz (StÄndG)
1992 vom 25.2.1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) zudem
Ausnahmetatbestände geschaffen worden seien, die unter engen
Voraussetzungen eine steuerunschädliche Verwendung von
Lebensversicherungsansprüchen für wirtschaftliche Zwecke
zuließen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG), habe
der Gesetzgeber selbst die Zielsetzung einer uneingeschränkten
und ausschließlichen Verwendung von Lebensversicherungen
für Vorsorgezwecke aufgegeben. Vor diesem Hintergrund
müsse man den zivilrechtlichen Darlehensbegriff für die
Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG zugrunde legen. Das
zeige auch die Systematik des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG. Der
Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG
verlange, dass das Darlehen unmittelbar und ausschließlich
der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines
Wirtschaftsgutes diene, d.h., mit dem besicherten Darlehen
müssten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter
Wirtschaftsgüter finanziert worden sein. Das sei nur mit einem
Darlehen gemäß § 607 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) möglich, nicht aber mit einem
Avalkredit.
Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG München vom 22.3.2005 und den Bescheid des FA vom 18.6.1998
über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen
aus Kapitallebensversicherungen i.d.F. der Einspruchsentscheidung
vom 4.8.2000 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Das FA bezieht sich im Wesentlichen auf die
vom FG vertretene Rechtsauffassung, wonach die Abtretung der
Ansprüche aus der Lebensversicherung des Klägers zur
Sicherung eines Avalkredits steuerschädlich sei.
II. Die Revision des Klägers ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der angefochtene Bescheid
über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der
außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen
zur Lebensversicherung des Klägers enthaltenen Sparanteilen
(§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) ist entgegen der Auffassung des FG
rechtswidrig.
1. Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2
der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über
die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §
180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur
Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der
Abgabenordnung vom 16.12.1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3)
stellt das für die Einkommensbesteuerung des
Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht
der außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen
enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert
fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den
Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den
Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht
erfüllt sind. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen
bestehen nicht (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler -
HHSp -, § 180 AO Rz 497 f., m.w.N.).
2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den
Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall
enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG
steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht
für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im
Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach
Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt
werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben
Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als
Sonderausgaben abgezogen werden.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F.
des StÄndG 1992 - nachfolgend bis Veranlagungszeitraum
31.12.2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG - gilt die
Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2
Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den
Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b
EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen
Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in
denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG
abgezogen werden können. Diese Regelung ist darauf
zurückzuführen, dass die Bundesregierung bestimmten
steuersparenden Finanzierungsmodellen den Boden entziehen wollte
(vgl. dazu im Einzelnen BTDrucks 12/1108, S. 55 ff.). Der
ursprüngliche Gesetzentwurf des StÄndG 1992 sah deshalb
vor, den Sonderausgabenabzug für die Beiträge zu
Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG
entfallen zu lassen, bei denen der Anspruch auf die
Versicherungssumme der Tilgung oder der Sicherung eines Kredits
dient, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder
Werbungskosten sind (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 6). Da der
Finanzausschuss eine solche Regelung aus
„wirtschaftspolitischen, wohnungsbaupolitischen und
mittelstandspolitischen Gründen“ für zu restriktiv
und nicht vertretbar hielt, schlug er eine Lösung vor, bei der
neben der bisher schon möglichen steuerunschädlichen
Verwendung von Lebensversicherungen bei der Finanzierung selbst
genutzten Wohneigentums drei weitere Fälle des
steuerunschädlichen Einsatzes von Lebensversicherungen zu
Finanzierungszwecken zugelassen wurden (BTDrucks 12/1506, S. 156).
Dieser Vorschlag ist durch das StÄndG 1992 in das EStG
übernommen worden (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis
c EStG). Die Neufassung ist anwendbar, wenn die Ansprüche aus
dem Versicherungsvertrag nach dem 13.2.1992 zur Sicherung eines
Darlehens dienen (vgl. § 52 Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2
EStG i.d.F. des StÄndG 1992).
