Körperschaftsteuerliche Organschaft, passiver Ausgleichsposten, Auflösung: Veräußert der Organträger seine Beteiligung an der Organgesellschaft, ist ein bei ihm vorhandener besonderer passiver Ausgleichsposten erfolgsneutral aufzulösen (entgegen Abschn. 59 Abs. 5 KStR 1995; R 63 Abs. 3 KStR 2004). (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 5.10.2007, IV B 7 - S 2770/07/0004, BStBl 2007 I S. 743 = SIS 07 34 96) - Urt.; BFH 7.2.2007, I R 5/05; SIS 07 15 03
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine Holding GmbH, hielt u.a. sämtliche
Anteile an der S-GmbH (S). Diese war wiederum zu 65 v.H. an der
ST-GmbH & Co. KG (ST) als Kommanditistin beteiligt. Die S
besaß außer der Kommanditbeteiligung und
Gesellschaftsanteilen an der Komplementär-GmbH der ST keine
weiteren Vermögensgegenstände. Am 30.6.1997 brachte die
Klägerin ihre Anteile an der S zum Verkehrswert in die T-GmbH
(T) ein, deren Anteile sie im Streitjahr 1997 am 17. März
erworben hatte. Diese Anteile veräußerte sie am
18.7.1997 an verschiedene Mitglieder der Familie X. Wegen der
zwischen der Klägerin und der S bestehenden
körperschaftsteuerlichen Organschaft wurden ihr von 1990 bis
1996 (handelsrechtliche) Verluste der S in Höhe von insgesamt
68.621.584 DM zugerechnet. Diese rührten aus der
Kommanditbeteiligung an der ST her. Nach einem Ausgleich der
handelsrechtlichen Verluste der ST durch Forderungsverzichte der S
beliefen sich die nicht ausgeglichenen Verluste auf 24.903.620 DM.
Infolgedessen war das Kapitalkonto der S bei der ST zum 31.12.1996
von 42.770.000 DM auf 17.866.380 DM gesunken. Eine
Teilwertabschreibung ihrer Beteiligung an der ST nahm die S in
ihrer Handelsbilanz nicht vor. Zusammen mit nachträglichen
Anschaffungskosten stand die Beteiligung bei der S zum 31.12.1996
vielmehr mit 42.770.000 DM zu Buche. Steuerlich wurden der S
für 1990 bis 1996 Verlustanteile in Höhe von insgesamt
67.593.695 DM zugerechnet. Das steuerliche Kapitalkonto der S bei
der ST reduzierte sich daher zum 31.12.1996 auf 16.238.395 DM. Mit
diesem Wert wurde die Kommanditbeteiligung der S an der ST in der
Steuerbilanz der S angesetzt.
Nachdem die S in ihrer Handelsbilanz keine
Abwertung ihrer Kommanditbeteiligung vorgenommen hatte, stand in
den Verlustjahren dem negativen steuerlichen Einkommen der S keine
entsprechende handelsrechtliche Verlustübernahme
gegenüber. Für diese handelsrechtlichen
Mehrabführungen bildete die Klägerin in ihrer
Steuerbilanz einkommensneutral passive Ausgleichsposten. Aus den
Mehr- und Minderabführungen aus der Organschaft zwischen der
Klägerin und der S ergab sich nach Durchführung einer
Betriebsprüfung ein Bestand von 12.866.002 DM. Dass dieser
Bestand geringer war als die Reduzierung des steuerlichen
Kapitalkontos der S bei der ST, beruhte auf der Bildung einer
Rückstellung der S für latente Steuerbelastungen aus
ihrer Beteiligung an der ST in der Handelsbilanz in Höhe von
11.808.000 DM. Damit sollte berücksichtigt werden, dass
künftige Gewinne der ST bis zur Wiederherstellung einer
ausreichenden Eigenkapitalbasis nicht entnommen werden
könnten, gleichwohl aber nach Beendigung der Organschaft bei
der S dennoch der Körperschaftsteuer unterlägen. Da die
Rückstellung nur in der Handelsbilanz gebildet worden war,
minderte sie die handelsrechtliche Mehrabführung in 1996 und
damit auch den passiven Ausgleichsposten bei der
Klägerin.
In ihrer
Körperschaftsteuererklärung 1997 löste die
Klägerin entsprechend Abschn. 59 Abs. 5 Satz 2 der
Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) 1995 den passiven
Ausgleichsposten, soweit er die S betraf, gewinnerhöhend auf.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - )
folgte dem und erließ entsprechende Steuerbescheide. Nach
Durchführung der Betriebsprüfung wandte sich die
Klägerin gegen die erfolgswirksame Auflösung des passiven
Ausgleichspostens. Sie machte geltend, dadurch werde der Vorbehalt
des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - ) sowie das
Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Art. 3
Abs. 1 GG) verletzt. Es fehle eine gesetzliche Regelung für
die Auflösung von aktiven und passiven
Ausgleichsposten.
Das Finanzgericht (FG) München schloss
sich dem an und gab der Klage mit Urteil vom 10.12.2004 6 K 2436/02
(EFG 2005, 628 = SIS 05 19 36) statt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung materiellen Rechts (§§ 14 bis 19 des
Körperschaftsteuergesetzes - KStG 1996 -, Art. 20 Abs. 3
GG).
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Das dem Verfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keinen Antrag
gestellt.
II. Die Revision des FA ist unbegründet.
Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat zutreffend entschieden, dass bei
der Ermittlung des Gewinns aus der Einbringung der Beteiligung an
der S in die T der passive Ausgleichsposten nicht erfolgswirksam
aufzulösen ist, da es hierfür an einer gesetzlichen
Grundlage fehlt.
1. Zwischen der Klägerin und der S
bestand in den Streitjahren ein Organschaftsverhältnis.
Gemäß § 14 i.V.m. § 17 KStG 1996 war der
Klägerin daher das Einkommen der S zuzurechnen. Da die
Organgesellschaft nur verpflichtet ist, ihren handelsrechtlichen
Gewinn an den Organträger abzuführen (§ 291 Abs. 1
des Aktiengesetzes - AktG - ), und der Organträger nur den
handelsrechtlich erlittenen Verlust der Organgesellschaft
ausgleichen muss (§ 302 Abs. 1 AktG), können steuerlich
zugerechnetes Einkommen und tatsächlich abgeführtes
Einkommen differieren. Die hieraus resultierenden sog. Mehr- und
Minderabführungen werden beim Organträger durch aktive
oder passive Ausgleichsposten berücksichtigt. Zweck der
Ausgleichsposten ist es, die zweifache Besteuerung desselben
wirtschaftlichen Gewinns bzw. die doppelte Berücksichtigung
eines wirtschaftlichen Verlustes und die Nichterfassung des Gewinns
der Organgesellschaft innerhalb des Organkreises zu vermeiden. Die
Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft gemäß
§ 14 KStG 1996 und die Einkommensermittlung beim
Organträger nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen
sollen weder zu einer Doppelbesteuerung des Organeinkommens
führen (Senatsurteil vom 24.7.1996 I R 41/93, BFHE 181, 53,
BStBl II 1996, 614 = SIS 96 22 41, m.w.N.) noch soll das
Organeinkommen unbesteuert bleiben. Mehrabführungen einzelner
Jahre werden daher durch Minderabführungen anderer Jahre
ausgeglichen.
2. Bei der Klägerin haben sich die von
der S erzielten steuerlichen Verluste gewinnmindernd ausgewirkt.
Handelsrechtlich stand dem jedoch keine Verlustübernahme in
voller Höhe gegenüber. Ursächlich dafür ist,
dass die S die Minderung ihres Kapitalkontos bei der ST
handelsrechtlich nicht nachvollzogen hat, sondern die Beteiligung
nach wie vor mit den Anschaffungskosten von 42.770.000 DM
bilanziert hatte und daher handelsrechtlich kein entsprechend hoher
Verlust eingetreten ist. Durch die Zurechnung der steuerlichen
Verluste in voller Höhe ist die Klägerin so behandelt
worden, als habe sie die Verluste der S ausgeglichen, obwohl diese
Minderung ihres Betriebsvermögens tatsächlich nicht
eingetreten ist. Abzüglich einer handelsrechtlichen
Rückstellung ergab sich hierdurch per Saldo ein passiver
Ausgleichsposten von 12.866.002 DM.
3. Entgegen der Auffassung der
Finanzverwaltung (Abschn. 59 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 Sätze 2 und
3 KStR 1995; BMF-Schreiben vom 26.8.2003, BStBl I 2003, 437 = SIS 03 37 70 Rz. 40 ff.; R 63 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Sätze 2 und 3
KStR 2004) und Teilen der Literatur (s. nachfolgend unter 3.a und
b) ist der passive Ausgleichsposten infolge der Einbringung der
Beteiligung in die T nicht erfolgswirksam aufzulösen. Für
eine entsprechende Steuerbelastung fehlt eine Rechtsgrundlage
(gleicher Ansicht FG Düsseldorf, Urteil vom 24.8.1989 6 K
382/84, EFG 1990, 77; Neumann in Gosch KStG § 14 Rz 445, 459;
Glutsch/Meining, DB 2007, 308; Walter in Ernst & Young, KStG,
§ 14 Rz 893; Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG
Rz 93 f.; s. auch Witt/Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG nF Rz 370; Dötsch,
DB 1993, 752).
a) Wird die Beteiligung an der
Organgesellschaft veräußert, ist nach der
Verwaltungspraxis und überwiegender Meinung ein aktiver
Ausgleichsposten gewinnmindernd (s. Senatsurteil in BFHE 181, 53,
BStBl II 1996, 614 = SIS 96 22 41) und ein passiver
Ausgleichsposten gewinnerhöhend aufzulösen (vgl. z.B.
Witt/Dötsch in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 14
KStG nF Rz 373, 397; Kußmaul/ Richter, DStR 1999, 1717;
Dötsch, DB 1993, 752; Kuhn/Reiß, Steuern und Bilanzen -
StuB - 2004, 753, sowie weitere Nachweise nachfolgend unter b).
b) Die Begründung hierfür differiert
allerdings. Ein Teil der Literatur ist der Auffassung, der
organschaftliche Ausgleichsposten sei lediglich ein
bilanztechnisches Mittel, die Einmalbesteuerung des Organeinkommens
sicherzustellen (z.B. Jurkat, Organschaft, 1975, Rz 636;
Hübel, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 1984,
11). Der Senat hat sich dem im Urteil in BFHE 181, 53, BStBl II
1996, 614 = SIS 96 22 41 angeschlossen. Nach anderer Auffassung
kommt dem organschaftlichen Ausgleichsposten ein materieller Gehalt
zu: Es handele sich um einen steuerbilanziellen Korrekturposten zum
Wert der Beteiligung (Reiß, StuB 2004, 812; Brezing, DB 1976,
1030; Dantzer, StBp 1983, 176 und 1984, 149; Frotscher in
Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 310;
Witt/Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 14
KStG nF Rz 365 ff., 368; Danelsing in Blümich, § 14 KStG
Rz 210; Füger/Rieger, FR 2003, 543, 546; Widmann in
Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 283;
Rouenhoff, DStR 2005, 1636; BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 437 =
SIS 03 37 70, Tz. 43, a.A. noch Abschn. 59 Abs. 1 Satz 2 KStR 1995;
Oberfinanzdirektion Frankfurt, Verfügung vom 8.11.2005, DStR
2005, 2044 = SIS 06 01 92).
Diese Auffassung stützt sich vornehmlich
auf § 37 Abs. 2 KStG 1996, der bestimmte, dass
Minderabführungen bei der Organgesellschaft in den Teilbetrag
i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1996 einzuordnen waren und
demnach wie Einlagen behandelt wurden; ferner nunmehr auf § 27
Abs. 6 KStG 2002, der anweist, dass Mehr- und
Minderabführungen in das Einlagekonto der Organgesellschaft zu
buchen sind. Hieraus wird geschlossen, dass Minderabführungen
als verdeckte Einlage des Organträgers in die
Organgesellschaft zu werten und damit auch bilanzrechtlich als
Einlage zu behandeln seien. Umgekehrt ergebe sich, dass das Gesetz
nach alter wie neuer Rechtslage Mehrabführungen typisierend
als Rückzahlungen von gesellschaftsrechtlichen Einlagen ansehe
(Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 14 KStG Rz 310 ff.;
Witt/Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 14
KStG nF Rz 368).
c) Der Senat folgt dieser Auffassung nicht.
Weder aus § 37 Abs. 2 KStG 1996 noch aus dem Zweck der
Organschaft kann dieses Ergebnis abgeleitet werden.
aa) Wie der Senat bereits in seinem Urteil in
BFHE 181, 53, BStBl II 1996, 614 = SIS 96 22 41 ausgeführt
hat, können Einlagegrundsätze aufgrund
organschaftsrechtlicher Besonderheiten nicht unmittelbar - etwa
durch Erhöhung oder Minderung des Beteiligungsansatzes - zu
einem verminderten oder erhöhten Veräußerungsgewinn
führen. Die Mehrabführung ist handelsrechtlich
Abführung des laufenden Jahresüberschusses und nicht die
Rückzahlung von Einlagen. Grundlage für die Zahlung ist
der Ergebnisabführungsvertrag, der zwar auch seine Ursache im
Gesellschaftsverhältnis hat, der aber Einlagegrundsätzen
vorgeht.
bb) Mehrabführungen können auch
nicht fiktiv als Rückzahlung von Einlagen behandelt
werden.
aaa) Eine solche Qualifizierung als
zurückgezahlte Einlagen folgt insbesondere nicht aus § 37
Abs. 2 KStG 1996. Nach dieser Vorschrift sind
Minderabführungen bei der Organgesellschaft in das EK 04
(§ 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1996) einzuordnen,
Mehrabführungen mindern das EK 04. Aus der
Gesetzesbegründung (BTDrucks 7/1470, S. 374 zu § 40)
ergibt sich, dass die Regelung verhindern soll, dass der Teil des
Eigenkapitals, der durch Minderabführungen entstanden ist, bei
einer späteren Abführung oder Ausschüttung bei dem
Organträger oder bei den anderen Anteilseignern zur
Steuerpflicht oder zur Anrechnung von Körperschaftsteuer
führt. Daher sollte dieser Teil des Eigenkapitals der
Organgesellschaft wie Eigenkapital zu behandeln sein, das durch
Einlagen der Anteilseigner entstanden ist. Abgesehen davon, dass es
sich hierbei um eine Regelung über die Gliederung des
Eigenkapitals und nicht um eine Gewinnermittlungsvorschrift
handelt, lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch
aus ihrem Zweck ableiten, dass Mehrabführungen beim
Organträger fiktiv als Rückzahlung von Einlagen zu
beurteilen sind und daher ein passiver Ausgleichsposten beim
Organträger im Falle der Veräußerung der
Organbeteiligung gewinnwirksam aufzulösen ist.
bbb) Die §§ 14 ff. KStG 1996
enthalten ebenfalls keine Regelungen über die Bildung oder
Auflösung von aktiven oder passiven Ausgleichsposten. Auch aus
dem Zweck der §§ 14 ff. KStG 1996 lässt sich nicht
ableiten, dass Mehrabführungen fiktiv wie die Rückzahlung
von Einlagen zu behandeln und daher im Falle einer
Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft
erfolgswirksam aufzulösen sind.
§ 14 KStG 1996 knüpft an das
Handelsrecht an und setzt für die Zurechnung des Einkommens
der Organgesellschaft einen Ergebnisabführungsvertrag (§
291 Abs. 1 AktG) voraus. Wegen der Abweichung von steuerrechtlicher
Einkommenszuweisung und handelsrechtlicher Verpflichtung ergeben
sich beim Organträger Vermögensmehrungen und
-minderungen, die, blieben sie endgültig, jedenfalls bei
typisierender Betrachtung entweder zu einer doppelten
Berücksichtigung desselben Einkommens oder zu einer
Nichtberücksichtigung von Einkommensteilen führen
können. Obwohl diese Folge offenkundig ist, hat der
Gesetzgeber auf eine Regelung über die Behandlung von
Mehrabführungen verzichtet und sich auf die Regelung in §
37 Abs. 2 KStG 1996 beschränkt. Dies kann zwar - wie das BMF
in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - darin
begründet sein, dass der Gesetzgeber angesichts der
zunächst allgemein akzeptierten Verwaltungsübung keinen
Bedarf für eine ausdrückliche Regelung gesehen hat. Nicht
zuletzt in Anbetracht der langjährigen Diskussion um das
Fehlen einer entsprechenden normativen Rechtsgrundlage (vgl. z.B.
Dötsch, DB 1993, 752; zu w.N. s. Kolbe in Herrmann/Heuer/
Raupach, a.a.O., § 14 KStG Rz 93 [S. K 85]) ist jedoch
keineswegs auszuschließen, dass er die sich aus
Mehrabführungen der Organschaft ergebende steuerfreie
Eigenkapitalmehrung des Organträgers bewusst hingenommen
hat.
Darauf könnte zwischenzeitlich auch der
Umstand hindeuten, dass der Gesetzgeber zwar mit § 14 Abs. 3
KStG Regelungsbedarf für in vorvertraglicher Zeit verursachte
Mehr- und Minderabführungen gesehen und mit § 14 Abs. 3
KStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in
nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften
(Richtlinien-Umsetzungsgesetz - EURLUmsG - ) vom 9.12.2004 (BGBl I
2004, 3310, 3843, BStBl I 2004, 1158) hierfür eine
entsprechende Regelung getroffen, darauf für in vertraglicher
Zeit verursachte Mehr- oder Minderabführungen aber nach wie
vor verzichtet hat. Für die vom BMF ins Feld geführte
gewohnheitsrechtliche Verfestigung der Verwaltungspraxis fehlen
jedenfalls jegliche Anhaltspunkte. Die Annahme von Gewohnheitsrecht
erfordert, dass sich zu einer bestimmten Rechtsfrage durch
ständige Übung ein Rechtsbewusstsein der beteiligten
Kreise gebildet hat und die Gerichte diese Rechtsüberzeugung
teilen (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.11.1997 VII
E 6/97, BFHE 184, 237, BStBl II 1998, 121 = SIS 98 08 99, m.w.N.;
Kolbe, ebenda). Daran fehlt es indes. Weder hat der BFH bislang
abschließend über die hier in Rede stehende Situation
entschieden noch findet sich, wie aufgezeigt, im Schrifttum zu
dieser Frage ein einheitliches Meinungsbild.
ccc) Im Übrigen verschiebt § 14 KStG
zwar die steuerliche Einkommenszurechnung und durchbricht das
Prinzip der Rechtssubjektivität. Das ändert aber nichts
daran, dass die Einkommen von Organträger und
Organgesellschaft nach wie vor getrennt ermittelt und als solche
besteuert werden. Ein (späterer) Gewinn aus der
Veräußerung der Anteile an der Organgesellschaft, so
denn der - in der Regel nach Ertragswertmaßstäben
ermittelte - Veräußerungspreis überhaupt aus
Substanzgesichtspunkten gespeist und durch die (frühere)
Mehrabführung erhöht worden sein sollte, fällt aber
stets als eigener Gewinn des Organträgers und nicht als
(organschaftlich zugerechneter) Gewinn der Organgesellschaft an.
Nur um die Neutralisierung des Gewinns der Organgesellschaft kann
es bei der Bildung von steuerlichen Ausgleichsposten aber gehen;
die prinzipielle Unterscheidung von Organträger und
Organgesellschaft als selbständige Rechtsträger bleibt
auch in steuerlicher Hinsicht trotz des
Ergebnisabführungsvertrags uneingeschränkt erhalten
(zutreffend Kolbe, ebenda [S. K 87 f.]; Neumann in Gosch, a.a.O.,
§ 14 Rz 445).
cc) Aktive und passive Ausgleichsposten sind
daher bilanztechnische Erinnerungsposten (so schon Senatsurteil in
BFHE 181,53, BStBl II 1996, 614 = SIS 96 22 41), die aus
organschaftlichen Besonderheiten resultieren und außerhalb
der Steuerbilanz des Organträgers festzuhalten sind, um eine
spätere Doppel- oder Keinmalbesteuerung zu verhindern, die mit
dem Wesen der Organschaft unvereinbar wäre (Wassermeyer in
Herzig, Organschaft, 2003, S. 208, 217). Diese Erinnerungsposten
sind aufzulösen, wenn die Doppel- oder Keinmalbesteuerung
nicht mehr droht. Die Auflösung ist auch bei
Veräußerung der Beteiligung erfolgsneutral. Für die
Annahme eines erfolgswirksamen Vorgangs fehlt die gesetzliche
Grundlage oder eine aus dem Wesen der Organschaft eindeutig
abzuleitende Pflicht. Eine solche aus dem Gesetz abzuleitende
Pflicht ist im Steuerrecht als Eingriffsrecht unverzichtbar (vgl.
Art. 20 Abs. 3 GG).