Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 08.11.2018 - 3 K 1118/16 Erb =
SIS 18 21 42 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist zusammen mit seinen drei Geschwistern zu je
¼ Miterbe nach seiner am xx.xx.2012 verstorbenen Mutter. Die
Mutter war neben ihren Kindern Kommanditistin einer GmbH & Co. KG
(KG). Der Gesellschaftsvertrag der KG sah vor, dass ein
Gesellschafter bei seinem Tod aus der Gesellschaft ausscheidet
(§ 17 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags) und die KG ohne diesen
oder seine Erben fortgesetzt wird (§ 17 Satz 2 des
Gesellschaftsvertrags). Gemäß § 20 des
Gesellschaftsvertrags erhielt ein ausscheidender Gesellschafter ein
Auseinandersetzungsguthaben. Nach § 17 Satz 3 des
Gesellschaftsvertrags stand den Erben des verstorbenen
Gesellschafters ein Abfindungsanspruch in entsprechender Anwendung
des § 20 des Gesellschaftsvertrags zu.
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Aufgrund dieser gesellschaftsvertraglichen
Regelungen erhöhte sich die Anteilsquote der fortsetzenden
Gesellschafter - des Klägers und seiner Geschwister - durch
Anwachsung auf jeweils 25 %. Der Abfindungsanspruch, der dem
Kläger und seinen Geschwistern in ihrer Eigenschaft als Erben
nach der Mutter gegen die KG zustand, betrug 2.000.000 EUR
(sämtliche Zahlen zu Anonymisierungszwecken
geändert).
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Nach Einreichung einer
Erbschaftsteuererklärung setzte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) mit Bescheid vom
12.02.2013 für den Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1
Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)
Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gegen den
Kläger in Höhe von X EUR fest und berücksichtigte
erklärungsgemäß den Abfindungsanspruch als sonstige
Kapitalforderung als Teil des Erwerbs von Todes wegen.
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Mit Bescheid über die gesonderte
Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen auf den
xx.xx.2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer
(Feststellungsbescheid) vom 16.05.2013 stellte das dafür
zuständige Finanzamt den Wert des Anteils der Mutter am
Betriebsvermögen der KG (Anteilswert) auf 3.000.000 EUR fest.
Auf den Kläger entfiel davon ein Anteil von 750.000
EUR.
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Das FA setzte daraufhin gegenüber dem
Kläger mit Änderungsbescheid vom 03.07.2013
Erbschaftsteuer in Höhe von XX EUR unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung fest. Dabei berücksichtigte es - neben einem
Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wie im Bescheid vom
12.02.2013 - erstmals einen Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz
2 ErbStG in Höhe von 250.000 EUR. Dieser setzte sich zusammen
aus dem anteiligen Anteilserwerb von 750.000 EUR abzüglich des
auf den Kläger entfallenden Abfindungsanspruchs in Höhe
von 500.000 EUR.
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Der Anteilswert wurde zuletzt durch
Feststellungsbescheid vom 29.04.2014 auf 1.200.000 EUR
herabgesetzt.
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Daraufhin beantragte der Kläger eine
Änderung der Erbschaftsteuerfestsetzung dahingehend, dass in
seinem Steuerfall ein negativer Erwerb i.S. des § 3 Abs. 1 Nr.
2 Satz 2 ErbStG in Höhe von ./. 200.000 EUR zu erfassen sei.
Dieser berechne sich aus dem zuletzt festgestellten Anteilswert in
Höhe von 1.200.000 EUR abzüglich des Abfindungsanspruchs
in Höhe von 2.000.000 EUR. Es ergebe sich eine Differenz von
./. 800.000 EUR, die in Höhe von ¼ bei ihm zu
berücksichtigen sei.
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Das FA lehnte den Antrag durch Bescheid vom
10.06.2014 ab.