Entgegen der Auffassung des FG sind die
Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs danach erfüllt:
a) Die im Streitfall abgeschlossene
Lebensversicherung des Klägers ist unstreitig eine
Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.
b) Die Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag haben nach dem 13.2.1992 indes nicht zur
Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten
Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Die vom Kläger
für den Avalkredit an die Bank X zu entrichtende Avalprovision
in Höhe von 2,5 % p.a. vom jeweiligen
Bürgschafts-/Garantiebetrag ist zwar als Betriebsausgabe
(§ 4 Abs. 4 EStG) bei den Einkünften des Klägers aus
Gewerbebetrieb abzugsfähig. Ein Avalkredit ist jedoch kein
Darlehen i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG. Vielmehr
knüpft der Gesetzeswortlaut mit der Formulierung
„Darlehen“ an den in § 607 BGB geregelten
Vertragstypus an, d.h. an einen schuldrechtlichen Vertrag, der den
Darlehensgeber dazu verpflichtet, dem Darlehensnehmer Geld oder
andere vertretbare Sachen i.S. des § 91 BGB zu verschaffen und
für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit zu belassen. Der
Darlehensnehmer seinerseits hat die Verpflichtung, das empfangene
Kapital zurückzuerstatten und ggf. vereinbarte Darlehenszinsen
zu entrichten (Frotscher/Lindberg, EStG, § 10 Rz 188; Nolde in
Herrmann/ Heuer/Raupach - HHR -, § 10 EStG - Lfg.2.1995 - Rz
378; Dahm, Änderung der Besteuerung von
Lebensversicherungsverträgen durch das
Steueränderungsgesetz 1992 - endlich Klarheit?, DStZ 1993,
385; Wacker, Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der für
Finanzierungszwecke eingesetzten Lebensversicherungen nach dem
Steueränderungsgesetz 1992, DB 1993, Beilage 4/93, S. 4 f. mit
der Einschränkung, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit
des bürgerlich-rechtlichen Darlehensbegriffs nicht ohne
Ausnahme befürwortet werden kann; Tischbein, Kreditsicherung
durch Lebensversicherungsansprüche, Ein steuerrechtlicher
Leitfaden, Rz 22; derselbe, Absicherung eines Avalkredits durch
Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag, DStR 2007,
143; ähnlich Broudré, Die Sicherung von
Steuervergünstigungen für Policendarlehen, 2. Aufl., S.
15). Ein Avalkreditvertrag, bei dem sich - wie im Streitfall - eine
Bank für die Verbindlichkeit eines Kunden (hier: des
Klägers) gegenüber Dritten verbürgt, ist jedoch kein
Darlehen i.S. des § 607 BGB, sondern ein entgeltlicher
Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Bank und ihrem Kunden,
durch den die Bank es gegen Zahlung einer Avalprovision
übernimmt, sich zugunsten ihres Kunden gegenüber dessen
Gläubiger zu verbürgen (Urteil des Bundesgerichtshofs -
BGH - vom 3.5.1984 IX ZR 37/83, NJW 1984, 2088; Oberlandesgericht -
OLG - München, Urteil vom 6.5.1987 7 U 1661/87,
Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1988, 1554; BGH-Urteil vom 6.7.2000
IX ZR 206/99, DB 2000, 2060; Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 4.5.2004 VII B 318/03, BFH/NV 2004, 1363 = SIS 04 35 65). Denn
ein Avalkredit besteht nicht in der Hingabe von Geld, sondern
darin, dass das Kreditinstitut mit seinem Namen und seinem Kredit
für die Verbindlichkeiten des Kunden einzustehen bereit ist
und eine Haftungszusage erteilt (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.1991 IV
R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600 = SIS 92 13 21, m.w.N.;
Canaris in Großkomm. HGB, Bankvertragsrecht, 4. Aufl., 9.
