Patronatserklärung, Passivierung, Zeitpunkt: Verpflichtungen aus sog. harten Patronatserklärungen sind erst zu passivieren, wenn die Gefahr einer Inanspruchnahme ernsthaft droht. Eine Inanspruchnahme aus einer konzerninternen Patronatserklärung der Muttergesellschaft für ein Tochterunternehmen droht dann nicht, wenn das Schuldnerunternehmen zwar in der Krise ist, innerhalb des Konzerns ein Schwesterunternehmen aber die erforderliche Liquidität bereitstellt und aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit nicht damit zu rechnen ist, dass dieses Schwesterunternehmen Ansprüche gegen die Muttergesellschaft geltend machen wird. - Urt.; BFH 25.10.2006, I R 6/05; SIS 07 06 37
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin),
eine GmbH, Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit einer
Patronatserklärung für eine ihrer Tochtergesellschaften
passivieren konnte.
Die Klägerin ist eine
geschäftsleitende Holding, die in den Streitjahren 1990 bis
1994 Beteiligungen an mehreren inländischen und
ausländischen Gesellschaften, darunter eine 100%ige
Beteiligung an der X-GmbH (X) und der S-GmbH (S) hielt.
Gesellschafter der Klägerin waren die Eheleute Z, die Anteile
von 67,02 v.H. und 32,98 v.H. hielten.
Die X wurde im Jahr 1988 gegründet.
Sie hat ein Stammkapital in Höhe von 50.000 DM. In den Jahren
1988 bis 1994 erwirtschaftete sie Verluste von insgesamt 5,4 Mio.
DM. Die Verluste führten unstreitig bereits 1990 zu einer
Überschuldung der X. Der Hauptgesellschafter der
Klägerin, der zu diesem Zeitpunkt
Alleingeschäftsführer sowohl der Klägerin als auch
der S war, wies daraufhin im Juli 1990 den Prokuristen der S an,
die Liquidität der X über Darlehenszahlungen der S
aufrechtzuerhalten. Die Finanzierung erfolgte über die S, weil
diese als Eigentümerin des Grundbesitzes der
Unternehmensgruppe die entsprechenden Sicherheiten für die
Refinanzierung stellen konnte. Die S gewährte der X ab Juli
1990 Darlehen, die bis zum Jahresende eine Höhe von 500.000 DM
erreichten. Im Oktober 1990 gab die Klägerin der X ebenfalls
einen Kredit in Höhe von 350.000 DM. Die Darlehensforderung
wurde im Jahresabschluss 1990 auf 1 DM wertberichtigt.
Unter dem 20.12.1991 gab die Klägerin
gegenüber der X folgende Patronatserklärung ab:
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„Wir verpflichten uns, unsere
Tochtergesellschaft ‘X’, ..., finanziell stets so
ausgestattet zu halten, dass diese ihren Verpflichtungen
gegenüber Dritten in vollem Umfang pünktlich nachkommen
kann. Wir verpflichten uns weiterhin, unsere Darlehensforderung
gegen ‘X’, ..., solange und in dem Umfang nicht geltend
zu machen, als die Gesellschaft überschuldet
ist.“
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In den ersten Jahren der Streitjahre
finanzierte sich die X teilweise durch Kredite der S, teilweise
durch unmittelbare Inanspruchnahme von Bankkrediten. So wies die
Bilanz zum 31.12.1990 Bankkredite in Höhe von 917.000 DM und
Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen in
Höhe von 2.370.000 DM aus. 1991 stiegen die Beträge auf
ca. 1.165.000 DM Bankkredite und ca. 3.360.000 DM gruppeninterne
Kredite. Im Juli 1993 wurde die Finanzierung der Unternehmensgruppe
umstrukturiert. Die S schloss als Finanzierungsstelle der
Unternehmensgruppe mit mehreren Banken einen Poolvertrag, mit dem
die Banken der S zur Finanzierung der gesamten Unternehmensgruppe
eine Kreditlinie von 13.150.000 DM einräumten. Die S leitete
die Kredite entsprechend den wirtschaftlichen Erfordernissen an die
Schwestergesellschaften weiter.
Die X bilanzierte die Verbindlichkeiten aus
der Inanspruchnahme der Kreditlinie als Verbindlichkeiten
gegenüber verbundenen Unternehmen. Auf der Passivseite der
Bilanzen findet sich der Zusatz:
„Gewährleistungsanspruch, Patronatserklärung der
Gesellschafter“ mit Betragsangabe.
Die Klägerin bildete für die
drohende Inanspruchnahme aus der Patronatserklärung zu den
jeweiligen Bilanzstichtagen Rückstellungen in Höhe von
1.595.000 DM im Jahr 1990, die bis zum Streitjahr 1994 auf
5.056.000 DM anwuchsen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) vertrat die Auffassung, die Verpflichtungen aus
der Patronatserklärung seien in den Streitjahren nicht zu
passivieren gewesen, da eine Inanspruchnahme der Klägerin
nicht gedroht habe.
Das Finanzgericht (FG) Köln wies die
Klage mit in EFG 2005, 477 = SIS 05 14 93 veröffentlichtem
Urteil vom 14.12.2004 13 K 6713/00 ab.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Entscheidung des FG aufzuheben und die
angefochtenen Steuerbescheide unter Anerkennung der streitigen
Rückstellungen/Verbindlichkeiten der Klägerin aus der
Patronatserklärung zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Dessen tatsächliche
Feststellungen lassen eine abschließende Beurteilung des
Streitfalls nicht zu.
1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG), §§ 98a, 103 Abs.
1 des Bewertungsgesetzes (BewG) hat die Klägerin in ihren
Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den
handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung auszuweisen ist. Diese Grundsätze ergeben
sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten
Buches „Vorschriften für alle Kaufleute“
der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Nach §
240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 HGB
hat der Kaufmann in der Bilanz für den Schluss eines jeden
Geschäftsjahres u.a. seine Verbindlichkeiten (Schulden)
vollständig auszuweisen. Eine Verbindlichkeit verkörpert
eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Leistungspflicht,
die erzwingbar ist und zudem eine wirtschaftliche Belastung
darstellt (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.10.2004 I R
11/03, BFHE 207, 295, BStBl II 2005, 581 = SIS 05 08 25; vom
18.12.2002 I R 17/02, BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126 = SIS 03 19 25). Ist eine Verbindlichkeit dem Grunde und/oder der Höhe
nach ungewiss, ist sie unter den Rückstellungen für
ungewisse Verbindlichkeiten i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
auszuweisen.
2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass
infolge der Patronatserklärung in der Bilanz der Klägerin
keine ungewissen Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs.
1 HGB in Höhe des jeweiligen Schuldenstandes der X auszuweisen
waren.
a) Im Gegensatz zu
„weichen“ Patronatserklärungen verpflichtet
sich der Patron bei einer „harten“
Patronatserklärung, für die Verbindlichkeiten des
Schuldnerunternehmens rechtlich einzustehen. Dies geschieht
dadurch, dass sich der Patron entweder gegenüber einem oder
mehreren Gläubigern des Schuldnerunternehmens oder
gegenüber dem Schuldnerunternehmen selbst verpflichtet, dieses
stets finanziell oder kapitalmäßig so auszustatten, dass
es jederzeit in der Lage ist, seine Verpflichtungen zu
erfüllen (Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 30.1.1992 IX
ZR 112/91, BGHZ 117, 127, 133; vgl. Loitz/Schulze, DB 2004, 769).
Wird die Erklärung gegenüber dem Schuldnerunternehmen
abgegeben, steht diesem im Fall der Krise oder der Insolvenz
(strittig, a.A. Oberlandesgericht - OLG - Celle, Urteil vom
28.6.2000 9 U 54/00, OLGR Celle 2001, 39) ein unmittelbar
durchsetzbarer Anspruch gegen den Patron zu (OLG München,
Urteil vom 22.7.2004 19 U 1867/04, Zeitschrift für
Wirtschaftsrecht - ZIP - 2004, 2102; Kiethe, ZIP 2005, 646, 649
f.).
Eine derartige (konzerninterne)
Patronatserklärung hat die Klägerin abgegeben. Sie hat
sich der X gegenüber verpflichtet, diese finanziell stets so
auszustatten, dass sie ihren Verpflichtungen gegenüber Dritten
in vollem Umfang und pünktlich nachkommen kann. Unmittelbare
Ansprüche von Gläubigern der X gegen die Klägerin
wurden dadurch nicht begründet (vgl. Kiethe, ZIP 2005, 646,
649 f., m.w.N.). Die Klägerin war vielmehr allein der X
gegenüber zur Überlassung von Kredithilfen jeder Art
verpflichtet, wenn diese von ihren Gläubigern in Anspruch
genommen wurde und ihr selbst keine hinreichenden Eigenmittel zur
Verfügung standen (vgl. OLG München, Urteil in ZIP 2004,
2102).
b) Ebenso wie andere Eventualverbindlichkeiten
sind harte Patronatserklärungen zwar gemäß
§§ 251, 268 Abs. 7 HGB vermerkungs- und
berichtspflichtig, Verpflichtungen hieraus sind jedoch erst zu
passivieren, wenn die Gefahr einer Inanspruchnahme ernsthaft droht
(§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB; vgl. z.B. Mirow, Der Konzern 2006,
112, 115). Im Streitfall drohte eine Inanspruchnahme der
Klägerin aus der Patronatserklärung zu Lasten des eigenen
Vermögens grundsätzlich nicht.
aa) Der Patron erfüllt seine
Verpflichtung aus der Patronatserklärung dadurch, dass er den
Begünstigten zur Einhaltung der Zahlungsfähigkeit
hinreichend ausstattet. Auf welche Weise der Patron seiner
Ausstattungspflicht nachkommt, unterliegt seiner freien
Entscheidung. Denn er schuldet nicht eine nach Art und Umfang genau
beschriebene Leistung, sondern nur den Erfolg, den Schuldner mit
einer ausreichenden Finanzausstattung zu versehen (OLG
München, Urteil in ZIP 2004, 2102). Als
Ausstattungsmöglichkeit kommt daher z.B. die Gewährung
von Darlehen, ein Forderungsverzicht oder auch die Sicherung eines
Fremdkredits in Betracht.
bb) Die Klägerin hat ihrer
Ausstattungspflicht aus der Patronatserklärung gegenüber
der X dadurch genügt, dass sie ihre 100%ige
Tochtergesellschaft S angewiesen hat, der X stets Kredite im
erforderlichen Umfang zu gewähren. Damit hat sie
gewährleistet, dass sämtliche Verbindlichkeiten der X
gegenüber Dritten erfüllt werden konnten. Da die
Erfüllung dieser Ausstattungspflicht nicht aus ihrem
Betriebsvermögen, sondern aus Mitteln der S erfolgte, war mit
der Gewährung der wegen der Überschuldung der X zu den
Bilanzstichtagen nicht werthaltigen Darlehen unmittelbar keine
Minderung ihres Betriebsvermögens verbunden.
3. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass die
Klägerin aus diesen Vorgängen zu den einzelnen
Bilanzstichtagen gleichwohl Verbindlichkeiten ausweisen musste
(§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG, § 246 Abs.
1, § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ob das der Fall ist, kann anhand
der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilt
werden, so dass dessen Urteil aufzuheben und die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen
ist.
a) Soweit die Klägerin ihre
Ausstattungspflicht zu den einzelnen Bilanzstichtagen durch
Einschaltung der S bereits erfüllt hatte, waren weiter gehende
Ansprüche der X gegen die Klägerin nicht gegeben. Jedoch
könnten Ausgleichsansprüche der S gegen die Klägerin
bestanden haben.
aa) Die Klägerin musste - ungeachtet der
gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit - nicht befürchten,
dass die S ihre Kredite kündigen und die X wiederum die
Klägerin aus der Patronatserklärung in Anspruch nehmen
würde. Denn die Darlehen der S hatten eigenkapitalersetzenden
Charakter und durften daher nicht von der X zurückgefordert
werden. Der S, die Eigentümerin des Grundbesitzes der
Unternehmensgruppe war, kam konzernintern die Aufgabe zu, für
die notwendige Kapitalausstattung der konzernangehörigen
Unternehmen zu sorgen. Werden in dieser Situation
Schwestergesellschaften Darlehen gewährt, die verlorenes
Stammkapital substituieren, kommt diesen Krediten
kapitalersetzender Charakter zu (ständige Rechtsprechung, z.B.
BGH-Urteil vom 27.11.2000 II ZR 179/99, ZIP 2001, 115; vgl. auch
Fleischer in v. Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des
Kapitalersatzrechts, 2. Aufl., S. 405 ff., 416 ff.).
bb) Es ist aber nicht auszuschließen,
dass die Klägerin der S die Darlehensmittel ersetzen oder
jener nach § 778 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wie
ein Bürge haften sollte. Das FG hat nicht aufgeklärt, ob
und ggf. welche Vereinbarungen der Klägerin mit der S den
Darlehenshingaben zugrunde lagen. Es ist davon ausgegangen, dass
die Klägerin zu den Bilanzstichtagen aufgrund der
gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit nicht damit rechnen musste,
von der S aus den Darlehen an die X in Anspruch genommen zu werden.
Diese Würdigung kann deshalb keinen Bestand haben, weil ihr
möglicherweise die Auffassung zugrunde liegt, dass insoweit
nur der Ausweis von ungewissen Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1
Satz 1 HGB) in Betracht kommt. Je nach Inhalt der Vereinbarung mit
der S können aber, soweit die S die Darlehen bereits an die X
vergeben hatte, zu den einzelnen Bilanzstichtagen gewisse
Verbindlichkeiten vorgelegen haben. Während die Bildung einer
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten u.a.
voraussetzt, dass der Steuerpflichtige ernsthaft mit seiner
Inanspruchnahme rechnen muss, sind dem Grunde und der Höhe
nach gewisse Verbindlichkeiten stets auszuweisen, es sei denn, sie
müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht
erfüllt werden (BFH-Urteil vom 22.11.1988 VIII R 62/85, BFHE
155, 322, BStBl II 1989, 359 = SIS 89 06 15).
b) Es ist des Weiteren denkbar, dass zu den
Bilanzstichtagen fällige oder kurzfristig fällig werdende
Verbindlichkeiten der X bestanden haben, die zu diesen Zeitpunkten
noch nicht durch Liquiditätshilfen der S abgedeckt waren. In
Höhe der insoweit bestehenden Liquiditätsunterdeckung
hätte aufgrund der Patronatserklärung eine fällige
Ausstattungsverpflichtung der Klägerin bestanden. Auch diese
wäre nach den allgemein für die Bilanzierung gewisser
Verbindlichkeiten geltenden Grundsätzen in der Bilanz der
Klägerin nur dann nicht zu passivieren, wenn mit einer
Inanspruchnahme der Klägerin durch die X mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen gewesen
wäre.
Bei den in diesem Zusammenhang noch zu
treffenden Feststellungen wird das FG zu beachten haben, dass zu
den fälligen Verbindlichkeiten der X nicht die gegenüber
der S bestehenden Darlehensverpflichtungen gerechnet werden
können. Diese konnten in den Streitjahren aufgrund des
eigenkapitalersetzenden Charakters der Darlehen - dazu oben 3.a aa
- von der durchweg überschuldeten X nicht zurückgefordert
werden und waren daher nicht fällig. Eine
Liquiditätsunterdeckung kommt demnach nur für die
Bilanzstichtage 31.12.1991 und 31.12.1992 in Betracht, weil die X
ab der Umstrukturierung der Konzernfinanzierung im Juli 1993 nur
noch Verbindlichkeiten gegenüber der S, nicht aber mehr
Darlehensverbindlichkeiten gegenüber außenstehenden
Banken hatte.
Sollte sich herausstellen, dass zu den
Bilanzstichtagen 31.12.1991 oder 31.12.1992 Ansprüche der X an
die Klägerin bestanden, weil z.B. fällige oder
kurzfristig fällig werdende Zins- und/oder Tilgungsleistungen
gegenüber den Banken zu erbringen waren, wird zu beachten
sein, dass mit der Befriedigung dieser Ansprüche durch die S
diese Verbindlichkeiten erfolgswirksam aufzulösen sind. Ggf.
ist dann aber eine Verbindlichkeit gegenüber der S in gleicher
Höhe auszuweisen, falls die Klägerin der S die
Darlehensmittel zu ersetzen hatte.
Bei der Prüfung der Frage, ob eine
derartige Vereinbarung mit der S getroffen wurde, kommt der
bilanziellen Behandlung der Darlehen an die X bei der S eine
indizielle Bedeutung zu. Insbesondere, wenn die S die Darlehen
nicht wertberichtigt oder einen Anspruch gegen die Klägerin
aktiviert hat, spricht dies dafür, dass eine Verbindlichkeit
der Klägerin gegen die S begründet wurde, die
grundsätzlich auszuweisen ist.
4. Weiter gehende Verbindlichkeiten der
Klägerin sind nicht ersichtlich. Insbesondere stand der X -
entgegen der Auffassung der Revision - kein Anspruch aus § 31
des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung (GmbHG) gegen die Klägerin zu, so dass hieraus eine
Pflicht zur Passivierung nicht abgeleitet werden kann.
a) Die Gesellschaft darf an einen
Gesellschafter aus Mitteln der Gesellschaft keine Leistung
erbringen, die das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche
Vermögen schmälert und deshalb gegen § 30 Abs. 1
GmbHG verstößt. Von dieser Vorschrift wird auch die
Rückgewähr einer Gesellschafterleistung erfasst, die den
vom BGH entwickelten, teilweise in §§ 32a, § 32b
GmbHG kodifizierten Regelungen über die Behandlung
eigenkapitalersetzender Gesellschafterhilfen unterliegt. Raum
für die Anwendung dieser Regeln ist aber nur, soweit der
Gesellschafter seine Leistung tatsächlich erbracht hat. Nur
dann kann sich die Frage stellen, ob die Hilfe, die der
Gesellschafter der GmbH als Drittgläubiger gewährt hat,
ungeachtet ihrer formalen Einordnung funktionales Eigenkapital
darstellt und aus diesem Grunde der Auszahlungssperre des § 30
GmbHG unterliegt. Die Rechtsfolgen der Umqualifizierung
beschränken sich demgemäß auf ein Abzugsverbot;
eine Pflicht zur Zuführung neuer Eigenmittel ist mit den
Eigenkapitalgrundsätzen nicht zu rechtfertigen (BGH-Urteil vom
28.6.1999 II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, m.w.N.).
b) Anhaltspunkte dafür, dass die X an die
Klägerin das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche
Vermögen ausbezahlt hat, liegen nicht vor. Eine
Rückzahlung ist weder direkt noch indirekt erfolgt. Eine
indirekte Rückzahlung von Eigenkapital käme dann in
Betracht, wenn die X Leistungen z.B. an Kreditgläubiger
erbracht und dadurch zugleich eine Schuld der Klägerin
beglichen hätte (H.P. Westermann in Scholz, GmbHG, 9. Aufl.,
§ 30 Rz 28 f., m.w.N.; Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck,
GmbHG, 18. Aufl., § 30 Rz 17). Diese Voraussetzungen liegen
indessen schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin eine
konzerninterne Patronatserklärung abgegeben hat, die sich auf
eine Kapitalausstattungszusage zu Gunsten der X beschränkte
und daher unmittelbare Ansprüche dritter Kreditgeber gegen die
Klägerin nicht begründete. Sie war nur der X
gegenüber zu Kredithilfen jeder Art verpflichtet, wenn diese
von ihren Gläubigern in Anspruch genommen wurde. Dieser
Anspruch diente aber nicht als Sicherungsmittel gegenüber den
Gläubigern und begünstigte jene daher nicht unmittelbar
(OLG München, Urteil in ZIP 2004, 2102; vgl. auch Ulmer in
Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., § 32a, b Rz 136; Karsten Schmidt
in Scholz, a.a.O., § 32a, b Rz 148; Hueck/Fastrich in
Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz 82). Umfang und Inhalt der
Verpflichtungen der Klägerin zu den einzelnen Stichtagen
bestimmen sich allein nach der Patronatserklärung.