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Auf den Einspruch des Klägers setzte
das FA die Erbschaftsteuer mit weiterhin unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung stehendem Änderungsbescheid vom 28.07.2014
auf Y EUR fest. Einen Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2
ErbStG berücksichtigte es nicht mehr. Mit
Einspruchsentscheidung vom 10.03.2016 setzte das FA
schließlich die Steuer aus im Revisionsverfahren nicht
streitigen Gründen auf Z EUR herab und wies den Einspruch im
Übrigen zurück.
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Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte
keinen Erfolg. Das FG führte zur Begründung im
Wesentlichen aus, es liege nach dem Wortlaut der Norm kein Erwerb
i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG vor, da der
Anteilswert die Abfindungsansprüche der Erben nicht
überschritten habe. Auch im Wege erweiternder Auslegung
erfasse die Vorschrift nicht die Fälle, in denen der Wert des
Abfindungsanspruchs den Anteilswert übersteige und sich somit
ein negativer Wert des Erwerbs ergebe. Das Urteil ist in EFG 2019,
123 = SIS 18 21 42 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht der Kläger
eine Verletzung von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG geltend.
Zwar sei unstreitig der Wortlaut der Vorschrift, der von einem
Übersteigen des Anteilswerts über den Abfindungsanspruch
spreche, bei einem negativen Wert des Erwerbs nicht erfüllt.
Allerdings sei im Wege der erweiternden Auslegung von § 3 Abs.
1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG auch ein solcher negativer Wert zu
berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe eine objektive
Bereicherung erfassen wollen, die sowohl in Wert erhöhenden
als auch in Wert mindernden Tatsachen liegen könne. Sei der
Gesellschafter, dem der Anteil am Gesellschaftsvermögen des
todesbedingt ausscheidenden Gesellschafters anwachse, gleichzeitig
Erbe und Inhaber des Abfindungsanspruchs, sei er letztlich auch nur
um den Wert des Gesellschaftsanteils, nicht aber um den Wert der
Abfindung bereichert. Zudem sei der Anteilsübergang im Wege
der Anwachsung in einer solchen Konstellation mit einer
Nachfolgeklausel vergleichbar, bei der unzweifelhaft nur der
Anteilswert anteilig der Besteuerung unterworfen worden wäre.
Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Bewertungsgesetzes
(BewG) gehörten zum Betriebsvermögen auch
Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens. Der
Kläger sei Erbe und zugleich fortsetzender Gesellschafter.
Sein Teil des Abfindungsanspruchs sei von Anfang an steuerliches
Sonderbetriebsvermögen seines Mitunternehmeranteils gewesen.
Einkommensteuerrechtlich habe auch die Finanzverwaltung den
Anspruch bei der Feststellung der Einkünfte und der Ermittlung
des steuerlichen Eigenkapitals der Mitunternehmerschaft in der
Steuerbilanz angesetzt, sodass die als Schuld der Gesellschaft
passivierte Abfindungsverbindlichkeit ertragsteuerlich im Ergebnis
neutralisiert worden sei.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß,
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die Vorentscheidung aufzuheben und das FA
zu verpflichten, den Änderungsbescheid vom 28.07.2014 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.03.2016 dahingehend zu
ändern, dass die Erbschaftsteuer auf W EUR herabgesetzt
wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Die Frage, ob der Abfindungsanspruch zum
Sonderbetriebsvermögen der KG i.S. des § 97 Abs. 1 Nr. 5
BewG zähle, sei in Bezug auf die Erbschaftsteuer nicht
relevant. Der Abfindungsanspruch der Erben gehöre zum
Privatvermögen und falle als Forderung gemäß §
12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 BewG mit dem Nennwert in den
Nachlass. Im Übrigen sei im Streitfall nicht das
Betriebsvermögen der KG Gegenstand des Erwerbs von Todes
wegen. Daher sei die Zugehörigkeit des Abfindungsanspruchs zum
Sonderbetriebsvermögen nicht entscheidungserheblich. Der
gesondert festgestellte Anteilswert sei für die
Erbschaftsteuerfestsetzung nur insoweit von Bedeutung, als ein
etwaiger Anwachsungserwerb i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2
ErbStG als Schenkung auf den Todesfall zu versteuern wäre.
Dies sei hier indes nicht der Fall.
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Die Beteiligten haben auf die
Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Abfindungsanspruch wurde
zutreffend als Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG berücksichtigt. Ein negativer Erwerb nach § 3 Abs.
1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG war nicht anzusetzen.
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1. Als Erwerb von Todes wegen nach § 3
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt u.a. der Erwerb durch Erbanfall (§
1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ). Als vom Erblasser
zugewendet gilt gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG auch,
was als Abfindung anstelle eines in Absatz 1 genannten Erwerbs
gewährt wird.
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Ein Abfindungsanspruch, den ein Gesellschafter
bei seinem Ausscheiden aus einer KG durch Tod gegen die
Gesellschaft erlangt, die von den übrigen Gesellschaftern
fortgesetzt wird, kann bei den Erben des Gesellschafters nach
diesen Vorschriften einen Erwerb von Todes wegen darstellen.
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a) Bestimmt ein Gesellschaftsvertrag
entsprechend § 736 Abs. 1 BGB, dass die Personengesellschaft
beim Tod eines Gesellschafters unter den übrigen
Gesellschaftern mit der Folge einer Anwachsung (§ 738 Abs. 1
Satz 1 BGB) fortbestehen soll (Fortsetzungsklausel), wächst
ihnen der Anteil des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters am
Gesamthandsvermögen der KG auf gesellschaftsvertraglicher und
nicht auf erbrechtlicher Grundlage im Privatvermögen zu.
Dieser fällt nicht in den Nachlass des ausgeschiedenen
Gesellschafters; ein Erwerb von Todes wegen nach § 3 ErbStG
i.V.m. § 1922 BGB findet diesbezüglich nicht statt.
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b) Ein etwaiger Abfindungsanspruch (§ 738
Abs. 1 Satz 2 BGB) gehört hingegen zum
erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb von Todes wegen, sei es nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sei es nach § 3 Abs. 2 Nr. 4
ErbStG. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Vererblichkeit
des Kommanditanteils nach § 177 des Handelsgesetzbuchs
vertraglich ausgeschlossen und durch einen Abfindungsanspruch
ersetzt wird. Er ist als Forderungsrecht zu bewerten und als
Kapitalforderung gegen die Gesellschaft gemäß § 12
Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG mit dem Nennwert
anzusetzen.
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c) Der Abfindungsanspruch gehört nicht
zum Betriebs-, sondern zum Privatvermögen der Erben
(Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, §
3 Rz 138; Burandt/Rojahn/Milatz, 3. Aufl. 2019, ErbStG § 3 Rz
13), denn die Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters haben zu
keiner Zeit im Wege der Erbfolge einen Anteil am
Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft erworben (vgl.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15.04.1993 - IV R 66/92,
BFHE 171, 440, BStBl II 1994, 227 = SIS 93 18 21, unter 1.).
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d) Diese Grundsätze gelten auch dann,
wenn die Erben zugleich
die fortsetzenden Gesellschafter sind. Der Anteil des durch Tod
ausgeschiedenen Gesellschafters am Gesamthandsvermögen der KG
wächst ihnen in ihrer Eigenschaft als fortsetzende
Gesellschafter auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zu. Den
Abfindungsanspruch gegen die KG erwerben sie hingegen in ihrer
Eigenschaft als Erben des verstorbenen Gesellschafters und
Erblassers.
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Ein solcher Abfindungsanspruch ist am Todestag
als Steuerstichtag (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) als private
Forderung zu bewerten (vgl. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §
12 Abs. 1 BewG). Er gehört nicht automatisch zum
Sonderbetriebsvermögen der KG (vgl. § 97 Abs. 1 Satz 1
Nr. 5 Satz 2 BewG).
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Forderungen eines Gesellschafters gegen die
Gesellschaft können zwar grundsätzlich zum
Sonderbetriebsvermögen gehören. Das ist jedoch dann nicht
der Fall, wenn sie nicht wirtschaftlich mit dem
Gesellschaftsverhältnis zusammenhängen und wie zwischen
Fremden üblich abgewickelt werden (vgl. Schmidt/ Wacker, EStG,
40. Aufl., § 15 Rz 540, 549). So verhält es sich bei dem
Abfindungsanspruch des weichenden Erben gegen die Gesellschaft.
Dieser hängt dem Grunde und der Höhe nach nicht davon ab,
ob der Erbe (zufällig) auch selbst Gesellschafter ist.
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Ob der Erbe, der gleichzeitig fortsetzender
Gesellschafter ist, seinen Abfindungsanspruch im Anschluss an den
Erbfall in die KG einlegt und ob der Abfindungsanspruch durch eine
solche Einlage ertragsteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen
des die Personengesellschaft fortsetzenden Erben wird, ist wegen
des erbschaftsteuerrechtlichen Stichtagsprinzips nicht von Belang.
Insoweit handelt es sich um die Verwendung des
erbschaftsteuerrechtlich erlangten Anspruchs.
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2. Bei den Gesellschaftern, denen der Anteil
des verstorbenen Gesellschafters anwächst, können zudem
die Voraussetzungen eines Erwerbs durch Schenkung auf den Todesfall
(§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 2301 BGB)
erfüllt sein.
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a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG
gilt als Schenkung auf den Todesfall auch der auf dem Ausscheiden
eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des
Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer
Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft bei dessen Tod auf
die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert,
der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach §
12 ErbStG ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt.
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG erfasst jedoch nur die
objektive Bereicherung, wenn der Wert des dem fortsetzenden
Gesellschafter anwachsenden Anteils den Abfindungsanspruch des
durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters übersteigt. Ist der
Abfindungsanspruch höher als der Wert des Anteilserwerbs, wird
kein negativer Wert des Erwerbs berücksichtigt. Dies gilt auch
für den Fall, dass die fortsetzenden Gesellschafter zugleich
Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters sind.
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b) Nach ihrem Wortlaut bestimmt die
Vorschrift, dass als Schenkung auf den Todesfall auch der auf dem
Ausscheiden eines Gesellschafters durch Tod beruhende
Anteilsübergang auf die anderen Gesellschafter gilt, soweit
der Anteilswert am Todestag Abfindungsansprüche Dritter
übersteigt. Der Wortlaut ist eindeutig. Er spricht nicht von
einer Differenz zwischen dem Anteilswert am Todestag und den
Abfindungsansprüchen Dritter, sondern bringt mit der
Formulierung „übersteigen“ zum Ausdruck,
dass nur ein positiver Wert des Erwerbs steuerbar sein soll.
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c) Eine erweiternde Auslegung (teleologische
Extension) auf von ihrem Wortlaut nicht erfasste Sachverhalte
bietet sich nicht an. Diese setzt eine Regelungslücke voraus.
Die Norm muss gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h.
ergänzungsbedürftig sein. Ihre Ergänzung darf nicht
einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf
bestimmte Tatbestände widersprechen. Dass eine gesetzliche
Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen
ist („rechtspolitische Fehler“), reicht nicht
aus. Die Unvollständigkeit muss sich vielmehr aus dem
gesetzesimmanenten Zweck ergeben und kann auch bei einem
eindeutigen Wortlaut vorliegen. Die Gesetzeslücke ist in einer
dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der
Gesetzessystematik entsprechenden Weise durch Analogie,
teleologische Extension oder Reduktion zu schließen. Dies ist
Aufgabe der Fachgerichte (BFH-Urteil vom 29.11.2017 - II R 14/16,
BFHE 260, 372, BStBl II 2018, 362 = SIS 18 02 90, Rz 16 f.).
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d) Nach diesen Maßstäben ist die
Berücksichtigung eines negativen Erwerbs im Rahmen des §
3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG nicht möglich. Es fehlt an einer
Regelungslücke. Dem Zweck der Vorschrift entspricht es, ihre
Anwendung auf die Fälle zu beschränken, in denen eine
objektive Bereicherung vorliegt. Eine teleologische Extension auf
einen von ihrem Wortlaut nicht erfassten Sachverhalt, namentlich
eine objektive Entreicherung, ist nicht vorzunehmen.
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aa) § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG stellt
einen Sonderfall eines anderweitigen Erwerbs von Todes wegen dar.
Eine derartige Schenkung auf den Todesfall führt unter
Umgehung des Erbrechts zu einem Erwerb außerhalb des
Nachlasses. Zwar erfolgt der Anteilsübergang dabei mit
unmittelbar dinglicher Wirkung. Die Anwachsung des Anteils der KG
bei dem fortsetzenden Gesellschafter beruht aber ungeachtet dessen,
ob der Nachfolger Erbe ist oder nicht, auf rein
gesellschaftsvertraglicher Grundlage (vgl. BFH-Urteil vom
11.05.2005 - II R 40/02, BFH/NV 2005, 1568 = SIS 05 37 19, unter
II.1.b).
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bb) Eine erweiternde Auslegung des § 3
Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG ist auch nicht in den Fällen oder
mit Rücksicht auf diejenigen Fälle geboten, in denen die
fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des durch Tod
ausgeschiedenen Gesellschafters sind. Auch in diesen Fällen
entspräche es nicht der Zielsetzung der Vorschrift, einen
negativen Erwerb zu berücksichtigen, der mit anderen positiven
Erwerben von Todes wegen zu verrechnen wäre und zu einer
Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer
der Erben führte. Für eine unterschiedliche Behandlung
des Erwerbs je nachdem, ob jemand „nur“ als
Gesellschafter nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG erwirbt
oder zugleich Erbe des ausscheidenden Gesellschafters ist, gibt es
keine Grundlage. Der Gesetzgeber wollte objektive Bereicherungen,
die sich außerhalb des Erbrechts auf
gesellschaftsvertraglicher Grundlage vollziehen, der Besteuerung
unterwerfen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Regierung
zu einem Zweiten Steuerreformgesetz vom 04.05.1972, BT-Drucks.
VI/3418, S. 62) und so eine Besteuerungslücke schließen.
Diese Überlegung steht in keinem Zusammenhang mit der Frage,
ob der Mitgesellschafter zudem Erbe des ausgeschiedenen
Gesellschafters wurde. Dem Gesetzgeber kam es erkennbar nicht auf
die Erbenstellung an.
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3. Nach diesen Grundsätzen hat das FG
zutreffend entschieden, dass ein negativer Erwerb nach § 3
Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG im Streitfall nicht anzusetzen war.
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Der Kläger erwarb die Abfindungsforderung
gegen die KG als Erbe und unabhängig davon, dass er selbst
Gesellschafter der KG war. Sie gehörte deshalb nicht zu seinem
Sonderbetriebsvermögen bei der KG, sondern zum
Privatvermögen. Sie war deshalb als Kapitalforderung nach
§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 BewG mit dem Nennwert der
Besteuerung zu Grunde zu legen. Die Höhe der Forderung ist
unter den Beteiligten unstreitig. Ob der Kläger den
Abfindungsanspruch nach dem Todestag durch entsprechende Widmung zu
gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen seines
Mitunternehmeranteils bestimmt hat, ist für den Erwerb von
Todes wegen nicht mehr von Bedeutung.
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Die Anwachsung des Gesellschaftsanteils an der
KG gehört nicht zum Erwerb von Todes wegen und unterliegt
nicht der Erbschaftsteuer. Zutreffend hat das FA ihn auch nicht der
Besteuerung unterworfen. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1
Nr. 2 Satz 2 ErbStG liegen nicht vor, denn der Abfindungsanspruch
übersteigt den Buchwert des anwachsenden Gesellschaftsanteils.
Die negative Differenz konnte beim übrigen Erwerb von Todes
wegen nicht steuermindernd berücksichtigt werden.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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5. Der Senat entscheidet im
Einverständnis der Beteiligten nach § 121 Satz 1 i.V.m.
§ 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
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