Abschn. Die Bankgarantie, Rz 1106; Palandt/Sprau, Bürgerliches
Gesetzbuch, 60. Aufl., § 675 Rz 10). Daher wird die
Absicherung eines Avalkredits durch Ansprüche aus einem
Lebensversicherungsvertrag allgemein als steuerunschädlich
erachtet (vgl. Tischbein, Absicherung eines Avalkredits durch
Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag, DStR 2007,
143; derselbe, Kreditsicherung durch
Lebensversicherungsansprüche, Ein steuerrechtlicher Leitfaden,
Rz 22; Broudré, a.a.O., S. 16; Söhn, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz P 42; Dahm,
Änderung der Besteuerung von Lebensversicherungsverträgen
durch das Steueränderungsgesetz 1992 - endlich Klarheit?, DStZ
1993, 385; kritisch zum Urteil der Vorinstanz auch Zimmermann,
Anmerkung zum Urteil des FG München in EFG 2005, 1345 = SIS 05 34 05). Die Finanzverwaltung hat sich mit dieser Frage - soweit
ersichtlich - noch nicht befasst.
c) Der Senat schließt sich der
allgemeinen Ansicht im Schrifttum an und erachtet die Besicherung
des dem Kläger gegebenen Avalkredits durch die Ansprüche
aus dessen Lebensversicherung als steuerunschädlich. Zum einen
hat ein Avalkredit - wie auch vom FG zutreffend erkannt - nicht die
Hingabe von Geld zum Gegenstand. Vielmehr besteht sein Wesen darin,
dass ein Kreditinstitut - wie vorstehend dargelegt - in seinem
Namen für die Verbindlichkeiten ihres Kunden gegenüber
einem Dritten einsteht und die Haftung gegenüber dem
Gläubiger des Kunden übernimmt. Das zeigt sich
insbesondere an dem vom FG im Streitfall festgestellten
Verwendungszweck des Avalkredits
„Mängelgewährleistung bzw.
Sicherungseinbehalte“. Diese Feststellungen, an die der Senat
gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, machen
deutlich, dass die Bank dem Kläger kein Geld zur
Verfügung gestellt hat, sondern dass der Kläger den
Avalkredit, d.h. die in diesem Rahmen seitens der Bank gestellte
Gewährleistungsbürgschaft lediglich dazu genutzt hat, die
auf dem Bausektor ansonsten üblichen Sicherungseinbehalte des
Auftraggebers und damit für ihn - den Kläger - verbundene
Liquiditätseinbußen zu vermeiden. Während bei
üblichen (verzinslichen) Bankdarlehen die Bank den Kunden zu
verzinsendes Kapital zur Verfügung stellt, übernimmt sie
bei einem Avalkredit lediglich die Bürgschaft bzw. Garantie
gegenüber ihren Kunden, für deren Verbindlichkeit
gegenüber Dritten einzustehen. Ein Anspruch auf
Überlassung von Geld folgt daraus nicht. Das zeigt sich auch
darin, dass bei einem Avalkredit keine Zinsen zu entrichten sind,
sondern lediglich eine Avalprovision (hier: 2,5 % Provision p.a.),
die üblicherweise deutlich niedriger ausfällt als der
Zins bei einem Darlehen i.S. des § 607 BGB. Im Schrifttum wird
zwar teilweise eine steuerschädliche Besicherung angenommen,
wenn die Bank aus ihrer Bürgschaft/Garantie in Anspruch
genommen wird, d.h. wenn infolge der Inanspruchnahme der Bank aus
dem Avalkredit während der Laufzeit der Besicherung ein
Anspruch der Bank auf Aufwendungsersatz aus ihrer Inanspruchnahme
entsteht (vgl. Tischbein, Absicherung eines Avalkredits durch
Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag, DStR 2007,
143; derselbe, Kreditsicherung durch
Lebensversicherungsansprüche, Ein steuerlicher Leitfaden, Rz
22; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., §
10 Rz P 42; ähnlich Dahm, Änderung der Besteuerung von
Lebensversicherungsverträgen durch das
Steueränderungsgesetz 1992 - endlich Klarheit?, DStZ 1993,
385, 388). Der Senat kann indes offenlassen, ob er dem folgen
könnte, denn im Streitfall ist diese Konstellation nicht
gegeben, da eine Inanspruchnahme der Bank nicht erfolgt ist und
demgemäß ein Aufwendungsersatzanspruch der Bank aufgrund
ihrer Inanspruchnahme weder entstanden noch kreditiert worden ist.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Sonderausgabenabzug
für die Lebensversicherungsbeiträge des Klägers
daher nicht ausgeschlossen.
