Insolvenz, Auswirkungen auf FG-Verfahren: Wird der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners unterbrochene Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids vom Insolvenzverwalter aufgenommen, so bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands für das weitere Verfahren ab Aufnahme des Rechtsstreits nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die noch unerfüllte Steuerforderung zu erwarten ist. - Urt.; BFH 26.9.2006, X S 4/06; SIS 06 45 65
I. Im Laufe des Revisionsverfahrens war
über das Vermögen des K (des früheren Klägers
und Revisionsklägers) das Insolvenzverfahren eröffnet
worden. Der (nachmalige) Revisionskläger nahm in seiner
Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des
K den anhängigen Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1990 und
1991 beim Bundesfinanzhof (BFH) auf. Mit Urteil vom 20.7.2005 X R
22/02 (BFHE 210, 345, BStBl II 2006, 457 = SIS 05 41 64) wies der
beschließende Senat die gemeinsame Revision des
Insolvenzverwalters als Revisionskläger und der Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin), der Ehefrau des K,
zurück. Die Kosten des Revisionsverfahrens gab der Senat
bezüglich des Streitjahres 1991 dem Revisionskläger und
hinsichtlich des Streitjahres 1990 (für das K nicht getrennt,
sondern mit der Klägerin zusammen veranlagt worden war) den
(Revisions-)Klägern auf.
Der Kostenbeamte des BFH legte der
Berechnung der Gerichtsgebühren einen Streitwert von 7.516.503
EUR zugrunde. Dabei ging er davon aus, dass eine Stattgabe der
Revision für das Streitjahr 1990 bei K und der Klägerin
zu einer um 747.990 EUR geringeren Einkommensteuer und für das
Streitjahr 1991 bei K zu einer um 6.768.513 EUR niedrigeren
Einkommensteuerfestsetzung geführt hätte.
Der Revisionskläger vertritt die
Auffassung, im Verhältnis zu ihm als Insolvenzverwalter sei es
in dem Rechtsstreit allein darum gegangen, ob die Steuerforderungen
des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - )
überhaupt bestanden hätten und wenn ja, in welcher
Höhe sie bei der Abwicklung des Insolvenzverfahrens als
Insolvenzforderungen zu berücksichtigen gewesen wären.
Der Streitwert bestimme sich daher nach dem Betrag, der bei der
Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderungen zur
Verfügung stehe. Im Hinblick darauf sei die Abrechnung auf der
Grundlage eines Streitwerts von 1.000 EUR vorzunehmen. Das
Insolvenzverfahren habe inzwischen ergeben, dass eine
Insolvenzmasse zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger nicht
zur Verfügung stehen werde.
II. 1. Auf die Bestimmung des Streitwerts sind
die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) in dessen Fassung
vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes
(KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl I 2004, 718) weiter anzuwenden (GKG
a.F.), da das Revisionsverfahren X R 22/02 beim BFH vor dem
1.7.2004 anhängig geworden ist (vgl. § 72 Nr. 1 GKG
i.d.F. des KostRMoG).
2. Es kann dahinstehen, ob den
Ausführungen des Revisionsklägers zugleich auch ein
Antrag auf gerichtliche Streitwertfestsetzung zu entnehmen ist. Der
Senat erachtet eine Festsetzung des Streitwerts durch das
Prozessgericht (§ 25 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz GKG a.F.) trotz
des bereits vorliegenden Kostenansatzes des Kostenbeamten (vgl.
dazu BFH-Beschluss vom 21.1.2003 VIII S 24/02, BFH/NV 2003, 789 =
SIS 03 24 30, m.w.N.) für angemessen, da die Ermittlung des
Streitwerts bei Sachverhalten wie im Streitfall bisher noch nicht
eindeutig geklärt ist.
3. Der Streitwert wird abweichend von der
Streitwertermittlung des Kostenbeamten für das Verfahren nach
Aufnahme des Rechtsstreits durch den Revisionskläger als
Insolvenzverwalter auf 748.890 EUR festgesetzt. Für das
Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt verbleibt es bei dem bislang
angesetzten Streitwert von 7.516.503 EUR.
a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. ist
der Streitwert im finanzgerichtlichen Verfahren nach der sich aus
dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der
Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit gesetzlich nichts anderes
vorgeschrieben ist. Betrifft der Antrag des Klägers eine
bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt, so ist für die Streitwertfestsetzung deren
Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 GKG a.F.). Diese
Vorschriften gelten auch für das Revisionsverfahren vor dem
BFH mit der Maßgabe, dass sich der Streitwert nach den
Anträgen des Rechtsmittelführers bestimmt (§ 14 Abs.
1 Satz 1 GKG a.F.). Dabei ist für die Wertberechnung nach
§ 15 GKG a.F. der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden
Antragstellung und damit der Tag der Revisionseinlegung
entscheidend (Beschluss des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
19.7.2004 II ZR 41/02, BGHReport 2005, 738).
Nach diesen Grundsätzen war für die
ursprünglich - vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens -
von K gemeinsam mit der Klägerin eingelegte Revision
zunächst von einem Streitwert von 7.516.503 EUR auszugehen. Da
bezifferte Anträge i.S. der §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1
Satz 1 GKG a.F. nicht gestellt worden waren, war für die
Wertermittlung das finanzielle Interesse maßgebend, das die
Rechtsmittelführer an der Entscheidung des Rechtsstreits bei
objektiver Beurteilung ihres Revisionsbegehrens hatten (vgl.
Zimmer/Schmidt, Der Streitwert im Verwaltungs- und Finanzprozess,
NJW-Schriften 52, 1991, Rdnr. 385; Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 135 Rz 27). Dieses
finanzielle Interesse entsprach - in Ermangelung anderer
Anhaltspunkte - der mit der Revision begehrten
einkommensteuerlichen Entlastungswirkung. Dabei waren die
Streitwerte der von K (im Wege der objektiven Klagenhäufung)
nebeneinander verfolgten, selbständigen prozessualen
Ansprüche betreffend die Einkommensteuerfestsetzungen für
1990 und für 1991 entsprechend § 5 der
Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zu einem Gesamtstreitwert
zusammenzurechnen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30.1.1996 VIII E
1/96, BFH/NV 1996, 575; vom 3.1.2000 II E 6/99, BFH/NV 2000, 852 =
SIS 00 56 37). Andererseits führte der Umstand, dass für
das Streitjahr 1990 neben dem K auch die Klägerin im gleichen
Verfahren Revision eingelegt hatte (subjektive Klagenhäufung),
zu keiner weiteren Erhöhung des Streitwerts, da die
Revisionsbegehren der Klägerin und des K aufgrund ihrer
Zusammenveranlagung und der daraus folgenden Gesamtschuldnerschaft
als Ehegatten wirtschaftlich identisch waren (vgl. Brandt in
Beermann/Gosch, FGO § 139 Rz. 80 Stichwort
„Gesamtschuldner“; Brandis in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Tz.
104).
b) Demgegenüber bestimmt sich nach §
182 der Insolvenzordnung (InsO) der Wert einer Klage auf
Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter
oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, nach
dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die
Forderung zu erwarten ist. Die Vorschrift gilt gemäß
§ 185 Satz 3 InsO für die bei den Gerichten der
Finanzgerichtsbarkeit zu betreibende Feststellung von
Steuerforderungen zur Insolvenztabelle entsprechend. Die Verweisung
betrifft - als speziellere Regelung zu §§ 13, 14 GKG a.F.
- nicht nur den Streitwert in solchen Klageverfahren, die zum
Rechtsschutz gegen Feststellungsbescheide der Finanzverwaltung nach
§ 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 185
Satz 1 2. Alternative InsO angebracht werden. Entgegen der bislang
überwiegend vertretenen Auffassung findet die Regelung
darüber hinaus - in Abweichung zu § 15 GKG a.F. - auch
Anwendung auf die Ermittlung des Streitwerts infolge Aufnahme
bereits anhängiger finanzgerichtlicher Verfahren des
Gemeinschuldners nach § 180 Abs. 2 i.V.m. § 185 Satz 2
InsO.
aa) Der in § 15 GKG a.F. enthaltene
Grundsatz, wonach für die Wertberechnung der Zeitpunkt der die
Instanz einleitenden Antragstellung entscheidend sein soll, gilt
nicht uneingeschränkt. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist
vielmehr der Umstand zu beachten, dass die Regelung im Wesentlichen
der Vereinfachung der Wertermittlung und der Wertfestsetzung im
Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit dient. § 15 GKG a.F.
ist daher nicht anwendbar, soweit sich im Laufe des gerichtlichen
Verfahrens der Streitgegenstand selbst ändert und deshalb
für dieselbe Instanz verschiedene Streitwerte vorliegen
(Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 15 GKG Rn. 1; Brandis
in Tipke/ Kruse, a.a.O., Vor § 135 FGO Tz. 121, jeweils
m.w.N.). Dazu zählt - auch im Finanzprozess - die Aufnahme des
anhängigen Rechtsstreits im Zuge des Insolvenzverfahrens.
Gemäß § 155 FGO i.V.m. §
240 Satz 1 ZPO wird das finanzgerichtliche Verfahren durch die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
des Gemeinschuldners unterbrochen (vgl. BFH-Beschluss vom 10.8.1993
VII B 46/91, BFH/NV 1994, 293), bis es nach den für das
Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das
Insolvenzverfahren beendet wird. Die Regelung wird ergänzt
durch § 180 Abs. 2 InsO, der über § 185 Satz 2 InsO
für die Feststellung einer Steuerforderung zur
Insolvenztabelle durch die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit
entsprechend gilt; danach ist die Feststellung durch Aufnahme des
Rechtsstreits zu betreiben, wenn zur Zeit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die
(Steuer-)Forderung anhängig war. Die Aufnahme des Verfahrens
obliegt dabei in entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 2
InsO demjenigen, der das Bestehen der Steuerforderung bestreitet
(Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom
17.12.1998 IV A 4 - S 0550 - 28/98, BStBl I 1998, 1500 = SIS 99 03 33, Tz. 6.2; Schumacher in Münchener Kommentar zur
Insolvenzordnung - MünchKommInsO -, § 185 Rdnr. 12,
m.w.N.; ausführlich zu der durch § 179 Abs. 2 InsO
ersetzten Vorschrift des § 146 Abs. 6 der Konkursordnung - KO
- bereits BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 293, und Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 29.4.1988 8 C 73/85, NJW
1989, 314). Neuer Kläger infolge Parteiwechsels können
daher neben dem Insolvenzverwalter (so im Streitfall) oder auch an
dessen Stelle auch einzelne oder mehrere andere Gläubiger des
Gemeinschuldners werden (vgl. § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO).
§ 180 Abs. 2 InsO bezweckt, den Kosten-
und Zeitaufwand eines selbständigen Feststellungsprozesses
(bzw. eines gesonderten Klageverfahrens gegen einen
Feststellungsbescheid der Finanzverwaltung gemäß §
251 Abs. 3 AO 1977) zu vermeiden und die bisherigen
Prozessergebnisse zu erhalten (MünchKommInsO- Schumacher,
§ 180 Rdnr. 15; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 3. Aufl.,
Rdnr. 22.31). Ungeachtet der Frage, inwieweit der Bestreitende im
finanzgerichtlichen Verfahren gehalten ist, den vom Gemeinschuldner
übernommenen Klageantrag an die geänderte Verfahrenslage
anzupassen (für eine Pflicht zur Umstellung des Antrags:
BFH-Urteil vom 7.3.2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, 18, BStBl II
2006, 573, 576 = SIS 06 20 69; vgl. dagegen zu der durch § 180
Abs. 2 InsO ersetzten Vorschrift des § 146 Abs. 3 KO noch
BFH-Urteil vom 3.5.1978 II R 148/75, BFHE 125, 202, BStBl II 1978,
472 = SIS 78 02 66), ist der eigentliche Gegenstand des wieder
aufgenommenen Klage- oder Revisionsverfahrens der Sache nach nicht
mehr die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden
Bescheids, sondern die rechtmäßige Beanspruchung der
Steuerforderung als Insolvenzforderung und damit das Haftungsrecht
des FA an der Insolvenzmasse (vgl. BFH-Urteile vom 23.2.2005 VII R
63/03, BFHE 209, 23, BStBl II 2005, 591 = SIS 05 29 96, und in BFHE
212, 11, BStBl II 2006, 573 = SIS 06 20 69;
MünchKommInsO-Schumacher, § 180 Rdnr. 18).
bb) Im Hinblick auf die Feststellung eines
solchen Haftungsrechts als Insolvenzgläubiger enthält
§ 182 InsO eine gegenüber den allgemeinen
Wertvorschriften des GKG speziellere Regelung, die - ab dem
Zeitpunkt der Prozessaufnahme - auch auf die Streitwertbestimmung
für das weitere Verfahren auf Betreiben der Feststellung nach
§ 180 Abs. 2 InsO anzuwenden ist
(MünchKommInsO-Schumacher, § 182 Rdnr. 3; Kießner
in Frankfurter Kommentar zur InsO - FK-InsO -, § 182 Rz. 4;
Hartmann, a.a.O., 35. Aufl., Anhang II zu § 48 GKG - §
182 InsO - Rn. 2 und 7).
Zwar gilt § 182 InsO seinem Wortlaut nach
nur für die „Klage auf Feststellung einer
Forderung“. Eine Beschränkung auf (Neu-) Klagen i.S.
des § 180 Abs. 1 InsO unter Ausschluss der Prozessaufnahmen
nach § 180 Abs. 2 InsO ist damit jedoch nicht gemeint. Bereits
der Zweck des § 182 InsO, den Feststellungsstreit für den
Bestreitenden bezahlbar zu machen (vgl. Oberlandesgericht - OLG -
München, Beschluss vom 11.11.2004 31 W 2640/04, Zeitschrift
für das gesamte Insolvenzrecht - ZInsO - 2004, 1318), steht
einer Auslegung entgegen, welche den Insolvenzverwalter bzw. die
übrigen Insolvenzgläubiger nur deswegen mit einem weitaus
höheren - und womöglich unwirtschaftlichen -
Prozesskostenrisiko belastet, weil zwischen dem Gemeinschuldner und
seinem Gläubiger im Zeitpunkt der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens bereits ein Rechtsstreit anhängig war.
cc) Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch aus
den zu § 182 InsO veröffentlichten Gesetzesmaterialien
nicht erkennbar. Schon die durch § 182 InsO ersetzte
Vorgängernorm des § 148 KO, die sich ausdrücklich
auf den Streitwert „eines Prozesses über die
Richtigkeit oder das Vorrecht einer Forderung“ bezog,
wurde von der Rechtsprechung auch auf das weitere Verfahren nach
Prozessaufnahme gemäß § 146 Abs. 3 und 6 KO (jetzt:
§§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 2 InsO) angewendet (BGH-Beschluss
vom 29.6.1994 VIII ZR 28/94, Neue Juristische
Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report - NJW-RR - 1994, 1251). Aus
der regierungsamtlichen Begründung zum Entwurf einer InsO
(BRDrucks 1/92, S. 185, und BTDrucks 12/2443, S. 185, jeweils zu
§ 210 des Entwurfs) ergibt sich nicht, dass diese
langjährige Praxis der Instanzgerichte (vgl. die Nachweise bei
Hess in Hess, Kommentar zur Konkursordnung, 5. Aufl., § 148
Rz. 5) durch die Neufassung der Vorschrift im Zuge der
Insolvenzrechtsreform hätte geändert werden sollen.
dd) Über § 185 Satz 3 InsO ist die
Streitwertvorschrift des § 182 InsO auch auf die vor den
Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit betriebenen Verfahren auf
Feststellung eines Haftungsrechts für Steuerforderungen
anwendbar (vgl. - jeweils zum Verwaltungsstreitverfahren -
Oberverwaltungsgericht - OVG - für das Land
Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 23.2.2004 1 L 9/01, Neue
Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report
Verwaltungsrecht - NVwZ-RR - 2004, 798; Meyer,
Gerichtskostengesetz, 7. Aufl., Anhang nach § 48 - § 182
InsO - Rn. 101).
ee) Zwar wird im Schrifttum zur FGO weit
überwiegend die Auffassung vertreten, die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens habe auf die Höhe des Streitwerts
jedenfalls bei Aufnahme eines anhängigen Rechtsstreits keinen
Einfluss (Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 135 FGO Tz.
214; Oestreich/Winter/Hellstab, Kommentar zum Gerichtskostengesetz,
Abschnitt 6.2 - Streitwert-Kommentar Finanzgerichtliche Verfahren -
Stichwort „Insolvenz“; zum Konkursverfahren auch
Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 Rz. 300;
Gräber/Ruban, a.a.O. - 5. Aufl. -, Vor § 135 FGO Rz 35
Stichwort „Konkurs“; Brandt in Beermann/Gosch,
a.a.O., § 139 Rz. 80; Zimmer/Schmidt, a.a.O., NJW-Schriften
51, 1991 Rz. 375; Jost, Gebühren- und Kostenrecht im FG- und
BFH-Verfahren, S. 213; dagegen: Starke in Schwarz, FGO Vor §
135 Rz. 29 Stichwort „Insolvenzverfahren“).
Dieser Ansicht, die sich im Wesentlichen auf den zur Frage der
Anwendbarkeit des § 148 KO ergangenen Beschluss des
Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 28.10.1974 IVa 330/66 H (IV) - EFG
1975, 125 - beruft, ist indessen nicht zu folgen.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass die
noch in § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO enthaltenen Vorrechte zugunsten
des Fiskus für Abgabenforderungen im Zuge der
Insolvenzrechtsreform beseitigt worden sind (vgl.
FK-InsO/Schumacher, § 38 Rz. 5a; BTDrucks 12/2443, S. 90;
BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 1500 = SIS 99 03 33, Tz. 4.1).
Treten der Insolvenzverwalter oder auch ein Insolvenzgläubiger
an die Stelle des steuerpflichtigen Gemeinschuldners in das
Klageverfahren ein, so kann ihr finanzielles Interesse daran, die
Insolvenzmasse von der streitigen Steuerschuld zu entlasten, daher
nicht höher zu bewerten sein als das finanzielle Interesse des
FA an der Feststellung, die Steuerforderung rechtmäßig
als Insolvenzforderung beanspruchen zu können. Dieses
Interesse ist aber entgegen der genannten Ansicht nicht mit dem
zunächst vom Gemeinschuldner „angefochtenen
Steuerbetrag“ identisch, sondern mit dem Betrag, der bei
der Verteilung der Insolvenzmasse für die Steuerforderung zu
erwarten ist (§ 182 InsO). Inwieweit vor Inkrafttreten der
InsO andere Maßstäbe gegolten haben mögen, kann an
dieser Stelle offenbleiben.
ff) Es trifft außerdem nicht zu, dass
die besonderen Wertvorschriften des § 182 InsO bzw. des §
148 KO im Falle der Prozessaufnahme gegen den Fiskus wegen
öffentlich-rechtlicher (Abgaben-)Forderungen schon deswegen
nicht anwendbar seien, weil (zum einen) der Fiskus im aufgenommenen
gerichtlichen Verfahren nicht die Rolle des auf Feststellung zur
Tabelle klagenden Gläubigers, sondern weiterhin diejenige des
Beklagten innehabe, und weil es sich (zum anderen) bei der
Durchsetzung von Leistungsansprüchen nach den Vorschriften des
allgemeinen und des besonderen Verwaltungsrechts nicht um eine
spezifische Regelung des Konkurs- bzw. des Insolvenzverfahrens
handele (so aber FG Hamburg, Beschluss in EFG 1975, 125; gleicher
Ansicht auch Thüringer OVG, Beschluss vom 25.7.2000 2 VO
901/98, Anwaltsgebühren Spezial - AGS - 2001, 181, und OVG
für das Land Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.10.2000 F 1 S
215/99, Die öffentliche Verwaltung - DÖV - 2001, 177,
juris Nr: MWRE002170100, jeweils zur Rückforderung einer
Subvention im Gesamtvollstreckungsverfahren). Denn die
Beteiligtenstellung der Verwaltungsbehörden als
Beklagtenpartei im Finanzrechtsstreit (wie auch allgemein im
Verwaltungsprozess) beruht ausschließlich darauf, dass sie -
anders als andere Gläubiger - auch außerhalb des
Insolvenzverfahrens gegenüber ihren Schuldnern zur Festsetzung
ihrer Forderungen durch Verwaltungsakt berechtigt sind. Diese
Besonderheit aber kann sich auf den Streitwert eines Verfahrens,
das sich - wie dargelegt - der Sache nach nicht mehr auf den
Bestand der (Abgaben-)Forderung als solcher, sondern auf deren
rechtmäßige Beanspruchung als Insolvenzforderung
bezieht, nicht zum Nachteil des bestreitenden Prozessgegners
auswirken.
gg) Allerdings bezieht sich § 182 InsO in
den Fällen des § 180 Abs. 2 InsO - entgegen der Ansicht
des Revisionsklägers - nur auf die Bestimmung des Streitwerts
für das weitere Verfahren (vgl. BGH-Beschluss in NJW-RR 1994,
1251, zu § 148 KO). Für die bis zur Aufnahme des
Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter oder durch den
Insolvenzgläubiger entstandenen Kosten bleibt daher nach dem
Grundsatz des § 15 GKG a.F. weiterhin der ursprüngliche
Wert des Verfahrens maßgebend (OVG für das Land
Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss in NVwZ-RR 2004, 798;
MünchKommInsO-Schumacher, § 182 Rdnr. 6;
FK-InsO/Kießner, § 182 Rz. 4; Meyer, a.a.O., Anhang nach
§ 48 GKG - § 182 InsO - Rn. 102; Lappe, NJW 1984, 1212,
1214; a.A.: OVG Münster, Beschluss vom 26.8.1982 2 B 1495/81,
BB 1982, 2074). Für den Streitfall war demnach erst für
die Zeit ab Fortführung der Revision im Anschluss an die
Aufnahmeerklärung des Revisionsklägers von einem
ermäßigten Gebührenstreitwert auszugehen.
c) Für den Zeitraum bis zur Beendigung
des Revisionsverfahrens ergab sich dadurch ein neuer Streitwert von
748.890 EUR.
Nach Auskunft des Revisionsklägers war
der Betrag, der für die streitigen Steuerfestsetzungen bei der
Verteilung der Insolvenzmasse voraussichtlich zu erwarten war, mit
1.000 EUR anzusetzen. Über greifbare anderweitige Erkenntnisse
zur Wertbestimmung verfügt der Senat nicht. Insbesondere kann
im Nachhinein nicht mehr verlässlich beurteilt werden,
inwieweit in dem für die Wertbestimmung maßgeblichen
Zeitpunkt der Prozessaufnahme (FK-InsO/Kießner, § 182
Rz. 4) aufgrund des vom Revisionskläger ins Auge gefassten
Anfechtungsprozesses im Ausland mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit eine erheblich größere Teilungsmasse
und damit eine höhere Insolvenzdividende abzusehen war. Der im
zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme des Rechtsstreits
erstellte Insolvenzverwalterbericht vom 15.5.2003 lässt
vielmehr darauf schließen, dass das Unterfangen, auf diese
Weise weitere Vermögensgegenstände des K zur
Insolvenzmasse ziehen zu können, von Beginn an mit nicht
unerheblichen Risiken und Abwicklungsschwierigkeiten verbunden
war.
Der danach als zu erwartende Dividende
heranzuziehende Betrag von 1.000 EUR war im Verhältnis der
angefochtenen Steuerfestsetzungen auf die beiden Streitjahre
aufzuteilen, so dass auf die streitige Einkommensteuer 1990 ein
Teilbetrag von 100 EUR und auf die streitige Einkommensteuer 1991
ein solcher von 900 EUR entfielen. Dabei wirkte sich der
erstgenannte Teilbetrag auf den neuen Streitwert im Ergebnis nicht
aus, da für die von der Klägerin gemeinsam mit dem
Revisionskläger verfolgte Revision zur Einkommensteuer 1990 im
Hinblick auf das nicht unter § 182 InsO fallende finanzielle
Interesse der Klägerin am Ausgang des Rechtsstreits weiterhin
ein Streitwert von 747.990 EUR anzusetzen war, der sich aufgrund
der fortbestehenden subjektiven Klagehäufung nicht um den Wert
des Antrags des Revisionsklägers erhöhen konnte. Mit
diesem Streitwert für das Streitjahr 1990 war der auf das
Streitjahr 1991 entfallende Teilbetrag von 900 EUR zu einem
Gesamtstreitwert von 748.890 EUR zusammenzufassen (entsprechend
§ 155 FGO i.V.m. § 5 ZPO; Fall der objektiven
Klagenhäufung).
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu
treffen, da für die Streitwertfestsetzung
Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind (BFH-Beschluss vom
20.10.2005 III S 20/05, BFHE 211, 267, BStBl II 2006, 77 = SIS 06 00 21).