Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 06.09.2016 - 5 K 5089/14
= SIS 17 00 65 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
1
|
I. Streitig ist, ob die Eintrittsgelder aus
den von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) im
Streitjahr (2009) veranstalteten „Klubnächten“ dem
ermäßigten Steuersatz unterliegen.
|
|
|
2
|
Die Klägerin betreibt in C den
Techno-Klub „X“. Der musikalische Hauptbetrieb findet
im ersten und im zweiten Obergeschoss statt. Dort befinden sich die
Veranstaltungsbereiche „X“ und „Y“. In
diesen veranstaltet die Klägerin wöchentlich zwischen
Freitagnacht und Samstagnachmittag sowie zwischen Samstagnacht und
Montagmorgen sog. Klubnächte, bei denen bis zu 30 verschiedene
Discjockeys (DJs) auftreten. Während im ersten Obergeschoss
(„X“) überwiegend Musik des Genres
„Techno“ gespielt wird, steht im zweiten Obergeschoss
(„Y“) Musik des Genres „House“ im
Vordergrund der Darbietungen. Im „Y“ stehen die DJs auf
Augenhöhe mit dem Publikum, im „X“ sind sie in
einer Wandnische an einem leicht erhöhten Standort
positioniert, gelegentlich wird eine Bühne mit einer Höhe
von etwa einem Meter aufgebaut. Neben den Bühnen befinden sich
Bars, Tanzflächen, Sitzmöglichkeiten sowie zwei sog.
Darkrooms. Die Gäste können nahezu von jedem Platz aus
die auftretenden DJs sehen, sie wegen der Lautstärke der
abgespielten Musik in jedem Fall aber hören. Die DJs spielen
Musik von Tonträgern ein und verändern diese mithilfe des
Mischpults und anderen technischen Hilfsmitteln wie Computern,
Filtern, Effektgeräten, Controllern und Synthesizern. Dabei
werden neue Klangfolgen und Musikstücke geschaffen.
|
|
|
3
|
Im Streitjahr gab die Klägerin
für Künstlerhonorare, Reisekosten,
Vermittlungsprovisionen und die Entlohnung der Mitarbeiter der sog.
Booking-Abteilung ca. ... EUR aus. Die jeweils auftretenden DJs
sind u.a. aus dem Internet ersichtlich, wo auch das Programm
(„Running Order“) eingesehen werden kann. Die
Künstler und deren Musik werden dort sowie auf Werbeflyern und
vor Ort detailliert beschrieben.
|
|
|
4
|
Der Einlass zu den Veranstaltungen wird
ausschließlich von Türstehern geregelt, die eine
subjektive Auswahl unter den Besuchern treffen und zahlreiche
potentielle Gäste abweisen; der Erwerb von Eintrittskarten im
Vorverkauf ist nicht möglich. Die Klubnächte eines
Wochenendes werden von durchschnittlich 3.000 Gästen
besucht.
|
|
|
5
|
Die Klägerin ging davon aus, dass es
sich bei der Veranstaltung von Klubnächten um Konzerte i.S.
des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in
der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) handele und
erklärte die Erlöse aus den Eintrittsgeldern für die
Klubnächte daher zum ermäßigten Steuersatz.
|
|
|
6
|
Im Anschluss an eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung war der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) dagegen der
Auffassung, dass die musikalischen Darbietungen der DJs nicht den
eigentlichen Zweck der Veranstaltungen ausmachten. Es handele sich
vielmehr um typische Party- und Tanzveranstaltungen, bei denen es
in erster Linie um das für eine Party typische Amüsement
der Gäste gehe. In dem hierauf geänderten
Umsatzsteuerbescheid unterwarf das FA die Eintrittserlöse aus
den Klubnächten dem Regelsteuersatz. Den Einspruch der
Klägerin, die zur Begründung u.a. auf die sog.
Mayday-Entscheidung des Senats vom 18.08.2005 - V R 50/04 (BFHE
211, 557, BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23) rekurrierte, wies das
FA im Anschluss an eine weitere Umsatzsteuer-Sonderprüfung -
und einen hierauf erneut geänderten Umsatzsteuerbescheid
für das Streitjahr vom 24.07.2013 - als unbegründet
zurück: Der musikalische Auftritt der DJs bilde nicht den
eigentlichen Zweck der Veranstaltungen, es gehe vielmehr um das
gemeinsame Feiern, Tanzen, Unterhalten und Sich-Vergnügen auf
jedwede Art und Weise von musikalisch Gleichgesinnten. Das
Engagement bekannter DJs diene lediglich als Anreiz für den
Besuch des Klubs. Zweck der Veranstaltungen sei - angesichts
mehrerer Bar- und Lounge-Bereiche sowie zweier Darkrooms - ein
typischer Klub- und Diskothekenbetrieb. Hierfür spreche auch,
dass sich die Eintrittspreise für den Zutritt zu den
Klubnächten (10 EUR bis 14 EUR) im Rahmen des für Party-
und Tanzveranstaltungen Üblichen bewegten. Aus dem
Verhältnis der Umsätze für den Eintritt (ca. 1,6
Mio. EUR) und der Gastronomie (ca. 2,7 Mio. EUR) ergebe sich, dass
die Gastronomieleistungen nicht von untergeordneter Bedeutung
seien.
|
|
|
7
|
Die dagegen erhobene Klage führte zum
Erfolg. Nach dem in EFG 2017, 256 = SIS 17 00 65
veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts (FG) unterliegen
die Eintrittsgelder für die Klubnächte dem
ermäßigten Umsatzsteuersatz. Die Klubnächte
erfüllten den Konzertbegriff und die musikalischen
Darbietungen der DJs gäben der gesamten Veranstaltung ihr
Gepräge. Die DJs würden im Rahmen der Klubnächte
eigenständige Musikstücke von künstlerischem
Charakter aufführen, die sie in einem kreativen Prozess
schaffen. Dies habe auch das FA nicht ernstlich in Zweifel gezogen.
Darüber hinaus sei das FG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
zu der Überzeugung gelangt, dass diese Darbietungen den
Klubnächten das Gepräge gäben.
|
|
|
8
|
Mit seiner Revision rügt das FA die
unrichtige Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG und
trägt zur Begründung vor:
|
|
|
9
|
Das Urteil sei fehlerhaft, weil das FG
nicht alle relevanten Gesichtspunkte in die erforderliche
Gesamtbetrachtung einbezogen und eine nicht mehr vertretbare
Gewichtung der einzelnen Beurteilungskriterien vorgenommen habe.
Bei der Würdigung des Hauptzwecks der Veranstaltung habe das
FG zum einen ungeeignete Abgrenzungskriterien herangezogen und zum
anderen die Heranziehung geeigneter Abgrenzungsmerkmale unterlassen
oder diesen keine Bedeutung beigemessen.
|
|
|
10
|
Bei Abgrenzung von Konzerten zu
Partyveranstaltungen habe das FG ungeeignete Kriterien
herangezogen:
|
|
|
11
|
Indem das FG auf die körperliche
Wirkung der Musik sowie die unterstützenden Lichteffekte
abgestellt habe, verkenne es, dass dies auch in modernen
Diskotheken der Fall sei. Da diese Merkmale zur Abgrenzung
ungeeignet seien, könnten sie nicht für den
Konzertcharakter der Klubveranstaltungen sprechen; dasselbe gelte
für die Kriterien „Beifall und Jubel“ sowie
„Kenntnisreichtum des Publikums“. Auch die
„Interaktion zwischen DJ und Publikum“ sei kein
konzerttypisches Merkmal, sondern ein Merkmal, das insbesondere
Party- und Tanzveranstaltungen charakterisiere. Typisch für
eine Konzertveranstaltung sei vielmehr, dass der Künstler als
Hauptperson sein im Vorfeld festgelegtes Programm darbiete,
während das Publikum „nur“ Konsument sei.
Vorliegend reagiere hingegen der DJ mit der Auswahl seiner Titel
flexibel auf das Publikum, das mit seinen Wünschen (Tanzen,
Jubeln, Verlassen des Raums) im Zentrum der Veranstaltung stehe.
Der Vorankündigung der Spielzeiten des jeweiligen DJs komme
keine indizielle Wirkung zugunsten eines Konzerts zu, weil es
angesichts der Einlassregelung (Auswahl durch Türsteher)
keinem Besucher möglich sei, die Veranstaltung gezielt zu der
von ihm gewünschten Darbietung aufzusuchen. Ob jemand
eingelassen werde, hänge damit praktisch vom Zufall
ab.
|
|
|
12
|
Weiterhin habe das FG geeignete
Abgrenzungsmerkmale nicht oder nicht hinlänglich
berücksichtigt:
|
|
|
13
|
Die Einlassregelung durch Türsteher
habe das FG noch in seinem Urteil vom 09.08.2012 - 5 K 5226/10 (EFG
2013, 91 = SIS 12 32 06) als Argument gegen eine
Konzertveranstaltung angesehen. Zudem lasse das FG
unberücksichtigt, dass die Einlassregelung durch
Türsteher zwar ein typisches Instrumentarium von Diskotheken
und Partyveranstaltungen, bei Konzerten hingegen unüblich
sei.
|
|
|
14
|
Während das FG im Urteil in EFG 2013,
91 = SIS 12 32 06 aus der ständigen Fluktuation der Gäste
geschlossen habe, dass die Musik nicht im Zentrum der
Aufmerksamkeit stehe, sei dieser Aspekt vorliegend nicht
berücksichtigt worden. Der Besucherzustrom erfolge zwar in
gewissen Wellenbewegungen (Stoßzeiten), diese richteten sich
aber nicht nach den Auftrittszeiten der DJs oder deren
Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad, sondern nach der
Partyzeitgestaltung von bestimmten Gruppen
(„Feiertypen“).
|
|
|
15
|
Das FG habe es ferner unterlassen, in seine
Würdigung die Intention der Klägerin als Veranstalterin
einzubeziehen: Diese teile ihre Veranstaltungen in
„dancefloor“ und „stage“ ein. In der
Kategorie „dancefloor“ würden alle Party- und
Tanzveranstaltungen einschließlich der Klubnächte
ausgewiesen, in der Kategorie „stage“ dagegen alle
Konzerte. Bei Berücksichtigung dieses Umstands hätte das
FG zu dem Schluss kommen müssen, dass die Klägerin nicht
beabsichtigt habe, Konzerte zu veranstalten, sondern eine gemischte
Leistung eigener Art zu erbringen, bei der es vornehmlich um die
Begegnung von Menschen, die Interaktion zwischen den Gästen
und die Möglichkeit der kreativen Entfaltung des Einzelnen
gehe; dies belege auch die Begründung der Klägerin
für das Fotografierverbot im Klub.
|
|
|
16
|
Gegen die Annahme der Konzerteigenschaft
spreche im Übrigen, dass die Künstler vor ihrem Auftritt
weder vorgestellt noch angekündigt würden und sich auch
nicht von einem gut sichtbaren Platz aus präsentierten. Soweit
das FG feststelle, die Gäste könnten nahezu von jedem
Platz aus die DJs sehen, stütze es sich hierbei
ausschließlich auf den klägerischen Vortrag, ohne dass
erkennbar sei, aus welchen Gründen es dem entgegenstehenden
Vortrag des FA keinerlei Bedeutung beigemessen habe. Aufgrund der
Lichtverhältnisse, durch die starke Verwinkelung des
Veranstaltungsgebäudes und durch die Abgetrenntheit
zahlreicher Räumlichkeiten sei eine Visualisierung des DJs
für die überwiegende Anzahl der Besucher nicht
möglich; die Künstler würden mithin nur im
Hintergrund tätig.
|
|
|
17
|
Zu Unrecht habe das FG auch dem Umstand,
dass der DJ mit seinem Programm bereits beginne, wenn die ersten
Gäste die Räumlichkeiten betreten, keine
entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Damit lasse es
außer Acht, dass es für Konzerte völlig untypisch
sei, mit der Musik bereits zu beginnen, bevor alle Gäste im
Veranstaltungsraum anwesend seien.
|
|
|
18
|
Zur Beurteilung der für die Gäste
vertragswesentlichen Leistung habe sich das FG ausschließlich
auf die Einschätzung des Zeugen berufen, obwohl dessen
Einschätzung seinen Publikationen widerspreche. Zu dieser
Widersprüchlichkeit sei der Zeuge nicht befragt
worden.
|
|
|
19
|
Das FG habe in seine Gesamtbetrachtung
außerdem nicht einbezogen, dass die streitigen
Veranstaltungen wöchentlich freitags und samstags stattfinden.
Das regelmäßige Stattfinden der Veranstaltung sei jedoch
Indiz dafür, dass der Party- und Tanzcharakter überwiege
(Urteil des Sächsischen FG vom 13.04.2011 - 4 K 2038/09, nicht
veröffentlicht). Ebenso sei dem Verhältnis der
Eintrittserlöse zu den Gastronomieumsätzen keine
entscheidende Bedeutung beigemessen worden. Nach Auffassung des
Sächsischen FG weise die Eintrittspreisgestaltung indiziell
auf das Vorliegen von Party- und Tanzveranstaltungen hin. Der
geringe Eintrittspreis für Klubnächte stehe in keinem
Verhältnis zu den hohen, mitunter vierstelligen Gagen der DJs.
Hieraus folge, dass die künstlerischen Darbietungen die
Veranstaltung nicht prägten, sondern nur einen Teil einer
gemischten Leistung darstellten.
|
|
|
20
|
Schließlich widerspreche das
FG-Urteil auch dem Sinn und Zweck der Steuerbegünstigung.
Damit solle der Allgemeinheit ein günstiger Zutritt zu
kulturellen Ereignissen ermöglicht werden. Dies sei wegen der
subjektiven Auswahl der Besucher im Streitfall nicht gegeben. Im
Übrigen widerspreche das Bereitstellen von sog. Darkrooms zum
Austausch anonymer sexueller Handlungen dem Grundgedanken einer
öffentlichen Förderung von kulturellen
Veranstaltungen.
|
|
|
21
|
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
22
|
Die Klägerin beantragt, die Revision
gegen das Urteil des FG zurückzuweisen.
|
|
|
23
|
Sie verteidigt das Urteil des FG und
führt ergänzend aus: Für die Beurteilung, worin das
prägende Element einer Leistung liege und aus welcher
Sichtweise dies zu beurteilen sei, komme es nach dem Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Mìsto
Žamberk vom 21.02.2013 - C-18/12 (EU:C:2013:95, HFR 2013, 360
= SIS 13 11 63) auf den dominierenden Charakter aus Sicht des
Durchschnittsverbrauchers auf der Grundlage objektiver
Gesichtspunkte an. Danach bestehe die maßgebliche Leistung
der Klägerin darin, den Besuchern Eintritt zu ihren
Klubnächten zu gewähren, bei denen international
anerkannte DJs nach einem genau festgelegten, vorab
bekanntgegebenen, zeitlichen Plan auftreten und musikalische
Darbietungen von künstlerischer Bedeutung
aufführten.
|
|
|
24
|
Das FG sei unter Berücksichtigung von
objektiv feststellbaren Gesichtspunkten zu Recht zu dem Schluss
gekommen, dass der Großteil der Besucher wegen der
musikalischen Darbietungen und der Vielfalt der auftretenden
Künstler zu den Klubnächten komme. Dass einige Besucher
andere unterhaltende Elemente bevorzugen mögen, sei für
die umsatzsteuerliche Beurteilung ohne Belang. Die vom FA punktuell
ausgewählten und in vielen Fällen aus dem Zusammenhang
gerissenen Pressestimmen und Medienechos seien hingegen ohne
Bedeutung.
|
|
|
25
|
Mit ihren Schriftsätzen vom 01.07.2020
(FA) und vom 17.07.2020 (Klägerin) haben die Beteiligten auf
die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet.
|
|
|
26
|
II. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat rechtsfehlerfrei
entschieden, dass die Eintrittsgelder für die Veranstaltung
der Klubnächte dem ermäßigten Steuersatz
unterliegen.
|
|
|
27
|
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die
Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie
für die den Theatervorführungen und Konzerten
vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
|
|
|
28
|
Unionsrechtliche Grundlage dieser
Steuerermäßigung ist Art. 98 Abs. 1 und Abs. 2 der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. 11. 2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach können
die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte
Steuersätze auf die Lieferungen von Gegenständen und die
Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwenden.
Dabei kann nach Anhang III Kategorie 7 der MwStSystRL ein
ermäßigter Steuersatz zugunsten der
Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus,
Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen,
Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle
Ereignisse und Einrichtungen eingeführt werden.
|
|
|
29
|
2. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
definiert weder den Begriff „Konzert“ noch den
der „Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender
Künstler“.
|
|
|
30
|
a) Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) sind unter Konzerten i.S. von § 12 Abs.
2 Nr. 7 Buchst. a UStG Aufführungen von Musikstücken zu
verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme
eingesetzt werden. Aufführende können einzelne oder
mehrere Personen sein (BFH-Urteil vom 26.04.1995 - XI R 20/94, BFHE
177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47, Rz 11). Hierzu
gehören auch Pop- und Rockkonzerte, die den Besuchern die
Möglichkeit bieten, zu der im Rahmen des Konzerts dargebotenen
Musik zu tanzen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.05.2003 - 6 K
1712/01, EFG 2003, 1275 = SIS 03 36 13). Außerdem kann
für „Mischformen“ von
Theateraufführungen und Konzerten die Steuervergünstigung
in Anspruch genommen werden, wenn eine Vorführung entweder als
theaterähnlich oder als konzertähnlich einzustufen ist
und eine persönlich geistige Schöpfung in der für
einen Urheberrechtsschutz geforderten geistigen Höhe darstellt
(Senatsurteil vom 09.10.2003 - V R 86/01, BFH/NV 2004, 984 = SIS 04 23 20). Nach dem Senatsurteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101
= SIS 06 00 23 ist der Konzertbegriff im Hinblick auf die
technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Musik und dem
unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz weit auszulegen.
Für die Musikrichtungen „Techno“ und
„House“ sind als „Instrument“
im Sinne der o.g. Begriffsbestimmung auch Plattenteller, Mischpulte
und CD-Player u.Ä. anzusehen, mit denen die Musik im Rahmen
eines Konzerts dargeboten wird, wenn sie (wie konventionelle
Instrumente) zum Vortrag des Musikstücks - und nicht nur zum
Abspielen eines Tonträgers - genutzt werden (Senatsurteil in
BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, Rz 18).
|
|
|
31
|
b) Weitere Voraussetzung für die
Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst.
a UStG ist, dass die begünstigte Veranstaltung oder
Vorführung („Konzert“) den eigentlichen
Zweck der Veranstaltung ausmacht (Senatsurteil in BFHE 211, 557,
BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, Rz 16 sowie BFH-Urteil in BFHE
177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47). Daher müssen
Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen
Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung
sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert
nicht beeinträchtigt wird (Klenk in Sölch/Ringleb,
Umsatzsteuer, § 12 Rz 391; Bosche in Birkenfeld/Wäger,
Umsatzsteuer-Handbuch, § 144 Rz 144; Klezath in
Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 7
Rz 32).
|
|
|
32
|
c) Für die Beurteilung, ob die hier
streitige Vorführung den eigentlichen Zweck der Veranstaltung
ausmacht, ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers im Rahmen
einer Gesamtbetrachtung maßgeblich (EuGH-Urteile Mìsto
Žamberk, EU:C:2013:95, HFR 2013, 360 = SIS 13 11 63, Rz 30 und
33, sowie Pro Med Logistik und Pongratz vom 27.02.2014 - C-454/12
und C-455/12, EU:C:2014:111, HFR 2014, 470 = SIS 14 08 10, Rz 57;
Senatsurteil vom 22.11.2018 - V R 29/17, BFHE 263, 85 = SIS 18 21 10, Rz 17).
|
|
|
33
|
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat
das FG zu Recht entschieden, dass die musikalischen Darbietungen
der DJs in den Klubnächten als Konzert (konzertähnliche
Veranstaltung) i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
anzusehen sind und diese musikalischen Darbietungen der gesamten
Veranstaltung auch ihr Gepräge geben.
|
|
|
34
|
a) Bei den während der Klubnächte
von den DJs aufgeführten Musikstücken handelt es sich um
Konzerte bzw. konzertähnliche Veranstaltungen i.S. der unter
II.2.a) dargelegten BFH-Rechtsprechung. Denn die jeweiligen DJs
spielen ihre Musik zwar von Tonträgern ein, verändern
diese jedoch mithilfe der Mischpulte und anderer technischer
Hilfsmittel wie Computern, Filtern, Effektgeräten, Controllern
und Synthesizern. Dabei werden neue Klangfolgen und
Musikstücke geschaffen, die von der Klägerin - was
unstrittig ist - als Eigenproduktion unter ihrem Plattenlabel
veröffentlicht werden. Die DJs spielen somit nicht nur fremde
Tonträger ab, sondern führen eigene neue Musikstücke
auf, indem sie Instrumente im weiteren Sinne nutzen, um Klangfolgen
mit eigener Prägung zu erzeugen.
|
|
|
35
|
Entgegen der Ansicht des FA scheitert die
Qualifizierung als Konzert nicht daran, dass es angesichts der
Einlassregelung (Auswahl durch einen Türsteher) keinem
Besucher möglich sei, die Veranstaltung gezielt zu der von ihm
gewünschten Darbietung aufzusuchen. Denn der Inhalt einer
musikalischen Darbietung (kreative Leistung) ist nicht davon
abhängig, wer Zugang zu ihr erhält, solange
überhaupt ein Publikum vorhanden ist, vor dem die
Aufführung stattfindet. Wie das FG zu Recht entschieden hat,
ist es letztlich Ausdruck der Vertragsfreiheit, ob der Zutritt
über die Höhe des Preises, die Reihenfolge der Anmeldung
oder - wie im Streitfall - über einen Türsteher geregelt
wird.
|
|
|
36
|
Der Konzertcharakter der musikalischen
Darbietung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine
Interaktion zwischen DJ und Publikum erfolgt und nicht der
Künstler im Vordergrund steht, sondern das
„feierwütige“ Publikum. Interaktionen
zwischen DJ und Publikum - seien sie nun positiver (wie
Klatschen/Jubeln) oder negativer Art (wie Ausbuhen/Auspfeifen) -
sind auch traditionellen Konzerten nicht wesensfremd. Abgesehen
davon ergibt sich aus der vom FG festgestellten tendenziellen
Ausrichtung des Publikums auf den DJ sowie dem Leeren der
Tanzfläche nach einem DJ-Set hinreichend deutlich, dass der DJ
- wie bei Konzerten üblich - im Vordergrund der Darbietung
steht.
|
|
|
37
|
Soweit das FA vorbringt, das FG habe bei der
Abgrenzung von Konzerten zu Partyveranstaltungen die
öffentliche Darstellung der Veranstaltung nicht hinreichend
einbezogen, ist dieses Vorbringen unschlüssig. Maßgebend
für die Beurteilung als Konzert ist der objektive Charakter
der Veranstaltung und nicht die Berichterstattung hierüber.
Abgesehen davon räumt das FA selbst ein, in den
einschlägigen Presseberichten komme (auch) zum Ausdruck, dass
das „X“ im Hinblick auf elektronische Musik als
erste Adresse in C gelte.
|
|
|
38
|
Schließlich steht der Annahme einer
Konzertveranstaltung nicht entgegen, dass ein Vorverkauf nicht
stattfindet. Der Kartenvorverkauf ist lediglich eine Art des
Kartenvertriebs, aber nicht für das Vorliegen eines Konzertes
konstitutiv.
|
|
|
39
|
b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden
ist, dass das FG die von ihm festgestellten Umstände
dahingehend gewürdigt hat, dass die Auftritte der DJs den
Klubnächten das Gepräge gäben, weil die
musikalischen Darbietungen im Vordergrund stünden und die
Begleitumstände (Tanzen, Feiern, Getränkeverkauf) dagegen
zurückträten. Hierzu hat das FG die folgenden
Umstände des Falles festgestellt: Die Musik sei sehr laut und
wirke auch körperlich, sodass sich die Besucher ihr nicht
entziehen könnten und gleichsam gezwungen würden, ihre
Bewegungen nach der Musik auszurichten. Darüber hinaus
reagierten Künstler und das Publikum unmittelbar aufeinander,
indem bspw. bei besonders gelungenen Momenten sowie bei Beendigung
eines DJ-Sets geklatscht oder gejubelt werde. Dem Publikum gehe es
insbesondere darum, die Kreativität des jeweiligen DJs
mitzuerleben, es richte sich tendenziell in Richtung DJ aus.
Welcher DJ wann spiele, werde bereits Wochen im Voraus auf einer
Homepage angekündigt und relativ nahe vor dem Auftritt ein
genauer Zeitplan zur Verfügung gestellt. Dem stünde die
ständige Fluktuation der Gäste nicht entgegen; auch bei
Musikfestivals sei es üblich, dass die Besucher nicht der
gesamten Darbietung beiwohnten, sondern sich zwischendurch
zurückziehen, um sich zu unterhalten, zu entspannen oder das
Festivalgelände zu verlassen. Die Fluktuation ergebe sich
daraus, dass Personen, die verschiedene DJs gut fänden, vom
Hauptraum in den anderen Veranstaltungsbereich wechselten und
umgekehrt. Auf das Verhältnis zwischen den Umsätzen aus
Eintrittsberechtigung und Gastronomie komme es nicht an. Die
erheblichen, an die Künstler gezahlten Honorare sprächen
vielmehr gegen die Bewertung der Klubnächte als reine
Partyveranstaltungen.
|
|
|
40
|
Diese Würdigung des FG beruht auf der
Perspektive eines Durchschnittsverbrauchers
(„Durchschnittsbesuchers“) und ist aufgrund der
tatsächlichen Feststellungen, die nicht mit zulässigen
und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind,
möglich. Sie verstößt insbesondere nicht gegen
Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze und bindet daher den
Senat nach § 118 Abs. 2 FGO.
|
|
|
41
|
c) Die im Wesentlichen gegen diese
Würdigung des FG gerichteten Angriffe des FA führen nicht
zum Erfolg. Das FA berücksichtigt bei seinem Vorbringen nicht,
dass die tatrichterliche Überzeugungsbildung nur
eingeschränkt überprüfbar ist und nicht durch eine
eigene, von der Beurteilung des Gerichts abweichende
Beweiswürdigung des Rechtsmittelführers ersetzt werden
kann. Es ist vielmehr allein Aufgabe des FG, die im Einzelfall
entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnisse
festzustellen und zu gewichten. Dabei unterliegt es keinen starren
Regeln. Die von ihm aus den festgestellten Tatsachen gezogenen
Schlüsse müssen daher nicht zwingend, sondern nur
möglich sein. Allerdings darf das Gericht bei der
Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung nicht nach
sachfremden Erwägungen oder gar willkürlich verfahren und
muss die gebildete subjektive Überzeugung in seinem Urteil
objektivieren. Seine Überzeugungsbildung muss
verstandesmäßig einsichtig und logisch nachvollziehbar
sein. Sie darf keine inneren Widersprüche aufweisen,
lückenhaft oder unklar sein oder gegen die Denkgesetze oder
Erfahrungswissen verstoßen (BFH-Urteile vom 19.08.2015 - X R
30/12, BFH/NV 2016, 203 = SIS 16 00 42, sowie vom 12.12.2013 - X R
33/11, BFH/NV 2014, 693 = SIS 14 10 85, Rz 30). Sachfremde
Erwägungen oder eine willkürliche bzw.
widersprüchliche Verfahrensweise bei der Beweiswürdigung
hat das FA weder dargelegt, noch sind entsprechende Anhaltspunkte
für den Senat ersichtlich.
|
|
|
42
|
aa) Mit seinem Vorbringen, das FG habe dem
Verhältnis der Eintrittserlöse zu den
Gastronomieumsätzen keine (entscheidende) Bedeutung
beigemessen, obwohl aus den geringen Eintrittspreisen folge, dass
die künstlerischen Darbietungen die Veranstaltung nicht
prägen könnten, macht das FA ohne Erfolg geltend, das FG
habe den Sachverhalt nicht umfassend gewürdigt. Denn
ausweislich der Urteilsbegründung auf S. 13 hat das FG diesen
Gesichtspunkt bei seiner Würdigung durchaus
berücksichtigt, ihm aber im Hinblick auf die hohen
Künstlergagen keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Dies
ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der
Getränkeumsatz besagt im Regelfall nichts darüber, ob es
sich bei der Veranstaltung dem Charakter nach um ein
Tanzvergnügen oder ein Konzert handelt. Etwas anderes
könnte allenfalls dann gelten, wenn der Konsum von Alkohol in
besonders großem Umfang in den Vordergrund tritt, sodass die
Veranstaltung zu einem „Trinkgelage“ ausartet
(vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz in EFG 2003, 1275 = SIS 03 36 13). Bei Umsätzen aus Eintrittsgeldern von ca. 1,6 Mio. EUR
und Gastronomieumsätzen von ca. 2,7 Mio. EUR tritt der
Getränkekonsum jedenfalls dann nicht besonders in den
Vordergrund, wenn die geringeren Umsätze aus den
Eintrittsgeldern auch darauf beruhen, dass die Eintrittspreise sehr
moderat (10 EUR bis 14 EUR) kalkuliert wurden.
|
|
|
43
|
bb) Mit der Rüge, das FG habe es
unterlassen, die Intention der Veranstalterin (Unterscheidung
zwischen „dancefloor“ und
„stage“) in seine Würdigung einzubeziehen,
macht das FA weder eine willkürliche noch sachfremde
Beweiswürdigung geltend. Das FG hat den entsprechenden Vortrag
des FA im Tatbestand seines Urteils (S. 5) berücksichtigt, ihn
aber nicht für entscheidungserheblich gehalten. Dies ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, da der Schwerpunkt einer
Veranstaltung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen
ist und nicht nach der - möglicherweise werbepolitisch
motivierten - Absicht des Veranstalters.
|
|
|
44
|
cc) Das FA sieht unter Hinweis auf das nicht
veröffentlichte Urteil des Sächsischen FG vom 13.04.2011
- 4 K 2038/09 in der Regelmäßigkeit der Veranstaltung
ein vom FG nicht berücksichtigtes Indiz dafür, dass der
Party- oder Tanzcharakter überwiege, während sporadische
Auftritte dafür sprächen, dass der Auftritt des
Künstlers im Vordergrund stehe. Auch diesen Vortrag hat das FG
zwar im Sachverhalt der Entscheidung erwähnt, ihn aber bei der
Gesamtwürdigung nicht berücksichtigt und damit konkludent
zum Ausdruck gebracht, dass es ihn nicht für
entscheidungserheblich hält. Abgesehen davon, dass das FA
insoweit lediglich eine abweichende Würdigung des Sachverhalts
geltend macht, ist die Regelmäßigkeit der Veranstaltung
aus der maßgeblichen Perspektive des
Durchschnittsverbrauchers (Durchschnittsbesuchers)
grundsätzlich kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Tritt ein
renommierter Künstler (hier: DJ) mit seinem Repertoire auf,
verliert die Veranstaltung für den Durchschnittsbesucher nicht
dadurch ihr vorführungsbezogenes Gepräge, dass er dies
mehrfach (hier: wöchentlich) oder in regelmäßigen
Abständen tut.
|
|
|
45
|
dd) Bei seinem Vorbringen, die DJs und damit
auch ihre musikalischen Vorstellungen blieben im Hintergrund, weil
die DJs aufgrund der Lichtverhältnisse nicht identifizierbar
seien und nicht vor dem Set vorgestellt oder angekündigt
würden, berücksichtigt das FA nicht die bindenden
Feststellungen des FG im Tatbestand des Urteils. Danach können
die Gäste von nahezu jedem Platz aus die auftretenden DJs
sehen, sie wegen der Lautstärke der abgespielten Musik in
jedem Fall aber hören. Diese Feststellungen hat das FA nicht
mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§§ 108, 109
FGO) angegriffen, sodass der Senat von diesen Feststellungen
auszugehen hat. Die fehlende Ankündigung und Vorstellung des
jeweiligen DJs konnte das FG ohne sachfremde Erwägungen
bereits deswegen für nicht entscheidungserheblich halten, weil
es festgestellt hat, dass die Klägerin im Vorhinein auf ihrer
Homepage sowie auf Flyern angekündigt hat, wann welche DJs
(„running order“) auftreten.
|
|
|
46
|
ee) Auch die Rüge des FA, wonach sich das
FG zur Feststellung dessen, was die Besucher des
„X“ als maßgebliche Leistung auffassen,
auf die mündliche Einschätzung des Zeugen bezogen habe,
ohne diesen auf seine dem widersprechenden schriftlichen
Äußerungen vernommen zu haben, ist unbegründet.
Denn ausweislich des Sitzungsprotokolls hatte bereits das FA den
Zeugen zu seinen widersprüchlichen Einschätzungen
befragt, woraufhin dieser klarstellte, dass er seine Publikation
nicht so verstanden wissen wolle, dass es sich um keine
konzertanten Veranstaltungen handele. Auf dieser Grundlage konnte
das FG in den Urteilsgründen (S. 12) klarstellen, dass
einzelne Passagen aus dessen Buch „…“
nicht im Widerspruch zur Aussage des Zeugen stünden.
|
|
|
47
|
ff) Schließlich macht das FA ohne Erfolg
geltend, das FG habe den Sachverhalt im Widerspruch zu den
Abgrenzungsgrundsätzen seiner früheren Entscheidung in
EFG 2013, 91 = SIS 12 32 06 gewürdigt. Darin habe derselbe
Senat es als entscheidend angesehen, dass bei der ständigen
Fluktuation der Gäste die Musik nicht im Zentrum der
Aufmerksamkeit stehe, wegen des dauernden Kommens und Gehens
„neuer“ und „alter“
Gäste gar nicht stehen könne. Dies drücke sich auch
darin aus, dass eine Ankündigung der DJs vor Ort nicht
stattfinde, sodass kein Gast den Klub gezielt zu der Darbietung
eines bestimmten DJs aufsuchen könne. Auch sei es nicht
möglich, Karten vorab zu erwerben, sodass es dem Zufall
überlassen bleibe, ob ein Gast tatsächlich Zutritt zu der
von ihm gewünschten Veranstaltung erhalte.
|
|
|
48
|
Auch wenn dem FA darin zuzustimmen ist, dass
das FG in der angegriffenen Entscheidung die Fluktuation der
Gäste sowie die Einlassregelung als unschädlich beurteilt
hat, liegt keine widersprüchliche oder willkürliche
Beweiswürdigung vor. Denn die beiden Urteile beruhen - wie das
FG auf S. 13 seines Urteils ausgeführt hat - auf
unterschiedlichen Sachverhalten: Anders als im Streitfall hatte der
Veranstalter in dem Urteil in EFG 2013, 91 = SIS 12 32 06 die
Reihenfolge der auftretenden Künstler im Vorfeld nicht bekannt
gemacht, sodass nur versierte Gäste heraushören konnten,
welcher Künstler gerade am Mischpult saß. Zudem lagen
dem FG in der Vorentscheidung keine Anhaltspunkte für eine
konzerttypische Interaktion zwischen Künstler und Publikum
vor.
|
|
|
49
|
4. Entgegen der Ansicht des FA widerspricht
die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes für
die streitgegenständliche Veranstaltung der Klubnächte
auch nicht dem Sinn und Zweck der Steuerbegünstigung.
|
|
|
50
|
a) Der Zweck der
Steuersatzermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst.
a UStG besteht insbesondere darin, zugunsten der Besucher von
kulturellen Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden
(Senatsurteil vom 18.01.1995 - V R 60/93, BFHE 176, 500, BStBl II
1995, 348 = SIS 95 08 33, unter Hinweis auf die Drucksache des
Deutschen Bundestages vom 30.03.1967 - V/1581, S. 3; BFH-Urteil in
BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47, Rz 10).
|
|
|
51
|
b) Dieser Zweck wird im Streitfall bereits
dadurch erreicht, dass die Klägerin für den Zutritt
vergleichsweise geringe Eintrittspreise verlangt. Der für die
Klubnächte im Streitjahr zu zahlende Eintrittspreis betrug 10
EUR bis 14 EUR und steht damit nach dem Vortrag des FA in keinem
Verhältnis zu den hohen, mitunter vierstelligen Gagen der DJs.
Wenn die Klägerin trotz moderater Eintrittspreise erhebliche
Gewinne erwirtschafte, liege das neben dem Getränkeumsatz an
der ständigen Fluktuation (laufendes Kommen und Gehen
„neuer“ und „alter“
Gäste) und dem Umstand, dass mehr Besucher eingelassen
würden als auf den Tanzflächen an den Darbietungen
teilnehmen könnten. Damit ist aber auch gewährleistet,
dass möglichst viele Personen Zutritt zu der Veranstaltung
erhalten.
|
|
|
52
|
c) Ohne Erfolg macht das FA daher geltend,
wegen der subjektiven Auswahl durch den Türsteher sei es
ausgeschlossen, dass der „Allgemeinheit“ Zugang
zu den Veranstaltungen gewährt werde. Im Hinblick auf den
Nachfrageüberhang und die räumliche Begrenzung des Klubs
ist es ausgeschlossen, dass „Jedermann“ zu jeder
Veranstaltung auch Zutritt erlangt. Der Senat kann dabei
offenlassen, ob eine Einschränkung der Steuerbegünstigung
für Konzerte gerechtfertigt wäre, wenn bestimmten
Personen wegen den in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 des Grundgesetzes
genannten Gründen der Eintritt von vornherein verweigert
würde. Denn eine derartige Diskriminierung ist weder vom FA
vorgebracht noch aus den Akten ersichtlich.
|
|
|
53
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|