3. Dieses Ergebnis entspricht auch Sinn und
Zweck des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG. Zwar wollte der Gesetzgeber
mit der Neufassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F.
des StÄndG 1992 - nachfolgend bis Veranlagungszeitraum
31.12.2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG - dem Gedanken der
privaten Vorsorge wieder mehr Gewicht verleihen. Mit der
gleichzeitig erfolgten Änderung des § 10 Abs. 2 EStG
durch das StÄndG 1992 sollte aber kein generelles Abzugsverbot
für Beiträge zu Kapitallebensversicherungen, die anderen
als Vorsorgezwecken dienen, ausgesprochen werden (vgl. Zimmermann,
Anmerkung zum Urteil des FG München in EFG 2005, 1346, m.w.N.;
Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rz
P 7 ff.; HHR/Nolde, § 10 EStG - Lfg.2.1995 - Rz 374). Der
Gesetzgeber hat mit dem Ausnahmekatalog in § 10 Abs. 2 Satz 2
Buchst. a bis c EStG nicht nur den reinen Vorsorgegedanken
eingeschränkt, sondern zugleich die Förderung
wirtschafts-, wohnungsbau- und mittelstandspolitischer Ziele
verfolgt und deshalb die ursprünglich vorgesehene deutlich
restriktivere Regelung (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 6), nach der
jegliche Sicherung oder Tilgung von Krediten durch
Lebensversicherungen steuerschädlich sein sollte, sofern die
Finanzierungskosten bei der Erzielung steuerpflichtiger
Einkünfte abzugsfähig waren, nicht realisiert. Im
Ergebnis zielte die Neufassung des Gesetzes deshalb vornehmlich
darauf, bestimmten steuersparenden Finanzierungsmodellen,
insbesondere sog. Zinsaufblähungsmodellen, bei denen
Darlehenszinsen durch Aufnahme neuer Darlehen finanziert werden,
den Boden zu entziehen (vgl. BFH-Urteile vom 13.7.2004 VIII R
48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060 = SIS 04 38 15; VIII R
52/03, BFH/NV 2005, 181 = SIS 05 07 54, und VIII R 61/03, BFH/NV
2005, 184 = SIS 05 07 55, m.w.N.; ebenso HHR/Nolde, § 10 EStG
- Lfg.2.1995 - Rz 374). Im Zusammenhang mit Avalkrediten kommen
derartige „Steuersparmodelle“ indes nicht vor. Das
liegt sowohl daran, dass die Avalprovision, d.h. das Entgelt, das
der Kunde für den Avalkredit zu entrichten hat, in der Regel
deutlich niedriger ist als der bei üblichen
Darlehensfinanzierungen zu entrichtende Darlehenszins, als auch
daran, dass Avalkredite - vor allem bei den in der Praxis
häufig vorkommenden Avalen für Gewährleistung,
Sicherungseinbehalt oder Vertragserfüllung - deutlich
kürzere Laufzeiten haben als Investitionsfinanzierungen. Hinzu
kommt, dass der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG
u.a. voraussetzt, dass ein Darlehen unmittelbar und
ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder
Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, mit dem besicherten
Darlehen also Anschaffungs-/Herstellungskosten eines
Wirtschaftsguts finanziert werden. Das ist indes nur mit einem
Darlehen i.S. des § 607 BGB möglich, nicht aber mit einem
Avalkredit. Auch wenn die Finanzierungskosten des Avalkredits
für den Kläger Betriebsausgaben sind, wäre es mit
Sinn und Zweck der Neufassung der §§ 20 Abs. 1 Nr. 6 und
10 Abs. 2 Satz 2 EStG durch das StÄndG 1992 deshalb nicht
vereinbar, den Sonderausgabenabzug für die
Lebensversicherungsbeiträge zu versagen und damit die
Steuerpflicht der Zinsen aus den Sparanteilen, die in den
Lebensversicherungsbeiträgen enthalten sind, zu bejahen.
4. Die Vorentscheidung ist von anderen
Voraussetzungen ausgegangen, sie ist daher aufzuheben. Die Sache
ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben.